#1 Monotheismus oder Monolatrie?
Verfasst: Do 23. Apr 2015, 19:48
Die abrahamitischen Schriftreligionen sind für ihren Monotheismus bekannt. Doch waren die alten Juden wirklich strenge Monotheisten? Schließt das Christsein zwingend aus, andere Götter für existent zu halten?
Aber könnte es sich gem. der Bibel bei der jüdisch-christlichen Lehre um Monolatrie handeln? Verhält es sich so, dass zwar einige andere Gottheiten existieren, aber nur ein GOTT angebetet wird? Wenn dem so ist, dann liegt nach meinem bescheidenen Verständnis Monolatrie vor.
Aber folgt denn nicht aus den ersten Geboten der „Zehn Worte“ zwingend der Monotheismus? Schauen wir uns die Gebote an:
Wie versteht ihr dieses Gebot? Wird hier der Monotheismus geboten, oder die Monolatrie?
Ergänzend möchte ich noch das Dritte Gebot verlinken, welches verbietet, den heiligen Namen GOTTES zu missbrauchen.
So wie ich ersten beiden Gebote des Dekalogs* verstehe, verneinen sie nicht die bloße Möglichkeit, dass es außer JHWH noch andere Götter geben könnte. Allerdings reicht es meiner Meinung nach nicht, den Dekalog isoliert vom Gesamtkontext zu betrachten.
Das mosaische Gesetz wird in der Torah auf lebendige Weise verkündet, indem es im Rahmen einer Geschichte vermittelt wird. Dabei wird u.a. auch geschildert, wie das Volk Israel gegen die ersten beiden Gebote verstießt, als sie das Goldene Kalb anfertigten und anbeteten. Dieser „goldene Gott“ war eindeutig von Menschenhand gemacht und dieser wird ha'ElohÃm (××œ×”×™× ), dem [wahren] Gott, gegen sein Angesicht, ihm zum Trotz, verehrt.
Bereits im Schöpfungsbericht wird deutlich, dass da nur der Schöpfergott ElohÃm alle Dinge erschuf; Sonne, Mond und Sterne (damit auch die Planeten) werden als leblose Schöpfungswerke gedeutet, was damals höchst unüblich war. (Allerdings wird in Gen 1:26 mit dem Ausdruck „Lasst uns Menschen machen“ angedeutet, dass Gott zum himmlischen Hofstab spricht.)
In der theologischen Abfolge (vom Chaos hin zum „[Schatten]Bild Gottes“) der Schöpfungswerke werden diese „Lichter“ noch vor den Fischen und Vögeln genannt. Damit wird verkündet, dass die Tiere als lebende Seelen Gott näher sind, als die leblosen Lichter Sonne, Mond und Sterne.
Doch Gott selbst hat keinen Schöpfer. So sangen die Juden in einem Psalm, dem sie Moses zuschrieben:
Gemäß dem Propheten Jesaja äußerte sich GOTT noch deutlicher:
Ich interpretiere sie so, dass damit klargestellt wird, dass nichts und niemand dem biblischen Schöpfergott gleich ist. Mächtige, die ungleich dem Schöpfer sind, werden laut dem biblischen Gesamtkontext nicht zwingend ausgeschlossen. Dies wird auch durch den Gebrauch erhabener Titel für GOTT deutlich:
• 'El 'Eljón (על יון×ל‎ = Gott, der Höchste) – Genesis 14:18 (genannt von Melchisedek)
• El'Olam (×ל ×¢×•×œ× = ewiger Gott) - Genesis 21:33
• 'El Schaddáj (×ל שדי = Gott, der Allmächtige) – Genesis 17:1
• ha'ElohÃm (×”Ö¸×Ö±×œÖ¹×”Ö´×™× = der [wahre] Gott im Pluralis Majestatis) – Genesis 17:18
Dies bedeutet aber nicht, dass „Mächtige“, die auch als „Götter“ bezeichnet werden können, kategorisch negiert würden. Man denke nur an die machtvollen Engel und Dämonen, die durchaus mit den Göttern anderer Völker vergleichbar sind.
