Das Buch Hiob

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closs
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#191 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » Di 16. Okt 2018, 10:07

Helmuth hat geschrieben:Haha ... , ja da sprechen wir schon eher eine gemeinsame Sprache
Daraus ergibt sich folgende - natürlich wieder sehr intellektuelle - Frage: Ist es möglich, dass jemand, der das richtige sagt (Elihu), nicht wissen muss, was er damit sagt (Elihu)?

Travis hat geschrieben:Hm. Diesen Eindruck hinterlässt er bei mir gar nicht. Im Gegenteil wäre ich froh gewesen, Elihu hätte aus Respekt nicht bis zum Ende gewartet.
Da erspüren wir Unterschiedliches.

Travis hat geschrieben:Denn Elihu fordert ausdrücklich Hiobs Aufmerksamkeit, erhält jedoch keine Antwort auf seine Rede.
Aus meiner Sicht ist nur Gott die Instanz, die im Gesamtkontext von Hiob noch etwas fordern kann. - Stell Dir mal vor: Schlaumeierischer Jungspund Elihu, der einem durch die Hölle gegangenen Hiob glaubt, etwas abfordern zu können.

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Travis
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#192 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Travis » Di 16. Okt 2018, 10:13

closs hat geschrieben:Da erspüren wir Unterschiedliches.
Offensichtlich. Elihu wird als einziger von JHWH nicht kritisert. Nicht für seine Worte, nicht für ene falsche Haltung oder irrigen Glauben. Aus dem Kontext heraus ist das bemerkenswert.
closs hat geschrieben:Aus meiner Sicht ist nur Gott die Instanz, die im Gesamtkontext von Hiob noch etwas fordern kann. - Stell Dir mal vor: Schlaumeierischer Jungspund Elihu, der einem durch die Hölle gegangenen Hiob glaubt, etwas abfordern zu können.
Da wird eine Entwicklung ersichtlich. Denn Hiob erwartet anfangs den Beistand seiner Freunde. Als Elihu diesen bietet, hat Hiob jedoch bereits damit abgeschlossen. Zu sehr wurde er von den anderen Freunde herabgesetzt, kritisiert, schuldig gesprochen und zu Gott in Opposition gestellt. Wer Elifas, Bildad und Zofar zu Freunden hat, braucht keinen Feind mehr.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

closs
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#193 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » Di 16. Okt 2018, 10:17

Travis hat geschrieben:Elihu wird als einziger von JHWH nicht kritisert. Nicht für seine Worte, nicht für ene falsche Haltung oder irrigen Glauben. Aus dem Kontext heraus ist das bemerkenswert.
Das verstehe ich dahingehend, dass Elihu sozusagen "ein unschuldiges Kind" ist - ich verstehe Elihu nicht als Charakter, mit dem man sich identifizieren kann, sondern als Funktions-Träger. - Wenn statt Elihu hier ein Engel erscheinen würde, wäre es für mich dasselbe.

Travis hat geschrieben:Da wird eine Entwicklung ersichtlich. Denn Hiob erwartet anfangs den Beistand seiner Freunde. Als Elihu diesen bietet, hat Hiob jedoch bereits damit abgeschlossen.
Möglicherweise ist Hiob soweit weg von der irdischen Welt, dass ihm dieser Beistand fremd wäre.

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Travis
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#194 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Travis » Di 16. Okt 2018, 10:19

closs hat geschrieben:Das verstehe ich dahingehend, dass Elihu sozusagen "ein unschuldiges Kind" ist - ich verstehe Elihu nicht als Charakter, mit dem man sich identifizieren kann, sondern als Funktions-Träger. - Wenn statt Elihu hier ein Engel erscheinen würde, wäre es für mich dasselbe.
Da erinnert er mich sehr an Timotheus.
closs hat geschrieben:Möglicherweise ist Hiob soweit weg von der irdischen Welt, dass ihm dieser Beistand fremd wäre.
Ja. Seine Freunde brachten ihren Teil dazu. Die Entwicklung kann man im Buch Hiob verfolgen.

