Savonlinna hat geschrieben: Mir ist nur bekannt, dass alle Sintfluterzählungen auf eine gemeinsame Sintflut-Tradition zurückgehen könnten.
Von einer "gemeinsamen" Sintflut Tradition kann man erst sprechen ab dem Zeitpunkt, an dem die jüdischen Schreiber den Gilgamesch-Epos übernommen haben, also etwa 500 v. Chr. Die mesopotamischen Erzählung haben eine mindestens 1000 Jahre ältere Tradition.
"Die Entdeckung der mesopotamischen Sintfluttexte blieb allerdings seinem Schüler Henry
Smith (1840-76) vorbehalten. Dieser gerade 30-jährige junge Forscher stieß im Herbst 1872
beim Ordnen und Katalogisieren der vielfach zerbrochene Keilschrifttafeln in den
Katakomben des Britischen Museums auf das Fragment einer Tafel, bei der sein Blick an
einer Mitteilung hängen blieb, die ihn vollständig elektrisierte. Er las,
Thomas Naumann: Das Rätsel der Sintflut. Biblische und kulturgeschichtliche Streifzüge
„dass das Schiff auf den Bergen von Nizir landete, dass die Taube ausgesandt wurde, dass sie
keinen Ruheplatz fand und dass sie daraufhin zurück kehrte.“ Und der Name des
Sintfluthelden: Ut-napischtim.
Diese Szene kannte er aus der Bibel. Smith war völlig fasziniert. Was er gefunden hatte,
waren Fragmente einer eigenständigen mesopotamischen Sintfluterzählung, die bis in den
Wortlaut hinein Ähnlichkeiten mit der Bibel aufwies – er hielt die XI. Tafel des Gilgamesch-
Epos in der Hand. Er erkannte auch, dass diese neuassyrische Tafel die Abschrift einer älteren
Quelle war, die in die Zeit zwischen 2.300 und 1.700 vor Christus zurückführte."
Quelle: "Das Rätsel der Sintflut.Biblische und kulturgeschichtliche Streifzüge"
Thomas Naumann/Universität Siegen
Zum Regenbogen:
"Auf der Seite Gottes vollzieht sich eine Umkehr. Am Beginn der Flut handelt der
Schöpfergott angesichts des weltweiten menschlichen Frevels gemäß dem
Gerechtigkeitszusammenhang, dass böse Taten ein böses Ergehen nach sich ziehen müssen,
und verhängt die Sintflut als Sündflut und großes Strafgericht. Am Ende der Sintflut hat Gott
eingesehen, dass der Mensch ist wie er ist, fähig zum Guten wie zum Bösen. Gott kann oder
will ihn nicht besser machen. Der Mensch bleibt wie er ist und bekommt dennoch die
Treuegarantie des Schöpfergottes. Das nennt die Bibel Gnade, eine lebensförderliche
Beziehung, die den Zusammenhang von Schuld und Strafe hinter sich lässt."
Quelle: "Das Rätsel der Sintflut.Biblische und kulturgeschichtliche Streifzüge"
Thomas Naumann/Universität Siegen
Die Schreiber der Sintflutgeschichte haben offenbar 2 Vorlagen zu einer Geschichte zusammengeführt.
"Wer die biblische Sintflutgeschichte heute liest, merkt relativ schnell, dass der biblische Text
nicht eine konsistente Erzählung ist, sondern eine ganze Reihe von störenden Wiederholungen
und Widersprüchen aufweist. So gibt es unterschiedliche Angaben zur Dauer der Flut, zur
Anzahl der Tiere. Es gibt zwei Anfänge und zwei Schlüsse. Dieser Sachverhalt erklärt sich
dadurch am Besten, dass im jetzigen Text zwei unterschiedliche Varianten der
Sintflutgeschichte zusammengearbeitet wurden. Offenbar hatten die Redaktoren des
biblischen Textes zwei Sintflutüberlieferungen vorliegen, wollten auf keine verzichten und
haben beide zu einer Einheit verbunden und dabei die Spannungen im Erzählablauf in Kauf
genommen.
Die biblischen Sintflutgeschichten sind historisch gesehen relativ jung. Sie gehören in die
Zeitspanne zwischen dem 8. und 5. Jh. vor Christus. Der Sintflutstoff stammt jedoch aus dem
Zweistromland, wo man schon über 1000 Jahre früher sehr ähnliche Sintflutgeschichten mit
anderen Helden und anderen Göttern erzählte. Die biblische Erzählung bietet also judäische
Variationen eines mesopotamischen Erzählstoffs."
Quelle: "Das Rätsel der Sintflut.Biblische und kulturgeschichtliche Streifzüge"
Thomas Naumann/Universität Siegen