Rousseau und die autoritäre Gesellschaft im Namen der Freiheit

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#11 Gesellschaft im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2013, 17:07

Magdalena61 hat geschrieben:wenn jemand tolle Worte schwingt, aber sein Leben eine andere Sprache spricht, dann sollte man schon kritisch sein.
Klar - aber ich versuche das Biografistische auszublenden, wenn es um Inhalte geht.

Magdalena61 hat geschrieben:Interessant wäre trotzdem, das Wesentliche herauszuarbeiten; als Gedankenanstöße, als Diskussionsgrundlage.
Gaaaaanz grob: R. betrachtet den Fortschritt der Vernunft und deren Folgen in der Welt als Rückschritt des Geistes. Finde ich ziemlich aktuell. - Allerdings übersieht R., dass man die Rückkehr zu den Wurzeln nicht erzwingen kann.

Magdalena61 hat geschrieben:Hattest du gewußt, dass er sich vergeblich darum beworben hatte, in ein Priesterseminar aufgenommen zu werden?
Hatte ich vergessen - Ähnliches findet man oft: Der wirklich nach Wahrheit suchende Mensch versucht es zunächst mit konservativen Mitteln, um dann den eigenen, manchmal revolutionären Weg zu gehen - das gilt für R. genauso wie für Gudrun Ensslin.

closs
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#12 toritäre Gesellschaft im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2013, 17:10

Magdalena61 hat geschrieben:er muß zuerst lernen, das Licht von der Finsternis zu unterscheiden
Genau so ist es.

Magdalena61 hat geschrieben:und sich dann dafür entscheiden, dem Licht zu folgen.
Da frage ich mich immer noch, ob sich ein Mensch "entscheiden" muss, wenn etwas eh klar ist. - Wenn jemand das Licht erkannt hat: KANN er dann nein sagen? - Wenn ja, wäre es masochistisch. - Und wäre es masochistisch, hätte man nicht genug erkannt.

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Magdalena61
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#13 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft im Namen der Fr

Beitrag von Magdalena61 » Sa 12. Okt 2013, 17:25

Das Licht sieht vielleicht nicht immer so attraktiv aus, dass man es "natürlicherweise" möchte (davon angezogen wird).

Oftmals sind Verzicht, Selbstverleugnung, Opferbereitschaft, Disziplin und Geduld erforderlich, um "im Licht" zu wandeln (das Gute zu wollen und es zu tun).

Frage mal jemanden, der 20 kg abnehmen möchte oder muß... wie leicht ihm das fällt.
LG
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closs
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#14 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2013, 19:47

Magdalena61 hat geschrieben:Frage mal jemanden, der 20 kg abnehmen möchte oder muß... wie leicht ihm das fällt.
Was ist aus Deiner Sicht eigentlich der Unterschied zwischen "ich entscheide mich dagegen" und "der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach"?

Pluto
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#15 Re: toritäre Gesellschaft im Namen der Freiheit

Beitrag von Pluto » Sa 12. Okt 2013, 20:41

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:und sich dann dafür entscheiden, dem Licht zu folgen.
Da frage ich mich immer noch, ob sich ein Mensch "entscheiden" muss, wenn etwas eh klar ist. - Wenn jemand das Licht erkannt hat: KANN er dann nein sagen?
:o
Natürlich steht IMMER eine Entscheidung an, im Moment der Erkenntnis.
Im Volksmund nennt man das den "Aha-Effekt". 8-)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#16 im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Sa 12. Okt 2013, 21:20

Pluto hat geschrieben:Im Volksmund nennt man das den "Aha-Effekt".
Objektiv ja - aber man kann NICHT sagen: "Hiermit entscheide ich, zu erkennen". - Dieser Satz wäre Blödsinn.

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Mia
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#17 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft im Namen der Fr

Beitrag von Mia » Sa 12. Okt 2013, 23:18

Magdalena hat geschrieben:Eltern mit Kindern.... treten wesentlich bescheidener auf.
jedoch, der Mensch ist von Natur aus gut, ich glaube, es nachgewiesen zu haben; (Rousseau)
Der Mensch strebt nach dem Guten, weil er das Böse; das Leid nicht ertragen kann. Aber er ist nicht "von Natur aus gut". Das kann man in jedem Sandkasten beobachten, bei den Kleinkindern, die keine Ahnung haben, was gut und böse ist.

