Hallo und einen schönen Abend an alle Foristen!
Ja, was macht die Schlange denn dort im Paradies?
Bevor sie in der Hl. Schrift „aktenkundig“ wurde, hatte die Schlange bereits eine große Karriere in den Mythen und spirituellen Erfahrungen der Menschen hinter sich.
In der Hl. Schrift wird die Schlange als listig und als Tier des Feldes vorgestellt. Schon früh beobachtete der Mensch, wie sich die Schlange häutete und betrachtete diesen Vorgang quasi als Wiedergeburt und immerwährende Verjüngung, sodass er dem Tier die Macht über den Tod und große Weisheit, Listigkeit zugestand. Diese Weisheit, so konnte er erkennen, kam aber nicht aus der Schlange selbst, sondern sie erlangte sie von der großen Muttergöttin selbst, deren Begleittier sie wohl war, denn man sah die Schlange oftmals aus Erdlöchern kriechen, aus dem Bauch der Mutter Erde (darum ist auch die Erdkröte ein Symbol für die Gebärmutter). Deshalb war die Schlange auch ein „Tier des Feldes“, der Erde, verhaftet mit ihr wie kaum ein anderes, kroch sie doch mit ganzem Körperkontakt über sie hinweg.
Der 2., Fruchtbarkeit bringende Aspekt der Muttergöttin wurde als reife, gebärfähige Frau dargestellt (so etwa in der steinzeitlichen Figurine der „Venus von Willendorf“), ihre Farbe war rot, rot wie das Blut, rot wie das Leben. Darum wurde Adam, der Erdling, auch aus der fruchtbaren roten Erde geformt.
Gott/Göttin teilte den nach seinem Abbild unsterblichen Menschen, machte zwei Seiten (Rippen), damit er die Liebe und Zuneigung an einem Gegenüber aus Fleisch und Blut erkennen möge, so wie Gott/Göttin selbst im Vater, dem Sohn und dem Hl. Geist diese Liebe ist. Adam tauschte allerdings später die Unsterblichkeit im Geist durch die Schlange mit der Unsterblichkeit im Fleisch durch Fortpflanzung ein.
Die Schlange als Symbol der Weisheit und Unsterblichkeit lenkte den Geist des Menschen von Gott weg in sich selbst. Der Mensch sonderte sich von Gott ab, verfehlte so sein Ziel, weil er mit seinem Willen ohne Gott selbst Erkenntnis über das Wesen der Schöpfung und Unsterblichkeit erlangen wollte. Es geschah der Verlust der Freundschaft mit Gott, des klaren Durchblicks auf dem Sinn des Lebens. Genau das meint auch der Verlust des Paradieses. Der physische Tod wird nurmehr als radikale Infragestellung des Lebens gesehen.
Und das geschah durch Verführung durch die Schlange mit dem Biss in den Apfel (ebenso ein mythisches Symbol, aber ein anderes Thema) durch die Frau. Warum die Frau?
Sie erhielt von Gott bei der „Teilung“ die Gestaltungskraft (Adam die Willenskraft). Sie ist, wenn auch unbewusst, fähig in ihrem Leib Leben wachsen zu lassen, es zu gestalten, so wie einst die Muttergöttin/Gott/Göttin bewusst Leben aus der Erde hervorbrachte. Der Mensch verlor dadurch zwar seine Unsterblichkeit, denn nun musste er einmal sterben, glich dies aber durch „genetische Unsterblichkeit“ aus, denn nun konnte er sich selbst „reproduzieren“, wurde quasi selbst zum unbewussten Schöpfer und unsterblich in seinen Nachkommen. Deshalb der frühe Totem- und Ahnenkult, aber auch die Blutsymbolik nicht nur in der Hl. Schrift. Das Blut war Träger des Lebens und der Unsterblichkeit in den Nachkommen.
Die Schlange hatte in der Frühzeit des Menschen ebenso astronomische Bezüge, man konnte sie aber genauso in einer der ersten bewusst herbeigeführten spirituellen Erfahrung des Menschen erkennen, dem Tanz, dem Kreis- oder Ringtanz, der bis zur Ekstase zu Trommeln und Gesängen vollzogen wurde. Beispielsweise Derwische oder Tänzer der !Kung (afrik. Jäger-Sammlervolk) spüren beim Tanz die heißen Wallungen die Wirbelsäule heraufsteigen (die Wirbelsäule hat von der Seite aus gesehen die Form einer sich schlängelnden Schlange!) und formulieren sie als reine, göttliche Lebensenergie. Man nennt diese Kraft „Num“ oder in Indien Kundalini. Schamanen spüren dieselbe göttliche Kraft bei ihren Trancetänzen.
Kann einem dies nun vom Glauben an Gott und Christus Jesus abbringen?
Nein, nur wenn man die ersten 11 Kapitel der Genesis als Reportage betrachten würde und nicht als Ätiologie.
Im Gegenteil: Gott arbeitet mit uns, liebt uns, ist bei uns, überall und zu allen Zeiten der Heilsgeschichte. Und er ist viel größer, als sich so mancher Mensch vorstellen kann.
Danke fürs bis zum Ende lesen.

Servus