Über die Würde des Menschen

Philosophisches zum Nachdenken
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Thaddaeus
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#21 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Thaddaeus » Sa 26. Okt 2019, 08:56

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Fr 25. Okt 2019, 22:21
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Darum geht es.

Das GG gilt für seinen Geltungsbereich. Das ist das wiedervereinigte Deutschland. Das gitl für alle Menschen, solange sie sich im Geltungsbereich aufhalten.
Nein, das ist schlicht und einfach falsch!
Da steht nicht: "Die Würde der Deutschen ist unantastbar", da steht: "Die Würde des Menschen ist unantastbar".

Und das steht da aus gutem Grund, weil die Würde des Menschen entweder eine Würde ist, die allen Menschen zukommt oder gar keinem. Sie kommt ihm qua Existenz zu.
Und eine Begründung, warum sie allen Menschen qua Existenz zukommt, findest du bei Kant und Hegel, aber nicht in religiösen Vorstellungen.

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Fr 25. Okt 2019, 22:21
Jetzt kannst du dir aussuchen ob du einen religiösen, christlichen, philosophischen, mathematischen, poltischen, vernünftigen oder was auch immer gearteten Grundsatz zur obersten Direktive machst. Nichts davon ist eine Letztbegründung, die ohne eine noch höhere Autorität auskommt.
Es geht nicht um eine Letztbegründung, es geht darum, überhaupt eine allen Menschen einsichtige Begründung zu liefern. Und die kann keine Religion liefern, - aber Hegel in seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts und Kant in seinen anthropologischen und moralphilosophischen Schriften. Mit ihnen wird sogar eine Richtschnur für das gute Handeln vorgegeben.

Punch
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#22 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Punch » Sa 26. Okt 2019, 09:39

Die Würde des Menschen unter christlicher Deutungspacht?

Nun frage ich mich, in welchen Zusammenhängen taucht das Wort Würde in der Bibel überhaupt auf?

Ich meine jetzt das Wort Würde im Wortstamm, denn ich kann dieses Wort dort nicht finden, in der Bibel meine ich jetzt.

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ProfDrVonUndZu
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#23 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Sa 26. Okt 2019, 10:02

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 08:56

Da steht nicht: "Die Würde der Deutschen ist unantastbar", da steht: "Die Würde des Menschen ist unantastbar".

Und das steht da aus gutem Grund, weil die Würde des Menschen entweder eine Würde ist, die allen Menschen zukommt oder gar keinem. Sie kommt ihm qua Existenz zu.
Und eine Begründung, warum sie allen Menschen qua Existenz zukommt, findest du bei Kant und Hegel, aber nicht in religiösen Vorstellungen.
Das GG ist eine verbindliche Norm und keine philosophische Debatte. Es gilt für Menschen, die sich auf deutschem Hoheitsgebiet befinden. Nur dort kann es mit den verfügbaren Mitteln durchgesetzt werden. Und zwar von der staatlichen Gewalt.


Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 08:56
Es geht nicht um eine Letztbegründung, es geht darum, überhaupt eine allen Menschen einsichtige Begründung zu liefern. Und die kann keine Religion liefern, - aber Hegel in seinen Grundlinien der Philosophie des Rechts und Kant in seinen anthropologischen und moralphilosophischen Schriften. Mit ihnen wird sogar eine Richtschnur für das gute Handeln vorgegeben.
Bringt doch alles nichts, wenn man noch so gute Gedanken nicht durchsetzen kann. Es braucht dazu eine Macht, die rein über den geschriebenen Text oder das gesprochene Wort hinaus geht. Als Vertreter von Kant und Hegel kannst du bestenfalls zu deinen Opponenten sagen, dass du mit ihnen nicht mehr spielst, weil sie dir einfach zu doof wären, die Kraft ihrer Worte nicht anzuerkennen. Was wirkt dann aber primär ?
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

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#24 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Sa 26. Okt 2019, 10:12

Punch hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 09:39
Die Würde des Menschen unter christlicher Deutungspacht?

Nun frage ich mich, in welchen Zusammenhängen taucht das Wort Würde in der Bibel überhaupt auf?

Ich meine jetzt das Wort Würde im Wortstamm, denn ich kann dieses Wort dort nicht finden, in der Bibel meine ich jetzt.

Ich hab das bereits in dem Thread versucht, der diesem hier zu Grunde lag.
viewtopic.php?p=392145#p392145

- Herrlichkeit : Doxa (δοξα)
- Ehre : Timhe (τιμη)
- Würde : Axia / Axioma (αξια / αξιωμα) lateinisch Dignitas.

