Maryam (arabisch مريم) heißt die 19. Sure des Korans. Ihr Name wird sogar 34-mal genannt, während der Name Jesus nur 25-mal erwähnt wird. In einem Hadith heißt es: „
Der Satan berührt jeden Nachkommen Adams an dem Tag, an dem er zur Welt kommt. Nur bei Maryam und ihrem Sohn Isa (Jesus) war es nicht so; der Satan berührte sie nicht.“ im Koran heißt es: „
O Maria, Gott hat dich auserwählt und rein gemacht, und Er hat dich vor den Frauen der Weltenbewohner auserwählt. O Maria, sei deinem Herrn demütig ergeben, wirf dich nieder und verneige dich mit denen, die sich verneigen.“ (3,42+43) manche Muslime sehen in ihr sogar eine Prophetin.
Maria ist die einzige Frau, die im Koran namentlich erwähnt wird. Zwar werden auch einige andere Frauen vom Koran im Zusammenhang mit Marias Leben thematisiert, doch räumt das heilige Buch der Muslime keiner Frauengestalt so viel Platz ein wie der Mutter Jesu. Noch deutlicher wird dies, wenn man sich vor Augen hält, dass sogar eine ganze Sure, nämlich die 19., nach Maria benannt ist. Siebzig Verse im Koran erwähnen sie. Damit erscheint ihr Name im Koran häufiger als im Neuen Testament. Die Jungfrauengeburt Marias
Marias Vater - im Neuen Testament nicht namentlich erwähnt - heisst im Koran "Imran" (Koran 3,35; 66,12). Ihre Mutter ist weder im Koran noch im Neuen Testament genannt, wird aber in der islamischen Tradition in Übereinstimmung mit christlicher Überlieferung als "Anna (Hanna)" angegeben. Dem Koran zufolge wurde Maria noch vor der Geburt von ihrer Mutter Gott geweiht (3,35) und später von einem Priester namens Zakariya (Zacharias), der auch ihr Onkel war, in einer Nische des Tempels unterrichtet. Die meisten Gebetsnischen in den Moscheen tragen deshalb als Inschrift jenen Koranvers, in dem berichtet wird, dass Zakariya, so oft er die Nische betrat, Maria auf wunderbare Weise mit Essen versorgt fand (Koran 3,37).
Gott ließ Maria durch Engel mitteilen, er habe sie vor allen Frauen auserwählt und verkünde ihr ein Wort von sich, dessen Name der Messias Isa (Jesus) sei. Er werde schon in der Wiege zu den Leuten sprechen, im Diesseits wie im Jenseits angesehen sein und zu denen gehören, die Gott nahestehen. Sure 66,12 zufolge wurde Maria schwanger, als Gott ihr seinen Geist einblies, während Sure 19, 16-33 berichtet, Gottes Geist sei der noch jungfräulichen Maria in Gestalt des Erzengels Gabriel erschienen und habe ihr die Geburt ihres Sohnes verkündet. Islam und Christentum vereint somit der Glaube an die Jungfräulichkeit Marias sowie ihrer unbefleckten Empfängnis.
Maria, die Prophetin?
Das immer wieder beschworene Ereignis in der koranischen Erzählung ist, dass Maria in ihren Wehen den Stamm eines dürren Palmbaums ergriff, der dann süße Datteln über sie schüttete. Josef wird im Koran nicht erwähnt, genau so wenig wie der Aufenthalt der Familie Jesu in Ägypten noch Marias Tod.
Die islamischen Gelehrten sind darüber uneins, ob Maria als Prophetin bezeichnet werden kann, obwohl sie Wunder erlebt hat und Gott mit ihr durch den Erzengel Gabriel kommuniziert hat - normalerweise zwei Kriterien für Prophetie. Die meisten islamischen Theologen lehnen die Möglichkeit ab, dass Maria Prophetin gewesen sei, aber ein strenger Denker wie Ibn Hazm (gestorben 1064) in Spanien erkannte ihr die Prophetenwürde zu. Genauso wie in der christlichen Welt ist der Name der Heiligen auch unter Muslimen ein beliebter Frauenname.
zdf.de: Maria im Islam
Diese große Wertschätzung und Liebe für Maria im Islam, kann ich mir nur so erklären: Muhammad kam mit Christen in Kontakt, die ihm von ihr erzählt haben und das hat ihn offenbar nachhaltig beeinflusst. Vielleicht deshalb, weil er als Waisenkind aufwuchs und sich nach einer Mutter sehnte. Vielleicht hat er in ihr soetwas wie seine spirituelle Mutter gesehen. In der christlichen Tradition wird sie ja als Mutter der Kirche (Mater Ecclesiae) und spirituelle Mutter des Glaubens verehrt. Jesus gilt als Haupt der Kirche und Maria als ihre Mutter. Ibn Arabi, einer der größten Mystiker und Philosphen des Islam, empfand sich zeitlebens unter dem Schutz von Jesus, Maria und Muhammad stehend. Er sagte, dass Jesus sein geistiger Meister gewesen sei. Das ist eigentlich nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass der Islam auf vorwiegend christlichem Boden entstand. Es gibt verschiedene Spielarten des Islam und dazu gehört der mystische Islam, der sehr jesuanisch und marianisch beeinflusst ist und die Liebe und Barmherzigkeit in den Mittelpunkt stellt.
Es gibt beispielsweise eine Lichtmystik im Islam, beruhend auf diesem sogenannten Lichtvers (arabisch آية النور Äyat an-nÅ«r), worauf sich auch al-Ä azzÄlÄ« mit seinem Meisterwerk
Die Nische der Lichter (MiÅ¡kÄt al-anwÄr) bezog:
„Licht über Licht. Gott führt zu seinem Licht, wen Er will, und Gott führt den Menschen die Gleichnisse an. Und Gott weiß über alle Dinge Bescheid.“
Rumi hat das mal auf erstaunliche Weise aufgegriffen:
„Kummer um Seinetwillen ist ein Schatz in meinem Herzen. Mein Herz ist „Licht über Licht“, eine wunderschöne Maria, mit Jesus in ihrem Herzen.â€
Der vielleicht größte islamische Mystiker sah in Maria das Vorbild für seinen eigenen mystischen Weg. Das ist eine erstaunliche Erkenntnis wer sich darüber hinaus mit christlicher Ikonographie auskennt, der weiß sehr genau, dass es Ikonen von Maria gibt, in denen sie Jesus in ihrem Herzen trägt. Offenbar hat Rumi diese Ikone selbst gesehen und er hat intuitiv ihren tieferen Sinn erfasst. Mevlânâ Dschalal ad-Din Rumi, der Begründer des Mevlevi-Ordens, lebte ja in Konya (in der Türkei) und dort lebten auch viele Christen, mit denen er vermutlich einige Gespräche führte und selbst befreundet war. Für alle die heute das christliche Abendland gegen den Islam verteidigen wollen, könnte das eine schockierende Einsicht sein: einen Austausch, Kommunikation, gegenseitige Inspiration und einen interreligiösen Dialog gab es durch die Jahrhunderte hindurch.
Vielleicht hat Rumi solch eine Ikone gesehen: