Das Schauermärchen(?) von Gibea (Ri.19)

Themen des alten Testaments
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dvdk
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#21 Re: Bibel: Massenmorde im Alten Testament

Beitrag von dvdk » Mi 29. Mai 2013, 20:59

Zeus hat geschrieben: Ich denke da an die biblische Geschichte in Richter 19. Der Mann hatte sich geirrt und deshalb musste (logischerweise :mrgreen: ) die Nebenfrau sterben.
LG
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Toll. Du hättest in Richter 19 weiterlesen sollen. Sie war schon tot als er sie auf den Esel legte. in Vers 5 heißt es:
Da machten sich gegen mich auf die Bürger von Gibea. und umstellten meinetwegen das Haus des Nachts. Mich wollten sie töten und meine Nebenfrau haben sie geschändet, sodass sie gestorben ist.

Grausam sind hier die Menschen.
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Zeus
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#22 Re: Bibel: Massenmorde im Alten Testament

Beitrag von Zeus » Do 30. Mai 2013, 02:14

Zeus hat geschrieben: Ich denke da an die biblische Geschichte in Richter 19. Der Mann hatte sich geirrt und deshalb musste (logischerweise :mrgreen: ) die Nebenfrau sterben.
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dvdk hat geschrieben:Toll. Du hättest in Richter 19 weiterlesen sollen. Sie war schon tot als er sie auf den Esel legte. in Vers 5 heißt es:
Da machten sich gegen mich auf die Bürger von Gibea. und umstellten meinetwegen das Haus des Nachts. Mich wollten sie töten und meine Nebenfrau haben sie geschändet, sodass sie gestorben ist.

Grausam sind hier die Menschen.

Mein Fehler, ich hatte mich auf Kalea Solanas Aussage verlassen:
Kalea Solana hat geschrieben:[...]Die Seele der Frau war zerstört "sie antwortete nicht", die gutherzige Ehre des Fremden auch - er machte sich für das Geschehene verantwortlich und zog die Konsequenz daraus - das Messer. Er wurde zum Mörder, weil er in seinem Denken eine Grenze gehabt hatte[...]
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Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Zeus
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#23 Re: Bibel: Massenmorde im Alten Testament

Beitrag von Zeus » Do 30. Mai 2013, 02:48

Zeus hat geschrieben: Ich denke da an die biblische Geschichte in Richter 19. Der Mann hatte sich geirrt und deshalb musste (logischerweise :mrgreen: ) die Nebenfrau sterben.

Hemul hat geschrieben:Was möchtest Du mit Deiner o. Aussage beweisen? Der Gott der Bibel ist nicht für alles unverständliche verantwortlich. Weißt Du denn nicht wie er reagiert hat als Kain seinen Bruder Abel erschlug? :roll:
Ich habe nicht deinen Massen-mordenden Gott der Liebe für irgend etwas verantwortlich gemacht, sondern die Argumentation von Kalea Solana kritisiert.
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Magdalena61
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#24 Das Schauermärchen(?) von Gibea (Ri.19)

Beitrag von Magdalena61 » Sa 1. Jun 2013, 03:42

Die Antwort auf die Frage von GanzBaff:
GanzBaff hat geschrieben:Jetzt müsst Ihr mir nur noch die Frage beantworten was Gott mit dem Verhalten dieses Mannes zu tun hat?
... würde mich ebenfalls interessieren. Was hat Gott mit der ganzen Geschichte zu tun?

