War der Sündenfall von Gott geplant?

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
Novas
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#301 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Novas » Sa 30. Jan 2016, 15:33

Savonlinna hat geschrieben: Ich kann das Christentum nicht abschaffen, ich kann die Bibel nicht abschaffen.
Also unterstütze ich die Sicht, dass alles sich am Liebesgebot messen lassen muss.
In diese Richtung tendiert heute das Christentum.

Das ist auch mein Maßstab für die Beurteilung anderer Religionen (in denen der HEILIGE GEIST ebenso wirken kann, denn "der GEIST weht, wo er will" (Joh 3,8 )) wer könnte ihm das verbieten? Mir gefällt der Gedanke, dass er sich auf höchst verschiedenartige und paradoxe Weise immer wieder neu offenbart, um uns in soetwas wie eine "schöpferische Unruhe" zu versetzen, sodass wir nicht einpennen. Mein Maßstab - den ich nicht unter schreiten werde - ist Jesus von Nazareth. "Die Barmherzigkeit ist das pulsierende Herz des Evangeliums", so sagt es Papst Franziskus. Beispielsweise mit einem sozial engagierten.Buddhismus(wie ihn Thich Nhat Hanh und Bernie Glassman vertreten) kann ich viel anfangen.

Ich glaube immer, dass die Energie der Achtsamkeit die Energie des Buddha ist, die Energie Gottes, des Heiligen Geistes, die in uns ist, um uns alle Zeit zu beschützen."Thich Nhat Hanh
http://www.quelle-des-mitgefuehls.de/?Thich_Nhat_Hanh

Das klingt bemerkenswert christlich ;)
Zuletzt geändert von Novas am Sa 30. Jan 2016, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#302 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Savonlinna » Sa 30. Jan 2016, 15:35

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Da haben die theologischen Forscher selber zu klären gewusst, dass diese Erzählung schon vom Erzähler geistig gemeint sei.
Wie kommen sie darauf? - Mein Verdacht: Man entwickelt das Begriffs-Pärchen: "historisch" versus "geistig". - Was nicht historisch sei, sei geistig - weshalb sei nicht geistig, was historisch sei.
Es geht mir nicht um "Verdacht", sondern um Beleg dafür, dass die historisch-kritische Forschung per se nicht geistig sein darf.
Wie kann ein Literaturforscher seinen zu untersuchenden Text als "nicht historisch" ansehen, ohne dass er in die Klapse gehört?

Wie kommt man auf einen solchen Verdacht, den man zudem noch als Fakt behauptet?
Warum ist sorgfältige Argumentation so schwer? Warum schießt man immer aus der Hüfte?

closs hat geschrieben:Von der Sache her gebe ich Dir bei Moses und dem Dornbusch natürlich recht - ich frage mich nur, wie ein HKM-ler drauf kommen kann, außer durch die erwähnte fragwürdige "Historizität versus Geist"-Konstruktion.
Ich verstehe die Frage nicht einmal. Welcher HKM-ler tut das denn überhaupt, was Du ihm unterstellst.
Mein Verdacht: es wird einigen Usern nachgeplappert, was sie - ebenfalls ohne Beleg - behaupten.

In der tatsächlichen Forschungsarbeit ist es doch aber immer das Gleiche:
Die Textforscher untersuchen die Intention der Texte, indem sie - zum Beispiel - eine mythische Intention von einer Sachbeschreibung unterscheiden.

Das ist das, was Literaturforscher insgesamt tun. Thomas Manns "Tod in Venedig" kann man als "geistige Erzählung" identifizieren und sie von einer biographischen Erzählung durch deutliche Merkmale unterscheiden: zum Beispiel dadurch, dass Thomas Mann Dialoge Platons einflicht, die das Geschehen mythisch einbetten.
Ebenfalls dadurch, dass verschiedene Personen - obwohl sie in ganz unterschiedlichen Ländern auftauchen - die gleichen Gesichszüge tragen.
Dadurch wird das zu einem mythischen Element, denn es ist nicht realistisch: es wird die Begegnung mit einer Innenfigur - einer geistigen Figur - geschildert, die insofern dem Protagonisten immer wieder begegnet: eine Art innerer Antrieb, der bildhaft als diese gleiche und nicht-gleiche Figur gestaltet wurde.
Auch die venezianische Gondel wird mythisiert zu einer Art Sarg, in dem der Protagonist am Ende der Erzählung ja auch sein wird, denn er stirbt.

