Das Buch Hiob

Themen des alten Testaments
closs
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#51 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » So 7. Okt 2018, 21:57

SamuelB hat geschrieben:Entschuldigung, dass ich mich einmische
Das sollst Du doch.

SamuelB hat geschrieben:Soweit ich weiß sehen die Juden Engel nicht als Wesen mit einem eigenen Willen, sondern als Teile von Gott, sie stehen für bestimmte Aspekte von ihm.
So sehe ich es ebenfalls - aber es gibt eine andere Lesart, wonach Engel "einen freien Willen" hätten, etc. - Im AT kann ich nur Deine Version erkennen - "Geistwesen" als Auftragsnehmer göttlichen Willens.

SamuelB hat geschrieben:Die Engel sind also schon da, wo die Christen hinwollen: ohne ein Empfinden für sich selbst, vereint mit Gott.
Das wiederum ist falsch. - Christlich ist, dass der Mensch in Eigen-Erkenntnis (also bewusst) mit all seinem Empfinden "Gott schaut" ("Visio Beatifica").

Travis hat geschrieben:Erfolg misst sich bei Gottes Wort bekannter Weise nicht daran, ob es angenommen wird.
Wir sind da gar nicht so weit voneinander weg - aber hier wirst Du heftigen Widerspruch ernten. - Behauptung: Christen verstehen auch heute das Christentum traditionell wie die Freunde Hiobs.

Travis hat geschrieben:Im Rahmen des Buches Hiob ist Satan kein Mensch. Falls Du Dein Thema auf Hiob fokussierst, wäre das die korrekte Einordnung.
Hier scheint Helmuth anderer Meinung zu sein - tauscht Euch aus.

Helmuth hat geschrieben:Nun dann drück auch aus, was du denkst, um Missverständnisse zu meiden.
Nee - ich möchte erstmal ganz naiv an den Text rangehen: "Was steht da eigentlich?"

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Andreas
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#52 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Andreas » So 7. Okt 2018, 22:07

Travis hat geschrieben:Weshalb kann es im Buch Hiob dann nicht trotzdem deutlich werden?
Weil es in der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht so ist. Es ist nicht so, dass "gerechte Menschen" nur deswegen leiden, weil der Satan seine Finger im Spiel hätte. Das Leid trifft "Gerechte und Ungerechte", ebenso ist es mit Krankheiten und Naturkatastrophen die selbst vor unschuldigen Säuglingen keinen Halt machen.

Es ist nicht so, dass Menschen nicht am Leid zerbrechen würden, weil Gott immer seine Hand über sie halten würde, und nicht zulassen würde, dass sie über ihre Belastungsgrenze hinaus "geprüft" würden. Suizid, den ja auch Hiob indirekt anspricht, wenn er sagt, dass es besser für ihn wäre nie geboren worden zu sein, ist in Deutschland die elfthäufigste Todesursache - unabhängig von der Religionszugehörigkeit oder des Glaubens. Viele überfordert ihr Leid und sie gehen an dieser vermeintlichen "Prüfung Gottes" elendiglich zugrunde. Dennoch ist das Leid immer im Tode endlich - insofern ist der Tod immer auch eine Erlösung.

Bei Hiob geht es um schwerstes menschliches Leid. Außerdem gibt es weder Gerechte noch Ungerechte sondern nur Menschen die sowohl Gutes wie Böses tun, die sowohl glauben und an Gott verzweifeln. Allein diese Schwarz-Weiß-Malerei macht eigentlich schon klar, dass es sich hier um keine historische Geschichtsdoku einer irgendwann gelebten Person handelt. Deshalb kann und muss Hiob auch in dieser Erzählung exemplarisch als "der Gerechte" dargestellt werden, denn sonst hätten Hiobs Freunde zumindest teilweise Recht - was Gott aber am Schluss dementieren muss. Sonst würde die ganze Erzählung nicht funktionieren, wenn Hiob irgendeine Schuld nachgewiesen würde.
Zuletzt geändert von Andreas am So 7. Okt 2018, 22:10, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#53 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » So 7. Okt 2018, 22:10

Ruth hat geschrieben:Nicht Gott ist es, der informiert werden muss, sondern der Angesprochene soll sich bewusst werden, warum er mit Gott redet.
Sehe ich genauso. - Aber es wird nicht immer so verstanden - siehe Beispiele wie Gen. 22,11 "22,11 Denn jetzt weiß ich <Gott>, dass Du <Abraham> Gott fürchtest." oder Gen. 6,6 "Da reute es den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben".