Das hier:
sven23 hat geschrieben:Weil er selbst grausam handelt (Sintflut) und zu Grausamkeiten immer wieder aufruft, aber das dürfte ja nicht so neu sein.
ist eine Ausrede, aber keine Antwort. :)

Hatte Gott bei dem, was sich da bei Gibea zutrug, die Hand mit im Spiel?
Vielleicht gibt Vers 1 uns einen Hinweis?
Ri. 19, 1 (Schlachter 2000): Zu jener Zeit, als es keinen König in Israel gab...
... da ging einiges drunter und drüber?
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closs
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#25 Re: Das Schauermärchen(?) von Gibea (Ri.19)

Beitrag von closs » Sa 1. Jun 2013, 10:04

Magdalena61 hat geschrieben:Was hat Gott mit der ganzen Geschichte zu tun?
Hier meine unmaßgeblichen Gedanken zum Thema:

Ein reisender Levit mit Gesinde findet Unterkunft über Nacht bei einem alten Mann in Gibea, an dessen Tür nächtens „übles Gesindel“ (19,22) schlägt, das mit dem Gast „unseren Mutwillen … treiben“ (19,22) will. Ersatzweise für den Gast bietet der Gastgeber seine jungfräuliche Tochter an: „Ihr könnt sie Euch gefügig machen“ (19,24).

Damit geschieht dasselbe wie früher bei Lot (vgl. zu Gen. 19,8), wozu die „Einheitsübersetzung“ historisch begründend anmerkt: „Das Gastrecht ist im Alten Orient so heilig, dass … <der Gastgeber> notgedrungen lieber die Preisgabe seiner Töchter wählt, als dass er seine Gäste preisgibt“ (S.20). Das Geschehen ist somit wie bei Lot auch hier in Gibea als Zitat altorientalischer Gebräuche verstehbar, denen sich der Gastgeber unterworfen sieht.

Im Gegensatz zur Lot-Geschichte jedoch, bei dem Gott in Gestalt der Engel des Herrn interveniert und deshalb die Situation zugunsten der Frau rettet, nimmt hier in Gibea das Unheil seinen Lauf: Anstelle des Gastgebers „ergriff der Levit seine Nebenfrau und brachte sie zu ihnen <den Gesindel-Leuten> auf die Straße hinaus“ (19,25) – er verhält sich also spirituell wie Abraham, als dieser seine Frau zu seinem eigenen Schutz dem Pharao ausliefert (vgl. zu Gen. 12,19). - Die Männer von Gibea „missbrauchten sie … bis zum Morgen“ (19,25), an dem sie ihr Herr schließlich „zusammengebrochen am Eingang des Hauses“ (19,27) fand. Ihr Herr machte sich mit der Leblosen (vgl. 19,28) „auf die Heimreise“ (19,28) und „zerschnitt sie in zwölf Stücke … und schickte sie <die Stücke> in das ganze Gebiet Israels“ (19,29), um diese Schandtat öffentlich zu machen, was zu einer Beratung in Mizpa führt, zu der „alle Israeliten“ (20,1) kamen.

Spirituell bemerkenswert ist, dass Gott hier – anders als bei Lot (und auch bei Hagar (vgl. zu Gen. 16,7ff)) – ein Gebot des Daseins nicht durch ein Gebot des Seins ersetzt, somit auch keine Gegenüberstellung von Daseins-Gebot (Gastrecht mit Auslieferung von Frauen) und Seins-Gebot („Darum … bindet sich <der Mann> an seine Frau, und sie werden ein Fleisch“ (Gen.2,23)) stattfindet – es erscheint diesmal kein Engel des Herren, um zu korrigieren. - Daseins-orientiert erscheint die Frau dagegen als Anhängsel ihres Patriarchen, demgegenüber steht bei Adam und Eva jedoch die Frau zusammen mit dem Mann für das spirituelle „Eins“-Werden und somit in ihrer Wertigkeit als Teil des Eins-Seins und somit nicht im Komparativ zum Mann – der Mann ist also spirituell nicht über der Frau.