Kein Literaturforscher, der solche Dinge an einer Erzählung ausfindig macht, kann selber "ungeistig" sein oder auch nur so tun, als sei er nicht-geistig.
Im Gegenteil, er muss seine Geistigkeit aktivieren, denn die literarischen Stilmittel, die Thomas Mann anwendet, müssen ja auch erkannt werden.
Kein un-geistiger Forscher wäre dazu in der Lage, kein eingefleischter Naturalist wäre dazu in der Lage.

Bei der Dornbuschgeschichte des Alten Testamentes haben die Textforscher zum Beispiel beobachtet, dass - ich habe das vorhin gelesen, jetzt schon wieder aber nicht mehr wörtlich im Kopf, ich hatte es aber verlinkt - der Pharao nie mit Namen genannt wird. Das ermöglicht dem Texteschreiber, "Pharao" mehr allgemein zu fassen, ihn als "geistige Entität", als Archetyp zu fassen.
Der Erzähler also habe "geistige Wahrheiten" vermitteln wollen.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wo hast Du die Definition gefunden, dass die historisch-kritischen Forscher selber nicht unterscheiden dürfen, was geistig und was ungeistig ist?
Siehe oben: KR.
KR??? Müssen die Literaturforscher neuerdings einen ideologischen Eid ablegen, dass sie nur in einer bestimmten Ideologie arbeiten?
Wo um Hmmels Willen hast Du das her?

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Da sie ja ständig solche Ergebnisse publizieren, indem sie gerade dies unterscheiden: ob die Erzählungen historisch oder geistig gemeint seien
Hehe - Du bestätigst exakt, was ich oben ankreide.
Mitnichten. Ich bin doch nicht bescheuert.
Was ich sage, hat nichts mit Unhistorischem zu tun. Sondern damit, zu erkennen, ob eine Erzählung vorliegt oder ein Sachbericht.
Beides ist durch literarische Kriterien unterscheidbar.
Wer "ungeistig" ist, kann dergleichen nicht unterscheiden.

So wenig, wie ein notorisch Unmusikalischer - der paraktisch bei klasssischer Musik nur Geräusche hört - in der Lage wäre, den Charakter eines Operettenwalzers von dem Charakter einer Bruckner-Sinfonie zu unterscheiden.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Die Texte sind immer historisch. Wie sollen sie nicht-historisch sein?
Moment: Wir reden hier von Begebenheiten INNERHALB der Texte. - Dass Texte selber historisch entstanden sein müssen, weil es sie sonst gar nicht geben würde, sollte nicht Gegenstand einer Diskussion sein müssen.
Na, also. Das bedeutet eben der Begriff "historisch-kritisch". Das haben wir vor einem Jahr doch wer weiß wie oft durchgekaut, und Du hast das bestätigt. Die historich-kritische Methode ist eine literarische Methode, die sich mit Texten befasst.
Sie buddeln nicht wie Archäologen in der Erde und sie sind keine Historiker im engen Sinn, sondern Kulturhistoriker Litearaturhistoriker.

Sie untersuchen zum Beispiel die geistige Mentalität zur Zeit der Abfassung des Matthäus-Evangeliums, um daraus abzuleiten, ob der Verfasser dieses Evangeliums den Heidenchristen oder den Judenchristen zuzurechnen sei.
Sie untersuchen weiterhin, welche Art von Literatur und geistiger Dichtung in dieser Zeit üblich war, um daraus abzuleiten, was die damalige Bevölkerung in dieser Zeit gewohnt war und wie sie also Texte verstanden.

