Rainer Maria Rilke: Die Armen

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erbreich
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#1 Rainer Maria Rilke: Die Armen

Beitrag von erbreich » Fr 19. Okt 2018, 19:39



Ein musikalisch-lyrischer Gruss (nach langer Zeit)
von erbreich

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#2 Re: Rainer Maria Rilke: Die Armen

Beitrag von erbreich » Sa 20. Okt 2018, 09:20

...und ein zweiter Rilke-Gruss:



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#3 Re: Rainer Maria Rilke: Die Armen

Beitrag von erbreich » Sa 19. Okt 2019, 12:49

erbreich hat geschrieben:
Fr 19. Okt 2018, 19:39
Ein musikalisch-lyrischer Gruss (nach langer Zeit)

Passend zu "Die Armen" von R.M. Rilke hier das Gedicht "Weltlauf" von Heinrich Heine (es spielt auf das Jesus-Wort an: "Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nicht hat, wird auch das genommen werden, das er hat" (Lk 19,26) und findet sich im Buch "Romancero":

"​​​​​​Hat man viel, so wird man bald
Noch viel mehr dazu bekommen.
Wer nur wenig hat, dem wird
Auch das wenige genommen.

Wenn du aber gar nichts hast,
Ach, so lasse dich begraben -
Denn ein Recht zum Leben, Lump
Haben nur die etwas haben."

Karl -Josef Kuschel schreibt dazu im Buch "Der Kampf mit Gott: Heinrich Heine":

"Der Text formuliert indikativisch in schonungsloser Grundsätzlichkeit ein geschichtlich offensichtlich unumstössliches Gesetz. Nicht nur: Reiche werden reicher und Arme ärmer, sondern noch brutaler: Der Besitzlose hat seine Würde ("Lump"), ja sein Leben verwirkt. Und dies alles steht in paradoxer Spannung zu dem Gedicht am Ende der Lazarus-Gruppe." (Anm: "Weltlauf" ist das erste Gedicht einer Gruppe von 20 Gedichten unter der Überschrift "Lazarus". Das letzte dieser Gedicht ist "Enfant perdu" und die letzte Strophe lautet hier wie folgt:)

"Ein Posten ist vakant! - Die Wunden klaffen - 
Der eine fällt, die andern rücken nach -
Doch fall ich unbesiegt, und meine Waffen
Sind nicht gebrochen - Nur mein Herze brach."

Dazu Kuschel:

"Heine hatte sich hier als Kämpfer im Freiheitskrieg der Menschheit positioniert. Ein wichtiges Signal. Am Ende der "Lamenationen" (Anm: Zweites Buch im "Romacero") steht die Einsicht, dass die brutalen Gesetze des Weltlaufs trotz allem kein Alibi sind, den Kampf um mehr Freiheit und Gerechtigkeit aufzugeben. Der Kämpfer beugt sich nicht dem Geschichtszynismus (Anm: Das erste Buch im "Romancero" trägt den Titel "Historien"). Sein Posten im Kampf musste zwar geräumt werden, doch der Gescheiterte hält sich moralisch für unbesiegt. Seine Sache ist nicht widerlegt, wohl aber ständig durch den "Weltlauf" bedroht und vernichtet. Beide Gedichte, "Weltlauf" und "Enfant perdu", bilden nicht zufällig die Klammer um die Heineschen "Klagelieder" ("Lamentationen"). 

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