Savonlinna hat geschrieben:
Das zieht mich dermaßen runter, dass ich wohl nicht mehr ausschließen kann, dass auch das heutige Christentum in mancher Ausformung beabsichtigt, die Menschen kaputt zu kriegen - und sie auch kaputt kriegt
Das mag schon sein. Nietzsches Sicht auf das Christentum ist nicht ganz unberechtigt - freundlich formuliert. Eine Antwort habe ich in einem „
poetischen Christentum“ (Novalis) gefunden - jedenfalls für mich. Da möchte ich (so weit mir das möglich ist) weiter machen und mit-bauen.
Novalis fordert „ächte Freiheit“, das heißt einen freieren und poetischeren Umgang mit den biblischen Schriften. Somit soll das Christentum ausgeweitet werden. Mit der Auflösung der Abgrenzung von den übrigen Religionen nähert sich das von Novalis erdachte neue Christentum immer weiter einer allgemeinen Weltreligion an. Diese visionäre Zukunftsreligion sollte im Alltag erfahrbar sein und soziale Gemeinschaft schaffen, aber dennoch nicht die Freiheit einschränken.
https://de.wikipedia.org/wiki/Europa_%28Novalis%29
Gerade die tiefenpsychologische Deutung der Bibel finde ich interessant, weil sie eine gemeinsame Grundlage aller Religionen offen legt und den „
garstigen breiten Graben“ (Lessing) zwischen Vergangenheit und Gegenwart durch die Sprache der Bilder über brückt. Ich bin davon überzeugt, dass die heilenden Bilder der Religion schon in der Seele angelegt sind und sie bedürfen nur des Anstoßes von außen, um ihre heilende Kraft zu entfalten. Weshalb sollte das „
Wort Gottes“ nicht gerade auf diese Weise zu uns sprechen? Enthalten in den Möglichkeiten von Bildern, die immer wieder neu und erfrischend zu uns sprechen, wie lebensspendende Wasser, die unser Inneres durchfließen.
Die niemand wirklich vereinnahmen kann, weil sie auf einzigartige Weise und ganz und gar persönlich jeden Menschen berühren können. Es ist gerade die staubige Trockenheit und mangelnde Phantasie im Umgang mit dem Evangelium, die eigentlich - im wahren Sinne des Wortes - gottlos ist. Die gerade von denen ausgeht, die sich ständig darauf berufen. Die Schriftgelehrten und gesetzlichen Geister mit dem oberlehrerhaft erhobenen Zeigefinger, die mit erstaunlicher Präzision an den Menschenherzen vorbei reden.
Immerhin, das ist auch eine Gabe. Die zeigen uns, wie es nicht geht.
