GanzBaff hat geschrieben:Also hat das Gesetz nach wie vor Gültigkeit! Paulus geriet mit Petrus darüber in Streit, zugunsten neuer Anhänger hat Paulus das Gesetz selbst gebeugt. Daher ist diese Diskussion NICHT Quark und Dein Argument ein Totschlagargument. Und genau diese Argumente sind es, die mich mehr und mehr an meinem Glauben zweifeln lassen. Warum gelten diese Gesetze nicht, jene aber doch? Die Bibel wird für mich immer unschlüssiger, je öfter ich darin lese.
In diesem Punkt ist die Bibel allerdings schlüssig.
Das Gesetz galt den Juden, und den Juden allein. Nur für sie war das Gesetz verbindlich.
Jesus hat das Gesetz erfüllt, hieß, Jesus hat sich in Gänze als Jude daran gehalten. Dadurch, dass jemand sich an ein Gesetz hält, wird dieses aber nicht aufgehoben (sowenig wie die Regel bei Rot an einer Ampel zu halten, diese Verkehrsvorschrift aussetzen würde, wenn jemand bei Rot anhält).
Das Gesetz gilt unbegrenzt bis an das Weltende für die Juden.
d.h. Juden, die Christen werden, bleiben biologische Nachkommen Abrahams und sind an das Gesetz gebunden.
Christen, die nicht Nachkommen Abrahams sind, für die gilt das Gesetz nicht (siehe Apostelkonzil: den Heiden wird das "Joch des Gesetzes" nicht auferlegt. Die Juden sind davon aber nicht umfasst!!!)
Problematischer ist es, dass man rational nicht begründen kann, warum Gebrechliche ihrem Gott nicht opfern dürfen.
Also es ist nicht möglich, alle Gebote/Verbote des mosaischen Gesetzes heute noch vernunftgebunden erklären zu können. (Es gibt auch andere, teils sehr krasse, Vorschriften bei denen dies so ist)
Und wie Du denke ich, dass die Diskussion absolut kein Quark ist. Erzähle heute mal einem Behinderten, dass er vor Gott zweite Wahl ist nach einem Gesetz (sogar egal, ob dieses nun für ihn gilt oder nicht) und nicht einmal opfern dürfte.
Die Antwort Gott hat es so gesagt und Aus-Amen ist mir da zu flach und absolut nicht glaubwürdig.
Mein persönlicher Umgang mit solchen Problemen ist zwar nicht für jedermann, aber trotzdem:
es gibt Stellen in der Bibel, bei denen sich die Vorstellungen der Autoren, die heute nicht mehr ernsthaft vertreten werden können, mit in den Texten befinden. Das ist dann so. Ein Nachteil ist das nur für die Gläubigen, die ganz vehement meinen, die Bibel sei unmittelbar Gottes Wort in Gänze. Für diese Gläubigen ist dies mit massiven Ängsten verbunden, man könne die Bibel herabwerten in der Hochachtung bzw. man hat Furcht, dass man dann "nach eigenem Gutdünken" einzelne Stellen in Frage stellen müsste und andere nicht. Wenn man die Bibel als absoluten Maßstab haben will, ist dies durchaus eine Schwierigkeit. Ich persönlich zahle den Preis dafür nicht, der darin besteht, berechtigte Gefühle und Gedanken geradezu vergewaltigen zu müssen um etwas für gut befinden, das es offensichtlich nicht ist. Oder gar: Egal ob ich Gott verstehe oder nicht, ich glaube ALLES was von Gott kommt, selbst wenn es auf mich völlig abstrus wirkt.
Letztlich ist hier der "Bibeltreue" aber in der gleichen Lage, wie jemand, der den Autoren auch zugesteht, zeitbedingte Meinungen ebenfalls wiedergegeben zu haben: beide verstehen die entsprechenden Vorschriften nicht.
Gleichwohl gibt die Bibel mehr als genug Anregung für ein Leben mit Gott, die empfehlenswert sind. Aber nicht in der Form, dass man alles verstehen und bedingungslos glauben müsste. Gesetzlichkeit im Bibelglauben führt letztlich auch immer zu einer emotionalen Härte anderen gegenüber und zur Lieblosigkeit.
Wobei im Christentum nicht unbedingt korrekt mit den Gesetzen umgegangen wird. Einerseits wird geglaubt, dass das mosaische Recht nicht für Heidenchristen gilt, andererseits hält man z.B. das Sonntagsgebot für absolut verbindlich, das wie die ganzen zehn Gebote ausdrücklich den Juden gegeben wurde. Hier suchte man anscheinend schon etwas willkürlich raus, was gelten solle und was nicht. Hinweise für Regeln, die auch für Nichtjuden gelten, gibt es im AT genug. Das Sabbatgebot gehört aber nicht dazu.