Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

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closs
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#101 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » Di 4. Feb 2014, 22:02

Münek hat geschrieben: obwohl du mich gereizt hast
Ja - er Satan hat Gott gereizt - aber Gott selber ist doch nicht gereizt. - Gott will dem Satan zeigen, dass dessen Reizen für die Katz ist. - Ob das nach modernem Verständnis die feine Art ist, wäre ein anderes Thema.

Münek hat geschrieben:Geht es bei der Hiobs-Geschichte sicherlich nicht um die "fundamentale Frage über die Beurteilung des Leids in der Welt."
Um was denn sonst - wenn nicht in Hiob???

Münek hat geschrieben:Kennst Du eigentlich Theologen, die Deine Auffassung teilen?
Theologische Schulen kenne ich NICHT, weil Sekundär-Literatur erst nach dem primären Eindruck kommen sollte. - Aber ich habe schon oft mit Theologen gesprochen, die merkwürdigerweise oft den pastoralen Aspekt unterstreichen - im Sinne von: "Ja - aber so etwas wird nicht verstanden. - Wir müssen es anders rüberbringen".

Ein anderes, aber gutes (und unter Theologen offensichtlich weitverbreitetes) Beispiel ist die Allversöhnung (nein, keine Diskussion an dieser Stelle), auf die der Satz gemünzt ist - so ähnlich wie ... "Wer AV verkündigt, ist ein Ochse - wer nicht daran glaubt, ist ein Esel". - Diese Trennung zwischen spiritueller Wahrheit und deren Vermittlung empfinde ich übrigens NICHT als gut - aber man wird Gründe haben.

Münek hat geschrieben:Welche Erkenntnis hat denn Hiob gewonnen, außer der, dass er ein rechtsloses ohnmächtiges Menschlein ist
Er hat die Differenz zwischen Ich-Orientierung und Gott-Orientierung verstanden.

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Münek
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#102 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Münek » Di 4. Feb 2014, 22:34

2Lena hat geschrieben:Mach halblang, Münek ... :)
Die Geschichte "Hiob" enthält alle Morallehren der Bibel, den ganzen Inhalt.
Es geht um Ideale, Wünsche und dem Bewältigen aller Widersprüche. :oops:
Es wäre halt gut, mit den Einzelheiten des hebräischen Textes "Erkenntnis" herzuholen.
Doch wer macht sich die Arbeit? :idea:

Hi 2Lena,

im Vordergrund der Hiobs-Legende steht doch die erschütternde Erkenntnis,
dass Gott sich von Satan, einem seiner Söhne, dazu aufreizen lässt, Hiob,
den Gottesfürchtigen ohnegleichen, unmenschlich zu quälen und zu prüfen. Als
Hiob um Gerechtigkeit fleht, fordert JAHWE ihn aus dem Gewittersturm brutal
zu Streit auf (Hiob 38, 3 und 4).

Und Hiob begreift sehr schnell, dass man ihn auf seinen "beschränkten Unterta-
nengeist" (Bloch) verweisen will; er gibt nach, weil er muss. Er hat "eine wahr-
haft eindringliche Lehre" (Jung) erfahren, die man besser nicht mehr vergisst.

Jahwe beruhigt sich erst, als Hiob ihm in klassischer Unterwerfungsgebärde die
Kehle darbietet. Unfassbar!

Fürwahr: Ein gerechter, in sich ruhender, liebevoller Gott! :lol: :lol: :lol:

Machs gut

Münek

closs
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#103 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » Di 4. Feb 2014, 23:00

Münek hat geschrieben:Und Hiob begreift sehr schnell, dass man ihn auf seinen "beschränkten Untertanengeist" (Bloch) verweisen will; er gibt nach, weil er muss.
Der Schluss des Buches ist in der Tat nicht befriedigend - das geht alles zu plötzlich. - Man hat in der Tat nicht den Eindruck, dass er wirklich kapiert hat, um was es geht - das ist ein Mangel. - Dazu hat mir ein Theologe gesagt, dass die Texte vom Buch Hiob ziemlich zusammengebaut seien - kann ich aber nicht beurteilen.

Irgendwie sind im Buch Hiob AT und NT vermischt - das wird besonders an der mit Salome diskutierten Sache mit dem "Fleisch" deutlich, die vom einen AT-mäßig und vom anderen NT-mäßig übersetzt wird.

