Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

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Anthros

#1341 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von Anthros » So 31. Mai 2020, 07:31

sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Sie ist ein Textkonglomerat aus unterschiedlichen Epochen, Traditionen und theologischen Intentionen. Mit der Kanonisierung der Bibel hat man versucht, etwas zusammenzufügen, was nicht zusammen gehört.
Die sich daraus zwangläufig ergebenden Widersprüche und Ungereimtheiten führten dann zu dem bekannten Auslegungs-Tohuwabohu und tausenden von Konfessionen innerhalb des Christentums.

Was "Christentum" anbelangt, bin ich eben aus den von dir genannten Gründen nicht daran orientiert. Es ist der klerikale Dilettantismus, wie er das das Biblische interpretiert.
Es hat auch in der Weise keine Macht über mich, dass ich „Christentum“ generell verwerfen würde, was immer es auch wirklich bedeuten mag. Ich bemühe mich, an der Erforschung dessen, was Christentum wirklich zu bedeuten mag, unbefangen heranzugehen.



sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Sie ist ein Textkonglomerat aus unterschiedlichen Epochen, Traditionen und theologischen Intentionen. Mit der Kanonisierung der Bibel hat man versucht, etwas zusammenzufügen, was nicht zusammen gehört.
Die sich daraus zwangläufig ergebenenden Widersprüche und Ungereimtheiten führten dann zu dem bekannten Auslegungs-Tohuwabohu und tausenden von Konfessionen innerhalb des Christentums.

Es kann auch an einem selbst liegen, eine Kanonisierung nicht zu verstehen, wie jemand verständig genug sein muss, um die Stimmen eines Chors in einen Kanon zusammenbringen zu können. Es kann auch sein, dass das, was Christentum heute sein will, selber gar nicht verständig dazu ist, aber sich groß aufbauscht, um vor seinem Dilettantismus hinwegzutäuschen.



sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Anthros hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 08:52
So gehe ich nicht davon aus, dass die paradiesischen Bäume welche sind, wie wir sie heute auf der Erde kennen, sondern dass sie Sinnbilder sind.
Auch wenn sie Sinnbilder sind, liegt ihnen ein logischer Denkfehler zugrunde.
Wenn Gott wollte, wie closs immer behauptet, dass Gott will, der Mensch möge zwischen Gut und Böse unterscheiden können, (also vom Baum der Erkenntniss essen), dann macht es keinen Sinn, wenn Gott das Tabu aufstellt, vom Baum der Erkenntnis nicht zu essen.

Es war die Schlange, die initiiert hatte, von der Erkenntnisfrucht zu nehmen. Aber nicht nur die Schlange, sondern auch die im Menschen liegende Freiheitlichkeit ermöglichte, sich verführen zu lassen zu können.
Beides brachte die Erlangung einer Fähigkeit, für die aber noch nicht Reife erlangt war. Jetzt ist’s einmal passiert und die göttliche Weisheit muss nun Wege finden, die die Freiheitlichkeit seiner Wesen immer berücksichtigt …



sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Bei Gott ist doch kein Ding unmöglich.

Ich gehe davon aus, dass, um das göttliche Vorgehen nachvollziehen zu können, u.a. die Bereitschaft zur Differenzierung und Kanonisierung vorliegen muss, um die Wege verstehen zu können, die die Göttlichkeit nun einschlagen muss.



sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Für das, was schon geschehen ist, benötigt man keine seherischen, bzw. hellseherischen Fähigkeiten.

Die Anthroposophie baut durch die hellseherische Fähigkeit ihres Begründers, die zur Erkenntnis seelisch-geistiger Motivationen einstiger Zeiten geführt haben, so auf, dass sie im Kanon sinnvoll zusammenhängen.

SilverBullet
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#1342 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von SilverBullet » So 31. Mai 2020, 10:49

“sven23“ hat geschrieben:<<<
Ich schließe mich der großen Mehrheit der Forschung an, die im Gegensatz zur Radikalkritik davon ausgeht, dass Jesus als eine historische Person tatsächlich gelebt hat, also keine rein literarische Figur ist.
Einer theologischen Mehrheit zu folgen ist kein Ersatz für eine Grundlage – ich hoffe darauf können wir uns einigen.

„Radikalkritik“ ist ein sehr ungünstig gewählter Begriff, denn was bedeutet es eine Nicht-Radikalkritik zu vertreten?
=> ganz einfach: ab einem beliebigen Punkt macht man einen Glaubenssprung und hört einfach auf mit Kritik.

Wenn die Bibel kein Geschichtsbuch ist, dann fängt man nicht an und vertritt plötzlich historische Gegebenheiten nur weil sie in der Bibel stehen, denn ansonsten ist es ja wieder ein Geschichtsbuch.
=> die „Meute“ der du folgst ist eine theologische und damit ist es sehr empfehlenswert genau auf das Vorhandensein eines sauberen Wissenschaftscharakters zu achten.