Ich überlege gerade, ob man jemanden wie Elihu raten sollte, nicht zu warten bis sie dran sind. Allerdings war ein Grund seiner Zurückhaltung der, dass er noch mehr von den Älteren erwartet hatte und deshalb abwartete. Elihu wird regelrecht konsterniert beschrieben, als er merkt, dass die Freunde endeten ohne auf den Kern gestoßen zu sein. Es geht ihm wie Hiob. Er hatte eine andere Reaktion der Freunde erwartet.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

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#195 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Helmuth » Di 16. Okt 2018, 12:31

closs hat geschrieben: Daraus ergibt sich folgende - natürlich wieder sehr intellektuelle - Frage: Ist es möglich, dass jemand, der das richtige sagt (Elihu), nicht wissen muss, was er damit sagt (Elihu)?
Natürlich, wenn er dumm genug ist. :lol:

Dummheit kann man den Freunden nicht bescheinigen, im Gegenteil, sie waren gebildet und redegewandt. Nur, was bedeutet das? Ihre Reden habe aber sehr philosophischen Charakter, etwas wovor Paulus warnt.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
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#196 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » Di 16. Okt 2018, 13:26

Helmuth hat geschrieben: Ihre Reden habe aber sehr philosophischen Charakter, etwas wovor Paulus warnt.
Das tut er im Kontext - Paulus ist der Intellektuellste von allen. - Er will nach meinem Verständnis damit sagen, dass Intellektualität allein nicht den Weg zu Gott frei macht. - Insofern ist er auf der Linie dessen, was Hiob erlebt. - Paulus sagt aber NICHT "Nur nicht nachdenken".

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#197 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Di 16. Okt 2018, 13:33

closs hat geschrieben:
Helmuth hat geschrieben:Haha ... , ja da sprechen wir schon eher eine gemeinsame Sprache
Daraus ergibt sich folgende - natürlich wieder sehr intellektuelle - Frage: Ist es möglich, dass jemand, der das richtige sagt (Elihu), nicht wissen muss, was er damit sagt (Elihu)?

Beispiel gefällig ?
Johannes 11,49-52
49 Einer aber von ihnen, Kaiphas, der in diesem Jahr Hoherpriester war, sprach zu ihnen: Ihr wisst nichts;
50 ihr bedenkt auch nicht: Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe.
51 Das sagte er aber nicht von sich aus, sondern weil er in diesem Jahr Hoherpriester war, weissagte er. Denn Jesus sollte sterben für das Volk
52 und nicht für das Volk allein, sondern auch, um die verstreuten Kinder Gottes zusammenzubringen.
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

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Travis
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#198 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Travis » Di 16. Okt 2018, 13:43

closs hat geschrieben:Paulus ist der Intellektuellste von allen. - Er will nach meinem Verständnis damit sagen, dass Intellektualität allein nicht den Weg zu Gott frei macht. - Insofern ist er auf der Linie dessen, was Hiob erlebt. - Paulus sagt aber NICHT "Nur nicht nachdenken".
ich habe nicht einmal den Eindruck, die drei Freunde von Hiob würden überhaupt großartig philosophieren.

Was sie beschreiben ist nichts anderes als ihr phänomelogisches Gottesbild. Gedanken und Schlussfolgerungen die sich bis heute gehalten haben.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

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#199 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » Di 16. Okt 2018, 13:43

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:Beispiel gefällig ?
Interessant. - Aber Kaiphas ist doch ein "Böser", oder nicht? - Elihu aber ein "Guter". - Das hieße dann, dass die (mögliche) Trennung von Botschaft ("Das wird durch mich gesagt") und Botschafter ("Ob ich das verstehe, steht auf einem anderen Blatt") sowohl bei "Guten" als auch bei "Bösen" möglich ist - oder?

closs
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#200 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » Di 16. Okt 2018, 13:44

Travis hat geschrieben:ich habe nicht einmal den Eindruck, die drei Freunde von Hiob würden überhaupt großartig philosophieren.

Was sie beschreiben ist nichts anderes als ihr phänomelogisches Gottesbild. Gedanken und Schlussfolgerungen die sich bis heute gehalten haben.
Sie vertreten also sozusagen eine Philosophie, ohne zu philosophieren, weil sie meinen, es sei "normal". - Das ist gut möglich.

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