Hier wird oft interpretiert, als habe Gott etwas bei Abraham herausfinden müssen, oder beim anderen Beispiel, als habe Gott vorher nicht gewusst, was kommt.

Ruth hat geschrieben:Ich würde bei dieser Geschichte Gott nicht als Auftraggeber verstehen.
Insofern richtig, dass Gott nicht Satan herpfeift und ihm aufträgt "Jetzt nimmst Du Dir mal den Hiob vor". - Andererseits hat Gott Satan so gemacht, dass dieser nichts anderes im Sinn haben kann, als Hiob in die Mangel zu nehmen. - Insofern ist es gottgewollt, dass der Mensch vom Bösen in die Mangel genommen wird.

Aber warum ist das so? - Hier kommen wir in das Feld des sog. "Sündenfalls": Warum wird der Mensch dem Bösen ausgesetzt? Was ist das Ziel davon? - Da hätte ich schon eine Antwort - aber die steht nicht in der hier behandelten Textstelle.

Ruth hat geschrieben:Gott gibt dem Satan praktisch die "Arena" frei, nach dessen Ermessen in Hiobs Leben einzugreifen - aber nur soweit, wie Gott es zulässt. Gott kennt die Grenzen des Hiob und lässt nicht zu, dass er über sein Vermögen hinaus versucht wird.

Dazu passt auch diese Aussage im NT

1Kor 10,13LUT - Bisher hat euch nur menschliche Versuchung getroffen. Aber Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr's ertragen könnt.
Das ist die Hoffnung - Bonhoeffer äußert sich ja ähnlich. - Eigentlich ist dies auch die Antwort auf die Theodizeefrage - nur: Man kann diese nur individuell Herausfindbare nicht theologisch oder intellektuell festklopfen.

closs
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#54 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » So 7. Okt 2018, 22:13

Andreas hat geschrieben:Deshalb kann und muss Hiob auch in dieser Erzählung exemplarisch als "der Gerechte" dargestellt werden, denn sonst hätten Hiobs Freunde zumindest teilweise Recht - was Gott aber am Schluss dementieren muss. Sonst würde die ganze Erzählung nicht funktionieren, wenn Hiob irgendeine Schuld nachgewiesen würde.
Richtig - man würde sonst relativierend Schlupflöcher suchen und wahrscheinlich finden.

Andreas hat geschrieben:Es ist nicht so, dass Menschen nicht am Leid zerbrechen würden, weil Gott immer seine Hand über sie halten würde, und nicht zulassen würde, dass sie über ihre Belastungsgrenze hinaus "geprüft" würden. Suizid, den ja auch Hiob indirekt anspricht, wenn er sagt, dass es besser für ihn wäre nie geboren worden zu sein, ist in Deutschland die elfthäufigste Todesursache
Wer sagt, dass man durch Suizid zerbricht? - Vielleicht kann das Zerbrechen ja gerade der Durchbruch sein.