“sven23“ hat geschrieben:Interessant ist ja gerade, dass der Irrtum der Naherwartung für seine Historizität spricht, da man eine rein literarische Figur sicher nicht mit diesem Kardinalsirrtum versehen hätte, zumal sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat.
Siehst du und schon handelt es sich wieder um ein Geschichtsbuch.
Legenden enthalten durch die Bank Widersprüche, offene Fragestellungen und mannigfaltig Gelegenheit sich alles zurechtzubiegen.

Nach der katastrophalen Zeloten-Kriegs-Zeit hat sich der Messiasentwurf wohl (zwangsläufig) gewandelt und man vertrat eine zweigeteilte Messias-Idee:
Zuerst einen weltlichen Messias (aus dem Hause Josef!), der ein Reich einrichten möchte, aber untergeht und vernichtet wird.
Danach soll ein nicht-weltlicher Messias (aus dem Hause David!) kommen, der ein jenseitiges Reich startet.
Dieses Konzept ist gar nicht mal schlecht in der Jesus-Legende vorzufinden.

“sven23“ hat geschrieben:Die Forschung sieht Jesus vor allem als Heiler und Exorzisten, der zudem für eine strengere Gesetzesauslegung war (ich aber sage euch...), was auf einen gewissen religiösen Eifer, vielleicht sogar Fanatismus schließen läßt. Seine antirömische Gesinnung in Verbindung mit zelotischem "Background" wurden ihm schließlich zum Verhängnis.
Diese „Forschung“ verwendet die Bibel offensichtlich als Geschichtsbuch und das wollten wir doch eigentlich nicht, oder?

sven23 hat geschrieben:Ganz im Gegensatz zu diesem relativ unspektakulären historischen Jesus steht der verklärte Christus, den man posthum aus ihm gemacht hat.
Das ist lediglich nur wieder eine weitere Legende.

Tatsächlich waren die Leute in Judäa und Umgebung bis 135 n.Chr. fanatisch an gewalttätigen Messias-Aktivitäten beteiligt.
Denkst du, dass es hier noch vor dem Krieg zu einer unsichtbaren, unauffälligen Begeisterung in Richtung Jesus-Der-Friedliche-Sandalenläufer-Rettet-Uns gekommen ist, die sich dann in kurzer Zeit zu einer Flächenbegeisterung umgewandelt hat?

Wo setzen sich die Jesus-Christen mit den gewalttätigen Zeloten (dem gewalttätigen Alternativ-Messias-Konzept) auseinander? - Motto: "unser Konzept war die ganze Zeit das Bessere, aber ihr wolltet nicht hören"

Die Zeloten finden im Jesus-Christentum genauso statt, wie wenn es peinlich ist, darüber zu reden - es wird einfach "lautstark geschwiegen".

Wenn in der Bibel oder bei den „Kirchenvätern“ vor den falschen Propheten/Messiassen gewarnt wird, wo sind die Erzählungen über die Zeloten-Messiasse und wie übel es ihnen ergangen ist?
Wo findet man bei den "Kirchenvätern" eine Einordnung des Messias "Menachem", der immerhin unter Jubel in Jerusalem eingezogen ist ("am Ende vielleicht auch noch auf einem Esel?") und danach von den Tempelpriestern verraten und ermordet wurde?
=> Reden die "Kirchenväter" vielleicht durch die Jesus-Legende über diese Vorgänge? (dann ist natürlich eine Extra-Aufbereitung hinfällig)

Wo findet man bei den "Kirchenvätern" eine Einordnung der Kreuzigung von Simon und Jakobus, den Söhnen von Judas dem Galiläer (dem Gründer der Zeloten)?
Wo wird von den "Kirchenvätern" die Verfolgung von Messias-Anhängern getrennt nach Jesus-Messias und Nicht-Jesus-Messias-Anhängern dargestellt?
=> nirgendwo, es sind einfach alles "verfolgte Jesus-Christen".
Wo grenzt "Justin der Märtyrer" die Jesus-Anhänger explizit von den zelotischen Messias-Anhängern ab, als er sich immerhin an den römischen Kaiser wendet ("Apologie") und seinen Glauben eigenartig langweilig detailliert schildert? -> gar nicht!

Mit einem Schlag gibt es keine Zeloten mehr, sondern nur noch (die "zuvor" total unsichtbaren) Jesus-Christen, die nun "unschuldig verfolgt" werden.
Dort wo der Flüchtlingsanteil nach dem Krieg zunimmt, kommt es zu Gemeinden - aber natürlich sollen dies Jesus-Anhänger sein - "anscheinend sind nur Jesus-Anhänger geflüchtet, die Zeloten haben sich ja alle gegenseitig in die Luft entsorgt".

Der Krieg, die Vertreibung und die Verfolgung sind eine super Grundlage, um einen "wir sind friedliche Messias-Anhänger"-Slogan auf breiter Front einzuführen. Die Vertreibung aus dem nahen Osten könnte zudem für ein bereitwilliges Ausblenden der Verhältnisse in Judäa und Umgebung gesorgt haben.

sven23 hat geschrieben:Als Toter konnte er sich nicht mehr wehren und war für diese Rolle die Idealbesetzung, was Paulus wohl als erster erkannt hat. Seine Umdeutung der schändlichen Niederlage am Kreuz in einen Sieg war so was wie die Initialzündung für theologische Fantasien, die nun folgen sollten.
Auch hier verwendest du die Bibel als Geschichtsbuch, um "das Verhalten eines Paulus" als historisch einzuordnen.