Anders als bei Lot und Hagar wird in der Gibea-Geschichte somit weiterhin nicht dargestellt, dass Heilsgeschichte über dem Terrain ethnokultureller Zeitrealitäten stattfindet, die zu überwinden sind, soweit sie gegen das Wesen der Heilsgeschichte verstoßen – was ja etwa – zumindest von der spirituellen Absicht her - sehr wohl funktioniert bei dem Thema „Kinderopferung“ (vgl. zu Lev. 18,21), deren Durchführung mit einer Entweihung Gottes gleichgesetzt wird, also streng verboten wird (auch wenn sie bei Jiftach dann doch wieder auftaucht (vgl. zu 11,30)). – Von der Textführung entsteht vielmehr der Eindruck, dass die zum Tode führende mehrfache Vergewaltigung der Nebenfrau emotional als Sachbeschädigung wahrgenommen wird: Der Mann, der seine Nebenfrau den Vergewaltigern ausgeliefert hat, „stand am Morgen auf“ (19,27) – ist also nach der Auslieferung zu Bett gegangen – „um seine Reise fortzusetzen“ (19,27). „Er sagte zu Ihr: Steh auf, wir wollen gehen! Doch sie antwortete nicht“ (19,28) – weil sie tot ist. – Daraufhin „legt er sie auf den Esel“ (19,28) und – zuhause angekommen – zerstückelt er sie, um die Leichenteile als Beweisstücke „in alle Gebiete des Erbbesitzes der Israeliten“ (20,6) zu schicken.

Es gibt keinen emotionalen oder spirituellen Hinweis, dass die Geschlechtlichkeit des Menschen, hier der Frau, an sich untrennbar mit der von Gott weitergegebenen Wieder-Schöpfungskraft durch das Eins-Sein von Mann und Frau verbunden ist (vgl. zu Gen. 9,22), das Eins-Werden zwischen Mann und Frau also spirituell immer auch ein intimer und exklusiver Vorgang zwischen Gott und Mensch ist, also als solcher zu schützen ist und somit die Geschlechtlichkeit (der Frau) zu schützen wäre.

Im Gegenteil erscheint hier eine Zeichnung zeitgenössischer orientalischer Sitten, die spirituell völlig losgelöst erscheint von etwaigen universalen Eigenschaften des ethnozentrisch verstandenen Gottes Jahwe – heilsgeschichtlich fällt damit die Auffassung des Göttlichen durch das Dasein hinter spirituelle Entwicklungen der Genesis (vgl. zu Gen. 42,28) zurück. – Dass dies dem Textverfasser zumindest zum Teil bewusst sein könnte, mag man aus der mehrfach wiederholten Anmerkung (vgl.17,6 und 18,1) entnehmen, dass die Schandtat der Männer von Gibea „in jenen Tagen, als es noch keinen König in Israel gab“ (19,1), stattfand – also auf eine allgemeine Verwahrlosung der Sitten hingewiesen werden soll.

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Kalea Solana
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#26 Re: Bibel: Massenmorde im Alten Testament

Beitrag von Kalea Solana » So 2. Jun 2013, 10:13

sven23 hat geschrieben:
Kalea Solana hat geschrieben: Die Hure aber "die erkannten sie" - also war die Schande schon vorher über ihr gewesen..
Das erklärt auch, weshalb er die Leichenteile zu allen Grenzen (seines Volkes, im Sinne von zugehörig sein) Israels geschickt hatte. -

Ach so , dann wars ja ok. :sick:

Nein, war es nicht - ich hatte diesen Part Richter nicht weiter gelesen - Du offenbar auch nicht.

Im Übrigen wäre es sinnvoller, natürlich auch etwas mühseliger, wenn die Gegenargumente sachlicher sein, bzw. negative Kommentare aufhören könnten. Sind sie auch nicht gerade eine Einladung in die realistischere Unchristlichkeit...