Daraus lässt sich die begründete - intersubjektive - Vermutung ableiten, dass die Bevölkerung - wieder als Beispiel - mühelos geistige Texte verstehen konnte, was der heutige Mensch nicht mehr so ohne Weiteres kann.
"Intersubjektiv" heißt hier: plausibel machen können, dass man damals Literatur anders las als heute.

Ich zitere also noch einmal das aus Wikipedia, was wir vor einem Jahr mindestens zehnmal zitiert haben:

Wikipedia hat geschrieben:Die Historisch-kritische Methode ist ein im 18. und 19. Jahrhundert entwickelter Methodenapparat zur Untersuchung von historischen Texten. Bekannt ist sie vor allem aus der biblischen Exegese. Sie hat zum Ziel, einen (biblischen) Text in seinem damaligen historischen Kontext zu verstehen und schließlich auszulegen, wobei die Rekonstruktion der vermuteten Vor- und Entstehungsgeschichte des Textes und seine situative Einbindung in das historische Geschehen eine besondere Rolle spielt. Wichtige methodische Teildisziplinen der historisch-kritischen Methode sind die Textkritik, die Textanalyse, Redaktionskritik, Literarkritik, Formkritik und die Traditionskritik. Die historisch-kritische Methode ist bis heute in der evangelischen und katholischen Kirche die Standardmethode der Bibelauslegung.

[...]

Die Bezeichnung Historisch-kritisch verweist auf eine Kombination zweier Grundannahmen dieser hermeneutischen Methoden:

Historisch ist diese Methode, weil sie davon ausgeht, dass die zu untersuchende Textgestalt eine Geschichte hat. So kann z. B. eine Sage über Jahrhunderte mündlich überliefert worden sein und dabei zahlreiche Veränderungen erlebt haben. Diese Sage wird vielleicht von zwei verschiedenen Schriftstellern notiert. Die Drucklegung erlebt mehrere Auflagen, bei denen korrigierend oder aus anderen Gründen in den Text eingegriffen wurde. Der Text, der aktuell in einer Sagensammlung erscheint, ist nicht in dieser Form ursprünglich, sondern er hat eine Geschichte.
Kritisch ist die Methode, weil sie davon ausgeht, dass es allgemein einsichtige Kriterien für die wissenschaftliche Untersuchung der historischen Textgestalt gibt. Das bedeutet keineswegs, dass jeder Wissenschaftler mit seinen Untersuchungen zum gleichen Ergebnis kommen muss. Jeder einzelne Untersuchungsschritt muss aber dennoch für andere nachvollziehbar sein; ob er tatsächlich nachvollzogen wird, ist eine Frage der Qualität des Argumentes. Unterschiedliche Bewertungen von Details zeitigen wie in anderen wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedliche Resultate.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das gelingt den Forschern auch, eben weil sie wissen, was geistig ist.
Deshalb würde mich deren Definition mal interessieren - meinen Verdacht habe ich weiter oben formuliert.
Das, was Du nun "Verdacht" nennst, bezog sich ja auf eine ganz falsche Vorstellung von dem, was der Gegenstand der historisch-kritischen Forschung ist.

Ich hoffe, diesen Verdacht nun ausgeräumt zu haben.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Sa 30. Jan 2016, 16:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Thaddäus
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#303 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Thaddäus » Sa 30. Jan 2016, 15:36

