Gerade bei Jesaja wird dieser Fakt heftig und mit sehr guten Argumenten angezweifelt. Die meisten Bibelwissenschaftler gehen eher von einer Art Jesaja-community aus. So erklärt sich auch ganz gut, dass Jesaja über einen Zeitraum von ca. 120 Jahren jeweils so schreibt, als bezöge er sich auf aktuelle Ereignisse. 120 Jahre lang schreiben ist eine ziemlich stramme Lebensleistung. Zudem schreibt er sehr unterschiedlich - sowohl vom Stil her, als auch von der Zielrichtung. Die meisten Bibelwissenschaftler sprachen deshalb recht rasch von einem "Protojesaja" und einem "Deuterojesaja" - also einem ersten und zweiten Jesaja. Welcher war nun der echte? Und selbst 60 Jahre schreiben ist noch ziemlich stramm (so man die 120 halbiert und nicht von 100:20 oder 80:40 spricht). Inzwischen sprechen die Bibelwissenschaftler auch locker von einem Tritojesaja und noch von weiteren Jesajas - bis hin zur schon erwähnten Jesaja-community.Hemul hat geschrieben:Fakt ist, -Jesaja und Kyros haben gelebt.
Das sind natürlich alles nur Vermutungen. Dass es allerdings einen einzigen Jesaja gab, ist kein Fakt, sondern auch nur eine Vermutung (wie alle anderen). Zudem noch genau die Vermutung, für die sich die wenigsten guten Argumente finden.
Auch hier weise ich auf die Frage hin: Welche Bedeutung für den Glauben spielt es denn, ob Jesaja eine Einzelperson, ein Paar, eine Frau, fünf Frauen oder eine Community war? Oder einfach nur ein nachträglich gegebener Gruppenname. Viele der Aussagen von Deuterojesaja und Tritojesaja treffen. Tolle Bilder. Tolle Gedanken. Prima Einstellung. Eine Vorstellung von einer Art friedlichem Gottesreich - mitten in einer heillosen Zeit (wahrscheinlich babylonisches Exil) entworfen und vermutlich mehrere Jahrhunderte, bevor Jesus das Reich Gottes verkündete.
Jesus war, vermute ich, selber ein Jesaja-Fan. Zumindest stehen in den Evangelien viele Jesaja-Zitate als Worte Jesu geschrieben. Und er hat sich über die Lebenslänge und Schreibensdauer halt einfach keine Gedanken gemacht. Er war Jesaja-Fan nicht wegen Jesajas umfassendem Werk, sondern wegen der Aussagen. Die haben anscheinend auch bei Jesus getroffen.