Tatsächlich sind die "Paulusbriefe" wild zusammengewürfelte Texte mit zelotischen Messias-Fantasien (ständig geht es um "das Gesetz", dessen Einhaltung, Erfüllung und/oder „Ersatz“ durch das Anhimmeln des Christus), die einen eigenartigen Gnosis-Beigeschmack haben.
Es handelt sich um ein aggressives Geschreibsel, das mit der Sandalen-Idylle der Jesus-Legende nichts zu tun hat - diese Texte gehören eher zur gewalttätigen Zelotenwelt.
Ganz grosses Kino ist das "Hohelied der Liebe" (1. Korinther 13), das eingebettet in ein dümmliches Gesülze über "Viele Glieder, ein Leib" und "Zungenrede und prophetische Rede" daherkommt.
Das ist ein derartiger Bruch in den künstlerischen Fähigkeiten der schreibenden Person, dass ich mich sehr wundere, dass der 1. Korinther laut "Forscher" ein "echter Paulus" sein soll - hier sind eher "die Forscher" nicht so ganz echt.
Im übertragen Sinn ist dies so, wie wenn jemand den Bleistift falsch herum hält, im nächsten Moment "den Feldhasen von Albrecht Dürer" zeichnet, um dann wieder bei der einfachsten Kurvensequenz zu scheitern und sich eher selbst zu verletzten.

Willst du wirklich dieser „Gaga-Meute“ hinterher rennen?

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sven23
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#1343 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von sven23 » So 31. Mai 2020, 11:05

Anthros hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 07:31
sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Sie ist ein Textkonglomerat aus unterschiedlichen Epochen, Traditionen und theologischen Intentionen. Mit der Kanonisierung der Bibel hat man versucht, etwas zusammenzufügen, was nicht zusammen gehört.
Die sich daraus zwangläufig ergebenden Widersprüche und Ungereimtheiten führten dann zu dem bekannten Auslegungs-Tohuwabohu und tausenden von Konfessionen innerhalb des Christentums.

Was "Christentum" anbelangt, bin ich eben aus den von dir genannten Gründen nicht daran orientiert. Es ist der klerikale Dilettantismus, wie er das das Biblische interpretiert.
Dilettantismus mag auch eine Rolle spielen, wenn man sich so manche Kirchenväter anschaut.
Aber in erster Linie ging es wohl vor allem um Machterhalt und Deutungshoheit über die Welt.

"Wahrlich, wäre es nicht wegen der Autorität der katholischen Kirche, so würde ich dem Evangelium keinen Glauben schenken!"
Augustinus (354 – 430)


 
Anthros hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 07:31
sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Sie ist ein Textkonglomerat aus unterschiedlichen Epochen, Traditionen und theologischen Intentionen. Mit der Kanonisierung der Bibel hat man versucht, etwas zusammenzufügen, was nicht zusammen gehört.
Die sich daraus zwangläufig ergebenenden Widersprüche und Ungereimtheiten führten dann zu dem bekannten Auslegungs-Tohuwabohu und tausenden von Konfessionen innerhalb des Christentums.
Es kann auch an einem selbst liegen, eine Kanonisierung nicht zu verstehen, wie jemand verständig genug sein muss, um die Stimmen eines Chors in einen Kanon zusammenbringen zu können.
Wie will man des zornigen Kriegsgott des AT mit einem gütigen Liebesgott des NT in Einklang bringen?
Wobei der angebliche Sühnetod seines vermeintlichen Sohnes auch gewisse Fragen aufwirft.

Seit er meinen Bruder kreuzigen ließ, um sich mit mir zu versöhnen, weiß ich, was ich von meinem Vater zu halten habe.
(Günter Weisenborn, dt. Schriftsteller, 1902-1969)

 
sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Anthros hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 08:52
So gehe ich nicht davon aus, dass die paradiesischen Bäume welche sind, wie wir sie heute auf der Erde kennen, sondern dass sie Sinnbilder sind.
Auch wenn sie Sinnbilder sind, liegt ihnen ein logischer Denkfehler zugrunde.
Wenn Gott wollte, wie closs immer behauptet, dass Gott will, der Mensch möge zwischen Gut und Böse unterscheiden können, (also vom Baum der Erkenntniss essen), dann macht es keinen Sinn, wenn Gott das Tabu aufstellt, vom Baum der Erkenntnis nicht zu essen.

Es war die Schlange, die initiiert hatte, von der Erkenntnisfrucht zu nehmen. [/quote]
Du glaubst nicht, dass sich das Rote Meer teilen kann, aber an sprechende Schlangen?



 
Anthros hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 08:52
sven23 hat geschrieben:
Sa 30. Mai 2020, 09:23
Für das, was schon geschehen ist, benötigt man keine seherischen, bzw. hellseherischen Fähigkeiten.

