Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

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Pluto
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#251 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Pluto » So 29. Mai 2016, 13:10

Bastler hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:Weil sich Gott nicht primär (sondern sekundär) in Schriften offenbart, sondern durch die Welt, die Menschen und deren Schicksal und durch die Prozesse der Welt.
Durch welche Prozesse offenbart sich Gott? Kannst du drei nennen?
Wozu diese bescheidene Beschränkung auf drei?
Der Schöpfer offenbart sich in allen Prozessen dieser Welt.
"Nicht die Bohne"...
Das sind alles Vermutungen und Glaubensbekenntnisse. Sie werden durch keinerlei Fakten gestützt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Bastler
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#252 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Bastler » So 29. Mai 2016, 13:17

Pluto hat geschrieben:Der Philosoph Daniel Dennett verglich mal den Gott des AT mit einem gewaltigen rauen und zerklüfteten Berg massiv der den Menschen Angst einflößen sollte. Dieser Gott verlangte von den Seinen bedingungslosen Gehorsam (siehe Abraham & Isaak).

Der Gott des NT ist ein ganz anderer, fuhr Dennett fort... Am massigen Berg hat der Zahn der Zeit genagt, bis eine hügelige liebliche Landschaft übrig blieb. Ein Gott der Liebe entstand.

Wenn der Zahn der Zeit weiter an diesem Hügel nagt, so Dennett, bleibt am Ende nur noch eine ausdruckslose Ebene übrig.
Wenn der Philosoph Daniel Dennet noch nicht mitbekommen hat, dass es "den Gott des AT" gar nicht gibt, sondern dass im AT hunderte verschiedener Vorstellungen von Gott gesammelt sind, dann kann ich ihm auch nicht helfen.

Es gibt auch nicht "den Gott des NT". Die Vorstellungen weichen hier zwar weniger voneinander ab (weil 1. kürzer, 2. innerhalb 100 Jahre geschrieben und 3. auf eine Person, Jesus, konzentriert). Aber allein schon die Unterschiede zwischen den Evangelisten sind eklatant.

Dennet kann höchstens Tendenzen gegenüberstellen, so er seriös arbeitet. Aber dann muss er auch dazu sagen, dass es solche Tendenzen auch innerhalb des AT gab. Ältere Schriften haben noch mal eine andere Tendenz, als die jüngeren.
Es gab innerhalb der Tendenzen sogar Interdependenzen und Entwicklungen. Und dies gilt auch für das NT.

Zudem finde ich Dennets Blindheit für solche Tendenzhaftigkeit ausgesprochen tendenziös. Er greift sich mal einiges aus dem AT raus, was halt zu seiner Vorstellung von AT passt, also möglichst rächend und brutal und uneinsichtig ist. Klar: Das alles kann man im AT finden. Und dann greift er sich ebenso eklektisch was aus dem NT. Und gucke da! Die beiden Götter widersprechen sich. O welch Wunder!

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Bastler
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#253 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Bastler » So 29. Mai 2016, 13:20

Pluto hat geschrieben:
Bastler hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Durch welche Prozesse offenbart sich Gott? Kannst du drei nennen?
Wozu diese bescheidene Beschränkung auf drei?
Der Schöpfer offenbart sich in allen Prozessen dieser Welt.
"Nicht die Bohne"...
Das sind alles Vermutungen und Glaubensbekenntnisse. Sie werden durch keinerlei Fakten gestützt.
Selbstverständlich sind das Vermutungen und Glaubensbekenntnisse.
Du scheinst bei dem Wort "Offenbarung" immer sogleich an beleg- oder nichtbelegbare Thesen zu denken. Nö! Dem ist nicht so.
Vielleicht muss ich noch mal dazu sagen, dass ich (bei aller Offenbarung) nicht etwas über Gott weiß (erst dann müsste ich dies faktisch belegen), sondern dass ich an Gott glaube.

