Turmbau zu Babel

Themen des alten Testaments
PeB
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#1 Turmbau zu Babel

Beitrag von PeB » Fr 18. Jan 2019, 11:34

Die Geschichte vom Turmbau zu Babel in 1. Mose 11 wird immer mit der Zikkurat in Babylon in Verbindung gebracht. Das ist aber nicht möglich, weil dieser Bau aus dem 1. Jahrtausend stammt und eher zu den jüngsten Bauten dieser Art zählt.

Ich halte daher den Begriff "Babel" an dieser Stelle nicht für ein Synonym für die Stadt Babylon, sondern für das Land Babylonien. Im Grunde wird hier in einer Geschichte volksetymologisch dargestellt, warum das Zweistromland ab einem bestimmten Zeitpunkt Babylonien hieß und nicht so wie vormals: "Schinar".

Was es mit Schinar auf sich hat, können wir auch noch klären.

Zunächst der Bibeltext, damit wir den Ort lokalisieren können:
1. Mose 11,1-2 hat geschrieben:Und die ganze Erde hatte ein und dieselbe Sprache und ein und dieselben Wörter. Und es geschah, als sie von Osten aufbrachen, da fanden sie eine Ebene im Land Schinar und ließen sich dort nieder.
Die Elberfelder merkt hier an, dass "als sie von Osten aufbrachen" auch anders übersetzt werden kann:
- als sie im Osten umherzogen
- als sie in der Urzeit umherzogen

Jedenfalls fanden sie - entweder von Osten kommend oder im Osten umherziehend - eine Ebene im Land Schinar. Das Land Schinar lässt sich gut identifizieren:
1. Mose 10,10 hat geschrieben:Und der Anfang seines Königreiches war Babel und Erech und Akkad und Kalne im Land Schinar.
Bis auf Kalne sind diese Orte identifizierbar: Babel=Babylon (die Stadt), Erech=Uruk, Akkad=die aus vielen Schriftquellen überlieferte Hauptstadt des akkadischen Reiches (allerdings archäologisch noch nicht aufgefunden).

Bei Schinar handelt es sich offensichtlich um das Zweistromland - das spätere Babylonien.

Der Name Schinar ist umstritten. Ich halte es aber für offensichtlich, dass es sich dabei um eine hebräische Schreibweise für Sumer - also das Land der Sumerer - handelt.
"Sumerer" ist eine akkadische Fremdbezeichnung (schumeru) für das Volk im alten Mesopotamien, dass sich selbst "sagigga" nannte.

Die Sumerer siedelten vor den Akkadern im Zweistromland und wurden im Verlauf des dritten Jahrtausends nach Süden zurück gedrängt. Trotzdem bleibt Sumerisch längere Zeit eine Kult- und Hochsprache im Zweistromland.

Was den Turmbau zu Babel - den wir somit als den Turmbau in Babylonien identifizieren können - angeht, so wissen wir nicht, welche Zikkurat hier konkret gemeint sein könnte. Ich tippe aber auf die vermutlich älteste Zikkurat in Uruk zu Ehren des dortigen Stadtgottes An - ein Himmelsgott. Es kann aber auch sinnbildlich "die Zikkurat" als Bauwerk per se gemeint sein.

Wie können wir also vor diesem Hintergrund die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel in einem historischen Sinn verstehen?

Vorschlag:
als die semitischen Neusiedler (die späteren Akkader) zusammen mit anderen nomadisierenden Völkern ins Zweistromland vordrangen, wurde dort noch eine einheitliche Sprache - Sumerisch - gesprochen und das Land hieß Schinar - Sumer.
Auch die (akkulturierten) Neuankömmlinge übernahmen Sumerisch zunächst als Hoch- und Kultsprache, womit eine einheitliche Verständigung gewährleistet war.
Im Verlauf des 3. Jahrtausends wurden die ersten Zikkurats gebaut. Eben in dem selben Zeitraum verlor das Sumerische seine Bedeutung als Hoch- und Kultsprache und die Einzelsprachen der Einwanderer (darunter das Akkadische als neue Hochsprache) setzten sich durch. Gegen Ende des dritten Jahrtausends wurde Sumerisch nur noch als Zweitsprache gesprochen. Zu Beginn des 2. Jahrtausends starb die ehemals gemeinsame Sprache komplett aus.

Aus "Schinar" (Sumer) war im gleichen Zeitraum "Babylonien" (Babel) geworden.

Pluto
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#2 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von Pluto » Fr 18. Jan 2019, 13:11

Was verstehst du nicht?
Ich verstehe unter dem Turmbau zu Babel eine mythologische Erklärung für die Vielfalt der Sprachen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

jose77
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#3 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von jose77 » Fr 18. Jan 2019, 15:00

Und ich den neuerlichen Beginn, dass der Mensch was sein will, das er nicht ist.
Grüsse von Jose


Lass mich!...Ich muss mich da jetzt kurz reinsteigern

PeB
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#4 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von PeB » Fr 18. Jan 2019, 15:07

Was sollte ich nicht verstehen?
Ich habe lediglich eine historische Deutung geliefert. :)

PeB hat geschrieben:
Fr 18. Jan 2019, 11:34
als die semitischen Neusiedler (die späteren Akkader) zusammen mit anderen nomadisierenden Völkern ins Zweistromland vordrangen, wurde dort noch eine einheitliche Sprache - Sumerisch - gesprochen und das Land hieß Schinar - Sumer.
Auch die (akkulturierten) Neuankömmlinge übernahmen Sumerisch zunächst als Hoch- und Kultsprache, womit eine einheitliche Verständigung gewährleistet war.
Im Verlauf des 3. Jahrtausends wurden die ersten Zikkurats gebaut. Eben in dem selben Zeitraum verlor das Sumerische seine Bedeutung als Hoch- und Kultsprache und die Einzelsprachen der Einwanderer (darunter das Akkadische als neue Hochsprache) setzten sich durch. Gegen Ende des dritten Jahrtausends wurde Sumerisch nur noch als Zweitsprache gesprochen. Zu Beginn des 2. Jahrtausends starb die ehemals gemeinsame Sprache komplett aus.

