Erbsünde und moralische Verantwortung

Philosophisches zum Nachdenken
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Magdalena61
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#1 Erbsünde und moralische Verantwortung

Beitrag von Magdalena61 » Sa 12. Okt 2013, 16:59

abgetrennt aus: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft im Namen der Freiheit

"Erbsünde" ist ein umstrittener und häufig mißverstandener Begriff. Ich würde es "ererbte Unvollkommenheit" nennen. Wenn der Mensch "gut" wäre, dann wäre er "heilig" und würde niemals sündigen, das ist er aber nicht, er muß zuerst lernen, das Licht von der Finsternis zu unterscheiden und sich dann dafür entscheiden, dem Licht zu folgen.
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closs
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#2 toritäre Gesellschaft im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2013, 17:10

Magdalena61 hat geschrieben:er muß zuerst lernen, das Licht von der Finsternis zu unterscheiden
Genau so ist es.

Magdalena61 hat geschrieben:und sich dann dafür entscheiden, dem Licht zu folgen.
Da frage ich mich immer noch, ob sich ein Mensch "entscheiden" muss, wenn etwas eh klar ist. - Wenn jemand das Licht erkannt hat: KANN er dann nein sagen? - Wenn ja, wäre es masochistisch. - Und wäre es masochistisch, hätte man nicht genug erkannt.

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Magdalena61
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#3 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft im Namen der Fr

Beitrag von Magdalena61 » Sa 12. Okt 2013, 17:25

Das Licht sieht vielleicht nicht immer so attraktiv aus, dass man es "natürlicherweise" möchte (davon angezogen wird).

Oftmals sind Verzicht, Selbstverleugnung, Opferbereitschaft, Disziplin und Geduld erforderlich, um "im Licht" zu wandeln (das Gute zu wollen und es zu tun).

Frage mal jemanden, der 20 kg abnehmen möchte oder muß... wie leicht ihm das fällt.
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closs
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#4 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2013, 19:47

Magdalena61 hat geschrieben:Frage mal jemanden, der 20 kg abnehmen möchte oder muß... wie leicht ihm das fällt.
Was ist aus Deiner Sicht eigentlich der Unterschied zwischen "ich entscheide mich dagegen" und "der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach"?

Pluto
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#5 Re: toritäre Gesellschaft im Namen der Freiheit

Beitrag von Pluto » Sa 12. Okt 2013, 20:41

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:und sich dann dafür entscheiden, dem Licht zu folgen.
Da frage ich mich immer noch, ob sich ein Mensch "entscheiden" muss, wenn etwas eh klar ist. - Wenn jemand das Licht erkannt hat: KANN er dann nein sagen?
:o
Natürlich steht IMMER eine Entscheidung an, im Moment der Erkenntnis.
Im Volksmund nennt man das den "Aha-Effekt". 8-)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#6 im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2013, 21:20

Pluto hat geschrieben:Im Volksmund nennt man das den "Aha-Effekt".
Objektiv ja - aber man kann NICHT sagen: "Hiermit entscheide ich, zu erkennen". - Dieser Satz wäre Blödsinn.

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Magdalena61
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#7 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft

Beitrag von Magdalena61 » Mo 14. Okt 2013, 01:37

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Frage mal jemanden, der 20 kg abnehmen möchte oder muß... wie leicht ihm das fällt.
Was ist aus Deiner Sicht eigentlich der Unterschied zwischen "ich entscheide mich dagegen" und "der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach"?
Das Erste ist eine bewußt getroffene Entscheidung: "Ich will nicht!" (obwohl ich informiert bin und um die Risiken weiß). Das Zweite ist ein Eingeständnis; der Kandidat will eigentlich, aber er kommt nicht gegen den inneren Schweinehund an, vielleicht sind seelische Defizite der Grund dafür, dass er so viel ißt, oder es liegt ein Suchtverhalten vor mit einem teilweisen oder kompletten Verlust der Selbstkontrolle... und er packt es nicht, sich zu ändern, er versagt immer wieder.
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#8 im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Mo 14. Okt 2013, 01:47

Magdalena61 hat geschrieben:Das Erste ist eine bewußt getroffene Entscheidung: "Ich will nicht!" (obwohl ich informiert bin und um die Risiken weiß).
Ok - und jetzt gehe ich in mich und überlege: "Habe ich jemals etwas absichtlich und bewusst falsch getan und nicht aus Schwäche falsch getan". - Und komme eigentlich zum Ergebnis, dass es immer Schwäche war. - Belüge ich mich oder sind die Menschen da unterschiedlich?

