Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

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lovetrail
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#271 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von lovetrail » Mo 5. Sep 2016, 17:23

seeadler hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Ja, das sehe ich auch so. Die Schlange wurde letztendlich "reingelegt" :-)

wurde sie nicht. Sie tat das, was sie tun musste... so wie Judas.
Das schießt mE über's Ziel. Satan wird von Jesus ja als Widersacher, als Lügner und Mörder bezeichnet. Und sein Schicksal wird der Feuersee sein.
Dies passt nicht auf ein "tun, welches Er musste". Damit kommt man sonst in Teufels Küche, zu einer Apologetik des Bösen, oder einem totalen Fatalismus.

LG
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Halman
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#272 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Halman » Mo 5. Sep 2016, 18:12

Da hier gerade so viel über das Schlangen-Narrativ gesprochen wird, verlinke ich mal den Vortrag von Prof. Siegried Zimmer dazu:

Was meint ihr dazu?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

ThomasM
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#273 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von ThomasM » Mo 5. Sep 2016, 21:51

Halman hat geschrieben: Was meint ihr dazu?
Sehr interessant. Allerdings so vernünftig, dass einige hier nicht mitkommen werden.
Die für mich wesentlichen Aussagen sind:
- Die Schlange hat nichts mit dem Teufel zu tun, gar nichts. Die Sünde kommt aus dem Menschen selbst heraus.
- Jeder Text muss aus sich selbst heraus ausgelegt werden.
- Der Mensch wendet sich von einem Gott ab, den es gar nicht gibt.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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lovetrail
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#274 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von lovetrail » Mo 5. Sep 2016, 23:02

ThomasM hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Was meint ihr dazu?
Sehr interessant. Allerdings so vernünftig, dass einige hier nicht mitkommen werden.
Die für mich wesentlichen Aussagen sind:
- Die Schlange hat nichts mit dem Teufel zu tun, gar nichts. Die Sünde kommt aus dem Menschen selbst heraus.
- Jeder Text muss aus sich selbst heraus ausgelegt werden.
- Der Mensch wendet sich von einem Gott ab, den es gar nicht gibt.
Der Vortragende macht wiederum den Fehler, dass er die Autorität des NT ausser Acht lässt. Freilich ist es gut, einen Text erstmal aus seinem eigenen Kontext heraus zu verstehen. Aber wir können doch nicht einfach dabei stehen bleiben. Die Schlange ist im NT eindeutig als Satan enthüllt.

LG lovetrail
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closs
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#275 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von closs » Mo 5. Sep 2016, 23:28

ThomasM hat geschrieben: Die Schlange hat nichts mit dem Teufel zu tun
lovetrail hat geschrieben:Die Schlange ist im NT eindeutig als Satan enthüllt.
Sowohl als auch - weder noch.

Die Schlange hat rein text-mäßig aus meiner Sicht wirklich nichts mit dem Satan zu tun - im AT spricht man vom "Hinderer", der irgendwann textlich da ist (spätestens "Hiob" - ein Buch, das allerdings eines der ältesten Bücher sein soll).

Inhaltlich hat die Schlange dagegen sehr wohl mit dem Satan zu tun, wenn man beide funktional betrachtet - EINE Funktion, unterschiedliche Benennungen/Chiffrierungen.

Was nun? - Und: Wenn beide, Schlange und Satan, Protagonisten des "Bösen" sind - was ist das Böse? Zimmer spricht von einem "Geheimnis" - das Böse sei "da". - Warum ist es da? - Ich meine, dass es dazu Antworten gibt, die Zimmer allerdings in seinem Vortrag nicht thematisiert.

Würdest Du, Thomas, die inhaltlicheVerknüpfung von Schlange und Satan anerkennen? Und würdest Du, Lovetrail, die textliche Ferne von Schlange und Satan anerkennen? Oder gibt es vielleicht doch eine Bibelstelle (am besten im AT, oder ansonsten im NT), die deutlich sagt: "Schlange = Satan"?

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Münek
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#276 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Münek » Mo 5. Sep 2016, 23:53

lovetrail hat geschrieben:Der Vortragende macht wiederum den Fehler, dass er die Autorität des NT ausser Acht lässt. Freilich ist es gut, einen Text erstmal aus seinem eigenen Kontext heraus zu verstehen. Aber wir können doch nicht einfach dabei stehen bleiben. Die Schlange ist im NT eindeutig als Satan enthüllt.
Prof. Zimmer hat absolut recht. In der Genesisgeschichte ist von Satan nicht die Rede, auch nicht von einem riesigen siebenköpfigen Drachen-ungeheuer mit zehn Hörnern, sondern von der Schlange, die listiger/klüger war als die Tiere des Feldes.


Satan kommt im gesamten "Alten Testament" nur an drei Stellen vor (Hiob, Sacharja und 1. Chronik) und tritt NIE als Feind Gottes auf. Warum hätte Gott es Satan wohl gestatten sollen, in den Garten Eden einzudringen, um seine Geschöpfe zum Ungehorsam zu verführen? :o In der Paradiesgeschichte verflucht und bestraft Gott auch nicht Satan, sondern die Schlange. Diese Tatsachen kann man nicht mit dem Hinweis auf die Satansgestalt in der Offenbarung des Johannes (siebenköpfiger Drache/Schlange) vom Tisch wischen.


