Rembremerding hat geschrieben:Hinsichtlich des Themas muss auch hinterfragt werden, inwieweit belastbar das "sola scriptura" von Martin Luther ist.
Lovetrail hat geschrieben:Ohne sola scriptura kann man alles Mögliche ins Christentum hineinschmuggeln.
Spannendes Thema - denn genau das war der erbitterte Streit zwischen Luther und Melanchthon.
Luther wollte der "Freigeisterei" von Melanchthon einen Riegel vorschieben, weil er Angst hatte, dass damit "alles Mögliche ins Christentum hineingeschmuggelt" wird - da hatte Luther aus meiner Sicht recht. - Melanchthon hat wohl dagegen gemeint, dass die göttliche Wahrheit auch ohne Bibel funktionieren muss - da hat er genauso recht. - Im Grunde handelt es sich letztlich um eine pädagogische Frage: Wie kann man das Wort Gottes besser vermitteln? - Über die Bibel und nichts als die Bibel, weil dort alles nötige steht? - Oder über das universal Geistige, das es auch ohne Bibel gibt?
Pädagogisch war Luther aus meiner Sicht pragmatischer - Melanchthon war da etwas "aufgeklärter", was aber auch immer die Gefahr der Entgrenzung und Verballhornung in sich hat, wie wir in unserer heutigen Zeit besonders gut sehen können. - Dazu würde noch der Briefwechsel zwischen Erasmus von Rotterdam und Luther passen, in dem der Luther dem Erasmus derart die Ohren wäscht, als wären sie Feinde.
Luther war kein "Aufklärer", sondern eigentlich Katholik. Und er hat die Entgrenzungs-Gefahren der Aufklärung in den Anthropozentrismus hinein erkannt - deshalb "Sola Scriptura".
Novalis hat geschrieben:der Verdienst von Luther war es, dass er gesehen hat, dass der HEILIGE GEIST eine innere Wirklichkeit im Menschen ist. Anstatt blind einer äußeren Autorität zu folgen, sollen wir lernen dieser inneren Autorität Gehör zu schenken
Das wäre dann die Synthese des dann doch "aufgeklärten Katholiken" Luther. - Einerseits keine Rom-Gläubigkeit, gleichtzeitig innere Bindung an die Bibel. - Aber eben auch keine Entgrenzung - so weit weg vom Zentralismus der Bibel, die in Rom haptisch symbolisiert war, wollte er dann doch nicht.
Rembremerding hat geschrieben: Aber sola scriptura ist schlussendlich und paradoxerweise nicht biblisch, denn auch die Apostel wandten dieses Auslegungsprinzip nicht an.

Jetzt wird's kompliziert - aber Du hast recht. - Der Universalismus der Lehre Jesu ist schwer vereinbar mit "Sola Scriptura".
Was übrigens immer funktioniert, ist "Solus Spiritus". - Aber das ist pädagogisch nicht umsetzbar - das geht eher beim autoritären "Sola Scriptura".