Kennst Du Menschen die sagen würden: "Ich weiß, dass das wahr ist, aber ich verstoße absichtlich und rebellierend gegen eigenes (!!) besseres Wissen".

Wenn es solche Menschen gäbe, wäre die nächste Frage: Was ist eigentlich Besessenheit?

Normalerweise versteht man klischeehaft unter Besessenheit, dass sich da einer wälzt und Schaum vor dem Mund hat - Das meine ich nicht. - Ich meine die Alltags-Besessenheit. - Man gibt bösen Kräften nach oder ist ihnen gar ausgeliefert. - Was meinst Du?

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#9 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft im Namen der Fr

Beitrag von Magdalena61 » Mo 14. Okt 2013, 02:07

closs hat geschrieben:Kennst Du Menschen die sagen würden: "Ich weiß, dass das wahr ist, aber ich verstoße absichtlich und rebellierend gegen eigenes (!!) besseres Wissen".
Ja, viele.
Weil sie die Situation oder ihr Verhalten nicht als "so gefährlich" empfinden.
Die Folgen z.B. des starken Übergewichts, wie Verschleißerscheinungen, Herzverfettung etc. kriegt man ja nicht alle sofort präsentiert; der Mensch fühlt sich noch lange recht wohl.
Oder, zum Beispiel unangepasste Geschwindigkeit, zu wenig Abstand halten-- man weiß, dass etwas passieren könnte, aber es geht ja so oft gut, es passiert nichts.
Wenn die Leute nicht so risikofreudig und nicht so ignorant wären, gäbe es keine Massenkarambolagen.
closs hat geschrieben:Ich meine die Alltags-Besessenheit. - Man gibt bösen Kräften nach oder ist ihnen gar ausgeliefert. - Was meinst Du?
Wer sich zu weit aus dem Fenster lehnt, bis er das Gleichgewicht verliert, der fällt hinaus.
Doch bis dieser Punkt erreicht ist, kann ein Mensch sich willentlich entscheiden, es nicht auf die Spitze zu treiben und sich das Vergnügen, sich gefährlich weit aus dem Fenster zu beugen, um einen Blick in das Schlafzimmer der Nachbarn nebenan zu werfen, zu versagen.
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#10 im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Mo 14. Okt 2013, 10:02

Magdalena61 hat geschrieben:Weil sie die Situation oder ihr Verhalten nicht als "so gefährlich" empfinden.
Dann ist es ein Erkenntnis-Mangel.

Magdalena61 hat geschrieben:Wer sich zu weit aus dem Fenster lehnt, bis er das Gleichgewicht verliert, der fällt hinaus.
Das klingt so, als könne der Mensch prinzipiell Besessenheit vermeiden.

Ich verstehe Deinen Ansatz, halte ihn aber für sehr optimistisch. Denn derjenige, der sich zu weit aus dem Fenster lehnt, tut es ja nicht in selbstmörderischer Absicht, sondern weil er nicht erkennt, dass ihn die Situation überfordern könnte. - Somit wäre - zu Ende gedacht - Besessenheit eine Folge mangelnder Erkenntnis. Du ziehst offensichtlich als Grund mangelnden richtigen Willen vor.

Das Konstrukt gefällt mir noch nicht. - Ich habe immer den Eindruck (von A+E bis Besessenheit), dass unsere Zeit einen autonomen menschlichen Willen postulieren muss, um eine "aufgeklärte" Bibelexegese durchziehen zu können.

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