Geschichte und Mythos

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Travis
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#171 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von Travis » Mo 1. Okt 2018, 17:23

closs hat geschrieben:Nachgewiesen muss sie eh nicht sein - mir geht es um eine Stufe härter: Muss etwas historisch (im landläufigen Sinn des Wortes) "SEIN", um göttlich wahr zu sein?
Das würde ich gar nicht als "härter" bezeichnen und die Frage so auch gar nicht stellen. Denn wenn etwas historisch geschehen ist, ist es genau so wahr und entfalltet in der Regel darüber hinaus einen daraus abgeleitete Wahrheit, die der Grundlage nicht widerspricht.
closs hat geschrieben:Und da meine ich, dass auch die göttliche Wahrheit in einer nicht-historischen Erzählung insofern historisch ist, dass ihre Entschlüsselung in der Zeit stattfindet ("Travis hat diese göttliche Wahrheit im Gleichnis mit dem Rebstock am 8.7.1999 verstanden - diese Wahrheit hat also in der Zeit x Platz in Travis genommen").
Da könnte es sein, dass ich nicht klug genug bin, um den Bedeutungsrahmen Deiner Aussage zu begreifen. Beim ersten Lesen würde ich Deiner Aussage zustimmen, obwohl "historisch" dann weiter gefasst ist, als ich das landläufig verstehe.
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closs
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#172 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von closs » Mo 1. Okt 2018, 17:30

Travis hat geschrieben:Beim ersten Lesen würde ich Deiner Aussage zustimmen, obwohl "historisch" dann weiter gefasst ist, als ich das landläufig verstehe.
Richtig. - Landläufig und wissenschaftlich versteht man unter "historisch", dass etwas belegbar stattgefunden hat - das haben Mythen eindeutig NICHT. - Wenn man dagegen "historisch" als das versteht, was in der Zeit stattfindet ("Saulus wurde vom Heiligen Geist getroffen, ohne dass dies unbedingt nach außen sichtbar sein muss, und wurde dadurch zum Paulus"), sind auch Mythen-INHALTE historisch, sobald sie in der Zeit aktiviert werden - weil sie jemand versteht. - Insofern wären Mythen historische Zeitbomben. ;)

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Travis
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#173 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von Travis » Mo 1. Okt 2018, 17:53

closs hat geschrieben:Richtig. - Landläufig und wissenschaftlich versteht man unter "historisch", dass etwas belegbar stattgefunden hat - das haben Mythen eindeutig NICHT.
Hm. Dann ist mein Verständnis wohl doch nicht so landläufig. Denn ein historisches Ereignis hat stattgefunden, egal ob jemand es bestätigt oder nicht. Die Unterscheidung zum Mythos kann ich allerdings nachvollziehen.
closs hat geschrieben:Wenn man dagegen "historisch" als das versteht, was in der Zeit stattfindet ("Saulus wurde vom Heiligen Geist getroffen, ohne dass dies unbedingt nach außen sichtbar sein muss, und wurde dadurch zum Paulus"), sind auch Mythen-INHALTE historisch, sobald sie in der Zeit aktiviert werden - weil sie jemand versteht. - Insofern wären Mythen historische Zeitbomben.
Nach Deiner Definition hast Du recht. Der Mythos wäre dann ein historisches Ereignis, da er irgendwann entstanden sein muss und ab dann Eingang in die historische Überleiferung hatte. Bezeichnest Du ein historisches Ereignis, bis zu seiner Bestätigung durch Zeugen, generell als "Mythos"?

