Thaddäus hat geschrieben: Der monotheistische Gott ist dabei bereits eine vernunftgetriebene Weiterentwicklung des Polytheismus (nach Hegel).
Ja.
Thaddäus hat geschrieben:Aber auch diese äußerste Form der Selbstentfremdung des Gottes wird dialektisch dadurch wieder in einer höheren Ebene aufgehoben, als der sich so selbst negierende Geist-Gott in der geistig-menschlichen Erfahrung der eigenen Sterblichkeit und des eigenen Todes, sich seiner selbst wiederum auf einer höheren Stufe bewusster wird.
Im Grunde ist das con variazione das Phönix/"Stirb und Werde"-Motiv - eigentlich nichts Neues.
Thaddäus hat geschrieben:Der Geist (= der Gott des Volksglaubens)
Meinst Du, dass Hegel "Geist" mit "Volksglaube" gleichsetzt? "Beide <Philosophie und Religion> handeln dann ferner von dem Gebiete des Endlichen, von der Natur und dem
menschlichen Geiste" (G.W.F.Hegel
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, Einleitung, § 1). - Hegel scheint es also für nötig zu halten, dem Wort "Geist" das Attribut "menschlich" zuzuordnen, wenn er den "menschlichen Geist" meint (und nicht den göttlichen).
Thaddäus hat geschrieben:Das ist der spekulative Karfreitag, der das historische Geschehen des Kreuzestodes überhöht in die philosophische Reflexion (natürlich innerhalb des philosophischen Systems von Hegel selbst).
Bisher nachvollziehbar - jedoch diesen Satz verstehe ich anders - denn:
Die Frage ist, ob Hegel "Geist" als "höchste Reflexionsform" versteht (und so kommt's bei Dir rüber), oder ob er Hegel "Geist" als höchste Entität versteht. - Für letzteres spräche:
"Die Philosophie entbehrt des Vorteils, der den anderen Wissenschaften zugute kommt, ihre Gegenstände als unmittelbar von der Vorstellung zugegeben sowie die Methode des Erkennens für Anfang und Fortgang als bereits angenommen voraussetzen zu können. Sie hat zwar ihre Gegenstände zunächst mit der Religion gemeinschaftlich. Beide haben die Wahrheit zu ihrem Gegenstande, und zwar im höchsten Sinne - in dem, daß Gott die Wahrheit und er allein die Wahrheit ist" (ibd).
Thaddäus hat geschrieben:Der absolute Geist spiegelt sich in seiner Selbsterkenntnis logischerweise in allen geistigen Erzeugnissen des Menschen, - zuletzt aber in der Philosophie Hegels selbst! Hegel sieht sich in seinem philosophischen Denken und in seiner systemischen Philosophie tatsächlich als den Erfüller jener dialektischen Bewegung durch die gesamte (Geistes-)Geschichte, durch die sich der Weltgeist am Ende als das erkennt, was er tatsächlich ist, - nämlich der absolute Geist.
Mich stört da was, weiss aber nicht, ob es an Dir oder an Hegel liegt.
Dass die Hegelsche Dialektik die höchste Erfüllung intellektueller (!!) menschlicher Erkenntnis bringt, kann gut sein - einfach weil die Methodik universal ist. - Aber eben nur intellektuell - denn "Liebe" ist eine höhere Erkenntnis des Menschen (siehe das hebräische "jada").
Verstehst Du "Weltgeist" als Genitivus subjektivus oder objektivus? - Ich verstehe ihn als objektivus ("Für ihn <Hegel> ist die gesamte historische Wirklichkeit, die Totalität, der Prozess des Weltgeistes" (wik)). - Also ist die "Welt" das, auf der "DER Geist" (Gott) Prozesse mit dem "Weltgeist" wirkt.
Das ist jetzt "vertikal" interpretiert und ich unterstelle Hegel NICHT, dass er es so meint. - WENN er es so nicht meinte, wäre aber unverständlich was er mit dem obigen Satz meinen würde, "daß Gott die Wahrheit und er allein die Wahrheit ist". (Habe bitte Verständnis dafür, dass ich da nicht locker lassen kann - das ist wichtig)
An der Antwort auf diese Frage entscheidet sich, ob Hegel ein Vorläufer des Existenzialismus oder ein Stabilisierer eines Transzendentalismus ist.
Thaddäus hat geschrieben:Der absolute Geist spiegelt sich in seiner Selbsterkenntnis logischerweise in allen geistigen Erzeugnissen des Menschen
Das in jedem Fall.
Thaddäus hat geschrieben:durch die sich der Weltgeist am Ende als das erkennt, was er tatsächlich ist, - nämlich der absolute Geist. I
Warum weiss er es nicht schon, wenn er "absolut" ist?
Thaddäus hat geschrieben: In der hegelschen Philosophie kommt also der absolute Geist zu sich selbst und begreift sich endgültig.
Dito.
Thaddäus hat geschrieben:Tatsächlich ersteht er erst auf in der Philosophie Hegels und dem darin vernünftig reflektiertenden Bewusstsein des Geistes, der sich genau in dieser Philosophie als absoluten Geist erkennt.
Zunächst mal: Wenn ein ABSOLUTES absteht, ist es nicht abhängig davon, ob und wie es wahrgenommen wird, weil es (als Absolutes) als Entität aufersteht. - Ich weiss nicht, was Hegel mit "absolut" meint: Absolute Erkenntnis oder absolute Entität.
Thaddäus hat geschrieben:das geht in eine falsche Richtung.
Sicher?
Thaddäus hat geschrieben: Er hat in vielen Punkten recht.
Vielleicht deskriptiv, aber (bisher) nicht normativ.
Thaddäus hat geschrieben: nur, wenn man die ganze (Erb-)Sündengeschichte nicht allegorisch, sondern buchstäblich nimmt, entstehen überhaupt erst alle diese kollossalen dogmatischen Probleme.
Es wären zumindest weniger Probleme - ob alle damit weg wären, müsste man prüfen.
Thaddäus hat geschrieben:Oder ist es nicht vielmehr die Botschaft, dass Gott uns auch noch im Angesicht des Geringsten, des Geschundetsten und des Leidendsten unter uns direkt in die Augen blickt?
Ja - das ist der Inhalt (das andere sind Chiffren - Achtung: Auch Historie ist Chiffre!!).
Aber trotzdem ist damit noch nicht fundamental beantwortet, WARUM uns Gott so sieht - was das fundamentale Gerüst dahinter ist, woraus dies folgt.