Der satanische Schlangendrache der Apokalypse hat nichts mit der listigen Schlange aus dem Garten Eden zu tun, die ja lediglich Eva, aber nicht - wie es in Offb. 12,9 heißt - "die ganze Welt verführte".

Rembremerding
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#277 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von Rembremerding » Di 6. Sep 2016, 07:01

closs hat geschrieben:Oder gibt es vielleicht doch eine Bibelstelle (am besten im AT, oder ansonsten im NT), die deutlich sagt: "Schlange = Satan"?
Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen. Offb 12:9 EÜ
Er überwältigte den Drachen, die alte Schlange - das ist der Teufel oder der Satan -, und er fesselte ihn für tausend Jahre. Offb 20:2 EÜ
Wichtig ist hier, dass es die Apokalypse ist, in der die alte Schlange mit Satan identifiziert ist, denn sie führt gewissermaßen die alte Schöpfungsgeschichte zur neuen Schöpfung, zum Ende.
Die Schlange war im ätiologischen Text des AT ein übernommenes Sinnbild noch älterer Texte. Die Schlange als Symboltier der alten Muttergöttin, der ständigen Erneuerung des Lebens, weil sie in Erdlöchern wohnt und sich ständig erneuert, häutet. Auch die Welle der Fruchtbarkeit, die alljährlich im Frühling über das Land zog, stellte man sich als Schlange vor, welche die Kräfte der Erde versinnbildlichte. Im alten China blieb die Schlange ein Glückssymbol. Doch Schlangengötzen wurden auch Menschenleben geopfert, in Ägypten, Mittel- und Südamerika, bereits ein lebensfeindlicher Aspekt. Deshalb frisst die Schlange aus Aarons Stab auch die Schlangen der ägyptischen Magier. So hat die Schlange im AT schon die Anhaftung des Bösen, der Lebensfeindlichkeit, der Verwirrung und des Trugs.
Gott als der Lebendige und Schöpfer des Lebens, wurde hier zum Retter.

Die Identifizierung der Schlange mit dem Bösen und Satan begann aber in einem noch früheren Text des AT, bei Job:
(Job 40:25-32 Schl) Ziehst du etwa den Leviathan mit der Angel heraus, und kannst du seine Zunge mit einer Fangschnur fassen?
Kannst du ein Binsenseil durch seine Nase ziehen und einen Haken durch seine Kinnbacken stoßen?
Wird er dich lange anflehen oder dir freundliche Worte sagen?
Wird er einen Bund mit dir schließen, daß du ihn zum ewigen Knecht machst?
Kannst du mit ihm spielen wie mit einem Vögelchen, oder ihn anbinden für deine Mädchen?
Feilschen etwa die Fischersleute um ihn, oder teilen ihn die Händler unter sich?
Kannst du seine Haut mit Spießen spicken und mit Fischharpunen seinen Kopf?
Lege doch deine Hand einmal an ihn — du wirst den Kampf nicht vergessen, wirst es nicht noch einmal tun!

Man nehme den Trug und das Böse, Satan, als Leviatan und man erhält eine Erklärung des Textes bezüglich des Verhaltens, des Ausgeliefertseins des Menschen gegenüber dem Bösen. Das Böse, das ergriffen wird, wirkt durch die Zunge, das böse Wort. Das Böse ist übermächtig vor dem Menschen und kann nicht gezähmt werden. Das Böse bittet nur zu Anfang, schmeichelt, damit man sich in Sicherheit wiegt, es annimmt. Das Böse wird nicht beherrscht, sondern es beherrscht den Menschen. Das Böse kommt harmlos daher, wie ein Vögelchen und zwitschert einem ins Ohr, doch es ist zügellos. Das Böse wirkt auch in einer zügellosen Sexualität. Das Böse wird geteilt, gehandelt, es wirkt in der Habgier und dem Geiz. Der Mensch kann das Böse nicht einmal antasten, schon gar nicht allein bezwingen und mit ihm handeln oder es umfassend verstehen. Der eigene Kampf allein mit Werken ist sieglos, es ist ein geistiger Kampf, wie Paulus bemerkt (Eph 6:12).

Doch auch hier ist Gott die Rettung. Er ließ eine kupferne Schlange aufstellen (Lev 21:9), auf die man blicken sollte, wenn man von der Schlange des Bösen zu Tode gebissen wurde. Später ist es Jesus, zu dem man ans Kreuz aufblickt, um Rettung zu erlangen.
Und schon bei Jesaja erfährt man von der Schlange und dem Drachen, der konkret in der Apokalypse überwunden wird:

An jenem Tag bestraft der Herr mit seinem harten, großen, starken Schwert den Leviatan, die schnelle Schlange, den Leviatan, die gewundene Schlange. Den Drachen im Meer wird er töten. (Jes 27:1 EÜ)
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#278 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von lovetrail » Di 6. Sep 2016, 07:42

Wir haben auch noch folgenden Zusammenhang:

Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zermalmen, und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen. (Gen.3,15; Elb.)

