Die Parabel wird von einem Bild illustriert, auf dem Blinde einen Elefanten betasten. Der Blinde, der das Bein befühlt, sagt, dass ein Elefant wie ein Baum sei; der, der den Schwanz befühlt, dass ein Elefant sich wie ein Zweig anfühle; der, der den Rüssel befühlt, dass ein Elefant Ähnlichkeit mit einer Schlange habe; der, der das Ohr befühlt, dass ein Elefant wie ein Handfächer sein müsse; der, der unter dem Bauch diesen befühlt meint, dass ein Elefant sich wie eine Höhle darstelle; der, der den Stoßzahn befühlt, dass ein Elefant wie eine solide Röhre sein müsse.
Alerdings ist dies ein Bild vorchristlicher Religionen (wohl aus einer Hindu-Religion), die ohne eine Gottesoffenbarung auskommen müssen. Durch Jesus Christus jedoch kam Gott und damit die Wahrheit in die Welt, somit der Mensch nun einen klareren Blick auf die Wahrheit erhielt. Hier einige Punkte, warum deshalb diese Parabel für Christen nicht mehr stimmig ist:
- Ein Gott, der die Wahrheit ist, den der Mensch meint von sich aus vollständig begreifen zu können, wäre nicht der lebendige Gott, sondern nur ein Götze, den der Mensch sich erschaffen. Gott ist unbegreiflich und deshalb ewig, allmächtig, allliebend und allgegenwärtig.
- Wer Gott, die Wahrheit, begreifen will, macht sich selbst sein Gottesbild (eine Höhle …, ein Baum …, eine Schlange … etc.) und verschließt sich für Gottes persönlichen Anruf.
- Wer meint die Wahrheit, Gott, wäre eine Schlange, ein Berg, eine Höhle, ein Zweig etc., neigt dazu gerade nicht den anderen zu tolerieren, weil er wegen seiner Blindheit annimmt, er allein hätte alles erfasst, wer Gott ist. Dieses nicht erkennen der eigenen Blindheit und daraus resultierend das Abweisen von Heilung und Erkenntnis mahnt der Herr an, indem er spricht: „Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde. (Joh 9:41 EÜ). Ein Christ kann tolerant sein, weil die Liebe des Herrn, der im Christen wohnt, nicht anders kann und trotzdem seinen Standpunkt vertreten. Diese Liebe nimmt den Anderen an, so wie er ist, respektiert ihn auch mit einer vielleicht anderen Meinung.
- Gott wartet nicht passiv darauf, dass der Mensch ihn durch eigene Werke begreift. Gott hat sich offenbart durch die Schöpfung, die Hl. Schrift und in seinen Sohn Jesus Christus. Gott offenbart sich weiterhin in jedem Augenblick mittels dem Hl. Geist durch Eingebungen und andere Menschen, damit wir ihn persönlich erkennen können.
- Gott und die Wahrheit kann niemals ausschließlich mit den menschlichen Sinnen, durch Gefühle, dem Fleisch erkannt werden. Gott ist Geist und durch den Hl. Geist, der durch Christus im Menschen wohnt, kann des Menschen Geist Gott und die Wahrheit erkennen. Der Hl. Geist ist es auch, der zu unterscheiden lehrt, was aus Gott (der Wahrheit), dem Menschen oder gar von Satan ist.
- Indem Gott in der Kirche (besonders durch das Sakrament der Versöhnung und der Hl. Eucharistie oder Abendmahl) präsent ist, gibt er den Menschen Kraft und Stärke IHN und den Nächsten, in dem ER ebenso präsent ist, zu erkennen.
- Gott will nicht, dass wir zuerst mit unseren Händen handeln, sondern mit unserem Herzen IHN lieben, um mit Liebe handeln zu können.
- Gott hat sich durch Jesus Christus nicht als ein anderes Wesen in der Welt offenbart (wie hier ein Elefant), sondern als Mensch, wie die Blinden, als Mensch unter Menschen. Wir können IHN und die Wahrheit deshalb durch unseren Verstand, Vernunft, Willen und Liebe persönlich als Freund erkennen, weil ER uns ebenbildlich erschaffen. Erkennen wir uns, erkennen wir Gott – erkennen wir Gott, erkennen wir uns, wer wir in den Augen Gottes sind. So können wir zu dem Menschen werden, der wir sind und nicht zu dem, der wir sein möchten. Christoph Kardinal Schönborn, Erzbischof von Wien drückt es so aus: „Freundschaft mit Jesus, das heißt schließlich: Mit Seinen Augen sehen lernen, mit Seinen Gedanken vertraut werden, Seinen Willen suchen und zu tun versuchen. Und vor allem: mit Seinem Herzen verbunden sein“.
- Dadurch das Gott als Mensch durch Jesus Christus in die Welt kam, hat ER alles durchlitten, was auch Menschen durchleiden, beispielsweise Schmach, Schmerz, Verlust, Hoffnungslosigkeit. Deshalb können wir mit all unseren Nöten, Leid und Bitten zu IHM kommen sowie von IHM lernen und sogar durch unser Leid die eigene oder andere Seelen retten. Denn Jesus Tod am Kreuz gab erst dem Leid einen höheren, heilenden Sinn, weil es die Ewigkeit aufschließt. Der Hl. Augustinus sagt deshalb: „Dazu nämlich betete er, um beten zu lehren, denn dazu litt er, um leiden zu lehren, dazu stand er auf, um Auferstehens-Hoffnung zu lehren“
- Die Wahrheit, Gott, ist nicht ein Wesen, ein Sein, das außerhalb des Menschen erst durch eine Handlung begriffen werden muss. ER ist in uns, hat uns zuerst ergriffen, wenn wir Raum für IHN schaffen, indem wir unsere eigenen Gottesbilder entfernen.
- Es wird niemals unsere eigene Leistung sein irgendetwas von Gott und der Wahrheit begriffen zu haben, sondern stets in jedem Augenblick die Gnade Gottes, die uns ergreift. Sie gilt es durch ein liebendes Herz sich schenken zu lassen. So können wir beten: „Ich empfange mich aus deiner Hand, Gott, jeden Tag neu. Du weißt, was meine Seele braucht. Ich lebe aus dem, was du mir schenkst. Hilf mir heute vertrauen.“
Vertrauen wir also Jesus Christus, vertrauen wir der Wahrheit und im Umgang mit ihr, werden wir sie besser erkennen.
Servus