Asaph bezeichnete sogar Menschen aufgrund ihrer Macht, über andere Menschen zu richten, als "Götter":
Hier kommt es darauf an, in welchem Sinne von "Göttern" die Rede ist. Im Tanach gibt es nur einen GOTT, der angebetet wird, nur einen El Schaddáj (allgewaltigen Gott), der über alle anderen Mächte triumphiert. Darum ist er auch ha'ElohÃm, der [wahre] Gott.
In dem Monumentalfilm „Die Zehn Gebote“ brachte es Yul Brunner (gem. der Synchronisation) in seiner Rolle als Ramses schön auf den Punkt, indem er über den Gott des Moses sagte: "Sein Gott ist Gott!"
Darum sollten sich die Juden auch keine Götzen machen. In Jes 44:16-19 beschreibt Jesaja einen Menschen, der sich aus dem Holz eines Baumes Brennholz macht, um sich daran zu wärmen und Fleisch zu braten. Aus dem Rest fertigt er einen „Gott“ an. Passend dazu sangen die israeliten in den Psalmen (s. Ps 115:4-8).
*hebr. עשרת הדיברות / (aéreth ha-dibberot); altgr. δεκάλογος („déka lógos“)
Der Henotheismus (oder Summodeismus) kommt nicht in betracht, da eine zeitlich begrenzte Veehrung des biblischen Gottes dem Wesen des Judentums ebenso widersprich, wie dem Glauben des Christentums.Zitat aus Begriffsdefinition: Monotheismus – Henotheismus – Monolatrie:
Man unterscheidet von ihm bisweilen den Henotheismus oder Summodeismus (Smith, 2008, 168), d.h. die zeitlich begrenzte Verehrung einer Gottheit, die unter vielen ausgewählt wurde, und die Monolatrie, die langfristige Alleinverehrung eines Gottes neben anderen Gottheiten.
Aber könnte es sich gem. der Bibel bei der jüdisch-christlichen Lehre um Monolatrie handeln? Verhält es sich so, dass zwar einige andere Gottheiten existieren, aber nur ein GOTT angebetet wird? Wenn dem so ist, dann liegt nach meinem bescheidenen Verständnis Monolatrie vor.
Aber folgt denn nicht aus den ersten Geboten der „Zehn Worte“ zwingend der Monotheismus? Schauen wir uns die Gebote an:
²' Auf Basis der ELB-Fussnote habe ich das Wort "sollst" durch "wirst" ersetzt.Erstes Gebot:
3 Du wirst ² keine andern Götter haben neben mir³. -
²Die Befehlsform "du sollst nicht" kann auch wiedergegeben werden: du wirst nicht, d. h. es ist undenkbar, dass du . . . tun wirst.
³w. zu meinem Angesicht hinzu; o. gegen mein Angesicht, d. h. mir zum Trotz
Wie versteht ihr dieses Gebot? Wird hier der Monotheismus geboten, oder die Monolatrie?
Das Bilderverbot schließt den Gebrauch von Götterbildnissen für die Anbetung aus. Aber folgt daraus zwingend der Monotheismus?Zweites Gebots:
4 Du sollst dir kein Götterbild machen, auch keinerlei Abbild dessen, was oben im Himmel oder was unten auf der Erde oder was im Wasser unter der Erde ist. 5 Du sollst dich vor ihnen nicht niederwerfen und ihnen nicht dienen. ...
Ergänzend möchte ich noch das Dritte Gebot verlinken, welches verbietet, den heiligen Namen GOTTES zu missbrauchen.
So wie ich ersten beiden Gebote des Dekalogs* verstehe, verneinen sie nicht die bloße Möglichkeit, dass es außer JHWH noch andere Götter geben könnte. Allerdings reicht es meiner Meinung nach nicht, den Dekalog isoliert vom Gesamtkontext zu betrachten.
Das mosaische Gesetz wird in der Torah auf lebendige Weise verkündet, indem es im Rahmen einer Geschichte vermittelt wird. Dabei wird u.a. auch geschildert, wie das Volk Israel gegen die ersten beiden Gebote verstießt, als sie das Goldene Kalb anfertigten und anbeteten. Dieser „goldene Gott“ war eindeutig von Menschenhand gemacht und dieser wird ha'ElohÃm (××œ×”×™× ), dem [wahren] Gott, gegen sein Angesicht, ihm zum Trotz, verehrt.
