Anton B. hat geschrieben:Möglicherweise existiert dieser tiefgreifende Konflikt nicht so, wie Du ihn darstellst.
Möglich - es gibt aber einigen Menschen, die nicht die dümmsten sind, einige Vorbehalte und einiges Misstrauen - dazu ein wirlich ganz anderes Beispiel, weil es mir gerade einfällt:
Meine Frau hat bei der Geburt ihrer 4 Kinder (zwischen 1983 und 1989) immer darauf bestande, dass die "Käseschichte" beim Neugeborenen NICHT abgewischt wird und dass die Nabelschnur erst dann abgeschnitten wird, wenn sie auspulsiert hat - da musste sie sich massive gegen die wissenschaftliche Lehrmeinung der Ärzte durchsetzen. - Ihr Instinkt damals: Da kommt jemand aus 37° Celsius mit einem Schlag in ein 15° kühleres Umfeld, wird geklopft (wegen der Atmung), wird abgeschnitten (pulsierende Nabelschnur) und soll jetzt auch noch als erstes seine Schutzschicht abgerieben bekommen - all das zusammen = Schock.
Neulich haben wir mal irgendwo gelesen, dass die heutige Wissenschaft empfehle, die Schutzschicht dranzulassen und die Nabelschnur auspulsieren zu lassen, weil die Baby-Gelbsucht (?) davon käme, dass die Leber durch den Temperatur-SChock nach der Geburt funktions-gestört wäre (ich hab's nicht mehr genau im Kopf - aber in diese Richtung). - Damals wurde meine Frau als renitente Fortschrittsverweigerung angesehen, heute gilt sie als Vorreiterin wissenschaftlicher Erkenntnis - merkst Du was?
Und das, was Du da jetzt merkst, ist die Grundlage - zurück zum Thema - der impfkritischen Haltung von Patienten und auch einigen Ärzten. - Alles klingt vernünftig, was da die Wissenschaft sagt - aber man merkt, dass da irgendetwas fehlt (zu Recht oder zu Unrecht - man hat ja keine Garantie für die eigene Wahrnehmung). - Nun sagt der Arzt auch noch, dass Nebenwirkungen von Masernausbrüchen in kundiger Ärztehand NICHT zu befürchten sind (jedenfalls noch nie bei ihm aufgetreten wären) - also kommt man schon ins Nachdenken - zumal die Gründe für Nicht-Impfung von Masern (wir sprechen nicht von Polio oder Tetanus, etc.) ja instinktiv sehr überzeugend klingen - UND diese Gründe seitens der Wissenschaft ja nicht widerlegt sind - denn die Wissenschaft sagt ja im Grunde nur aus, dass eine Masern-Impfung sicheren SChutz gegen Masern bietet - das ist aber eh unbestritten, da es ja um etwas anderes geht.
Jetzt bekommt man weiterhin mit (ein weiteres willkürliches Beispiel - ein Vortrag eines Professors gestern in Bayern Alpha?), dass man inzwischen davon ausgeht, dass Menschen bei Organ-Entnahmen sehr wohl noch "da" sein können (manchmal sogar bei im letzten Moment verworfener Organ-Entnahme heute putzmunter sind - ein Buch mit Beispielen käme demnächst). - Begründung: Die Messmethoden wären nicht fein genug, um minimale Lebensfunktionen, die reversibel sind zu einer restitutio ad integrum, überhaupt festzustellen. - Und da steht man wieder mal da - wissenschaftlich wurde ein Standard entwickelt, der dem eigenen Instinkt widerspricht - beweisen kann man es nicht - und siehe da: Die Wissenschaft hat geirrt - ein anderes Male hat man sich selber geirrt - und so geht es hin und her.
In einem Satz: Der objektivierbare und nach jeweils modernstem Stand der Wissenschaft erstellte Erkenntnis-Status zu einer Sachfrage kann grottenfalsch sein - bei Impfungen, bei Geburten, bei Organentnahmen - er kann auch richtig sein, natürlich. - Und so schwankt das Schiff in der Brandung - und mancher wechselt dann auch mal das Schiff. - Und eben das sollte nicht als Ausdruck von Dummheit gegeißelt werden, sondern von der Wissenschaft kapiert werden. - Bestes Mittel gegen diese Kluft wären Begebnungen auf Augenhöhe - es gibt sehr wohl Homöopathen, Impfgegner, Organspende-Gegner, die ihr wissenschaftliches Handwerk gelernt haben - da müsste es doch möglich sein, in derselben Sprache selbstkritisch über die Grenzen wissenschaftlichen Erkennens zu sprechen. - Da müssen halt beide Seiten ein bißchen demütig sein.