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:die unmittelbare Vernunftseinsichtsfähigkeit, die grundsätzlich jedem Menschen zukommt
Potentiell prinzipiell ok. - Aber auch hier ist nicht geklärt, welcher Vernunft-Begriff zugrunde liegt. - Was macht man mit der philosophischen Möglichkeit, dass es eine göttliche Vernunft über der menschlichen Vernunft geben kann, die zu groß für uns ist? - Aussperren?
Es ist keine philosophische Möglichkeit, dass es eine göttliche Vernunft über der menschlichen geben könnte. Das ist eine ontische Möglichkeit in der Welt und die Behauptung einer solchen göttlichen Vernunft ist eine ontologische Behauptung.
Und auch, wenn du es hartnäckig nicht einsehen willst, so bleibt es eben doch eine philosophische und modallogische Tatsache, dass eine reine Möglichkeit noch keine Wirklichkeit ist. Zudem kann nicht einmal angegeben werden, was eine göttliche Vernunft sein soll neben der Behauptung, sie stünde über der menschlichen. Eine solche Annahme kann zwar gemacht werden, sie hat aber keinerlei Erkenntniswert. Die Behauptung des Spaghetti-Monsters als göttliche Entität soll genau auf dieses Erkenntnisdefizit hinweisen.

closs hat geschrieben: Und somit kommen wir immer wieder zum Punkt,
a) ob Philosophie ein Zusammenreimen des Menschen innerhalb seiner Wahrnehmung ist,
b) oder ob man gerade mit Philosophie den Stellenwert der eigenen Wahrnehmungs-Möglichkeiten thematisiert.
Genau b) wäre für mich eine hoch-philosophische, gar basis-philosophische Frage: "Was tun wir eigentlich, wenn wir philosophieren, und in welchen Grenzen tun wir es?".

Du dagegen erweckst (stellvertretend für den heutigen Philosophie-Betrieb) den Eindruck, b) sei auszusperren,
Wie? :shock:
Ich schätze, dann missverstehst du grundsätzlich, was ich über Philosophie schreibe. Wenn ich oben darlege, inwiefern sich der Neurokonstruktivismus argumentativ selbst aushebelt, wenn man ihn rekursiv auf sich selbst anwendet, dann läuft das ja wohl unter b).

closs hat geschrieben: sobald unser Vernunft-Vermögen überfordert ist.
Unser Vernunftvermögen kann nicht "überfordert" werden. Was sollte das denn bedeuten? Dass man müde wird, wenn man zu viele Mathematikaufgaben löst?
Du meinst mit überfordert etwas ganz anderes, nämlich dass etwas, was sich unserer vernünftigen Einsicht schlicht entzieht, gleichwohl gelten soll, und zwar mehr gelten, als was sich uns als vernünftig erweist! Das ist etwas ganz anderes - und es ist philosophisch in der Tat zurückzuweisen.

closs hat geschrieben: - Insofern habe ich es an anderer Stelle schon so gemeint, dass es verschiedene Philosophien geben kann - also Definitionen dessen, was eigentlich Philosophie ist.
Nein, nicht wirklich. Man kann Facetten der Philosophie als wichtiger als andere annehmen, aber am Ende läuft jede Kernbestimmung der Philosophie darauf hinaus, dass in ihr allgemein-einsichtig-vernünftig-nachvollziehbar argumnetiert werden muss!

closs hat geschrieben: Deine Hinweise auf verschiedene Philosophie-Disziplinen in allen Ehren (natürlich hast Du damit recht) - aber auch diese sind Teile eines übergeordneten Feldes "Philosophie", das man so oder so definieren kann.
Nein, Philosophie ist nicht beliebig definierbar.


closs hat geschrieben: - Unter Betonung des Wortes "Sophia", halte ich den Ansatz b) für alternativlos, bin aber nicht überrascht, wenn man es heute anders sieht.
Vieles, was ich schreibe fällt exakt unter dein b) [= "man gerade mit Philosophie den Stellenwert der eigenen Wahrnehmungs-Möglichkeiten thematisiert"] Und zwar immer dann, wenn ich etwas schreibe, was die Erkenntnistheorie berührt. Dein b) ist nämlich nichts anderes als Erkenntnistheorie, - und die funktioniert wie alle Philosophie über Vernünftigkeit und vernünftige Einsicht.