Siehe, ich habe euch die Macht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten, und über die ganze Kraft des Feindes, und nichts soll euch schaden. (Lk.10,19; Elb.)

19 Denn die Kunde von eurem Gehorsam ist zu allen gekommen. Daher freue ich mich euretwegen; ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten, doch einfältig zum Bösen.
20 Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter euren Füßen zertreten. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch! (Röm.16,19-20; Elb.)

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#279 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von lovetrail » Di 6. Sep 2016, 07:53

closs hat geschrieben: Würdest Du, Thomas, die inhaltlicheVerknüpfung von Schlange und Satan anerkennen? Und würdest Du, Lovetrail, die textliche Ferne von Schlange und Satan anerkennen? Oder gibt es vielleicht doch eine Bibelstelle (am besten im AT, oder ansonsten im NT), die deutlich sagt: "Schlange = Satan"?
Hi Kurt!

Ich erkenne an, dass es fruchtbar ist, die Texte auch mal phänomenologisch zu lesen. Dabei kann man sozusagen eine Genese der Schlangenbedeutung aus dem damaligen Alltag ersehen. Aber das ist eben nur die eine Ebene des Textes. Dahinter verbirgt sich die geistliche Ebene, welche dann erst so richtig im Neuen Testament gelüftet wird. Jesus erhob das Wort und sagte: Euch ist gesagt... ICH aber sage euch.
Die Texte des AT müssen nun aus dem "Sagen Jesu" gehört werden. Er spricht uns diese Texte in neuer, geistliche Form zu. Das was im AT verborgen angedeutet war, wird im NT enthüllt. Ja, sogar der Leidesweg des Messias war verborgen, nur angedeutet im AT.

LG
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2Lena
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#280 Re: Kann die Erzählung von Adam und Eva historisch gemeint sein?

Beitrag von 2Lena » Di 6. Sep 2016, 08:05

Zu allen schönen Beiträgen hier gäbe es eine Menge zu schreiben.
Nur befürchte ich - mein Bücherregal wird dann heute nicht mehr fertig...

Eine Schlange macht nicht den Teufel aus. Der liegt bekannterweise im Detail. Dazu zeigt er sich zuweilen bei uneinsichtigen und zudem recht zerstörungswütigen Furien aller Schattierungen und als Vater der Lügen und Täuschungen beim Ausschalten der Details. Wie Rembremerding schon sagte, gibt es andere Einstellungen zur Schlange in den östlichen Ländern. Mahabharata erzählt Schlangengeschichten und von Hirtenmädchen.
Weitererzählt wird dies nur als "Märchen", weil die alten Bilder fehlen.

Als ich die Sprachbilder der hebräisch verfassten Genesisgeschichte sah
(נחש "nachasch" = Schlange, dann auch getriebenes Kupfer, Kette (etwas aus vielen Gliedern besteht),
נחש "nichesch" Ahnung haben, Gefühl. Das geht ganz fein, bis plattgeschlagen)
... da sagten mir auch die Geschichten von dem Hirtenmädchen etwas und ich stellte mir die Zusammenfassung so vor:
Tausende von Entwicklungen, eine ganze Kette von Gliedern machte das Ertragen von Leben immer schwerer. Eines nach dem anderen wurde erschlagen. Alle wollten sie schließlich ins Feuer werfen. Das Mädchen erbarmte sich der Schlangen. Ich weiß leider nicht mehr genau, wie die Geschichte weiter ging.

Die Schlange war klüger als alles Leben auf dem Felde" schreibt die Genesisgeschichte.
Wie will man das wissen? Klüger als andere Tiere - das kann keiner messen.
Wahr ist jedoch:
נחש (Ahnung haben) sei klüger auf dem Gebiet (auf dem Feld) als bloß rumrätseln.
נחש Gefühl zeigen ist mitunter "listiger", kann aber daneben gehen.
נחש Eine ganze Kette von Gliedern ist klüger, wirkt mehr, wird stabiler wegen dem ganzen Leben auf dem Gebiet - klingt mit bei מכל durch die Vorsilbe "מ" (von, aus, mehr als, wegen) מכל חית השדה
Wir sagen auch "Feld" im psychologischen Sinn und meinen nicht nur einen Acker.

Wobei natürlich die ganze Geschichte über Adam und Eva eine wirkliche Geschichte ist - "mytholisiert" und stark vereinfacht tatsächlich die Ereignisse der Urgeschichte erzählt, da gewaltige Ereignisse nicht mit allem Hin und Her einfach übermittelbar sind. Das wissen wir sogar aus der jüngsten Geschichte, die mit dem Ende des II. Weltkriegs grad 70 Jahre alt wurde und ihre Wirkung noch überall hin erstreckt.

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