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#254 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Pluto » So 29. Mai 2016, 13:27

Bastler hat geschrieben:Vielleicht muss ich noch mal dazu sagen, dass ich (bei aller Offenbarung) nicht etwas über Gott weiß (erst dann müsste ich dies faktisch belegen), sondern dass ich an Gott glaube.
Eben das will ich vermeiden.
  • Ich will nicht glauben, sondern wissen... - [Carl Sagan]
oder
  • "Ich kann gut mit Zweifeln und Unsicherheit und Unwissen leben. Ich glaube es ist viel interessanter mein Leben in Ungewissheit zu verbringen als Antworten zu besitzen, die falsch sein könnten. Wenn wir das zulassen, bleiben wir offen für Alternativen. Dann ereifern wir uns nicht zu sehr für das Wissen des Tages oder die absolute Wahrheit, sondern bleiben in der Ungewissheit...
    [Richard Feynman]

Vor die Wahl zwischen den ge-offenbarten Wahrheiten eines beliebigen alten Buches und der Erkenntnis der Empirie gestellt, erscheint mir zumindest letztere das kleinere Übel, weil es in der Realität fundiert ist.
Was nützen mir die angeblichen Wahrheiten aus einem alten Buch, wenn sie keine äußere Begründung durch die Welt erfahren?
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Savonlinna
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#255 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » So 29. Mai 2016, 13:38

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Hier der Link zu diesem Thread:
http://www.4religion.de/viewtopic.php?f=9&t=3690
Savonlinna hat geschrieben:So etwas heißt immer:
die Gotesvorstellung durch den Menschen hat sich verändert.
[...]
Die Erzählung spiegelt also eine veränderte Gottesauffassung wider.
Du meinst also, die Sintflut hat die menschliche Auffassung Gottes verändert?
Nein. Es gab nie eine Sintflut.

Bist Du der begründbaren Meinung, dass die Priester des babylonischen Exils keine Erzählung geschrieben haben, sondern einen Sachbericht?

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Bastler
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#256 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Bastler » So 29. Mai 2016, 13:47

Die Wahl zwischen der Realität und dem alten Buch habe ich schon vorhin außer Kraft gesetzt.
Das alte Buch ist lediglich eine Ansammlung unterschiedlichster Erfahrungen und Gedanken mit der Offenbarung Gottes. Es ist keineswegs selbst die Offenbarung Gottes, sondern lediglich ein Kompendium, welche Erfahrungen Menschen mit der Welt gemacht haben. Die Vorgänge in der Welt (Wachsen, Geburt, Kampf, Freude, Wanderung, Sternenhimmel, Schichsalsschläge und deren Verdauung) haben sie inspiriert. Und diese Inspirationen haben sie durchdacht und erkannten in all diesen Erlebnissen eine Macht am Werke, die sie niederschrieben. Manchmal brühwarm, manchmal reflektiert.

Ich glaube nicht an das alte Buch, sondern ich glaube an Gott. Und dieser Glaube empfängt kein Wissen, aber immer wieder Inspiration und Bestätigung.

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#257 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Pluto » So 29. Mai 2016, 13:52

Savonlinna hat geschrieben:Es gab nie eine Sintflut.
Vielleicht doch... Aber sie war sicher nicht erdumspannend.

Es gibt dazu eine interessante Theorie (mehr eine These), dass vor ca. 7-8'000 Jahren,dort wo sich heute der Bosporus befindet, eine natürliche Mauer stand.
http://www.sueddeutsche.de/wissen/vor-j ... s-1.633396

Durch das Schmelzwasser nach der Eiszeit hat das Mittelmeer diese Mauer durchbrochen und das Land überflutet. Steinzeitliche Siedlungen fast 100 Meter unter dem heutigen Meeresspiegel im schwarzen Meer könnten Zeugnisse einer damaligen Besiedlung der Ufer eines (viel kleineren) Sees bezeugen.

Ein solches Ereignis könnte durchaus der wahre Kern der Sintflut Geschichte gewesen sein. Auch Homer könnte dieses Ereignis teilweise in seiner "Odyssee" verarbeitet haben...
FALLS sich die Flut so ereignet hat, wie die Forscher glauben.