Man müsste andere Begriffe finden, da man nicht bei jedem Gespräch zunächst besondere Füllungen der Inhalte besprechen kann. Es fehlt oft schlicht die Zeit und das Risiko des Missverstehens ist zu hoch.
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#174 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von closs » Mo 1. Okt 2018, 18:02

Travis hat geschrieben:Hm. Dann ist mein Verständnis wohl doch nicht so landläufig. Denn ein historisches Ereignis hat stattgefunden, egal ob jemand es bestätigt oder nicht.
Da sind wir wieder im Bereich von "historisch-methodisch" und "methodisch-ontisch". - Man spricht dann von "historischen Zeiten", wenn etwas wissenschaftlich greifbar ist - aber natürlich hat Du recht: Das, was stattfindet, schert sich nicht darum, wie oder ob es in späteren Zeiten fassbar ist.

Travis hat geschrieben:Nach Deiner Definition hast Du recht. Der Mythos wäre dann ein historisches Ereignis, da er irgendwann entstanden sein muss und ab dann Eingang in die historische Überleiferung hatte.
ICh hatte noch mehr umgekehrt gedacht: Die Wirklichkeit eines Mythos kommt in die Zeit, wenn ihn irgendeiner versteht.

Travis hat geschrieben:Man müsste andere Begriffe finden, da man nicht bei jedem Gespräch zunächst besondere Füllungen der Inhalte besprechen kann. Es fehlt oft schlicht die Zeit und das Risiko des Missverstehens ist zu hoch.
Das ist oft so, wenn man in die Tiefe geht. - Da hilft nur gegenseitiges Wohlwollen und Gemeinsam-Suchen-Wollen.

Denn der Kontext ist hier nach wie vor (ich formuliere nochmals um): Was ist der Unterschied in der Sache, ob Geistiges/Geistliches historisch als Ereignis in der Gesellschaft stattgefunden hat oder nicht?

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Travis
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#175 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von Travis » Mo 1. Okt 2018, 18:07

closs hat geschrieben:Da sind wir wieder im Bereich von "historisch-methodisch" und "methodisch-ontisch". - Man spricht dann von "historischen Zeiten", wenn etwas wissenschaftlich greifbar ist - aber natürlich hat Du recht: Das, was stattfindet, schert sich nicht darum, wie oder ob es in späteren Zeiten fassbar ist.
Alles klar.
closs hat geschrieben:ICh hatte noch mehr umgekehrt gedacht: Die Wirklichkeit eines Mythos kommt in die Zeit, wenn ihn irgendeiner versteht.
Da verließen "sie" mich. Wie kann ein Mythos als "ansich-nicht-historisches" Ereignis in die Zeit kommen, in dem ihn irgendwer versteht? Dann müsste der Mythos eine eigene existierende "Größe" sein. Ist das nicht ein Paradoxon zum Begriff "Mythos"?
closs hat geschrieben:Das ist oft so, wenn man in die Tiefe geht. - Da hilft nur gegenseitiges Wohlwollen und Gemeinsam-Suchen-Wollen.
Ein mir freundlich gesinnter Professor nannte das mal einen "kooperativen Leser".
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

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#176 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von closs » Mo 1. Okt 2018, 18:32

Travis hat geschrieben: Wie kann ein Mythos als "ansich-nicht-historisches" Ereignis in die Zeit kommen, in dem ihn irgendwer versteht?
ICh hatte geschrieben, dass ich es "noch mehr" von der anderen Seite sehe - also "Deine" Seite ist natürlich da.

Travis hat geschrieben:Ein mir freundlich gesinnter Professor nannte das mal einen "kooperativen Leser".
Es geht nicht anders, wenn es tief gehen soll, weil Sprache an sich sehr launisch ist. - Da kann man sich ständig was um die Ohren hauen, ohne einen Schritt weiterzukommen - also versucht man zu verstehen, bevor man kritisiert.

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Travis
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#177 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von Travis » Mo 1. Okt 2018, 18:37

closs hat geschrieben:ICh hatte geschrieben, dass ich es "noch mehr" von der anderen Seite sehe - also "Deine" Seite ist natürlich da.
Ja, dass war mir bewusst. Ich versuchte Deiner Aussage auf die Spur zu kommen.