Die Anthroposophie baut durch die hellseherische Fähigkeit ihres Begründers, die zur Erkenntnis seelisch-geistiger Motivationen einstiger Zeiten geführt haben, so auf, dass sie im Kanon sinnvoll zusammenhängen.
Was ist eigentlich dran an den rassistischen, bzw. antisemitischen Vorwürfen gegenüber Rudolf Steiner?
Die Kirche sieht jedenfalls die Anthroposophie als nicht vereinbar mit dem NT und dem Christsein.
 
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Anthros

#1344 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von Anthros » So 31. Mai 2020, 17:04

Sven23: "Wie will man des zornigen Kriegsgott des AT mit einem gütigen Liebesgott des NT in Einklang bringen?
Wobei der angebliche Sühnetod seines vermeintlichen Sohnes auch gewisse Fragen aufwirft.
Du glaubst nicht, dass sich das Rote Meer teilen kann, aber an sprechende Schlangen?
Die Kirche sieht jedenfalls die Anthroposophie als nicht vereinbar mit dem NT und dem Christsein."
Solange du nicht akzeptierst und berücksichtigst, was ich über das "Christentum" und über mein Verständnis der Bibel mitgeteilt habe, projizierst du deines auf mich und ist keine Grundlage für ein Gespräch.

"Was ist eigentlich dran an den rassistischen, bzw. antisemitischen Vorwürfen gegenüber Rudolf Steiner?"
Du bist lediglich gut darin, mit Behauptungen zu konfrontieren und eine Rechtfertigungshaltung erzwingen zu wollen.


 
Zuletzt geändert von Anthros am So 31. Mai 2020, 17:07, insgesamt 1-mal geändert.

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#1345 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von sven23 » So 31. Mai 2020, 17:06

SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 10:49
“sven23“ hat geschrieben: <<<
Ich schließe mich der großen Mehrheit der Forschung an, die im Gegensatz zur Radikalkritik davon ausgeht, dass Jesus als eine historische Person tatsächlich gelebt hat, also keine rein literarische Figur ist.
Einer theologischen Mehrheit zu folgen ist kein Ersatz für eine Grundlage – ich hoffe darauf können wir uns einigen.
Da sind wir uns einig. Die Argumentation muss plausibel, objektiv und nachvollziehbar sein. Wer Glaubensbekenntnisse benötigt, ist eh raus. Das ist dann reines Kirchengedöns.
Aber die saubere Anwendung der historisch-kritischen Methode ist Garant für wissenschaftliche Qualität. Und die wird der Forschung sogar von Leuten wie Kubitza bescheinigt. Wenngleich unabhängige Forschung natürlich noch besser wäre.


SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 10:49
Wenn die Bibel kein Geschichtsbuch ist, dann fängt man nicht an und vertritt plötzlich historische Gegebenheiten nur weil sie in der Bibel stehen, denn ansonsten ist es ja wieder ein Geschichtsbuch.
Das sehe ich anders. So wie Sagen, Mythen und Legenden einen historischen Kern haben können, mal mehr, mal weniger, so haben wir es bei der Bibel mit der Vermischung von historischem mit unhistorischem zu tun. Nicht alles, was in der Bibel berichtet wird, ist historisch und nicht alles, was historisch ist, hat Eingang in die Bibel gefunden.
Hier ist Differenzierung angesagt und dabei spielt auch die Entwicklung der Texte eine wichtige Rolle. Wenn später enstandene Texte neue Wunder und Geburtslegenden enthalten, die der älteste Evangelist nicht erwähnt, dann kann man davon ausgehen, dass er diese selbst erfunden hat, usw.


SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 10:49
“sven23“ hat geschrieben: Interessant ist ja gerade, dass der Irrtum der Naherwartung für seine Historizität spricht, da man eine rein literarische Figur sicher nicht mit diesem Kardinalsirrtum versehen hätte, zumal sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat.
Siehst du und schon handelt es sich wieder um ein Geschichtsbuch.
Legenden enthalten durch die Bank Widersprüche, offene Fragestellungen und mannigfaltig Gelegenheit sich alles zurechtzubiegen.
Natürlich haben Paulus und die Evangelisten (und zahlreiche spätere Redaktoren) geflunkert, dass sich die Balken biegen.
Der irdische Jesus der Überlieferung wollte nun so gar nicht zu einer Messiasgestalt oder gar einem Gott passen, das wurde sehr bald in den Gemeinden deutlich. Die Schreiber lieferten dann die entsprechenden Antworten. (wie z. B. Taufe durch Johannes, Geburtslegenden, Missionsbefehl, Umdeutung der Naherwartung usw.)
Man geht also davon aus, dass alles, was später zu Akzeptanzproblemen in den Gemeinden führte, authentisch zu dem Wanderprediger ist.

SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 10:49
Nach der katastrophalen Zeloten-Kriegs-Zeit hat sich der Messiasentwurf wohl (zwangsläufig) gewandelt und man vertrat eine zweigeteilte Messias-Idee:
Zuerst einen weltlichen Messias (aus dem Hause Josef!), der ein Reich einrichten möchte, aber untergeht und vernichtet wird.
Danach soll ein nicht-weltlicher Messias (aus dem Hause David!) kommen, der ein jenseitiges Reich startet.
Dieses Konzept ist gar nicht mal schlecht in der Jesus-Legende vorzufinden.
Eine jenseitige Gottesreichvorstellung ist nicht jüdisch, sondern spätere, christliche Umdeutung.

Wichtig ist festzuhalten, dass das Gottesreich kein Himmel im christlichen Sinne ist: Das Reich Gottes ist – trotz aller metaphysischen Komponenten – ein diesseitiges, theokratisch regiertes Reich und kein jenseitiges. Für die Römer bedeutete die Proklamation eines solchen Reiches eine Kriegserklärung, und das aus gutem Grund: Der mit der Apokalypse einhergehende Anbruch des Gottesreiches ist gleichzusetzen mit dem Ende der römischen Herrschaft in Judäa oder sogar – je nach Interpretation – mit dem Ende der Römer überhaupt.
Dr. Ronald Bilik


SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 10:49
“sven23“ hat geschrieben: Die Forschung sieht Jesus vor allem als Heiler und Exorzisten, der zudem für eine strengere Gesetzesauslegung war (ich aber sage euch...), was auf einen gewissen religiösen Eifer, vielleicht sogar Fanatismus schließen läßt. Seine antirömische Gesinnung in Verbindung mit zelotischem "Background" wurden ihm schließlich zum Verhängnis.
Diese „Forschung“ verwendet die Bibel offensichtlich als Geschichtsbuch und das wollten wir doch eigentlich nicht, oder?
Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, trotzdem können die darin vorkommenden Personen historisch exitistiert haben. Bei römischen Kaisern, Pontius Pilatus, Herodes usw. besteht da ja auch kein Zweifel. Trotzdem muss das, was sie angeblich gesagt oder getan haben, nicht historisch sein.


SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 10:49
sven23 hat geschrieben: Ganz im Gegensatz zu diesem relativ unspektakulären historischen Jesus steht der verklärte Christus, den man posthum aus ihm gemacht hat.
Das ist lediglich nur wieder eine weitere Legende.
Verstehe ich nicht. Wäre es dir lieber, wenn der Wanderprediger eine rein literarische Erfindung wäre? Was würde sich ändern?
Entweder war Jesus eine historische Person, oder nicht. Dazwischen gibt es nichts.
Was er angeglich gesagt oder getan hat, ist eine ganz andere Geschichte.
Die Quintessenz des Ganzen ist doch folgende: egal, ob er historisch existiert hat oder nicht: der Jesus der Evangelien hat nie existiert, so daß man mit Fug und Recht sagen kann: das Christentum basiert auf einer unhistorischen, literarischen Fiktion.


SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 10:49
Die Zeloten finden im Jesus-Christentum genauso statt, wie wenn es peinlich ist, darüber zu reden - es wird einfach "lautstark geschwiegen".
Früher wurde manchmal die Ansicht geäußtert, Jesus könnte Teil der Zelotenbewegung gewesen sein. Zwei seiner Jünger waren ja Zeloten.
Dagegen spricht, dass Zeloten Gewalt als legitimes Mittel zum Widerstand gegen die römische Besatzung ansahen. Der Jesus der Evangelien lehnt Gewalt ab.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1346 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von AlTheKingBundy » So 31. Mai 2020, 17:07

@Anthros: Vielleicht lernst Du mal, die Zitatefunktion zu nutzen? Intelligente Bibelausleger sollten dazu in der Lage sein.
Beste Grüße, Al

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.
(Albert Einstein, 1879-1955)

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#1347 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von SilverBullet » So 31. Mai 2020, 19:18

“sven23“ hat geschrieben:Aber die saubere Anwendung der historisch-kritischen Methode ist Garant für wissenschaftliche Qualität.
Das gilt nur für den Bereich der Textzusammenhänge, nicht für das Verhältnis „Text zu Realität“.

“sven23“ hat geschrieben:Das sehe ich anders. So wie Sagen, Mythen und Legenden einen historischen Kern haben können, mal mehr, mal weniger, so haben wir es bei der Bibel mit der Vermischung von historischem mit unhistorischem zu tun. Nicht alles, was in der Bibel berichtet wird, ist historisch und nicht alles, was historisch ist, hat Eingang in die Bibel gefunden.
Hier ist Differenzierung angesagt und dabei spielt auch die Entwicklung der Texte eine wichtige Rolle. Wenn später enstandene Texte neue Wunder und Geburtslegenden enthalten, die der älteste Evangelist nicht erwähnt, dann kann man davon ausgehen, dass er diese selbst erfunden hat, usw.
Für die Versionsentwicklung von vorliegenden Textvariationen kann man wissenschaftlich nachvollziehbare Zusammenhänge aufstellen und damit eine gewisse Wahrscheinlichkeit in der Korrektheit erreichen – kein Problem.