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Thaddäus
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#304 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Thaddäus » Sa 30. Jan 2016, 16:02

Hemul hat geschrieben:
Warum ließ sich Jesus taufen?
Jesus war etwa 30 Jahre alt, als Johannes der Täufer ihn im Jordan untertauchte. Durch seine Taufe zeigte Jesus, dass er Gottes Willen tun wollte (Hebräer 10:7). Dazu würde er unter anderem sein Leben für die Sünden der Menschheit hingeben. Schon bevor Jesus vom Himmel auf die Erde kam, hatte er seinen Vater, Jehova, stets geliebt und ihm gehorcht. (Lesen Sie Markus 1:9-11; Johannes 8:29; 17:5.)
Wenn Jesus sich für die Sünden der Menschen opfern will oder muss, dann muss er sich dazu nicht von Johannes dem Täufer taufen lassen. Das ist nur nötig, wenn er glaubt, sich durch die Taufe von seinen Sünden durch Johannes reinigen lassen zu müssen. Denn genau einer solchen Sündenreinwaschung dient die Taufe durch Johannes.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 30. Jan 2016, 17:24, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#305 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von closs » Sa 30. Jan 2016, 16:38

Thaddäus hat geschrieben:Es ist keine philosophische Möglichkeit, dass es eine göttliche Vernunft über der menschlichen geben könnte. Das ist eine ontologische Möglichkeit.
Ergo: Ontologie ist kein Thema innerhalb der Philosophie?

Thaddäus hat geschrieben:Und auch, wenn du es hartnäckig nicht einsehen willst, so bleibt es eben doch eine philosophische und modallogische Tatsache, dass eine reine Möglichkeit noch keine Wirklichkeit ist.
Auf diese Idee würde ich nie kommen - insofern ist hier keine Einsicht erforderlich.

Thaddäus hat geschrieben:Zudem kann nicht einmal angegeben werden, was eine göttliche Vernunft sein soll
Indirekt kann man sie als Aufhebung/Synthese der menschlichen Vernunft verstehen. - Per Analogie-Bildung kann man somit "göttliche Vernunft" einordnen, ohne sie selber begreifen zu müssen/können.

Thaddäus hat geschrieben: Die Behauptung des Spaghetti-Monsters als göttliche Entität soll genau auf dieses Erkenntnisdefizit hinweisen.
Da fehlt jedoch das dialektische Moment (Aufhebung/Syhthese = das, was wir an uns kennen, jedoch dreifach aufgehoben in eine andere Dimension - dabei wird kein Spaghetti-Monster rauskommen können).

Thaddäus hat geschrieben:Wenn ich oben darlege, inwiefern sich der Neurokonstruktivismus argumentativ selbst aushebelt, wenn man ihn rekursiv auf sich selbst anwendet, dann läuft das ja wohl unter b).
Wenn ich Dich recht verstehe, dient diese Argumentation dem Ziel, sich auf a) reduzieren zu dürfen.

Thaddäus hat geschrieben:Du meinst mit überfordert etwas ganz anderes, nämlich dass etwas, was sich unserer vernünftigen Einsicht schlicht entzieht, gleichwohl gelten soll, und zwar mehr gelten, als was sich uns als vernünftig erweist!
Ja - wo die Grenzen dieses Systems sind und gesprengt werden müssten, um weiter zu kommen.

Thaddäus hat geschrieben: Das ist etwas ganz anderes - und es ist philosophisch in der Tat zurückzuweisen.
Dann wäre "Philosophie" nach Deinem/dem heutigen(?) Verständnis eine Veranstaltung zur Erklärung des naturalistischen Seins - oder nicht? - Wenn ja: Ist DAS dann "Sophia"?

Thaddäus hat geschrieben:aber am Ende läuft jede Kernbestimmung der Philosophie darauf hinaus, dass in ihr allgemein-einsichtig-vernünftig-nachvollziehbar argumnetiert werden muss!
Das geht bei nicht-falsifizierbaren Fragen auch - aber genau das weist Du an anderer Stelle zurück.

