Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

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Andreas
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#11 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Andreas » Mi 8. Jun 2016, 10:49

Janina hat geschrieben:Die Ausweitung des Gleichnisses auf den Mutterschoß (also auf die gesamte Jugendzeit) ist da nur konsequent. Ja, gefällt mir.
Wenigstens eine die versteht, was ich meine.
Janina hat geschrieben:Hehe, da braucht wohl jemand Bilder. Vielleicht noch ein Video gefällig?
Mich wundert jedenfalls nicht, dass selbst in diesen (unkosheren) Videos so häufig der Satz fällt: "Ooohhh, my god!" :mrgreen:

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Andreas
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#12 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Andreas » Mi 8. Jun 2016, 12:14

Ich verweile noch an dieser Stelle bevor ich zu dem Gebot komme.
"An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen" Der Baum des Lebens wird im Kontext später noch zweimal angesprochen. Zunächst erkennt der Mensch an seinem weiblichen Gegenpart der ihm Hilfe sein soll den Samen tragenden !!! Baum des Lebens, welcher ja Teil des Menschen ist, an der heranreifenden Frucht im Leib seiner Frau als werdende Mutter die seinen Samen in sich trägt. Wir erinnern uns:
Gen 1,29 hat geschrieben:und jeden Baum, an dem Samen tragende Baumfrucht ist: es soll euch zur Nahrung dienen
Gen 3,20 hat geschrieben:Und der Mensch nannte seine Frau Eva, denn sie wurde die Mutter allen Lebens.
Wohl gemerkt! Der Mensch sagt das schon im Garten Eden! Das zu erkennen, dazu soll sie im also Hilfe sein.

Nach wie vor geht es um Nahrung, aber auch geistliche Nahrung:
Gen 4,1 hat geschrieben:Und der Mensch erkannte seine Frau Eva, und sie wurde schwanger und gebar Kain; und sie sagte: Ich habe einen Mann hervorgebracht mit dem HERRN.
Wie der Mensch aus der männlich-weiblichen Liebe Gottes geboren ist, werden seine Kinder aus der gleichen Liebe geboren! Die gute Eva hat es geschnallt und auch den Mann erkannt, den sie in sich getragen hat und in sich trägt - als männlich-weiblicher Mensch.
Dieser Erkenntnis wird C.G. Jung sehr viel später die Namen Animus und Anima geben - aber dasselbe meinen. Wenn man Dialektik ins Spiel bringen wollte, könnte man sagen die These Mann und die Antithese Frau werden in der Synthese Liebe aufgehoben - in der Liebe zu Gott und in der Liebe zum Nächsten, was ja die beiden wichtigsten Gebote sind. Und diese werden in dieser Geschichte eben erfüllt und nicht wie in der Fehldeutung des "Sündenfalls" gebrochen, wie manche meinen. Diese Geschichte ist dem Menschen ein Segen Gottes und kein Fluch des Satans, der hier überhaupt keine Rolle spielt.

Diese ineinanderverschachtelte Erzählweise ist typisch für den alten Orient. Man denke nur an die Geschichten aus 1001 Nacht.

Ich finde das so faszinierend, was man da alles im Kontext finden kann, wenn man unvoreingenommen an diese Erzählung herangeht.

Zur anderen Stelle später mehr.

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Janina
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#13 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Janina » Mi 8. Jun 2016, 13:14

Andreas hat geschrieben:Mich wundert jedenfalls nicht, dass selbst in diesen (unkosheren) Videos so häufig der Satz fällt: "Ooohhh, my god!" :mrgreen:
Ein echtes Stoßgebet. :lol:
Da soll nochmal einer unkoscher sagen...

Andreas hat geschrieben:Die gute Eva hat es geschnallt und auch den Mann erkannt, den sie in sich getragen hat und in sich trägt - als männlich-weiblicher Mensch.
Dieser Erkenntnis wird C.G. Jung sehr viel später die Namen Animus und Anima geben - aber dasselbe meinen.
Platon beschrieb dies in Form der "Kugelmenschen", welche männlich-weibliche Vollständigkeit haben. Zeus schnitt sie entzwei, und heraus kamen nur-männliche, sowie nur-weibliche Menschen, die in Sehnsucht einander umschlingen, um wieder vollständig zu werden.

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Andreas
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#14 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Andreas » Mi 8. Jun 2016, 13:18

Janina hat geschrieben:Ein echtes Stoßgebet.
Genau! :lol:
Kuck noch mal in meinen vorigen Beitrag, ich hab da noch mal dran rumgebastelt, während du deinen geschrieben hast, wegen Platon und so ...

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#15 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Janina » Mi 8. Jun 2016, 13:40

Yeah, "Sündenfall" ist sicher die eklatanteste Fehldeutung. Ich sehe in Leuten, die diesen "Sündenfall" bedauern, immer welche, die nicht erwachsen werden wollen.

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#16 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Andreas » Mi 8. Jun 2016, 13:55

Na ja, "wollen" will ich ihnen nicht mal unterstellen. Das da was faul an der "Sündenfall"-Interpretation ist, habe ich immer gefühlt. Ich habe selbst viele Jahre mit diesem Text gerungen, bis ich eine alternative und aus dem Kontext nachvollziehbare Interpretation formulieren konnte.

