seeadler hat geschrieben:Andreas, wenngleich unsere Zielrichtung hier die selbe zu sein scheint, merke ich schon, dass es auch zwischen deiner und meiner Betrachtung ein und des selben Textes ganz offensichtlich Unterschiede im Verständnis desselben gibt. Dies merkst du schon, weil Offenbarung 12 dir hier an dieser Stelle offensichtlich nichts sagt.
Ich will doch nur diese Texte aus der Urgeschichte verstehen. Du hast oben die Frage gestellt, was damit gemeint sein könnte, dass Gott die Lebenszeit des Menschen auf 120 Jahre begrenzt. Ich beantworte die Frage in dem Sinne, dass alles was darüber hinausgeht den Menschen nichts mehr angeht. Die Texte der Urgeschichte wurden für Menschen geschrieben die 120 Jahre lebten. Dann sind sie gestorben ohne etwas von der Offenbarung des Johannes zu wissen, die fünf- oder sechshundert Jahre später geschrieben wurden. Das ging sie offensichtlich nichts an. Sie lebten mit den Texten, welche sie kannten.
So, ich lebe 120 Jahre und habe nun auch die Offenbarung des Johannes, wie meinetwegen Luther sie auch hatte. Aber das was darin beschrieben wird, geht mich so wenig wie Luther etwas an. Es betrifft uns nicht und ist in keiner Weise in unseren 120 Jahren anwendbar, weil ich so tot sein werde wie Luther es ist. Ob das alles in wenigen Jahren oder Jahrtausenden eintreten sollte, interessiert mich nicht die Bohne. Wem nutzt das, Angst und Schrecken zu verbreiten außer weltlichen Institutionen?
Die Offenbarung macht aus meiner Sicht nur Sinn, wenn sie in ihren Bildern etwas beschreibt, was zeitlos jeden Menschen zu seinen Lebzeiten von 120 betrifft. Das ist sicher auch eschatologisches enthalten, aber dafür brauche ich aus meiner Warte keinen Taschenrechner. Deshalb kann ich mit deinen Rechnungen nichts anfangen.
seeadler hat geschrieben:Damit will ich sagen, lieber Andreas, deine Sichtweise, dein Erklärungsversuch, hier, macht wirklich nur dann Sinn, wenn du eben nicht ausschließt, dass dies "nur" eine dir gegebene ganz persönliche, also individuelle Erkenntnisgewinnung durch das Studium der Schriften ist, die man mit all den anderen Erklärungen - die ebenfalls richtig sein können - abgleichen muss, bzw hier einzugliedern versucht. Und nicht davon ausgeht "meine Erkenntnis und Sichtweise ist die ausschließlich richtige".
Nochmal. Ich versuche zunächst nur den Text der Urgeschichte zu verstehen - vom Text her und nicht von irgendeinem theologischen Überbau her, die ja alle trotz ihrer Unterschiedlichkeit auf diesem Text aufbauen. Dieser Text ist die Theologie der Leute, die ihn geschrieben haben - ob mit Gott oder ohne ihn. Diese Theologie will ich erst einmal für sich verstehen - dann kann man ja weitersehen.
seeadler hat geschrieben:Es ist ein gewaltiges Puzzle, was wir hier zusammen zu setzen versuchen, wo die Teile anders angeordnet wiederum ein ganz anderes Bild produzieren, welches aber ebenso richtig ist, wie das eigene zusammen gesetzte Bild. Nur wenn ich den großen ganzen Zusammenhang im Blick behalte, kann ich mich dabei Gott nähern, ansonsten wird jeder individuelle Weg eine Sackgasse, die mit meinem persönlichen Tod auch endet. Oder anders gesehen, wird nur die Erklärung weiter leben, die losgelöst von meiner individuellen Betrachtung Teil eines übergeordneten Puzzles wird.
Wie oben: Ich will mir dieses eine Puzzelteil genauer ansehen. Mit einem einzelnen Puzzleteil beginnt das Puzzlespiel. Das ist doch der Witz dabei, dass man das ganze Bild noch nicht kennt und nur über das Zusammenpassen der Einzelteile das ganze Bild erst nach und nach erkennbar wird. Wenn von unseren fertigen Theologien ausgegangen wird, merkt man immer wie die einzelnen Puzzlesteine so zurecht gefeilt werden, dass sie in das Bild passen, welches vertreten wird. Widersprechende Puzzlesteine werden hartnäckig ignoriert und unter den Tisch fallen gelassen.
Der Thread heißt doch: "Eine etwas andere Betrachtung des Sündenfalls und der Sintflut" und nicht "Eine andere Betrachtung der Bibel". Das ist doch immer das Problem bei theologischen Gesprächen, dass man vom Hundertsten ins Tausendste kommt und jeder darin den Überblick verliert, weil man nicht über alle Puzzlesteine gleichzeitig sprechen kann. Das ist ja schon schwierig genug sich mit einem Text zu beschäftigen, weil der ja schon aus so vielen Puzzlesteinen besteht. Gerade an dem Text Gen 1-3 wird das doch überdeutlich wie schwierig es ist, aus den relativ wenigen Versen ein Bild zu machen auf das man sich einigen könnte. Entweder es geht über den darin enthaltenen Inhalt oder gar nicht.
Ich bin der Meinung, dass jedes Buch der Bibel einer anderen Theologie entstammt, unterschiedliche Gottesbilder gezeichnet werden, weil die Menschen zu verschiedenen Zeiten verschieden nach Gott fragten.
Du scheinst davon auszugehen, dass nur eine Theologie darin enthalten ist, weil alle Schreiber von dem gleichen Gott inspiriert wurden. Ich kann da so weit mit dir mitgehen, dass Gott irgendwie in der Bibel zu Wort kommt - aber immer nur bruchstückhaft hat er sich da zwischen die Zeilen hineingemogelt.
Wie auch immer. Über einzelne Texte lässt sich besser reden als über das Große Ganze Geheimnis, das man nicht enträtseln kann, weil es kein Rätsel ist - sondern eben ein Geheimnis in dem man 120 Jahre wohnen darf.