Abraham sollte Isaak töten?

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Pluto
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#71 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von Pluto » Di 28. Okt 2014, 12:31

Hemul hat geschrieben:Selbstgestrickt? :mrgreen:
Nö. Ebenfalls von H. Heine. :P
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Janina
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#72 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von Janina » Di 28. Okt 2014, 13:27

Hemul hat geschrieben:jetzt geht dir dein Müfflein-gell? ;)
Hä? Wovon? Außer ein bisschen Bierschiss vielleicht... :roll:

Samantha

#73 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von Samantha » Di 28. Okt 2014, 13:39

Hemul hat geschrieben:Gott machte hier genau wie vorher bei Adam&Eva von seinem Vorherbestimmen oder Wissen keinen Gebrauch. Er akzeptiert u. respektiert den freien Willen des Menschen. Adam&Eva missbrauchten ihn mit schrecklichen Folgen für uns.
Wie kann man von seinem Wissen keinen Gebrauch machen? Wird man dann zukunfts"blind" oder unfähig? Ein Mensch kann zukünftige Ereignisse erahnen oder berechnen. Wie soll ein Gott sein Wissen vor sich selbst verschließen? Wir sollten Gott nicht vermenschlichen.

Hemul
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#74 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von Hemul » Di 28. Okt 2014, 14:18

Samantha hat geschrieben: Wie kann man von seinem Wissen keinen Gebrauch machen?
Indem man den freien Willen des Menschen respektiert. Oder meinst du Gott hat in 1.Mose 22:12,15-18 nur geschauspielert? :roll:
12 "Halt ein! Tu dem Jungen nichts zuleide! Jetzt weiß ich, dass du Gott gehorchst, denn du hast mir deinen einzigen Sohn nicht verweigert." 15 Noch einmal rief der Engel Jahwes Abraham vom Himmel herab zu: 16 "Ich schwöre bei mir selbst, sagt Jahwe: Weil du das getan und mir deinen einzigen Sohn nicht verweigert hast, 17 werde ich dich mit Segen überschütten und deine Nachkommen überaus zahlreich machen, so wie die Sterne am Himmel und die Sandkörner4 am Strand. Sie werden ihre Feinde besiegen und ihre Städte erobern. 18 Und durch deinen Nachkommen werden alle Völker der Erde gesegnet sein, weil du mir gehorcht hast."
Das wäre doch Schauspielerei gewesen wenn Gott schon vorher alles gewusst hätte-meinste nicht auch? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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Andreas
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#75 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von Andreas » Di 28. Okt 2014, 14:42

Rembremerding hat geschrieben:... und es war ein Widder, das Lamm, welches als Opfer dann geschlachtet wurde. Und der Berg wurde genannt: Jahwe-Jire, der Herr sieht, wie man noch heute sagt: Auf dem Berg lässt sich der Herr sehen (Gen 22,14). Und so geschah es dann später: Der Herr ließ sich sehen, sein ganzes Wesen ließ er uns sehen, die Liebe, dort am Kreuz, wo Christus Jesus für uns verblutete.
Und noch ne Variante:

Luther
Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?
8 Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander.
Elberfelder
7 Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham und sagte: Mein Vater! Und er sprach: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sagte: Siehe, das Feuer und das Holz! Wo aber ist das Schaf zum Brandopfer?
8 Da sagte Abraham: Gott wird sich das Schaf zum Brandopfer ersehen, mein Sohn. Und sie gingen beide miteinander.

Im Hebräischen lautet der Name des Berges Jahwe-Jire gleich:
Sowohl: Gott »ersieht« (sich ein Opfertier)
als auch: Gott sieht (die Not des Abraham)

So gesehen, wäre Abraham nicht durch die Prüfung gefallen, weil er mehr in die Liebe Gottes vertraute und weniger auf das Wort Gottes. Andererseits kollidiert das wieder mit der Allwissenheit Gottes.

Bei jeder Variante bleibt ein "Geschmäckle".
Bei all diesen Widersprüchen bleibt vielleicht nur, diese Widersprüchlichkeit als Bühne dieser Inszenierung zu betrachten, um die Leser dieser Geschichte auf die Probe zu stellen. Der Berg könnte so heißen, weil Gott anhand dieser Geschichte sieht, wie es um unsere Herzen bestellt ist.