Thaddäus hat geschrieben:Nein, Philosophie ist nicht beliebig definierbar.
Einverstanden - aber er sollte auch nicht anthropozentrisch definiert werden. - Vielleicht gäbe es ja eine Philosophie ("Liebe zur Weisheit" - ich weiss, dass Du diese Bedeutung kennst, möchte sie aber immer wieder mal unterstreichen), die die Weisheit eben NICHT in anthropozentrisch Verifizierbarem erkennt.

Thaddäus hat geschrieben:Vieles, was ich schreibe fällt exakt unter dein b)
Wir verstehen aber offenbar Unterschiedliches darunter: Du verstehst es offensichtlich unter dem Aspekt: Wie können wir unterschiedliche Wahrnehmungs-Möglichkeiten untersuchen, analysieren, beschreiben, etc. - ist voll ok. - Ich verstehe AUCH darunter: Wie können wir mit Hinblick auf Sophia aus unserer Wahrnehmung direkt oder indirekt erschließen, was von dem, was ist/sein kann, mit unserer Wahrnehmung erfassen können und was nicht?

Thaddäus hat geschrieben:Dein b) ist nämlich nichts anderes als Erkenntnistheorie
Korrekt - wobei bei mir der Verdacht wächst, dass man darunter versteht "Wie können wir Wahrnehmung wissenschaftlich fassen" und nicht "Was kann es aus dialektischen, spirituellen, etc. Gründen geben, was wir wissenschaftlich NICHT fassen können". - Ersteres wäre mir zu wenig.

Insgesamt habe ich folgenden Eindruck:
Philosophie ist aus Deiner (und somit wohl auch moderner Sicht) eine Disziplin INNERHALB der kritisch-rationalistischen Methodik. - Subsummierte man darunter, dass nicht das Ergebnis, sondern die widerspruchsfreie, anspruchsvolle Argumentation falsifizierbar zu sein hätten, wäre dies aus meiner Sicht akzeptabel. - Du erweckst aber den Eindruck, dass auch das Ergebnis falsifizierbar ist. - Dies aber geht nicht bei (allen) ontologischen Fragestellungen, weshalb es zur Folge hat, dass damit ontologische Fragen nach dem Stellenwert und den Grenzen der menschlichen Wahrnehmung (auf die Du offenbar "Vernunft" beschränkst) nicht beantwortbar sind.

Damit wäre "Philosophie" eine Disziplin INNERHALB des Materialismus, da Falsifizierbares sich auf Kritisch-Rationalistisches beschränken muss. - Damit wäre Philosophie "ancilla scienciae" und nicht "ancilla sophiae" - das kann ich nicht mittragen.

Pluto
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#306 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Pluto » Sa 30. Jan 2016, 16:53

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Nein, Philosophie ist nicht beliebig definierbar.
Einverstanden - aber er sollte auch nicht anthropozentrisch definiert werden. - Vielleicht gäbe es ja eine Philosophie ("Liebe zur Weisheit" - ich weiss, dass Du diese Bedeutung kennst, möchte sie aber immer wieder mal unterstreichen), die die Weisheit eben NICHT in anthropozentrisch Verifizierbarem erkennt.
Es wundert mich, dass du das sagst, wo du doch zuvor behauptet hast, alles was sich ein Mensch ausdenkt, anthropozentrisch ist, ergo auch die Philosophie.

closs hat geschrieben:Insgesamt habe ich folgenden Eindruck:
Philosophie ist aus Deiner (und somit wohl auch moderner Sicht) eine Disziplin INNERHALB der kritisch-rationalistischen Methodik. - Subsummierte man darunter, dass nicht das Ergebnis, sondern die widerspruchsfreie, anspruchsvolle Argumentation falsifizierbar zu sein hätten, wäre dies aus meiner Sicht akzeptabel. - Du erweckst aber den Eindruck, dass auch das Ergebnis falsifizierbar ist.
Das muss es sogar sein, sonst fehlt die Glaubwürdigkeit.