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Andreas
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#55 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Andreas » So 7. Okt 2018, 22:26

closs hat geschrieben:Insofern richtig, dass Gott nicht Satan herpfeift und ihm aufträgt "Jetzt nimmst Du Dir mal den Hiob vor".
Doch genau so wird es im Text dargestellt. Die Initiative geht von Gott aus. Gott ist es, der den Satan mit der Nase auf Hiob stubst. Damit korrespondieren auch Hiobs folgende Sätze:
Ijob 1,21 hat geschrieben:Dann sagte er: Nackt kam ich hervor aus dem Schoß meiner Mutter; /
nackt kehre ich dahin zurück. /
Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen; /
gelobt sei der Name des Herrn.
Ijob 2,9-10 hat geschrieben:Da sagte seine Frau zu ihm: Hältst du immer noch fest an deiner Frömmigkeit? Lästere Gott und stirb!
Er aber sprach zu ihr: Wie eine Törin redet, so redest du. Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir dann nicht auch das Böse annehmen? Bei all dem sündigte Ijob nicht mit seinen Lippen.
Wir fangen jetzt nicht damit an, Textteile zu ignorieren die nicht zu unserer Theologie oder unserem Gottesbild passen wollen.
closs hat geschrieben:Wer sagt, dass man durch Suizid zerbricht?
Ich habe das jedenfalls nicht gesagt. Suizid ist oft die Folge davon, dass etwas im Menschen zerbrochen ist, sein Lebenswille, seine Hoffnung, sein Glaube an Gott, sein Sinn, seine Liebe, seine Kraft ...
Der Witz bei Hiob ist ja gerade, dass er je mehr er leidet, je mehr - und als Einziger - Gott PERSÖNLICH anspricht. Hiob bringt sich nicht um, aber er ist mit dem Gedanken konfrontiert, denn das ist es, was seine Frau ihm empfielt: "Lästere Gott und stirb!"

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Travis
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#56 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Travis » So 7. Okt 2018, 22:40

Andreas hat geschrieben:
Travis hat geschrieben:Weshalb kann es im Buch Hiob dann nicht trotzdem deutlich werden?
Weil es in der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht so ist.
Das und der Rest deiner Beiträge zu dem Thema bleiben eher unbefriedigend. Hätte es auch eine biblische Begründung dafür gegeben, weshalb Du meinst, im Buch Hiob gäbe es keine belastbaren Aussage(n) über Satans Identität?
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

Ruth
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#57 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Ruth » So 7. Okt 2018, 22:50

closs hat geschrieben:Warum wird der Mensch dem Bösen ausgesetzt? Was ist das Ziel davon? - Da hätte ich schon eine Antwort - aber die steht nicht in der hier behandelten Textstelle.

Deine Antwort dazu interessiert mich natürlich.

Meine Antwort ist da eher simpel und bestimmt ergänzenswert: der Mensch soll lernen, mit beiden umzugehen: Gut und Böse. Das schafft er nicht von heute auf morgen, sondern schrittweise, Tag für Tag. Das bedeutet Leben: Wachstum, Veränderung - das Böse mit dem Guten zu überwinden.
Das erzeugt Liebe, die Kraft zum erfüllten Leben, näher zu Gott.

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Andreas
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#58 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Andreas » So 7. Okt 2018, 23:00

Travis hat geschrieben:Das und der Rest deiner Beiträge zu dem Thema bleiben eher unbefriedigend.
Och, das bin ich gewohnt.
Travis hat geschrieben: Hätte es auch eine biblische Begründung dafür gegeben, weshalb Du meinst, im Buch Hiob gäbe es keine belastbaren Aussage(n) über Satans Identität?
Auch wenn du das nicht wahrhaben willst: das Gottesbild ändert sich nicht nur durch Jesus im NT sondern auch schon im AT. Vom Tun-Ergehen-Zusammenhang, sprich "Gehorsam" weg davon, weil die reale Geschichte nach dem Exil einfach nicht mehr dazu passte. Die Juden waren ja gehorsam: sie hatten den zweiten Tempel, einen der Tora gemäßen Gottesdienst, keine Götzen mehr im Lande usw.

TROTZDEM kam ganz real Alexander der Große, statt dem ersehnten dauerhaften Frieden eines freien Landes Israel. Das Buch Hiob und Kohelet dokumentieren diesen Wandel im alttestamentlichen Gottesbild. Dazu kommen dann noch die apokalyptischen Texte wie z.B. Daniel. Die bis dahin weltlich orientierte Theologie macht diesen Schwenk zu einer eschatologischen Theologie hin, Auferstehungsvorstellungen und die Hoffnung auf ein transzendentes, Himmlisches Israel bzw. Jerusalem zeichnen diese neue Theologie aus.

"Die Bibel" die ein einheitliches Gottesbild vermittelt, ist ein völlig unbiblischer Mythos. Die Bibel selbst wehrt sich gegen diesen Mythos mit Händen und Füßen, mit Hiob, Kohelet und Daniel, mit Jesus, Paulus und Johannes und wie sie alle heißen. In der Bibel gibt es viele Theologien und Gottesbilder und nicht nur eines. Nicht weil ich das behaupte, sondern weil es da steht. Hiob sagt es doch und Gott sagt selbst, dass seine Freunde nicht gerecht geredet haben, so wie Hiob. Deshalb muss Hiob für seine Freunde vor Gott das Sühn- oder Schuldopfer darbringen.
Zuletzt geändert von Andreas am So 7. Okt 2018, 23:03, insgesamt 1-mal geändert.

Helmuth
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#59 Re: Das Buch Hi

Beitrag von Helmuth » So 7. Okt 2018, 23:03

closs hat geschrieben:
Helmuth hat geschrieben:Nun dann drück auch aus, was du denkst, um Missverständnisse zu meiden.
Nee - ich möchte erstmal ganz naiv an den Text rangehen: "Was steht da eigentlich?"
Ganz verstehe ich die Gesprächsführung noch nicht. Soll nur aufgezeigt werden welche Auslegungsvarianten es gibt, oder was Gott uns durch Hiobs Schicksal mitteilen will?

Was da steht ist ja klar, eben was da steht. Aber was sagt es uns, besser gesagt was sagt Gott uns? Nix für ungut, qua qua gibts hier zuhauf, daran bin ich nicht interessiert, an dem was Gott sagt allerdings sehr wohl. Was er mir sagt weiß ich, aber was er dir sagt, wäre eigentlich der Diskussionsgegenstand.

Wenn du wieder nur einen Intellekto Thread runterratterst, dann würde ich daraus folgern er sagt dir nix wirklich Wichtiges, und dann gehe ich lieber kochen. :mrgreen:
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

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Andreas
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#60 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Andreas » So 7. Okt 2018, 23:22

Helmuth hat geschrieben:Ganz verstehe ich die Gesprächsführung noch nicht. Soll nur aufgezeigt werden welche Auslegungsvarianten es gibt, oder was Gott uns durch Hiobs Schicksal mitteilen will?

Was da steht ist ja klar, eben was da steht. Aber was sagt es uns, besser gesagt was sagt Gott uns?
Hier gibt es keine Gesprächsführung, keinen Moderator und der Heilige Geist moderiert hier das Gespräch auch nicht.

Natürlich ist das was Gott uns mitteilen will, eine aller möglichen Auslegungsvarianten und nicht keine davon. Du möchtest uns jetzt sicher mitteilen, dass deine Auslegungsvariante genau das ist, was Gott uns mitteilen will. Tu dir keinen Zwang an, aber hier wird es nur eine Variante unter anderen sein. Das ist schon mal sicher.
Helmuth hat geschrieben:Nix für ungut, qua qua gibts hier zuhauf, daran bin ich nicht interessiert, an dem was Gott sagt allerdings sehr wohl. Was er mir sagt weiß ich, aber was er dir sagt, wäre eigentlich der Diskussionsgegenstand.
Was machen wir nur, wenn Gott dem closs etwas anderes sagt als dir, oder der Ruth oder dem Travis oder mir? Redet dann keiner qua qua oder alle, oder manche und andere nicht oder alle bis auf einen? Ich bin gespannt wie ein Regenschirm, denn am Ende siegt erfahrungsgemäß wie immer die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.

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