Springt man aber vom Reden über den Text zu einem Theaterspiel, bei dem man Textanteile in die Realität verlagert, dann ist dies wissenschaftlich schlicht nicht möglich. Es gibt kein Verfahren, mit dem man hierzu irgendwelche Treffer sicherstellen könnte.

Textzusammenhänge bilden einen virtuellen Raum, der nicht aus dem Text heraus verlassen werden kann.
Virtualität ist quasi ein Hochsicherheitsgefängnis. Stehen nur Möglichkeiten aus dem „Innenraum“ zur Verfügung, dann gibt es kein „Aussen“ und auch keinen Übergang nach „Aussen“.

“sven23“ hat geschrieben:Natürlich haben Paulus und die Evangelisten (und zahlreiche spätere Redaktoren) geflunkert, dass sich die Balken biegen.
Der irdische Jesus der Überlieferung wollte nun so gar nicht zu einer Messiasgestalt oder gar einem Gott passen, das wurde sehr bald in den Gemeinden deutlich.
Es ist ein Märchen an dem du da gerade herumdokterst.

Tatsache ist, dass die Messias-Idee unter Einsatz aller möglichen Kräfte auf die Ereignisspitze getrieben wurde (beispiellose Martyrien haben sie auf sich genommen, unsere Zeloten) und dennoch ist es vollständig gescheitert.
Das ist ein historisches Religions-Grossereignis, das definitiv Spuren hinterlassen haben muss – eine neue Religion ist quasi das Mindeste, was sich bei den Überlebenden mit gescheitertem Messias-Fanatismus gebildet haben muss.
Läst du einen „Jesus“ auf die Art des Neuen Testamentes vor dem Krieg herumspazieren, dann soll das historische Grossereignis keinerlei Auswirkung gehabt haben, die Anhänger haben es quasi nicht wirklich mitbekommen und staunen immer noch über „den zerrissenen Vorhang“ – so etwas kann man nicht ernsthaft Wissenschaft nennen.

“sven23“ hat geschrieben:Eine jenseitige Gottesreichvorstellung ist nicht jüdisch, sondern spätere, christliche Umdeutung
Wenn du unter „christliche Umdeutung“ die auf Desillusionierung basierende Ideen-Umformulierung der besiegten und vertriebenen Zelotenfanatiker (immerhin Messias-Anhänger!) verstehst, dann sind wir nicht weit auseinander.

Soll diese Umdeutung allerdings von einer unsichtbaren Gruppierung ohne ersichtliche Gründungsmotivation (ausser „folget mir, ich mach euch zu Menschenfischern“) stammen, dann sind wir weit auseinander, denn mit Wissenschaft hat dies nichts zu tun.

“sven23“ hat geschrieben:Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, trotzdem können die darin vorkommenden Personen historisch exitistiert haben. Bei römischen Kaisern, Pontius Pilatus, Herodes usw. besteht da ja auch kein Zweifel. Trotzdem muss das, was sie angeblich gesagt oder getan haben, nicht historisch sein.
Nirgendwo geht es bei diesen Figuren um Religionsliteratur als einzige „Quelle“.
Bei den Hinweisen auf diese Leute muss man nicht durch „Wunder“, „Dämonen“, „Engel“ und sonstige Luft- und Hauchnummern „hindurch“ schauen. Zu diesen Leuten mögen hin und wieder auch derartige Texte auftauchen, aber es gibt dennoch Alternativen mit normaler Motivation.
Es gibt Querverweise aus unterschiedlichen Motivationen heraus, es gibt Hinterlassenschaften.
Das ist ein ganz anderes Umfeld, als es durch eine religiöse Fanliteratur geliefert werden kann.

“sven23“ hat geschrieben:Wäre es dir lieber, wenn der Wanderprediger eine rein literarische Erfindung wäre? Was würde sich ändern?
Beim Einnehmen einer wissenschaftlichen Position geht es nicht darum, was einem lieber wäre, sondern was man wissenschaftlich als Lösungspotential vertreten kann. Einen Glaubenssprung einzubauen ist ein NoGo.

Was würde sich ändern, wenn ein erwachsener Gläubiger sich mit dem Märchencharakter seines Glaubens beschäftigen müsste?
Was würde sich ändern, wenn sich die Jesus-Christen zum ersten Mal mit der eigenartigen auffälligen Ähnlichkeit der Zeloten, samt Fehlen der „Urchristen“ beschäftigen müssten?
Was würde sich ändern, wenn man auf Tisch legen muss, dass aus der Messias-Idee automatisch Gewallt hervorgeht?

Es kann sein, dass dies alles an den Glaubensvereinen nichts ändern würde, aber an dem Schmierentheater, dass diese Vereine ein Glaubens-Bein im Wissenschaftsbetrieb haben und auch dort ihren Glaubenssport fortsetzen, würde sich enorm etwas ändern.