closs hat geschrieben:Dies aber geht nicht bei (allen) ontologischen Fragestellungen, weshalb es zur Folge hat, dass damit ontologische Fragen nach dem Stellenwert und den Grenzen der menschlichen Wahrnehmung (auf die Du offenbar "Vernunft" beschränkst) nicht beantwortbar sind.
Weshalb die Ontologie im heutigen Zeitalter unter Philosophen "aus der Mode" gekommen ist.
Nenne mir einen heute lebenden Philosophen, der den Begriff noch im Sinne einer Erkenntnis verwendet!

closs hat geschrieben:Damit wäre "Philosophie" eine Disziplin INNERHALB des Materialismus, da Falsifizierbares sich auf Kritisch-Rationalistisches beschränken muss. - Damit wäre Philosophie "ancilla scienciae" und nicht "ancilla sophiae" - das kann ich nicht mittragen.
Du verwechselst da meiner Meinung nach eine Ideologie (Materialismus) mit der heute auch in der Philosophie angewandten kritisch-rationalen Methodik.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#307 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Savonlinna » Sa 30. Jan 2016, 16:54

Thaddäus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:die unmittelbare Vernunftseinsichtsfähigkeit, die grundsätzlich jedem Menschen zukommt
Potentiell prinzipiell ok. - Aber auch hier ist nicht geklärt, welcher Vernunft-Begriff zugrunde liegt. - Was macht man mit der philosophischen Möglichkeit, dass es eine göttliche Vernunft über der menschlichen Vernunft geben kann, die zu groß für uns ist? - Aussperren?
Es ist keine philosophische Möglichkeit, dass es eine göttliche Vernunft über der menschlichen geben könnte.
Es sei denn, man definiert "Mensch" und "Gott" in ihrer Abgrenzung voneinander.

Da das, was als "Gott" bezeichnet wird, nie je anders als von Menschen wahrgenommen werden kann, ist es auch der Mensch, der nichts weiter als das, was er beobachtet hat- nicht mit äußeren Sinnen, sondern mit inneren Sinnen - als "göttliche Vernunft" bezeichnen kann.

Selbst der Begriff göttliche "Vernunft" entspringt einer menschlichen Beobachtung, sodass mühelos die Begriffe anders definiert werden können:
Das rationale Geschehen innerhalb der Menschheit sei als "menschlich" bezeichnet, das irrationale Geschehen innerhalb der Menschheit sei als "göttlich" bezeichnet.

Wir können aber auch den Begriff Gott weglassen und sagen: es gibt innerhalb des menschlichen Gechehens Rationales und es gibt dort Irrationales.
Ersteres ist steuerbar, letzteres nicht.
Es gibt philosophische Richtungen, die sich genau mit diesem Thema auseinandersetzen.

Was closs oben sagt, kann also bedeuten: für den Einzelmenschen ist dieser irrationale Prozess "zu groß", er kann ihn kaum deuten, geschweige denn in den Griff kriegen - oder es kann bedeuten: die Menschheit selber ist dem irrationalen Prozess - Massenpsychose, Massenwahn, Mordlust, Mordtrieb - ausgeliefert, auch sie als Menschheit kann das nicht steuern, kann es auch nicht deuten.

Das Unerklärbare ist also notgedrungen Teil der Menschheit, und die Vernunft kann das Irrationale und Unvernünftige nur registrieren, vielleicht ihm einen begrifflichen Ort zuweisen.
Die Philosophie, wenn man sie auf Vernunft gründet, kann also große Teile, vielleicht sogar die entscheidenden Teile des Menschseins, nicht behandeln, muss da passen.

Darum muss aber sofort gefragt werden: kann ich "Vernunft" so weit fassen, dass das Unvernünftige Teil der Vernunft ist?
Kann ich es unterlassen, "Vernunft" auf ratio zu reduzieren?