Bereits im Schöpfungsbericht wird deutlich, dass da nur der Schöpfergott ElohÃm alle Dinge erschuf; Sonne, Mond und Sterne (damit auch die Planeten) werden als leblose Schöpfungswerke gedeutet, was damals höchst unüblich war. (Allerdings wird in Gen 1:26 mit dem Ausdruck „Lasst uns Menschen machen“ angedeutet, dass Gott zum himmlischen Hofstab spricht.)
In der theologischen Abfolge (vom Chaos hin zum „[Schatten]Bild Gottes“) der Schöpfungswerke werden diese „Lichter“ noch vor den Fischen und Vögeln genannt. Damit wird verkündet, dass die Tiere als lebende Seelen Gott näher sind, als die leblosen Lichter Sonne, Mond und Sterne.
Doch Gott selbst hat keinen Schöpfer. So sangen die Juden in einem Psalm, dem sie Moses zuschrieben:
Zitat aus Ps 90:1-4:
... 2 Ehe die Berge geboren waren und du die Erde und die Welt erschaffen2 hattest, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du, Gott. ...
Gemäß dem Propheten Jesaja äußerte sich GOTT noch deutlicher:
Jesaja 43:10:
... vor mir ist kein Gott geschaffen worden, und nach mir wird keiner sein; ...
Wie versteht ihr diese jesajanischen Worte?Zitat aus Jes 44:6-7:
... Ich bin der Erste und bin der Letzte, und außer mir gibt es keinen Gott. ...
Ich interpretiere sie so, dass damit klargestellt wird, dass nichts und niemand dem biblischen Schöpfergott gleich ist. Mächtige, die ungleich dem Schöpfer sind, werden laut dem biblischen Gesamtkontext nicht zwingend ausgeschlossen. Dies wird auch durch den Gebrauch erhabener Titel für GOTT deutlich:
• 'El 'Eljón (על יון×ל‎ = Gott, der Höchste) – Genesis 14:18 (genannt von Melchisedek)
• El'Olam (×ל ×¢×•×œ× = ewiger Gott) - Genesis 21:33
• 'El Schaddáj (×ל שדי = Gott, der Allmächtige) – Genesis 17:1
• ha'ElohÃm (×”Ö¸×Ö±×œÖ¹×”Ö´×™× = der [wahre] Gott im Pluralis Majestatis) – Genesis 17:18
Dies bedeutet aber nicht, dass „Mächtige“, die auch als „Götter“ bezeichnet werden können, kategorisch negiert würden. Man denke nur an die machtvollen Engel und Dämonen, die durchaus mit den Göttern anderer Völker vergleichbar sind.
Asaph bezeichnete sogar Menschen aufgrund ihrer Macht, über andere Menschen zu richten, als "Götter":
Hier kommt es darauf an, in welchem Sinne von "Göttern" die Rede ist. Im Tanach gibt es nur einen GOTT, der angebetet wird, nur einen El Schaddáj (allgewaltigen Gott), der über alle anderen Mächte triumphiert. Darum ist er auch ha'ElohÃm, der [wahre] Gott.
In dem Monumentalfilm „Die Zehn Gebote“ brachte es Yul Brunner (gem. der Synchronisation) in seiner Rolle als Ramses schön auf den Punkt, indem er über den Gott des Moses sagte: "Sein Gott ist Gott!"
Darum sollten sich die Juden auch keine Götzen machen. In Jes 44:16-19 beschreibt Jesaja einen Menschen, der sich aus dem Holz eines Baumes Brennholz macht, um sich daran zu wärmen und Fleisch zu braten. Aus dem Rest fertigt er einen „Gott“ an. Passend dazu sangen die israeliten in den Psalmen (s. Ps 115:4-8).
*hebr. עשרת הדיברות / (aéreth ha-dibberot); altgr. δεκάλογος („déka lógos“)
Zitat aus NWÜ-Fussnote:
„Die Zehn Worte“, d. h. Gebote. Hebr.: ʽaßéreth haddevarÃm; gr.: tous déka lógous („den Dekalog“); lat.: vẹrba dẹcem.