Um Deinen Einwand vorweg zu nehmen: ich kenne die Heilige Schrift nur auszugsweise. Ich habe sie nicht - wie Andere - jahrelang studiert, ich habe sie aufgeschlagen und gelesen, wo mich mein Blick hinführte. Im AT war mir aufgefallen, dass Gottes Wirken eher dem eines Erfinders glich, der seine "Maschine" in Gang zu bringen suchte, sie manchmal gegen die Wand knallen mochte, weil sie partout nicht laufen wollte, sich aber dann wieder hinsetzte und mehr und mehr - unermüdlich - daran herum schraubte, feilte und lötete ... ein Glanzstück, das zu einem Prachtstück werden sollte - "realistisch" weltlich formuliert.
Der Mensch - einst ein ungeschliffener Edelstein ohne Facette, ohne Lichteinfall, voll von Erde und ohne vorzeigbare Qualität. -
Da der Mensch aber keine Maschine ist, auch kein Stein - keine Barbiepuppe, kein PC, kein Auto, keine Modelleisenbahn, auch kein Gemälde - geht das Ein-wirken Gottes Hand in Hand mit dem des Menschen. Es wird niemand überfordert, es wird nichts verlangt, was man nicht schaffen kann. Dies voraussetzend wird einmal klar:
1. jeder Mensch ist etwas Eigenes
2. wie der Einzelne "gestrickt" ist, um aus Gottes Ein-Wirken für sich einen Sinn zu begreifen
3. .... wie festgefahren Menschen sein können, die nur auf ihre Tradition und Erziehungsvorgaben/ Lebenserfahrungen bauen -
4. Zufälle gibt es nicht
5. nicht jeder hat - zu jeder Zeit - das Recht, um mit Gott in Verbindung treten zu können

und einmal wird auch deutlich:
1. dass Gott kein Känguruh ist, welches sich in Sprüngen fortbewegt = "zaubert" um an ein Ziel zu kommen
2. Gott ist kein Stein - er spricht im vollen Umfang des Wortschatzes, beschränkt sich nicht auf trockene Fakten, die nur einen Teil dessen ausdrücken, was ist: die Erde ist rund, blau und hat Höhen und Tiefen mit Ameisen drin - Er würde (vielleicht) sagen: " Die Erde ist gleich einem Garten, darin die prächtigsten Blumen und allerlei Pflanzen, Bäume und Sträucher wachsen können.... In diesem leben...." und er würde alles aufzählen und beschreiben und nichts vergessen, und dazu bräuchte er natürlich mehr Zeit, als die westliche Welt hier in Geduld aufbringen mag ...
3. Gott ist keine Prostituierte, die einem das Geld/ die Seele aus der Tasche zieht, auch kein Zuhälter, dem die eigene Bereicherung am wichtigsten ist

Wie gesagt, ich habe die Bibel nicht vollends durch. Aber was ich las, war stimmig in Hinsicht auf das Bild, das da von einem Gott gemacht wurde, dessen Zugehörigkeit, Weitsicht und Aufmerksamkeit beeindruckend genug ist, um an seine Göttlichkeit glauben zu können. Und da ich sonst nirgends einen vergleichbaren Gott oder gottähnlichen Menschen je gesehen, noch davon gehört habe, gehe ich davon aus, dieser ist der, nach den das Herz verlangt.

In dem sind "Schauermärchen" in der Bibel eher ein Zeugnis der menschlichen Armut, von Menschen verursachte Gewalten, die natürlich Konsequenzen nach sich zogen. Heute nimmt man "Verhüterlis" und läßt sich gegen alles versichern - da sind Konsequenzen eher ein lästiges Übel....
I amar presta aen
han mato ne nen
han mato ne chaen
a han noston ned wilith.

Manche Menschen fühlen den Regen - andere werden nur nass.

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#27 Re: Das Schauermärchen(?) von Gibea (Ri.19)

Beitrag von Abischai » So 2. Jun 2013, 23:44

@Ganzbaff
Kannst Du mir mal verraten, warum Du auf diese Fragen überhaupt antwortest? Ist das für Dich so eine Art Kraftsport?
Für Zeus und Sven scheint es jedenfalls Kraftspott zu sein. Das Thema ist an sich hochinteressant, aber vor diesem Publikum würde ich dazu keinen Ton sagen. Die Bibel ist heilig, sie ist Gottes Wort, vergiß das nicht.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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#28 Re: Das Schauermärchen(?) von Gibea (Ri.19)

