Lachen

Philosophisches zum Nachdenken
Eusebius
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#21 Lachen

Beitrag von Eusebius » So 2. Mai 2021, 22:14

Lena hat geschrieben:
So 2. Mai 2021, 15:46
Vielleicht, weil man beim Autofahren, so vieles unbewusst macht? 

Das Autofahren ist etwas, wo es den meisten auch irgendwie auffällt, dass man das quasi "automatisch" macht. Das sei ganz normal. Da schaltet sich dann irgendwann der "Autopilot" ein.

Lena
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#22 Lachen

Beitrag von Lena » Mo 3. Mai 2021, 14:20

Du hattest angedeutet, dass du es nicht magst, unbewusst zu sein. 
Ich vermute, das war der Grund, warum du nach dem Autofahren 
gefragt wurdest. 

Im Schweizerland gibt es sogar einen Ort der Lachen heisst. 
Und dazu fällt mir ein Spruch ein:

Bei Siebnen haltet der Zug vor Lachen. 

Nur hat das Lachen, nichts mit Lachen zu tun. 



 
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

piscator
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#23 Lachen

Beitrag von piscator » Mo 3. Mai 2021, 15:16

Das Thema "Lachen" hat Umberto Eco in seinem Roman "Der Name der Rose" thematisiert. 

Lachen gefährdet den Fundamentalismus - brgdomath
 
Der Roman "Name der Rose" (1980) spielt im Mittelalter in einem italienischen Kloster. Der Mönch William von Baskerville hat dort einen diplomatischen Auftrag. Kurz nach seiner Ankunft wird ein Mönch ermordert aufgefunden. Ihm folgen weitere tote Mönche. William versucht den Mörder zu finden und er stößt schließlich auf Jorge von Burgos, den Mönch, der die Kosterbibliothek leitet. Im Kern eines Labyrinths hat er ein vergiftetes Buch versteckt, in dem es um das Lachen geht: "Die Komödie" des griechischen Philosophen Aristoteles. Man weiß, dass es sie gibt. Aber niemand kennt sie. Jorge hat das Buch vergiftet. Als er entdeckt wird, steckt er die Bibliothek in Brand. 
 
Jorge von Burgos und William von Baskerville sind Gegenfiguren. William ist der weltoffene Mönch, der sich die Freiheit nimmt, selbst zu denken. Jorge ist der Fanatiker, für den es nur die eine göttliche Wahrheit gibt. Sie zu verteidigen, ist jedes Mittel - Mord eingeschlossen - recht. 
 
Dass das Buch, das Jorge "hütet", das Buch ist, in dem Aristoteles die Komödie beschreibt und damit das Lachen "adelt", ist kein Zufall. Denn das Lachen nimmt den Menschen die Angst vor der Autorität, vor allem vor Gott. Und Menschen, die keine Angst vor der Autorität mehr haben, unterwerfen sich dieser Autorität nicht mehr bedingungslos. Eine Autorität, über die man lachen darf, ist keine absolute Autorität mehr.

Interessant ist auch:
Totalitäre Ideologien bestehen darauf, das Denken der Menschen zu bestimmen. Sie setzen der Denkfreiheit und der Meinungsfreiheit Grenzen. Diese Grenzen zu überschreiten gilt als Blasphemie, als sündhaftes und unerlaubtes Verspotten einer quasi heiligen Autorität. 
 
In diktatorischen Systemen wurde und wird die freie Meinungsäußerung mit Hilfe der Zensur und mithilfe von Strafandrohungen bekämpft. Und zwar mit aller Schärfe und mit aller Härte. Wer im Nationalsozialismus seine Meinung äußerte, riskierte zum Tod verurteilt zu werden. Die Geschwister Scholl ("Weiße Rose") sind nur ein Beispiel dafür. Im Stalinismus war es ähnlich. In China unter Mao wurden Kritiker zumindest zur "Umerziehung" aufs Land zu Sklavenarbeit verdonnert. In Argentinien verschwanden während der Militär-Regierung tausende Regimekritiker spurlos. Wie man heute weiß, wurden viele von ihnen umgebracht, z. B. aus Flugzeugen aus einfach ins Meer geworfen. In Saudi Arabien werden Menschen wie der Blogger Saif Badawi zu langjährigen Gefängnisstrafen und zu hunderten Peitschenschlägen verurteilt (die sie wahrscheinlich nicht überleben), weil sie religiöse Dogmen hinterfragen. 
 
Ironisch-spöttische Kritik an den Mächtigen weckt deren Zorn und Wut in besonderer Weise. Denn er überschreitet Grenzen und bricht Tabus. Er bricht Denk-Monopole auf. Er verletzt bewusst und gewollt, ohne dass es dafür Geld oder Waffen oder Macht bräuchte. So ist in diktatorischen Zeiten und in Zeiten der Angst ist der Humor oft eine starke Waffe der Schwachen. "Wir ordnen uns nicht unter. Wir geben nicht nach. Wir zeigen keinen Respekt und keine Furcht", ist die provokante Botschaft. In Demokratien haben die Machthaber lernen müssen, sich kritisieren, karikieren und verspotten zu lassen. Es ist der Preis, den sie für ihre Macht bezahlen müssen. 
 
In demokratischen Systemen ist Meinungsfreiheit ein wichtiger Grundwert. Er umfasst ausdrücklich nicht nur das Recht zur Kritik mithilfe rationaler Argumente, sondern auch mithilfe der Stilmittel der Karikatur und der Satire.
 
Fudamentalisten lachen nicht. 
 
Allerdings: Bei der Satire ist die Richtung wichtig. Denn Machthaber und Privilegierte stellen die satirische Karikatur oft in den Dienst ihrer Interessen. Der politische Gegner oder zum Außenseiter erklärte Bevölkerungsgruppen wie die Juden im NS werden mit bösen Karikaturen der Lächerlichkeit Preis gegeben. Das Lachen wird dann in den Dienst der Machtsicherung und der Unterdrückung gestellt. 
 
Fundamentalisten lachen nicht. Zumindest nicht über sich selbst.
Meine Beiträge als Moderator schreibe ich in grün.

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