"Erbsünde" ist ein umstrittener und häufig mißverstandener Begriff. Ich würde es "ererbte Unvollkommenheit" nennen. Wenn der Mensch "gut" wäre, dann wäre er "heilig" und würde niemals sündigen, das ist er aber nicht, er muß zuerst lernen, das Licht von der Finsternis zu unterscheiden und sich dann dafür entscheiden, dem Licht zu folgen.

Dieses Beispiel mit den kleinen Kindern erschreckt mich immer sehr. Wobei Du mit einem Recht hast, kleine Kinder haben keine Ahnung von gut und böse und woher bekommen sie die Ahnung?
Durch den Spiegel der Eltern, den ganz alleine ihr Verhalten prägt die Kinder.
Wenn man ein kleines Kind beobachtet, wenn es die ersten Male im Sandkasten sitzt, dann sieht man, dass es noch keine entwickelte Feinmotorik hat. Es rudert völlig unkontrolliert mit den Armen, es lacht dabei und wirft mit Sand um sich, vielleicht auch noch dies Schaufel. Dabei trifft es nicht nur die Personen in unmittelbarer Nähe, sondern sich selbst auch.
Wenn jetzt die Mama kommt und sagt; Anna, was machst du den da, nein nein das darf man nicht, das ist böse, man darf andere Kinder nicht mit Sand bewerfen!
Und die kleine Anna hört nicht, so dass die Mama vielleicht noch einen kleinen lieb gemeinten Klaps auf die Finger gibt um den Sand auszuschütteln und ihr noch mal erklärt, wie böse sie ist, wenn sie mit Sand wirft. Was lernen unsere klugen Kinder daraus? Im Sandkasten darf ich schlagen und andere Kinder schimpfen, denn wir sind ihr Spiegel.

Mit meiner Freundin die mit mir zusammen nicht Autoritär erzogen wurde, habe ich das Problem ganz anders gelöst. Hinter dem Haus war eine Baustelle, mit einem Sandberg. Wir haben unsere beiden kleinen da reingesetzt, sie haben unkontrolliert Sand um sich geworfen, mal musste jemand auch kurz weinen, weil Sand ins Gesicht kam, wir haben sie deswegen nicht ermahnt oder geschimpft, sondern nur den Sand entfernt und gesagt, dass es nicht schlimm ist. Es hat ihnen so Spaß gemacht, dass sie auch gleich weiterspielen wollten, ihre Bewegungen wurden immer vorsichtiger und gezielter. Mit der Zeit sind immer mehr störende Kleidungsstücke entfernt worden, wir gaben noch zum spielen Wasser dazu und es war ein herrliches Gemansche wo wir Mamas uns auch nicht mehr zurückhalten konnten und mitgemanscht haben. Es war ein wunderschöner Mittag, wir waren von Kopf bis Fuß Sandig und haben danach zusammen geduscht und die Kinder hatten das Erlebnis lange im Gedächtnis, muss mal fragen ob sie es noch wissen.
Da war nichts böses, die Kinder taten sich nicht gegenseitig weh, waren nicht streitsüchtig, im Gegenteil, sie haben sich noch gegenseitig mit Sand eingerieben und glücklich dabei gelacht.
Ich hab ganz ganz viele solcher Beispiele, wo man Kinder sich selbst überlässt und dabei was liebevolles schönes dabei herauskommt, Kinder sind vollkommene Geschöpfe, man muss ihnen nur die Möglichkeit geben, sich frei zu entfalten.

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Magdalena61
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#18 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft

Beitrag von Magdalena61 » Mo 14. Okt 2013, 01:37

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Frage mal jemanden, der 20 kg abnehmen möchte oder muß... wie leicht ihm das fällt.
Was ist aus Deiner Sicht eigentlich der Unterschied zwischen "ich entscheide mich dagegen" und "der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach"?
Das Erste ist eine bewußt getroffene Entscheidung: "Ich will nicht!" (obwohl ich informiert bin und um die Risiken weiß). Das Zweite ist ein Eingeständnis; der Kandidat will eigentlich, aber er kommt nicht gegen den inneren Schweinehund an, vielleicht sind seelische Defizite der Grund dafür, dass er so viel ißt, oder es liegt ein Suchtverhalten vor mit einem teilweisen oder kompletten Verlust der Selbstkontrolle... und er packt es nicht, sich zu ändern, er versagt immer wieder.
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#19 im Namen der Freiheit

Beitrag von closs » Mo 14. Okt 2013, 01:47

Magdalena61 hat geschrieben:Das Erste ist eine bewußt getroffene Entscheidung: "Ich will nicht!" (obwohl ich informiert bin und um die Risiken weiß).
Ok - und jetzt gehe ich in mich und überlege: "Habe ich jemals etwas absichtlich und bewusst falsch getan und nicht aus Schwäche falsch getan". - Und komme eigentlich zum Ergebnis, dass es immer Schwäche war. - Belüge ich mich oder sind die Menschen da unterschiedlich?