Du misst einem Mythos eine eigene und vor allem von der Zeit unabhängige Wirklichkeit zu. So hatte ich es verstanden. Da kam mir der Begriff eines "Paradoxons" auf. Besteht ein Mythos nich gerade in der Wirklichkeit dessen, was jemand verstanden hat oder meint verstanden zu haben? Davor gab es den Mythos nicht. Aber da gehe ich vermutlich wieder auf meine inhaltliche Begriffsfüllung zurück. Du füllst den Mythos anders. Diese Füllung habe ich dann offensichtlich noch immer nicht verstanden.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

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#178 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von Helmuth » Mo 1. Okt 2018, 18:52

closs hat geschrieben: Richtig. - Und da ich das weiß, habe ich einen Weg gefunden, auf dem es nicht relevant ist, ob wir es wissen. - Dieser Weg heißt: Göttliche Inspiration im Geist ist nicht davon abhängig, ob sie als historisch nachgewiesen ist.
Könntest du dein eigenes Kind so betrachten? Es ist nicht wichtig, ob es in der Historie existert? Gott teilt mir die Geburt mit, das nehme ich an, somit ist es wahr und das muss dann genügen. Was fehlt ist hier die Beziehungstiefe. Mir ist es wichtig, dass die Menschen auch exisitert haben, ansonsten kann Gott mit ihnen keine Beziehung gehabt haben, über die er uns etwas offenbart.

Übertragen auf Kain und Abel: Von dir immer noch ein Mythos, den sich Gott ausgedacht hat, um das Wesen des Brudermordes näherbringen:

Eine Seite kann die Sache objektiv sehen, wie ein angehender Jurist, der Fallbespile zu lernen hat. Die Tat wird auf Gesetzeskonformität überprüft und dabei geht man vor wie man eine mathematische Gleichung löst, emotionslos, folgerichtig und unparteisch. Die Gesetzesübertretung §1 hat zur Konsequenz Absatz 2 Ziffer 3.

Das ist die kognitiv geistige Ebene, die (in diesem Fall von der unparteiischen dritten Person) nur gedacht werden kann. Sie war nicht dabei. Sie hat es nicht erlebt. Und sie möge dabei sogar richtig vorgehen.

--> "jada", wie ich dich bislang verstehe, intellektuell, korrigiere wenn ich irre.

Die zweite Seite ist der Schmerz, der mit dem Verlust des Sohnes einem durch Mark und Bein dringt. Was ist damit? Mythos Emotion? Auch nur gedacht? Wie nun? War Gott war mit seinem ganzen Wesen an der Sache dabei oder nicht? Dazu gehört auch der ganze seelische Schmerz, wie das Blut Abels zu ihm zum Himmel schreit. Diese Aussage zeigt mir das innere Geschehen. Oder schrie Blut wieder nur rein mythisch? Wenn, dann bindet uns Gott nur einen mächtigen Bären auf. Er fühlt es gar nicht, tut aber so als wäre es ungemein schrecklich und böse.

Erst beide Seiten zusammen sind für mich die geistliche Ebene, nicht nur die kognitive. So offenbart Gott mittels Wort und Tat die fehlende Liebe samt Schmerz und allen Konsequenzen des allerersten Mordes auf Erden (für mich historisch). Davon redet Gott m.E. von Genesis bis Offenbarung durch den HG zu uns (vgl. dazu die Stellen in der der HG das Blut Abels erwähnt).

--> "jada", wie ich den Brudermord als von Gottes Geist her verstehe.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

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#179 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von janosch » Mo 1. Okt 2018, 20:03

closs hat geschrieben: Mit anderen Worten: Nur das menschlich-materiell-orientierte Denken unterscheidet zwischen "Historie" und "Mythos", weil für ihn Historie "real" ist und Mythos "irreal" ist. - Geistig gedacht ist jedoch Historie die Ausprägung des Mythos in der Zeit ("Historie sagt, was war - Mythos sagt, was ist").