Immer wieder mein Beispiel:
Wenn ich Musik oder Literatur "mache", geschehen Dinge, die der ratio zuwiderlaufen. Dennoch bin ich nach wir vor derselbe Mensch wie vorher.
Ist es also unmöglich, den Modus des Subrationalen - der ja intersubjektiv vorhanden ist - als Teil der Vernunft zu verstehen?
Oder ist es besser, einen Überbegriff zu rational und irrational oder nicht-rational zu finden?

Mit welchen "Organen" philosphieren wir überhaupt?
Nur mit Logik?
Nietzsche mit Sicherheit nicht. Er kommt auf seine philosophischen Erkenntnisse nicht allein mittels der ratio.
Er benutzt ein Gespür, einen Instinkt, eine Intuition, die ihn zu neuartigen Lösungen für die Menschheit gebracht haben.

Der nous der Vorsokratiker - die ja als Begründer der abendländischen Wissenschaft gelten - ist nicht einfach auf Denkkraft zu reduzieren, sondern hat den Touch von dem, was uns alle lenkt und verbindet. Bei Wiki wird sogar die Intiution als Möglichkeit eingeräumt, die in "nous" mitschwingt.

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#308 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Münek » Sa 30. Jan 2016, 17:18

Hemul hat geschrieben: Ach bevor ich es vergesse. Johannes der Täufer sagte als er Jesus zum ersten mal begegnete gem. Matthäus 3:13-15 folgendes:
13 Dann kam Jesus aus Galiläa zu Johannes an den Jordan, um sich von ihm taufen zu lassen. 14 Aber Johannes versuchte ihn davon abzubringen und sagte: "Ich hätte es nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir?"
Johannes wusste offensichtlich ganz genau , dass Jesus im Gegensatz zu seiner Person ohne Sünde war. Aber wer hatte diese Tatsache wohl dem Täufer ins Öhrlein geflüstert? :roll:

Niemand. Es handelt sich um eine Erfindung des Evangelisten Matthäus.

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Thaddäus
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#309 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Thaddäus » Sa 30. Jan 2016, 17:29

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es ist keine philosophische Möglichkeit, dass es eine göttliche Vernunft über der menschlichen geben könnte. Das ist eine ontologische Möglichkeit.
Ergo: Ontologie ist kein Thema innerhalb der Philosophie?
Ich habe meine Formulierung nachträglich geändert, denn so formuliert, ist sie nicht völlig korrekt.
Korrekt lautet sie so ...

Thaddäus hat geschrieben: Es ist keine philosophische Möglichkeit, dass es eine göttliche Vernunft über der menschlichen geben könnte. Das ist eine ontische Möglichkeit in der Welt und die Behauptung einer solchen göttlichen Vernunft ist eine ontologische Behauptung.
Und natürlich ist Ontologie ein Thema in der Philosophie. Allerdings keine ontologischen Behauptungen, die sich jeder vernünftigen Überprüfung grundsätzlich entziehen.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 30. Jan 2016, 17:31, insgesamt 1-mal geändert.

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#310 Re: War der Sündenfall von Gott geplant?

Beitrag von Pluto » Sa 30. Jan 2016, 17:30

Hemul hat geschrieben: Ach bevor ich es vergesse. Johannes der Täufer sagte als er Jesus zum ersten mal begegnete gem. Matthäus 3:13-15 folgendes:
13 Dann kam Jesus aus Galiläa zu Johannes an den Jordan, um sich von ihm taufen zu lassen. 14 Aber Johannes versuchte ihn davon abzubringen und sagte: "Ich hätte es nötig, von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir?"
Johannes wusste offensichtlich ganz genau , dass Jesus im Gegensatz zu seiner Person ohne Sünde war.
Ich verstehe nicht wie das gemeint sein soll...

Die Taufe gilt als Zeichen der Reinwaschung von Sünden. Da Jesus ohne Sünde war, wozu dann die Taufe?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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