Beitrag von Mia » Mo 3. Jun 2013, 01:06

Kalea Solana hat geschrieben:Ich habe meine Darlegung auch auf die Verhältnisse um mehrere Tausend Jahre zurück gedacht: da gab es noch keine Dates, da wurden Frauen verkauft und hatten dem Manne untertan zu sein. Außerdem sprach ich von der gutherzigen Ehre (war mir klar, dass das wieder zu Gemümpfe führen würde) des Fremden, nicht von seinen Trieben. Männer sind damals wie heute die Krone mit Sternchen dran, und Männer unter sich haben Ehrgefühle, die manche den Frauen gegenüber deshalb verweigern, weil sie eben das weibliche Geschlecht lediglich als ihr Spielzeug betrachten. Damals war es normal - in manchen Teilen der Erde, heute noch. Ich dachte, das sei bekannt....
Vor einigen Jahren habe ich mich mal mit den Tuareg befasst, bevor die Moslems sie missioniert haben, hatte die Frau das Sagen, ihnen gehörte das Zelt und wenn ihnen der Mann nicht mehr gut genug war konnte sie sich trennen. Sehr schade, dass sie ihre Tradition nicht behalten konnten.
So wie ich es in Erinnerung habe war da irgend was mit Ursprung der Menschheit, muss ich aber noch mal raussuchen.

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#29 Re: Das Schauermärchen(?) von Gibea (Ri.19)

Beitrag von Magdalena61 » Mo 3. Jun 2013, 02:04

@Abischai, das Thema habe ich abgetrennt, DAMIT man sich vernünftig unterhalten kann.
Respektlose Beiträge, die nicht wirklich ein Interesse am Thema erkennen lassen, werde ich entfernen.

Wer Richter 19 zum ersten Mal liest, und das nächste Kapitel auch noch, der kann eigentlich nur entsetzt sein über die Brutalität, die darin zutage tritt.

Auch Christen brauchen Antworten. Nicht in erster Linie, um "Gott zu verteidigen". Sondern, weil das, was da beschrieben wird, auch bei Gläubigen viele Fragen aufwirft.

closs hat geschrieben:Im Gegenteil erscheint hier eine Zeichnung zeitgenössischer orientalischer Sitten, die spirituell völlig losgelöst erscheint von etwaigen universalen Eigenschaften des ethnozentrisch verstandenen Gottes Jahwe – heilsgeschichtlich fällt damit die Auffassung des Göttlichen durch das Dasein hinter spirituelle Entwicklungen der Genesis (vgl. zu Gen. 42,28) zurück. – Dass dies dem Textverfasser zumindest zum Teil bewusst sein könnte, mag man aus der mehrfach wiederholten Anmerkung (vgl.17,6 und 18,1) entnehmen, dass die Schandtat der Männer von Gibea „in jenen Tagen, als es noch keinen König in Israel gab“ (19,1), stattfand – also auf eine allgemeine Verwahrlosung der Sitten hingewiesen werden soll.
Damit könntest du Recht haben.
Die Könige Israels taten allerdings auch nicht alle, was sie sollten.

"Orientalische Sitten"-- ?
Sowohl Lot als auch der alte Mann aus Gibea boten dem Mob ihre Töchter an; das kann ja wohl nicht wahr sein. War das wirklich ernst gemeint? Oder sollte diese Geste einfach nur ein Signal setzen, beschwichtigend wirken?-- Gehörten "Verhandlungen" dieser Art zum "guten Ton" des Alten Orients?

Mir hat einmal ein Missionar erzählt: Es gibt Volksgruppen, bei denen beinhaltet es die Gastfreundschaft, dem Gast nicht nur ein Nachtlager, sondern auch noch eine Frau anzubieten, die dieses mit ihm teilt. Das hatte er selbst erlebt- aber als Christ konnte er dieses Angebot bedauerlicherweise nicht annehmen. :)

Das Verhältnis des Ehemannes zu seiner Nebenfrau-- sollte man vielleicht etwas näher betrachten.
Die Ehefrau stammte aus Bethlehem-Juda und ihr Mann war ein Levit. Hat das etwas zu bedeuten?