Kennst Du Menschen die sagen würden: "Ich weiß, dass das wahr ist, aber ich verstoße absichtlich und rebellierend gegen eigenes (!!) besseres Wissen".

Wenn es solche Menschen gäbe, wäre die nächste Frage: Was ist eigentlich Besessenheit?

Normalerweise versteht man klischeehaft unter Besessenheit, dass sich da einer wälzt und Schaum vor dem Mund hat - Das meine ich nicht. - Ich meine die Alltags-Besessenheit. - Man gibt bösen Kräften nach oder ist ihnen gar ausgeliefert. - Was meinst Du?

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Magdalena61
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#20 Re: Rousseau und die autoritäre Gesellschaft im Namen der Fr

Beitrag von Magdalena61 » Mo 14. Okt 2013, 01:54

Mia hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Der Mensch strebt nach dem Guten, weil er das Böse; das Leid nicht ertragen kann. Aber er ist nicht "von Natur aus gut". Das kann man in jedem Sandkasten beobachten, bei den Kleinkindern, die keine Ahnung haben, was gut und böse ist.
Dieses Beispiel mit den kleinen Kindern erschreckt mich immer sehr. Wobei Du mit einem Recht hast, kleine Kinder haben keine Ahnung von gut und böse und woher bekommen sie die Ahnung?
Durch den Spiegel der Eltern, den ganz alleine ihr Verhalten prägt die Kinder.
Ich meinte nicht die Indoktrination, die kindliches Verhalten als "böse" bezeichnet-- so etwas finde ich nicht gut, direkte Botschaften wären besser, also etwa: "Du wenn du so mit dem Sand spielen willst, dann mach das da drüben, sonst werden die anderen Kinder schmutzig und dann muß ihre Mama ihnen die Haare waschen." (Meine Kinder mochten es nicht, das Haare- waschen)

Woran ich dachte, das sind Revierstreitigkeiten; das Erkämpfen einer "Rangordnung", wenn Kinder aufeinander treffen.
Man muß es ihnen nicht beibringen, um die "Führung" oder um die besten Plätze im Sandkasten zu streiten, das machen sie ganz von selbst.
Aber man muß sie lehren, ein sozialverträgliches Verhalten zu entwickeln.

Kinder aus Großfamilien sind, wie mir Pädagogen immer wieder bestätigten, verträglicher, weil sie von klein auf daran gewöhnt sind, mit anderen Kindern zu teilen.
Mit meiner Freundin die mit mir zusammen nicht Autoritär erzogen wurde, habe ich das Problem ganz anders gelöst. ...Es war ein wunderschöner Mittag, wir waren von Kopf bis Fuß Sandig und haben danach zusammen geduscht und die Kinder hatten das Erlebnis lange im Gedächtnis, muss mal fragen ob sie es noch wissen.
:D
Ich hab ganz ganz viele solcher Beispiele, wo man Kinder sich selbst überlässt und dabei was liebevolles schönes dabei herauskommt, Kinder sind vollkommene Geschöpfe, man muss ihnen nur die Möglichkeit geben, sich frei zu entfalten.
Ja, wenn genügend Platz ist...

Da fällt mir ein Erlebnis ein, das liegt schon länger zurück.
Damals hatte ich zwei Kinder, das Mädchen war vielleicht gut 2 Jahre alt, der kleine Bruder krabbelte noch. Wir bekamen Besuch, die Eltern hatten auch ein Mädchen, ein Jahr älter als meine Tochter.
Dieses Mädchen ging nun her und nahm meinen Kindern immer die Spielsachen weg, mit denen sie gerade spielten.
Meine Kids waren baff erstaunt. SO etwas hatten sie noch nicht erlebt.

Ich war gespannt, was geschehen würde.
Das ältere Mädchen sammelte das, das sie meinen Kindern wegnahm, auf einem Haufen.

Meine Tochter wartete und schaute zu. Als alles, was so zur Verfügung stand auf dem Haufen gelandet war, stand sie auf, ging einige Schritte weiter, setzte sich neben den Haufen--- und spielte weiter. :D
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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