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Janina
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#76 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von Janina » Di 28. Okt 2014, 16:19

Samantha hat geschrieben:Ein Mensch kann zukünftige Ereignisse erahnen oder berechnen.
Das ist SO stark limitiert, das gilt sogar für Götter. :lol:
(Chaostheorie)

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sven23
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#77 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von sven23 » Sa 1. Nov 2014, 16:21

Rembremerding hat geschrieben:
Und nun spricht Jahwe: Nimm Deinen Sohn und opfere ihn. Abraham war dieses Opfer vertraut, überall um ihn herum wurden Kinder geopfert. Nun aber zeigte Jahwe den entscheidenden Unterschied auf: Nein, Abraham, halte ein, ich will keine Kinder als Opfer! Lerne Du und all die Kanaaniter um dich herum daraus: Jahwe ist der Gott der Lebenden, er will keine Menschenopfer! Gerade das war eine eindrucksvolle Lektion, eine Erlebnispädagogik sondersgleichen und was für einen gewaltigen Eindruck wird das auf Abraham und die Menschen in seiner Umgebung gemacht haben: Dieser Gott ist anders, dieser Gott ist lebendig, dieser Gott ist einzig!

Das ist eine ziemlich konstruierte Entschuldigung. Hätte Gott gewollt, daß man ihm keine Kinder opfert, dann hätte einfach sagen können: du sollst keine Kinder opfern.
Es geht hier aber um ganz was anderes, nämlich um Gehorsam bis zur Selbstaufgabe.
Nebenbei: Erlebnispädagogik für rituellen Kindesmord hat wohl das Zeug zum Euphemismus des Jahres.

Diese Geschichte hat zum Thema, daß Gott wieder mal einen Loyalitätsbeweis fordert und zwar einen Beweis, der so ungeheuerlich ist, daß man sich eigentlich mit Ekel abwenden möchte.
Und dafür, daß Abraham wirklich bereit war, seinen Sohn zu töten, wird er in allerschärfster Form belobigt.

"Und der Engel des HERRN rief Abraham abermals vom Himmel her
16 und sprach: Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der HERR: Weil du solches getan hast und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont,
17 will ich dein Geschlecht segnen und mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen;
18 und durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast."

1.Mose 15-18

Wie so oft im AT geht es um blinden Gehorsam, den man auch als Kadavergehorsam bezeichnen könnte und der später auch in der deutschen Gechichte noch einmal eine Rolle spielen wird.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

2Lena
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#78 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von 2Lena » Sa 1. Nov 2014, 23:03

Sven23: Hätte Gott gewollt, daß man ihm keine Kinder opfert, dann hätte einfach sagen können: du sollst keine Kinder opfern.
Lies bitte etwas aufmerksam 1. Mose 22 http://bibelserver.com/ref/1022001#/text/EU/1.Mose22
Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar.

http://bibelserver.com/ref/1022001#/text/OT/1.Mose22
2 ויאמר קח־נא את־בנך את־יחידך אשר־אהבת את־יצחק
ולך־לך אל־ארץ המריה והעלהו שם לעלה על אחד ההרים אשר אמר אליך׃

Einen ganz anderen Zusammenhang bekommt einer beim hebräischen Text, wenn er

והעלהו שם לעלה
עלה als auswandern, einwandern, hochgehen sieht
עלה als Anlass, Vorwand, Rechtsspruch [ila]
עלה [ala] aufsteigen, befördert werden, kosten, besser sein.
עלה Brandopfer, in Rauch aufgehen ...
und weitere Wörter, die mit der Erklärung von aufblättern zusammenhängen lasse ich vorläufig weg.

Damit man BEIDE Varianten עלה denkt, und noch andere, wird bei den Versen zweimal עלה verwendet. Der Leser überlegt: Was nehm ich?

Der Befehl in ein Land Morija zu gehen, ist nicht stimmig... wo gibt es das Land, überall und nirgends. Was war mit der genauen Reiseplanung los? Da liegt nahezu alles im Ungewissen. Genau ist jedoch der Auslegungstext, der einen Fleck von starker Bitterkeit markiert. Das ist [mar] bitter. Das ist somit überall (auch ohne geographische Kenntnisse) erreichbar.

