#1 Automatisches bzw. maschinengestütztes Beweisen
Verfasst: Di 20. Dez 2022, 11:13
Ich bin eben schlau.Claymore hat geschrieben: ↑Sa 17. Dez 2022, 19:31Ich frage mich immer, woher du das alles weißt.Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 15. Dez 2022, 20:30Die Einschränkung bei Computerbeweisen besteht darin, dass Computer bzw. automatische Beweiser nicht kreativ sind. Auf die Idee, die unterschiedliche Mächtigkeit rationaler und reeller Zahlen durch Diagonal-Beweise zu beweisen, muss man ja erst einmal kommen. Und genau da versagen die Maschinen in der Mathematik.
Um meine Behauptung, automatische bzw. maschinengestützte Beweiser wären nicht kreativ zu plausibilisieren, muss man Kreativität vorher nicht erst "sauber" definieren, was immer das heißen soll? Es ist eine verbreitete, aber dennoch merkwürdige Vorstellung, davon auszugehen, man wisse bei einem Wort erst dann, wovon man spricht, wenn man es "sauber"(?) definiert. Nein, wenn der Ausdruck verwendet wird, dann ist er in Gebrauch und natürlich immer verbunden mit bestimmten Vorstellungen und Annahmen. Das ist z.B. beim Ausdruck Seele, den wir an anderer Stelle diskutieren, selbstverständlich auch so.Claymore hat geschrieben: ↑Sa 17. Dez 2022, 19:31
Du argumentierst hier nur aus einer Intuition heraus, die bestenfalls eine Heuristik liefert, in welche Richtung du weiter denken solltest. Aber das Argument muss am Ende doch nachgeliefert werden.
Selbst wenn du "Kreativität" sauber definieren kannst und gezeigt hättest, dass jetzt existierende automatische Theorembeweiser über keine Kreativität verfügen, würde das nicht reichen. Du musst auch zeigen, dass das für zukünftigen Weiterentwicklungen genauso gilt.
Dafür braucht es ein verbindendes Argument, was in deinen Ausführungen tendenziell fehlt.
"Seele" wird in der Alltagssprache verwendet und diese Verwendung kann daraufhin überprüft werden, ob sie etwa Widersprüche enthält usw. Dann gibt es noch spezialisierte Verwendungen von "Seele" z.B. in der Theologie, Philosophie und Psychologie, die man ebenfalls analysieren kann. Mit der Analyse werden dann etwaige Widersprüche oder Inkohärenzen offenbar und die Verwendung in dieser Weise wird z.B. philosophisch oder religiös fragwürdig. (Nur in der Mathematik und Logik ist es wichtig, technische Begriffe vorher möglichst exakt zu definieren. Der Ausdruck "Kreativität" gehört nicht zu solchen Begriffen.) Von dir möchte ich wissen, wie du den Ausdruck "Seele" verwendest, damit ich weiß, an welchen Stellen ich ihn kritisieren will bzw. muss. Am Ende der Diskussion kann dann in der Tat eine neue Definition von "Seele" stehen, die allen Anforderungen gerecht wird, muss aber nicht. Jedenfalls muss man nicht vor der Analyse sauber definieren, weil das außerhalb der technischen Begriffe von Mathematik und Logik meistens ohnehin nicht möglich ist.
Man darf also stets zunächst die alltagssprachliche Grundbedeutung des Wortes zum Ausgangspunkt der sprachlichen und logischen Analyse machen. Und dann darf man möglichst begründet an dieser Verwendung philosophisch herummäkeln und darauf hinweisen, dass mit der Verwendung des Wortes und damit verbundenen Vorannahmen etwas nicht in Ordnung ist.
Der Ausdruck "Kreativität" wird alltagssprachlich in der Regel so verwendet, dass er ein außer-gewöhnliches, schöpferisches und originelles Produzieren von neuen Inhalten oder Werken meint.
Und warum können automatische Beweiser in diesem Sinne nicht kreativ sein? Weil sie vor allem dazu dienen, bereits bestehende Beweise auf etwaige Widersprüche hin zu überprüfen. Bevor man einen automatischen Beweiser einsetzen kann, muss man das zu Beweisende Formalisieren und in eine Folge logischer Einzelschritte zerlegen. Erst dann vermögen automatische Beweiser die logische Stimmigkeit zu überprüfen und vor allem, ob Widersprüche aus den festgelegten Prämissen und Axiomen ableitbar sind.
Die Methode des "Diagonal-Argumentierens" mag ja so formalisiert werden können, dass ein automatischer Beweiser etwas damit anfangen kann. Aber das ist nicht das Kreative an Cantors Beweis. Das Kreative war, dass er überhaupt darauf gekommen ist, einen Beweis mit einem solchen Diagonalverfahren zu führen. Er hat das Verfahren erfunden (vielleicht auch gefunden) im besten kreativen Sinne.
Ich will nicht ausschließen, dass es irgendwann Maschinen bzw. intelligente Verfahren gibt, die vielleicht auch kreativ im obigen Sinne sein können. In der Musik, der Malerei und beim Texten von Texten kann man sich wohlfeil darüber streiten, ob Maschinen nicht schon "kreativ" sind? Bestreitet man es, will man "Kreativität" offenbar ausschließlich in Bezug auf menschliches Tun verwenden, z.B. weil dieses im Unterschied zum bloßen Ausführen von Maschinen, von einem intentionalen Bewusstsein begleitet ist, welches garantiert, dass das eigene Tun, worin auch immer es bestehen mag, stets durch einen Blick von Außen begleitet wird und so beständig überprüft. Nur darum können Menschen ihr Tun jederzeit unterlassen, wenn sie das wollen. Sie können das nur, weil sie um ihr Tun wissen (können). Neumodisch nennt man das "Achtsamkeit".
Ein weiteres spannendes Thema.