Die Ehefrau war untreu geworden, sie hatte "gehurt", steht in einigen Übersetzungen.
Auf Ehebruch stand (laut Gesetz des Mose) die Todesstrafe. --
Was plante dieser Mann eigentlich?
Welcher Ehemann, der seine Frau liebt und weiter mit ihr zusammenleben will, lässt sie von einer Horde lüsterner Fremder vergewaltigen?

Dieser Levit schien nicht so richtig zu wissen, was er wollte, oder aber-- er konnte oder wollte sich nicht durchsetzen. Vielleicht schob er insgeheim einen gehörigen Groll auf seine Nebenfrau, weil sie ihm Hörner aufgesetzt hatte?
Warum ließ er sich von seinem Schwiegervater, der ihn zum Bleiben nötigte, mehrmals breitschlagen, um am späten Nachmittag des fünften Tages dann doch loszuziehen? Es musste ihm doch klar sein, dass er den Weg bis nach Hause, in den äußersten Norden des Berglandes von Efraïm, vor dem Einbruch der Dunkelheit nicht mehr schaffen würde.

Auf mich wirkt dieses Verhalten unüberlegt, willkürlich- er tat das, wozu er gerade Lust hatte? Er ließ sich treiben und von den Umständen bestimmen?
Die Frau war ihm ja vielleicht auch nicht grundlos weg-, und zu ihrem Vater zurückgelaufen.

Seine miese Planung und sein Eigensinn bescherten der Reisegruppe -ein Knecht war ja auch noch mit dabei- dann die verhängnisvollen Umstände. In Jebus (Jerusalem) wollte er nicht übernachten, wie sein Knecht vorschlug-- da waren sie wohl noch nicht sehr weit gekommen gewesen, denn Bethlehem liegt nur wenige Kilometer von Jerusalem entfernt. In Jerusalem hätten sie vielleicht eine Herberge gefunden.

Von einer Reflektion auf Gott (auf den Willen Gottes) ist in dem gesamten Text nicht ein Mal die Rede.
LG
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closs
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#30 Re: Das Schauermärchen(?) von Gibea (Ri.19)

Beitrag von closs » Mo 3. Jun 2013, 08:12

Magdalena61 hat geschrieben:Sowohl Lot als auch der alte Mann aus Gibea boten dem Mob ihre Töchter an; das kann ja wohl nicht wahr sein. War das wirklich ernst gemeint?
Nach den Quellen, die ich gelesen habe, ja.

Magdalena61 hat geschrieben:Die Ehefrau war untreu geworden, sie hatte "gehurt", steht in einigen Übersetzungen.
Ich glaube nicht, dass das (etwaig ungünstige) Vorleben der Frau bei den in dieser Szene Beteiligten eine Rolle spielt.

Magdalena61 hat geschrieben:Welcher Ehemann, der seine Frau liebt und weiter mit ihr zusammenleben will, lässt sie von einer Horde lüsterner Fremder vergewaltigen?
Das ist ja der eigentliche Punkt: Der Mann ging zu Bett, stand früh auf, hat wahrscheinlich noch gefrühstückt und dann geguckt, wie es der Frau geht. - "Aha - tot". - DA stimmt was nicht. - Der geistige Bruch in dieser Geschichte besteht imo darin, dass der Mann nicht EINS ist mit der Frau. - Die Frau ist Gegenstand (nebenbei: Bis in die 60er Jahre des 20. Jh. wurde das Verletzen einer Hure in Deutschland juristisch unter "Sachbeschädigung" verarbeitet).

Übergeordnet bedeutet für mich diese Geschichte: Die weltliche Gesetzgebung der Zeit wird in diesem Fall nicht aufgehoben durch ein göttliches Gesetz. Es kommt kein Engel, der rettet (wie bei Lot). - Es handelt sich bei der Horde NICHT um gottgesegnete (!!) Menschen wie der Pharao oder Abimelech von Gerar, die Abrahams Ausliefern der Frau durch Abraham ausnützen. - Denn auch das muss gesagt werden: Wäre Abraham nicht durch das Verhalten vom Pharao und von Abimelech von Gerar geschützt worden, stünde er in dieser Situation auf derselben Ebene wie der Levit !!!

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