Der Mensch ist ungeheuer suggestibel. Die meiste Zeit brauchte ich um das überhaupt mal an mir selbst zu erkennen und dann musste ich erst noch diesen von außen in mich eingetragenen Müll entsorgen. Das sind alles Prozesse die dauern. Es fiel mir auch nicht leicht, mir mit Fünfzig einzugestehen, dass ich nicht lesen kann und dann musste ich das erst mal ganz neu lernen. Auch das dauert und hört vermutlich niemals auf. Ich habe keine gute Bildung genossen, was das ganze erschwert. Außerdem hab ich nie die Richtige gefunden, die bereit gewesen wäre mit mir das ganze "Vater Unser" zu vögeln. Eine Runde Mitleid bitte. :(

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#17 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Andreas » Mi 8. Jun 2016, 15:25

Janina hat geschrieben:Jemand der etwas erkennt - so wie ich deine Sicht der Paradies-Geschichte auch schon dargelegt habe - wird nicht verstanden. Wahrscheinlich kannst du dich auch nicht mehr dran erinnern.
Ich hab mich mal auf die Suche gemacht. Meinst du das hier? Oder gab es das noch ausführlicher?

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#18 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Andreas » Mi 8. Jun 2016, 18:55

Bleiben wir noch einen Moment bei dem, was der Mensch erkannt hat und lesen den nächsten Vers dazu.
Gen 4,1-2 Buber hat geschrieben:Der Mensch erkannte Chawwa sein Weib,
sie wurde schwanger, und sie gebar den Kajin.
Da sprach sie:
Kaniti -
Erworben habe ich
mit IHM einen Mann.
Sie fuhr fort zu gebären, seinen Bruder, den Habel.
Habel wurde ein Schafhirt, Kajin wurde ein Diener des Ackers.
Eva gebiert geradezu ihre doppelte Erkenntnis "ihres inneren" Mannes, den sie mit der Hilfe Gottes gewinnt.

Nomen est omen:
Kain bedeutet "Schmied" hat aber auch den Anklang mit "qanah" was "erwerben, gewinnen" bedeutet.
In diesem Namen sind ihre beiden gewonnenen Erkenntnisse sprachlich zu einer Einheit geschmiedet.

"Sie fuhr fort zu gebären" - Kain und Abel sind Zwillinge, wie der Mensch immer ein Zwilling ist: männlich UND weiblich - im Bilde Gottes geschaffen.

Abel ist vermutlich aus dem hebr. hebel abgeleitet, was "Hauch" oder "Rauch" oder auch "Vergänglichkeit" bedeutet.
Die "ruach" ist "Geist" oder "Windhauch". Dieses Wort steht an der Stelle als Gottes Geist über dem Wasser schwebt.
"nesh-aw-mah" bedeutet "Odem" oder "schnauben" oder "Geist" und dieses Wort steht an der Stelle, wo Gott dem Menschen seinen männlich-weiblichen "Odem einhaucht".

Wen wundert es da noch, dass Eva bei der Geburt ihrer Zwillinge an Gott denkt? Tapfere, brave, treue Eva! Dieser Mensch soll angeblich von Gott abgefallen sein??? Wer den Schmarrn nicht mehr glaubt, der wird selig.

Die Vergänglichkeit kann darauf hindeuten, dass wir unseren gegengeschlechtlichen Zwilling allzu gerne "verdrängen", aber natürlich auch auf den frühen Tod des Abel, der von seinem Bruder erschlagen (Schmied) wird.

Das ist doch der Hammer, was da alles im Text drinsteckt und wie schön es zusammen passt!

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Janina
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#19 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Janina » Mi 8. Jun 2016, 20:15

Andreas hat geschrieben:Eine Runde Mitleid bitte. :(
Bild Bild Bild

Andreas hat geschrieben:Ich hab mich mal auf die Suche gemacht. Meinst du das hier? Oder gab es das noch ausführlicher?
Cool, das hatte ich ja gar nicht mehr auf dem Schirm.
Einführung hier: http://www.bibel.com/jesus-forum/interp ... ml#p288495
Ist doch ausführlich, oder fehlt noch was? Ich glaube, Drewermann hätte aus dem Thema ein ganzes Buch machen können. Ich weiß gar nicht ob er hat. :o

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Andreas
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#20 Re: Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut

Beitrag von Andreas » Mi 8. Jun 2016, 20:27

Danke für den Trost. :Herz:
Das hat der Drewermann sogar in drei Bänden gemacht: "Die Strukturen des Bösen" - allerdings behandelt er darin nur die jahwistische Urgeschichte, lässt also Gen 1 außer acht. Es ist aber trotzdem lesenswert, und ja, ich habe viel von ihm gelernt gerade was die menschliche Entwicklung (Ontogenese) in Gen 2 betrifft. Aber manches sehe ich anders, weil er doch die Schuld für das Böse beim Menschen im Garten Eden sucht. Vielleicht weil das seine Doktorarbeit an einer kath. Uni war. Da hängt man sich besser nicht all zu weit aus dem Fenster. Er hat's in dem Werk aber trotzdem ganz schön krachen lassen.
Ich wollte Drewermann hier aber nicht erwähnen, weil er für manche Christen ein rotes Tuch ist. "Was DER sagt, ist Bähhhh!"

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