“sven23“ hat geschrieben:Was er angeglich gesagt oder getan hat, ist eine ganz andere Geschichte.
Die Quintessenz des Ganzen ist doch folgende: egal, ob er historisch existiert hat oder nicht: der Jesus der Evangelien hat nie existiert, so daß man mit Fug und Recht sagen kann: das Christentum basiert auf einer unhistorischen, literarischen Fiktion.
Tatsache ist, die Jesus-Christen beschäftigen sich nicht mit den Zeloten, nicht mit den Gewaltakten vor dem Krieg, nicht mit Gewaltakten im Krieg, nicht mit dem Scheitern des Messiaskonzeptes.
Sie gehen von einem versteckten „Urchristentum“ aus und vermeiden es, sich mit dem Gewaltpotential ihrer Religion auseinanderzusetzen.
Was ändert sich für einen Jesus-Gläubigen, wenn seine Friedens- und Liebesillusion zerplatzt?

“sven23“ hat geschrieben:Früher wurde manchmal die Ansicht geäußtert, Jesus könnte Teil der Zelotenbewegung gewesen sein. Zwei seiner Jünger waren ja Zeloten.
Dagegen spricht, dass Zeloten Gewalt als legitimes Mittel zum Widerstand gegen die römische Besatzung ansahen. Der Jesus der Evangelien lehnt Gewalt ab.
Schon vergessen: Die Bibel ist kein Geschichtsbuch => wir gehen also nicht davon aus, dass der „Jesus“-Messias zwischen Zeloten herumspaziert ist.

Es kann wissenschaftlich nur darum gehen, warum die Evangelien-Texte nach dem Krieg, nach den zelotischen Unruhen, samt Totalverlust und Untergang mit einer Friedenshaltung auftauchen.

Den Bezug zwischen Krieg und Auftauchen dieser Texte gar nicht herzustellen (Motto: „die Texte gab es davor schon mündlich“), kann nicht Aufgabe einer Wissenschaft sein – dummerweise haben wir aber von unseren „Forschern“ genau diese Glaubensbehauptung vorliegen.

Anthros

#1348 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von Anthros » Mo 1. Jun 2020, 08:42

Anthros hat geschrieben:
Do 28. Mai 2020, 07:49
Ein Abgetrennter nur kann frei lieben.

Das Kleinkind ist unfrei, es ist nicht abgetrennt.

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sven23
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#1349 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von sven23 » Mo 1. Jun 2020, 10:41

SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
“sven23“ hat geschrieben: Aber die saubere Anwendung der historisch-kritischen Methode ist Garant für wissenschaftliche Qualität.
Das gilt nur für den Bereich der Textzusammenhänge, nicht für das Verhältnis „Text zu Realität“.
Das ist eben die Kunst, aus den unterschiedlichen Traditionsschichten das herauszufiltern, was (wahrscheinlich) historisch ist. Und da haben die ältesten Traditionsschichten eine höhere Wahrscheinlichkeit. Sie sind unspektakulärer und glaubensideologisch noch nicht so stark kontaminiert wie spätere Schichten.
Was closs immer behauptet, man habe eben erst später erkannt, "was Jesus wirklich wollte", ist glaubensideologisch bedingtes Geschwätz.
Eine 100%ige Sicherheit gibt es aber auch bei diesem Verfahren nicht. Es ist und bleibt der Versuch einer historischen Rekonstruktion.

SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
“sven23“ hat geschrieben: Natürlich haben Paulus und die Evangelisten (und zahlreiche spätere Redaktoren) geflunkert, dass sich die Balken biegen.
Der irdische Jesus der Überlieferung wollte nun so gar nicht zu einer Messiasgestalt oder gar einem Gott passen, das wurde sehr bald in den Gemeinden deutlich.
Es ist ein Märchen an dem du da gerade herumdokterst.
Ich verstehe nicht, was du meinst.
Hälst du den Wanderprediger nun für eine historische Person oder eine rein literarische Fiktion?


SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
Tatsache ist, dass die Messias-Idee unter Einsatz aller möglichen Kräfte auf die Ereignisspitze getrieben wurde (beispiellose Martyrien haben sie auf sich genommen, unsere Zeloten) und dennoch ist es vollständig gescheitert.
Der Messias ist ja eine Figur aus den alten, jüdischen Schriften, der einer Prophetie zufolge aus Bethlehem kommen sollte. Das ist der einzige Grund, warum man den tatsächlichen Geburtsort von Jesus von Nazareth nach Bethlehem verlegte. Dazu benötigte man die erfundenen Geburtslegenden.
In einem Punkt hast du sicherlich Recht. Nach der Zerstörung Jerusalems erfuhr die Messiasgestalt eine Neubelebung als Hoffnungsträger, Retter, Erlöser und Wiederhersteller einer staatlichen Einheit. Für Juden war aber auch klar: dieser Jesus konnte das nicht gewesen sein.



SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
Das ist ein historisches Religions-Grossereignis, das definitiv Spuren hinterlassen haben muss – eine neue Religion ist quasi das Mindeste, was sich bei den Überlebenden mit gescheitertem Messias-Fanatismus gebildet haben muss.
Aber für einen gläubigen Juden war es doch klar, dass dieser Jesus nicht der Messias gewesen sein konnte. Der schändliche Tod am Kreuz war doch der beste Beweis.
Erst Paulus hat diese Niederlage in einen Sieg umgedeutet. (schon vor der Zerstörung Jerusalems) Dass die Juden nicht auf diesen Trick hereinfielen, wurde auch bald deutlich. Man mußte also neue Anhänger außerhalb des Judentums finden. So erfand man die Heidenmissionierung. (Entgegen der Anweisung des Wanderpredigers)
Was für heutige Christen befremdlich ist: Jesus war kein Christ, er war zeitlebens Jude, und zwar ein besonders streng Gläubiger.



SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
“sven23“ hat geschrieben: Eine jenseitige Gottesreichvorstellung ist nicht jüdisch, sondern spätere, christliche Umdeutung
Wenn du unter „christliche Umdeutung“ die auf Desillusionierung basierende Ideen-Umformulierung der besiegten und vertriebenen Zelotenfanatiker (immerhin Messias-Anhänger!) verstehst, dann sind wir nicht weit auseinander.
Der prinzipielle Unterschied in der Gottesreichvorstellung ist der, dass Christen das Gottesreich in ein Jenseits verlegt haben, während in jüdischer Vorstellung Gott auf der Erde eine Königsherrschaft errichtet. An dieses unmittelbar bevorstehende Ereignis glaubten die Vertreter des apokalyptischen Judentums, also auch Jesus.
Dass er sich geirrt hat, wollen heute die wenigsten Gläubigen wahrhaben, oder sie wissen es gar nicht.



SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
Soll diese Umdeutung allerdings von einer unsichtbaren Gruppierung ohne ersichtliche Gründungsmotivation (ausser „folget mir, ich mach euch zu Menschenfischern“) stammen, dann sind wir weit auseinander, denn mit Wissenschaft hat dies nichts zu tun.
Die Jesusbewegung muss man sich als eine kleine, unbedeutende Sekte in einer unbedeutenden Provinz vorstellen.
Selbst die späteren Christen wurden von den Römern immer noch als jüdische Sekte wahrgenommen. So wies man alle Juden aus Rom aus und differenzierte gar nicht zwichen Juden und Christen.

SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
“sven23“ hat geschrieben: Die Bibel ist kein Geschichtsbuch, trotzdem können die darin vorkommenden Personen historisch exitistiert haben. Bei römischen Kaisern, Pontius Pilatus, Herodes usw. besteht da ja auch kein Zweifel. Trotzdem muss das, was sie angeblich gesagt oder getan haben, nicht historisch sein.
Nirgendwo geht es bei diesen Figuren um Religionsliteratur als einzige „Quelle“.
Richtig, das Fehlen außerbiblischer Quellen ist das große Problem, sowohl bei Jesus, als auch bei Paulus.
Und wie wir heute wissen, hat man selbst historischen Personen Handlungen und Aussagen untergeschoben, die nicht historisch sind. (z. B. einen angeblichen Kindermord des Herodes hat es nie gegeben)




SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
“sven23“ hat geschrieben: Die Quintessenz des Ganzen ist doch folgende: egal, ob er historisch existiert hat oder nicht: der Jesus der Evangelien hat nie existiert, so daß man mit Fug und Recht sagen kann: das Christentum basiert auf einer unhistorischen, literarischen Fiktion.
Tatsache ist, die Jesus-Christen beschäftigen sich nicht mit den Zeloten, nicht mit den Gewaltakten vor dem Krieg, nicht mit Gewaltakten im Krieg, nicht mit dem Scheitern des Messiaskonzeptes.
Sie gehen von einem versteckten „Urchristentum“ aus und vermeiden es, sich mit dem Gewaltpotential ihrer Religion auseinanderzusetzen.
Was ändert sich für einen Jesus-Gläubigen, wenn seine Friedens- und Liebesillusion zerplatzt?
Hälst du Jesus für einen Zeloten?
Die Quellen geben das aber nicht her. Und was anderes als die Quellen haben wir nun mal nicht.

SilverBullet hat geschrieben:
So 31. Mai 2020, 19:18
Es kann wissenschaftlich nur darum gehen, warum die Evangelien-Texte nach dem Krieg, nach den zelotischen Unruhen, samt Totalverlust und Untergang mit einer Friedenshaltung auftauchen.
Das gilt aber nur für die Evangelien. Die (echten) Paulusbriefe sind vor der Zerstörung Jerusalems entstanden.
Paulus setzt der Startpunkt für die literarische Umsetzung der Jesussaga.




 
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Anthros

#1350 Re: Warum gab es eigentlich den Baum von der Erkenntnis von Gut und Böse?

Beitrag von Anthros » Mo 1. Jun 2020, 18:12

Pinguin87 hat geschrieben:
Di 20. Aug 2019, 15:17
... Vielleicht musste Gott ja den Baum pflanzen, wegen der Freiheit des Menschen, zu ihm "Nein" zu sagen, zu können. Was meint Ihr?
Sind die Voraussetzungen geschaffen worden, "nein" sagen zu können, kann sich erst getrennt werden. Der freie Mensch kann "nein" sagen. Der Freie kann lieben. Ein Abgetrennter nur kann frei lieben. Das Kleinkind ist unfrei, es ist nicht abgetrennt.

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