Savonlinna hat geschrieben:Bist Du der begründbaren Meinung, dass die Priester des babylonischen Exils keine Erzählung geschrieben haben, sondern einen Sachbericht?
Nein.
Ich vermute viele der Geschichten hatten einen wahren Kern. Dieser wurde aber durch mündliche Erzählung aufgebauscht und bis zur Unkenntlichkeit verändert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#258 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Bastler » So 29. Mai 2016, 13:56

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Hier der Link zu diesem Thread:
http://www.4religion.de/viewtopic.php?f=9&t=3690
Savonlinna hat geschrieben:So etwas heißt immer:
die Gotesvorstellung durch den Menschen hat sich verändert.
[...]
Die Erzählung spiegelt also eine veränderte Gottesauffassung wider.
Du meinst also, die Sintflut hat die menschliche Auffassung Gottes verändert?
Nein. Es gab nie eine Sintflut.

Bist Du der begründbaren Meinung, dass die Priester des babylonischen Exils keine Erzählung geschrieben haben, sondern einen Sachbericht?
Flutkatastrophen haben natürlich die menschliche Auffassung von Gott verändert. Da kamen Fragen auf (insbesondere Theodizeefragen), die Auswirkungen hatten.
Ob das nun eine Sintflut in der biblischen (gilgamedischen, ovidianischen) Form war?
Kommt es denn darauf an?

Die Fragen waren doch eher: Was denkt sich dieser Gott (diese Götter) denn eigentlich dabei, uns so ein Elend zu senden? Hat er das wirklich gewollt? Sind wir da jemandem völlig ausgeliefert, der keinerlei Menschenfreundlichkeit, Gerechtigkeit und Erbarmen kennt? Oder ist das ganze nur ein perfides Spiel von Mächten, die sich einen Dreck um menschliche Schicksale scheren?

Es kommt nicht darauf an, wann die Sintflut gewesen sein soll, ob sie global oder lokal war, ob dabei ein geostationärer Himmelskörper mitgewirkt hat. Die Frage, ob wir ausgeliefert sind und ob wir uns irgendwie gegen solche Katastrophen verhalten können und ob es auch angesichts furchtbarster Katastrophen noch Hoffnungsgründe und Lebensperspektiven gibt, ist von Zeit, Ort und genauer Wirkweise des Katastrophenbeispiels völlig unabhängig.

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#259 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » So 29. Mai 2016, 14:21

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Bist Du der begründbaren Meinung, dass die Priester des babylonischen Exils keine Erzählung geschrieben haben, sondern einen Sachbericht?
Nein.
Dann frage ich weiter:
Folgen diese Erzählungen Deiner Meinung nach einer den damaligen schriftlichen Erzählern bekannten Erzähltheorie - so wie es alle literarischen Erzählungen tun -, oder war Deiner Meinung nach hier eine Ausnahme?

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#260 Re: Kann die Erzählung von der Sintflut historisch gemeint sein?

Beitrag von Savonlinna » So 29. Mai 2016, 14:42

Bastler hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Bist Du der begründbaren Meinung, dass die Priester des babylonischen Exils keine Erzählung geschrieben haben, sondern einen Sachbericht?
Flutkatastrophen haben natürlich die menschliche Auffassung von Gott verändert.
Auf welche aktuelle Flutkatastrophe sollen sich denn die Exil-Priester bezogen haben?

War das ihr Problem?
Ich denke: nein. Sie haben sich überhaupt nicht auf eine aktuelle Flutkatastrophe bezogen - weil es gar keine gab -, sondern auf den mythischen Gehalt einer globalen Katastrophe.

Die Priester und das Volk im Exil hatten ganz andere Probleme als eine reale Flut.
Selbst heute noch sagt man "Ich ertrinke in Arbeit" oder "ich ersaufe in meinen Problemen" - ohne dabei an eine Überschwemmung eines realen Flusses zu denken.

Interessant dabei ist, dass früher die mythische Kraft solcher Bilder noch viel mehr im Alltag wirksam war als heute.

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