ThomasM hat geschrieben:Ich habe deine Ausführungen jetzt dreimal gelesen und sehe immer noch nicht, was du eigentlich sagen willst.
Das liegt vermutlich weder an meiner Formulierung noch an Deiner Verständnis-Kompetenz, sondern an unterschiedlichen Formatierungen des Denkens. - Hegel schreibt fast wörtlich dasselbe (was ich vorher NICHT wusste), und Novalis hat ebenfalls etwas Ähnliches geschrieben.
ThomasM hat geschrieben: Wenn der Mensch so ist, wie Gott ihn erschaffen hat, dann ist er sündhaft.
Ja.
ThomasM hat geschrieben:Also hat Gott die Sünde automatisch in ihn eingebaut.
Jein. - Gott zeigt, dass es einen sünde-freien Menschen im Ideal geben kann ("Paradies"), dem aber das Eigen-Bewusstsein zur bewussten Erkenntnis Gottes fehlen MUSS, solange er nicht in Distanz zu Gott kommt. - Diese Distanz nennen wir "Dasein".
ThomasM hat geschrieben:Der Mensch kann nichts gegen die Sünde machen.
Doch - insofern er sich erlösungs-bereit macht.
ThomasM hat geschrieben: Jesus sorgt dafür, dass der Mensch kein Mensch mehr ist
Das verstehe ich nicht.
ThomasM hat geschrieben:denn plötzlich soll das, was vorher nicht ging, gehen
Der Mensch kann wieder das werden, was er als "naives" Ideal im Paradies war - nur jetzt erhöht in Eigen-Bewusstein. - Der Gag dabei: Gott kann nicht EIGEN-Bewusstsein schaffen, weil es ein Oxymoron ("ein dreieckiger Kreis") wäre, wenn Gott einen Widerspruch in sich selbst schaffen würde. - Widersprüche in sich selbst sind "Nicht-Sein" - Gott kann nicht ein Nicht-Sein schaffen (ohne dass dies gegen seine Allmacht sprechen würde).
ThomasM hat geschrieben:Ich sehe das etwas anders.
Gott schuf den Menschen als eigenständiges "ich". Er hat also schöpfungsgemäß die Fähigkeit zwischen "ich" und "Gott" zu unterscheiden.
Soweit sehe ich noch keinen Widerspruch - denn das Potential, zwischen "Ich" und "Gott" zu unterscheiden, hat der Mensch (als "Ebenbild" sogar im Gegensatz zu Tieren) auch in meiner Version.
Dieses Potential ist in beiden Versionen (Deiner und meiner) vorgesehen - aber: Dieses Potential wird erst dann aktiviert "am Tag, da Ihr davon esset". - Dann werden "Eure Augen sich klären".
ThomasM hat geschrieben:"Legt nicht selbst fest, was gut und böse ist, sondern folgt meinem Willen".
A+E könnte es gar nicht festlegen, bevor "die Augen klärten sich ihnen beiden" - sie könnten also ein diesbezügliches Gebot Gottes gar nicht verstehen.
Im übrigen verstehe ich in Gottes "Gebot", etwas NICHT zu tun (im Urtext steht "Gebot" samt Negierung und nicht "Verbot"), etwas, was man mit einer Mutter vergleichen könnte, die sagt: "Esst nicht heimlich von der Marmelade" - im Wissen, dass es irgendwann passieren wird. - So wie die Mutter weiß, dass sie das Kind nicht mit 14 noch in ihrem Bett schlafen lassen kann.
ThomasM hat geschrieben:Insofern nimmt diese Interpretation an, dass der Mensch fähig ist, sich an Gottes Willen zu hängen.
Aus meiner Sicht NICHT bewusst, sondern eher baby-haft: "Mama groß - Mama folgen - Mama sonst aua mach". - Die Situation unmittelbar vor dem Biss in die Frucht ist ausschließlich triebunterworfen: "dass der Baum gut war zu Essen" (hapa-hapa), "dass er eine Wollust den Augen war" ("schööön") "und anreizend der Baum, zu begreifen".
ThomasM hat geschrieben:Traditionen und Gewohnheit hindern ihn aber daran. Wenn man von Kind auf lernt, dass es ok ist, Sklaven zu misshandeln oder Götzen anzubeten, dann ist das für einen normal. DAS ist für mich Erbsünde, dass nämlich das Umfeld einen dahin prägt, Gottes Geboten nicht zu folgen
Du verstehst es quasi via Sozialisierung - sehe ich anders:
Für mich ist es ein
objektives Attribut VOR jeglicher Sozialisierung: "geklärte Augen" = "aktiviertes Potential zum Selbst-Bewusstsein" = "Cogito" als Orientierungsgröße möglich = Widerstreit zwischen Gott-Orientierung und Ich-Orientierung.
ThomasM hat geschrieben:Jesu Mission war, die Liebe Gottes wieder so stark in die Herzen der Menschen zu legen, dass der Wunsch, Gott zu folgen und seine Liebe wiederzugeben, stärker wird, als das eigene Ich-Streben.
Da sind wir uns wieder einig. - Aber nicht auf soziologischer, sondern auf ontologischer Ebene ("Was IST der Mensch?" - bevor er überhaupt sozialisiert ist).
Wir steigen auf verschiedenen Ebenen ein. - Pastoral kann das egal sein - in beiden Fällen sollte das gemeinsame Gebot der Liebe zu gleichen Ergebnissen führen. - In Grenzbereichen (etwa Theodizee) und auch unter fundamental-theologischen resp. philosophischen Gesichtspunkten sagen diese beiden Ebenen sehr Unterschiedliches aus.