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#104 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Salome23 » Di 4. Feb 2014, 23:06

@Münek

Und Hiob begreift sehr schnell, dass man ihn auf seinen "beschränkten Unterta-
nengeist" (Bloch) verweisen will; er gibt nach, weil er muss. Er hat "eine wahr-
haft eindringliche Lehre" (Jung) erfahren, die man besser nicht mehr vergisst.
Stimmt-Hiob unterwift sich voll... ;)

Was mich aber an der Story beeindruckt, ist eher das Verhalten der Freunde, welche die Verklägerrolle darstellen und ein falsches Bild aufwerfen

Was man sehr gut erkennen kann an der Legende ist, wie sich Menschen oft distanzieren von jemanden, wenn der nichts mehr zu bieten hat und in der grössten Scheisse steckt...

closs
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#105 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » Di 4. Feb 2014, 23:12

Salome23 hat geschrieben: ist eher das Verhalten der Freunde, welche die Verklägerrolle darstellen und ein falsches Bild aufwerfen
Dieses Bild ist heute übrigens sehr modern: Gerade heute unter den Stichworten "Selbstverantwortung", "freier Wille :oops: ", etc. wird genau diesselbe Konstruktion gebaut: Es geht Dir schlecht, also muss es an Dir liegen. - Genau das treibt Gott den drei Freunden aus.

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#106 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Salome23 » Di 4. Feb 2014, 23:23

Es geht Dir schlecht, also muss es an Dir liegen.
Nicht so ganz...
Ich nehme an, sie kannten das Konzept Segen-Fluch und beurteilten auch danach, quasi Hiob hat sicher gesündigt und daher...was denn sonst, warum sollte ihm denn sowas Verheerendes passieren?

Ähnliches Verhalten zeigen Jesus Jünger bei dem Blinden:

Joh 9
2 Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?
3 Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm.


Und heute gibt es noch genug Christen, die hinter einem "Schicksalschlag" etc. die Folge von Sünde sehn-wen wunderts? Ist doch die Bibel voll davon, was passiere kann, wenn.... ;)

P.S.
Abgesehn davon..wann hätte der, welcher von Geburt an blind war, denn sündigen können, so dass die Erblindung Folge von Sünde wäre 8-)
In seinem vorigen Leben oder wie?

closs
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#107 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » Mi 5. Feb 2014, 00:12

Salome23 hat geschrieben:Ich nehme an, sie kannten das Konzept Segen-Fluch und beurteilten auch danach
Möglicherweise haben sie es aber eben falsch verstanden. - Denn was ist Fluch? Das Gegenteil von Segen. - Und was ist Segen? Segen ist Gnade. - Und was kann der Mensch zur Gnade beitragen? Nichts. - Luther hat das mit seiner Rechtferigungs-Lehre doch erkannt.

Steile These (die an vielen, vielen Beispielen des AT belegbar wäre): Im AT finden sich neutestamentarische Aussagen, die nicht verstanden werden - oft auch nicht von denen, die sie aussprechen. - Und da scheint das Buch Hiob einen Schulterschluss zwischen AT und NT zu machen, in dem in ihm die drei Freunde von Hiob von Gott rund gemacht werden - im Sinne von:

Salome23 hat geschrieben:Joh 9 "3 Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm".
- In diesem Sinne sind wir auch heute noch NICHT im NT angekommen.

michaelit
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#108 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von michaelit » Mi 5. Feb 2014, 07:07

Für mich schaut das so aus als ob das Buch Hiob als Lehrstück gedacht war, da wollte wohl ein jüdischer Denker oder Priester oder jedenfalls ein Weisheitslehrer sich dem Problem des Leidens stellen. Zuerst läßt er das Schlimmste geschehen was einem Menschen nach damaliger Vorstellung geschehen kann, ein Mensch der sich tadellos um Gerechtigkeit bemüht verliert alles außer seinem eigenen Leben. Da man so etwas Gott aber nicht zuschreiben will, wird der Urgrund solchen Schicksals auf den Satan geschoben. Im weiteren Verlauf des Buches aber wurde dem Autor klar daß das nicht aufrechtzuerhalten ist und das Buch wird zu einem einzigen Klagelied und in Hiob's Augen ist es nicht Satan der ihn quält sondern Gott selbst ("deine Pfeile"). Weil Gott aber übermächtig ist und weil Gehorsam vor allem Aufgabe und Unterwerfung bedeutet (für die Juden damals jedenfalls), kann Hiob selbst in seinem Leid eigentlich nichts anderes tun als zu klagen, irgendwie bei Gott zu bleiben und auf den Tod zu warten. Konkrete Nachlebenshoffnungen sehe ich in Hiob eigentlich nicht, auch nicht im Vers von Closs denn solche Worte sind eigentlich nur poetische Floskeln, wie mir scheint, jedenfalls würde ein Christ oder ein Nachlebensgläubiger Jude ganz anders reden als es Hiob tut, und auch anders handeln, das heißt sich einen Priester suchen oder selbst ein Opfer darbringen oder so etwas. Hier setzt nun der Autor ein der Hiobs drei Freunde kommen läßt um Hiob zu beweisen daß er doch nicht unfehlbar ist. Doch das gelingt nicht, Hiob stellt sein Leiden so ausdrücklich dar daß die Gerechtigkeitsfrage eigentlich egal wird. Und dann kommt Gott zurück, beeindruckt Hiob mit seiner Schöpfergewalt, Gott wendet Hiobs Schicksal und die drei Freunde müssen erfahren daß Hiob doch der Gerechte ist weil Hiob FÜR SIE Opfer bringen soll, und nicht für sich selbst. Das ist schon mal gar nicht so schlecht an dem Buch, doch ich denke mal der Autor hat Hiob als Heiligen darstellen wollen und die Freunde als Unverständige, also im Sinne der Solomonschen Weisheitstradition. Wenn man das Buch anders aufgezogen hätte wäre es gar nicht schlecht, doch die billige Rahmenhandlung mit dem satan macht das Buch unlöslich. Vor allem wenn man ein Verständnis von Gott als einer liebevollen Vaterfigur hat. Ja, mein Vater darf mich leiden lassen, aber er darf mir kein Unheil antun, vor allem nicht wenn ich unschuldig bin. Genauso wie ich treu zu Gott sein muß, muß Gott treu zu mir sein, was nicht heißen soll daß er mich reich macht doch daß er mir in meinem Leben beisteht. Es geht für mich einfach nicht an daß mich mein Gott quasi an den satan verkauft, so etwas ist einfach nicht akzeptabel und macht Glauben zunichte. Aus diesem Grund ist das Buch Hiob nicht löslich, jedenfalls nicht als zielführendes Theologiebuch. Als ernsthaftes theologisches Schriftwerk dagegen ist es interessant und auch gut geschrieben. Da ich persönlich gar nicht an den satan glaube ist dann vielleicht noch ein Grund für mich das Buch abzulehnen. Die Idee eines teuflischen Widersachers ist kindisch und macht aus Religion einen Mummenschanz. Es gibt widrige Umstände und menschliche Feinde, aber ansonsten steht dem Menschen spirituell kein Feind entgegen.

closs
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#109 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » Mi 5. Feb 2014, 07:38

michaelit hat geschrieben: Es geht für mich einfach nicht an
So denkt Hiob auch - und das entspricht auch einem gesunden Selbst- und Gerechtigkeits-Bewusstsein. - Aber die Praxis in der Welt ist halt anders. - Und dass das Buch die Theodizee-Frage so frontal angeht, OHNE zu beschönigen (genau das tun nämlich die Freunde, indem sie in RIchtung "selber schuld" interpretieren), ist wichtig.

michaelit hat geschrieben:Es gibt widrige Umstände und menschliche Feinde, aber ansonsten steht dem Menschen spirituell kein Feind entgegen.
Wäre ich vorsichtig. - Man muss nicht an die Existenz des Satans glauben - dann ersetze es durch "das Satanische". - Und das Satanische wäre der Ich-Bezug als letzte Instanz.

2Lena
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#110 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von 2Lena » Mi 5. Feb 2014, 10:23

Münek hat geschrieben:im Vordergrund der Hiobs-Legende steht doch die erschütternde Erkenntnis, dass Gott sich von Satan, einem seiner Söhne, dazu aufreizen lässt,
Was steht denn da?
Es war ein Man, [ajob schmo] - Hiob war sein Name. Er war recht und schlecht.
Das geht nicht - und so bastelten die Übersetzer an zahllosen Varianten, wie sie das wohl hinkriegen sollen. Ein Ausleger aber bleibt bei "Hiob" hängen. Er muss das nämlich teilen und liest dann: Abneigung wäre schlecht, besser sei eine Vision habe. Das wäre recht - [aj ob schmo] ej, ein Wunsch oder Idol, eine Knospe - ist das höher?

Auf diese Weise spricht kein JAHWE mit einem Satan. (Grauenvoll, das geht so nicht auszusprechen!) Deine Idee ist im hebräischen Text nur sehr schwer zu finden. Da liest man eher für Satan eine Angelegenheit des Widerspruchs, ein "an die Wand pissen" oder ein umherschweifen, kein Ziel. Es geht daneben braucht eine Verteidigung. So viele ganz anders erklärende Wörter lassen kaum den Zusammenhang entstehen, der in Deutsch auftaucht. Es kommt leichter die Überlegung vom - wie es sein soll - und man rechnet mit dem Widerspruch ab.

Schau mal, wie der Text aufgebaut ist: Hiob hatte 3000 Kamele, anders gesagt bei gleichem Wort, richten, entscheiden, entwöhnen. Mit welcher Entscheidung ist es wie es sein soll, mit welcher - wetten dass ein Widerspruch erscheint. Jeweils gilt es die drei Möglichkeiten zu durchdenken, ganz genau wie es die Zahl 3000 "vorschreibt" mit dem was anleitet oder sich daraus ergibt mit Vermehrung. Das geht so erst einmal durch alle "Viecher" weiter ...

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