Aus "Schinar" (Sumer) war im gleichen Zeitraum "Babylonien" (Babel) geworden.

Helmuth
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#5 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von Helmuth » Fr 18. Jan 2019, 15:32

PeB hat geschrieben:
Fr 18. Jan 2019, 11:34
Wie können wir also vor diesem Hintergrund die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel in einem historischen Sinn verstehen?
Dein Vorschlag in Ehren,. aber wie bereits bei "Ur" diskutierst du das bei mir wieder mit Non-Experts in Sachen Urgeschichte und Archäologie. Ich kann mich erneut nur auf die Genesis als zuverlässigste Quelle berufen. Was ich gelernt habe ist die Schriften keineswegs als mythologisch oder Vergeistlichung zu interpretieren, sondern so:

Durch das Treiben der Menschen erhielten die Namen bzw. Ortsnamen an denen die Menschen ihre Taten oder Untaten vollbracht hatten einen späteren geistlichen Sinn. Aus Babel wurde Babylon das nunmehr sinnbildlich für jede Art des Widerstrebens gegen Gott steht. Aber es hat seine klare historische Grundlage und basiert nicht auf einem erfundenen Mythos.

So wurde für mich historisch gesehen ein Turm errichtet. Die Namen der Schrift sind für mich verbindlich, die geographischen Orte sind Gegenstand historischer Forschung. Namensgebung war im Altertum sehr mit der Lebensweise verbunden, daher ist das nicht weiter verwunderlich. Gott gebrauchte es ebenso, wenn er spezifische Namen vergab.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

PeB
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#6 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von PeB » Fr 18. Jan 2019, 15:53

Helmuth hat geschrieben:
Fr 18. Jan 2019, 15:32
PeB hat geschrieben:
Fr 18. Jan 2019, 11:34
Wie können wir also vor diesem Hintergrund die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel in einem historischen Sinn verstehen?
Dein Vorschlag in Ehren...

Kein Einwand.
Nur frage ich: wie wirkt Gott?

In der Bibel steht, dass er beim Turmbau/ wegen des Turmbaus die Sprachen verwirrt. Genau das habe ich historisch dargestellt.
Es ist lediglich ein Perspektivwechsel.

Die Namen hast du genannt.
Meinst du, weil in der Bibel "Schinar" steht, muss "Sumer" falsch sein? Was ist nun also richtig: "Deutschland", "Allemagne" oder "Germany"?

Antwort auf meine Frage von oben, wie Gott wirkt: durch die Geschichte!
Und ich versuche die Geschichte vor dem Hintergrund der biblischen Erzählungen zu erklären - während andere versuchen die Bibel vor dem Hintergrund ihres historischen Verständnisses zu erklären.

PeB
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#7 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von PeB » Fr 18. Jan 2019, 15:57

BTW: sollte man vielleicht im wissenschaftlichen Bereich einen Punkt "Geschichte" einrichten?

Helmuth
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#8 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von Helmuth » Fr 18. Jan 2019, 16:07

PeB hat geschrieben:
Fr 18. Jan 2019, 15:53
Meinst du, weil in der Bibel "Schinar" steht, muss "Sumer" falsch sein?
Nein, wenn ein anderes Volk ein Gebiet erobert erfolgt auch ein Namenswechsel. Auch das bezeugt die Schrift klar und deutlich. Aus Kanaan wurde Israel. Aus Jebus Jerusalem, aus Lus Bethlehem, aus Schinar Babel. Dahinter steht also eine historisch nachvollziehbare Entwicklung.

Ich bin ganz bei dir und hier lerne ich von dir eher etwas dazu. Nimm du aber die Schrift als die zuverlässigste Quelle, welche dir für das Altertum zu Verfügung steht. Es gibt keine bessere meine ich.

Genau daran scheitern viele Wissenschaftler indem sie alles ständig hin- und herordnen, weil ihnen der Bezug fehlt. Im Grunde genommen ist Woolley dabei gar kein Ausnahme. Auch sein (in diesem Fall eifernder) Glaube rechtfertigt seine "Beweisführung" nicht.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

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Hexenjagd
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#9 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von Hexenjagd » Fr 18. Jan 2019, 16:27

Es geht beim Turmbau um die Sprachverwirrung und es hat seinen Zweck, denn am Ende wird es wieder so sein.
Nur eben nicht vom A zum O, sondern vom O zum A!

mfg
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Es soll niemand unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen läßt, oder einer, der Wahrsagerei betreibt oder Zeichendeuterei oder ein Beschwörer oder ein Zauberer,

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#10 Re: Turmbau zu Babel

Beitrag von Scrypton » Fr 18. Jan 2019, 18:23

Helmuth hat geschrieben:
Fr 18. Jan 2019, 16:07
Nimm du aber die Schrift als die zuverlässigste Quelle, welche dir für das Altertum zu Verfügung steht. Es gibt keine bessere meine ich.
Kannst du diese Meinung begründen - oder erschließt sich das doch wieder nur aus deinem Glauben an die Bibel selbst?

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