Dann wieso vergnügst du nicht mit ein „Heilsgeschichte"?? Weder Mythos noch Geschichte!? :roll:

Ist das nicht genug zu Glauben? Sowieso alles ersteht in unsere Fantasien. Wie ein „Film“. Also, mit gesund ausgeprägte Vorstellungskraft. Dann wieso macht ihr mit Kirchen Lehre alles Kaputt was gut begonnen könnte?

Wenn du Christus als Einzige Gott glaubst, dann glaubst du an der Schöpfer. Weil deine Gedanken durch WORT der Schöpfer ein Schöpferische Gedanken sind, (Schöpfer Geist=HG ), weil deine ganze Wesen danach Gerichtet wird. Und das braucht kein Mythos und auch beweis für Geschichte, sondern das WORT = Christus!

Aber mit ein JHWH als Schöpfer Gott, auch als Gedanke oder GEIST, scheitert alles...also diese JHWH muß ein Mythos bleiben. ;)

closs
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#180 Re: Geschichte und Mythos

Beitrag von closs » Mo 1. Okt 2018, 20:29

janosch hat geschrieben:Dann wieso vergnügst du nicht mit ein „Heilsgeschichte"?? Weder Mythos noch Geschichte!?
Kein Problem. - Letztlich ist mein Punkt, dass man aus Diskussionen "historisch oder nicht" rauskommt und das Geistige/Geistliche unabhängig davon erkennt.

Travis hat geschrieben: Besteht ein Mythos nich gerade in der Wirklichkeit dessen, was jemand verstanden hat oder meint verstanden zu haben?
Genauso meine ich es eigentlich. - Das heißt, der "historische" (im Sinne von: In der Zeit geschehend) Aspekt von "Mythos" ist einerseits dessen Entstehen ("Jemand hatte den spirituellen Geistesblitz, es so hinschreiben zu können"), andererseits die jeweilige Erweckung dieses Geistesblitzes durch jeden, der zu anderen Zeiten erkennend darauf stößt.

Travis hat geschrieben:Du misst einem Mythos eine eigene und vor allem von der Zeit unabhängige Wirklichkeit zu.
So habe ich es erstmal NICHT gemeint (da haben wir uns irgendwo missverstanden). - Aber wenn Du schon drauf kommst: Hier müssten wir drüber reden, ob "spirituelle Geistesblitze" letztlich aus Gott kommen und somit über der Zeit stehen.

Helmuth hat geschrieben:Könntest du dein eigenes Kind so betrachten?
Nein - weil es gar nicht anders als als Fleisch und Blut sein kann, wenn es mein Kind ist.

Helmuth hat geschrieben:Das ist die kognitiv geistige Ebene, die (in diesem Fall von der unparteiischen dritten Person) nur gedacht werden kann.
Sie kann meines Erachtens auch gefühlt werden. - Wenn der Sündenfall Adams dargestellt wird UND man erkennt, dass dies in jedem Menschen geschieht, der aus seiner bewusstlosen Unschuld erwacht, fühlt man die Tragik beim Nächsten, wenn sich dieses erfüllt. - Adam ist dann "Blaupause" für das, was im Leben passiert.

Helmuth hat geschrieben:Die zweite Seite ist der Schmerz, der mit dem Verlust des Sohnes einem durch Mark und Bein dringt. Was ist damit? Mythos Emotion? Auch nur gedacht?
Dasselbe: Es lässt (wenn man es zulässt) alle diesbezüglichen Schmerzen zu, die es seit Beginn des Menschen gibt - der einzige, der es zugelassen hat und aufgrund seiner Sendung zulassen musste, ist Jesus.

Helmuth hat geschrieben:Erst beide Seiten zusammen sind für mich die geistliche Ebene, nicht nur die kognitive.
Da sind wir uns komplett einig. - Das, was Du "kognitiv" nennst (ich bin nicht sicher, ob "jada" kognitiv sein kann), ist der Zündfunken für das, was man "live" im Leben erkennt.

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