Zur Rückblende noch die Hinweise:
Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst ...
Isaak war nicht der Einzige ... In Hebräisch ist Sohn nicht allein Sohn [ben] sondern man rechnet damit und versteht. Es ist enthalten, zählt - heißt [ben].

Wer das Abgleichen der Wörter durchhalten kann, erlebt humorvolle Varianten, die alle Erziehungsfehler beseitigen - mit Hinweisen zur Besserung ersetzen.

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Bastler
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#79 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von Bastler » Mo 3. Nov 2014, 11:42

Die Geschichte könnte in einer Zeit geschrieben sein, in der Ritualmorde zwar nicht gang und gäbe waren; man hat aber davon gehört. Woanders hat man ja auch von einem Moloch gehört, dem durch Menschenopfer gefrönt worden sei.

Vor dem Niederschreiben der Geschichte gab es sicherlich eine lange mündliche Tradition. Das Thema: "Gott testet den Gehorsam eines Menschen aus. Und es gibt tatsächlich Leute, die in ihrem Gehorsam gegenüber Gott bis zum Äußersten gehen." ist ja wahrlich nicht neu. Es war schon damals nicht neu. Viele verschiedene Spielarten dieses Themas finden sich sogar in der Bibel, andere in "heidnischen" Schriften.

Leider lässt die literarische Qualität des Textes sehr zu wünschen übrig. Klar: Man musste sich kurz fassen in Zeiten, da Schreibmaterial wertvoll waren und Kopisten nicht einfach ein Knöpfchen am Drucker bedienen mussten. Dennoch hätte der Verfasser klar erwähnen können, dass Gott niemals einen Auftrag zum Kindesmord gegeben hat.

Die Geschichte lässt diese Frage in der Schwebe hängen.
Viele Menschen in der Menschheitsgeschichte hatten schon das Gefühl, Gott beauftrage sie zu Gräueltaten, zum Töten oder zum Rächen.
Man kann vermuten, dass der Verfasser die Spannung der Story steigern will. Es wäre natürlich literarischer Unfug, gleich von vornherein Gott sprechen zu lassen: "Töte Isaak. Aber das meine ich nicht so!" Blödsinn!

All den Menschen, die einen solchen Befehl zu vernehmen meinen und die diesen Befehl Gott zuschreiben, gehen von der Realität des Befehls aus. "Deus vult!", schrien sie auch bei den Kreuzzügen, als sie dachten, Gott einen Gefallen zu erweisen, indem sie möglichst viele Ungläubige abschlachten. Und die dachten wirklich, so wie Abraham, dass Gott eine solche Bluttat wolle, ja, sogar fordere.

Die Absage an die Tötung von Menschen kommt dann in der Story allerdings zu kurz. Das ist der literarische Faux pas, von dem ich sprach.
Der Engel hätte nur wenig hinzufügen müssen. "Abraham! Du irrtest, als Du meintest, dass Gott solches von dir fordere!"
Das hätte genügt, um diese unselige Schwebe aufzulösen. Dann wäre klar: Gott will keine Menschenopfer. Jegliche Anwandlung in diese Richtung ist ein Produkt des Menschen, der sich fälschlicherweise von Gott zu einer solchen Bluttat (aus welchen Gründen auch immer) berufen fühlt.

michaelit
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#80 Re: Abraham sollte Isaak töten?

Beitrag von michaelit » Mo 3. Nov 2014, 12:13

Also ich kann mir schon gut vorstellen daß der Text ironischer gemeint war als es das moderne Sprachverständnis an den genannten Bibelstellen vermutet. Nimm bloß diese "Nachkommen wie Sand" (Israel war immer ein kleines Volk), oder "Daß du das getan hast, Abraham" (pure Ironie, du kriegst keine Nachkommen). Es ist in der Bibel aber schwer abzulesen was ironisch und nicht wörtlich gemeint ist. Es fehlt uns das Sprachverständnis der biblischen Zeitgenossen.

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