Wir reden eigentlich vorrangig über die "Forschung" - die Welt der Kirche gehört zur Wunderlegende.sven23 hat geschrieben:Das hat es doch. Die Kirche will nur nicht die Ergebnisse ihrer eigenen Forschung zur Kenntnis nehmen. Der Graben zwischen Forschung und Lehre ist unüberbrücklich geworden.
Ich sage, in der "religiösen Forschung" muss der Unterschied zwischen Wunder-Text und normalem Text Konsequenzen nach sich ziehen, damit man überhaupt von Forschung sprechen kann.
Die Kirche "schwebt im Märchenwald", aber ihre jeweilige "Forschung" ist leider auch noch "schwebend" unterwegs und nutzt die Bibel als Geschichtsbuch.
Das Problem (neben zahlreichen anderen!) mit dieser "kleinen unbedeuteten Sekte" ist doch, dass es in der Sekte selbst keinerlei Kenntnis ihrer damaligen Lage gibt - das Schweigen ist so laut, dass man nicht wirklich weghören kann.sven23 hat geschrieben:Und woher will man wissen, ob Flavius Josephus das Thema "voll und ganz abgedeckt" hat? Er hat sicher die bekanntesten aufgelistet, aber es gab derer sicher dutzende. Hat er alle erfaßt und aufgelistet? Eher unwahrscheinlich. Man darf auch nicht vergessen, dass die Jesusbewegung immer noch eine kleine, unbeutende Sekte unter vielen war.
Man muss schon das Phänomen beachten, dass diese "kleine unbedeutende Sekte" nicht wusste bzw. (nach dem Krieg) nicht wissen wollte, in welchem Umfeld ihre Legende spielt.
Man kann die Bibel lesen, man kann die "Kirchenväter" lesen und wird in keiner Weise die von dir beschriebene "kleine unbedeutende Sekte zwischen anderen kleinen aber auch dominant sichtbaren grösseren Sekten"-Situation kennen lernen.
Sorry, das ist doch kein normaler Zustand - hier fehlt etwas Wesentliches.
Lies die Bibel und du weisst nicht wer die Zeloten waren.
Die auffälligste Zelotenstelle ist der Name "Simon der Zelot", ansonsten ist das aber ein reiner Statist, der dazu dient, die Zahl 12 voll zubekommen.
Die "Paulus"-Figur soll ursprünglich ein "Eiferer" gewesen sein - dass dies aber auf die Zeloten zurückfällt, wird aus dem Text nicht deutlich.
Der Wechsel vom Zeloten zum "Jesus"-Anhänger wird hier grossartig mit einer Wundervision ausgeschmückt.
Dass aber bei "Simon der Zelot" im Grunde genau derselbe Wechsel vorliegen muss, wird nirgendwo erwähnt.
Die "Jesus"-Legende spielt genau in der Zeit und der Region der anderen (gewaltbereiten) Sekten, nur halt ohne die anderen Sekten und stattdessen in einer Sandalen-Flower-Power-Idylle mit "ungerechter" jüdisch/römischer Verfolgung.
Eigentlich drängt sich hierzu eindeutig ein Fragezeichen auf - nur nicht bei unseren "Forschern".
Der entscheidende Hinweis hierfür sollte aber schon aus (von der Legende) unabhängigen Geschichtsdaten kommen und nicht einfach eine "So war es"-Behauptung sein.sven23 hat geschrieben:Es spricht ja prinzipiell nichts dagegen, dass eine Legende trotzdem einen kleinen historischen Kern haben kann.
Schau dir dein "Gerd Theißen"-Zitat an -> Motto erster Satz: "so war es"
Bereits im ersten Satz ist es quasi schon zu spät für ein wissenschaftlich fundiertes Ergebnis, denn "seine Verkündigung hat dort stattgefunden" - "Basta!"sven23 hat geschrieben:Gerd Theißen schreibt dazu:
Der politische Rahmen bei seiner Verkündigung ist ziemlich deutlich!
...
Das ist reinster Glaube, mehr nicht.
Genau hierin liegt das Problem: die Vergangenheit hat sich (laut dieser "Wissenschaftler") an der Legende auszurichten - die Legende soll das eigentliche Geschichtsbuch sein.
In einem wirklichen Vergleich müssten neutral die Überschneidungen der Sekten analysiert werden und dann versucht werden, die Gleichheiten und Unterschiede in die Geschichtsdaten einzusortieren, ohne dass die Legende die zeitliche Position vorgibt.
Im Ergebnis würde dann herauskommen, dass die "Jesus"-Legende enorm die zelotischen Ansichten (samt Geschehnissen) wiedergibt und quasi nur dort abweicht, wo sich die Situation aus dem Nachkriegsblickwinkel als ungünstig für eine "Messias-Bewegung unter Fremdherrschaft" herausgestellt hat.
Und schon sind wir im Dunstkreis einer rückdatierten Legende.
Eine Beschäftigung/Abgrenzung mit/von den Zeloten kann auf Basis des Kriegsschocks (samt bedrohlicher Verfolgungslage) durchaus wegfallen, denn man redet lieber nicht direkt darüber, sondern man legt die "Jesus"-Legende drüber.
Die "christliche Gnosis" ist dann einfach ein Alternativweg in der Ausrichtung im Nachkriegs-Schockzustand - wobei es diese Gnosis-Ansätze durchaus auch schon bei den Zeloten gegeben haben könnte, genaues wissen wir ja nicht.
Die ständige Gewalt innerhalb des "Christentums" ist dann auch nicht mehr verwunderlich, denn sie steckt von Anfang an drin.
Das geschichtlich erst späte Auftauchen von "Christentum"-Symbolen ist nicht weiter verwunderlich - es gab das unsichtbare "Jesus"-Urchirstentum ja gar nicht - es gibt nur eine Dynamik, die zu Messias-Bewegungen geführt hat und die läuft über die Aufreger "Herodes-Clan" und Volkszählung (Ausbeutung).
Das sich "ausbreitende" "Jesus"-Christentum ist durch die römische Nachkriegs-Vertreibung im Mittelmeerraum vorhanden - es ginge nur noch um eine Abstimmung auf die "Jesus"-Legende (die "Paulus"-Figur könnte hierfür eine Symbolik darstellen - Wechsel von zelotischer Gewalteinstellung hin zu einer Friedensfassade)
Die "Jesus-Verkündigung" aber wissenschaftlich vor den Krieg zu suggerieren, ist nicht wissenschaftlich, denn es liegt ein "Jesus-Spektrum" von "reinem Himmelswesen (ohne Geburt und Tod)" bis hin zu "menschlicher Märchengestalt" vor - für die Schnittmenge kommt da kein "historischer Jesus" heraus.