Axia / Axioma ist der Begriff, der am ehesten mit dem lateinischen Dignitas im Kontext biblischer Verwendung zusammen passt. Das Konzept der Würde allerdings, das Gott mit einbezieht, kommt nicht ohne die beiden anderen Begriffe aus. Axia / Axioma bedeuten für sich aber Wert, Gegenwert, Verdienst, Rang, Bedeutung.
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Punch
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#25 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Punch » Sa 26. Okt 2019, 10:37

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:12
Punch hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 09:39
Die Würde des Menschen unter christlicher Deutungspacht?

Nun frage ich mich, in welchen Zusammenhängen taucht das Wort Würde in der Bibel überhaupt auf?

Ich meine jetzt das Wort Würde im Wortstamm, denn ich kann dieses Wort dort nicht finden, in der Bibel meine ich jetzt.

Ich hab das bereits in dem Thread versucht, der diesem hier zu Grunde lag.
viewtopic.php?p=392145#p392145

- Herrlichkeit : Doxa (δοξα)
- Ehre : Timhe (τιμη)
- Würde : Axia / Axioma (αξια / αξιωμα) lateinisch Dignitas.

Axia / Axioma ist der Begriff, der am ehesten mit dem lateinischen Dignitas im Kontext biblischer Verwendung zusammen passt. Das Konzept der Würde allerdings, das Gott mit einbezieht, kommt nicht ohne die beiden anderen Begriffe aus. Axia / Axioma bedeuten für sich aber Wert, Gegenwert, Verdienst, Rang, Bedeutung.

Im Kontext geht alles.

Vielleicht könnte man diese so genannte Würde des Menschen auch als politisch demagogisches Placebo bezeichnen, denn die stille Erhabenheit allein schon des Wortes der Menschenwürde verschüchtert ob seiner schon mystisch weltlichen Größe, allein schon im zeremoniellen Anspruch der Verehrungspraktiken und seiner hemmungslos weltlichen Ritualisierung.

Vielleicht auch als ersatzreligiös Kulthandlung, in Verlegenheit staatlich gesalbten Priestertums.

Ich weiß es, ehrlich gesagt nicht, ich will da auch nicht weiter provozieren, aber die Würde des Menschen ist mir immer mehr ein politisches Balzritual, das mir nebem dem Wort Gott am meisten missbraucht scheint.

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Andreas
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#26 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Andreas » Sa 26. Okt 2019, 10:41

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:02
Bringt doch alles nichts, wenn man noch so gute Gedanken nicht durchsetzen kann. Es braucht dazu eine Macht, die rein über den geschriebenen Text oder das gesprochene Wort hinaus geht.
Das trifft doch aber auch auf die Bibel zu. Da wird Gott zwar die absolute All-Macht zugeschrieben, aber sie geht nicht über die biblischen Texte hinaus.
In der Praxis tut Gott nichts, um seine noch so guten Gedanken durchzusetzen, wenn die Würde des Menschen, in Deutschland, China, Afrika oder sonstwo verletzt wird. Das musst du doch auch zugeben. Da sind wir wieder bei der Theodizeefrage.

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Thaddaeus
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#27 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Thaddaeus » Sa 26. Okt 2019, 10:49

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:02
Das GG ist eine verbindliche Norm und keine philosophische Debatte. Es gilt für Menschen, die sich auf deutschem Hoheitsgebiet befinden. Nur dort kann es mit den verfügbaren Mitteln durchgesetzt werden. Und zwar von der staatlichen Gewalt.
Das mag sein, ist aber ganz und gar uninteressant, denn wichtig ist nur der Anspruch, den Artikel 1 des GG erhebt: und der ist, für ALLE Menschen auf dieser Welt (und wenn es weitere auf anderen Planeten geben sollte, auch für die) gültig zu sein.

Der parlamentarische Rat hätte die Gültigkeit von Artikel 1 GG auch jederzeit auf die Deutschen begrenzen können: hat er aber nicht. Und genau dafür braucht es eine Berechtigung, was dem parlamentarischen Rat völlig klar war. Die liefern Kant und Hegel und eben keine religiösen Vorstellungen.


ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:02
Bringt doch alles nichts, wenn man noch so gute Gedanken nicht durchsetzen kann. Es braucht dazu eine Macht, die rein über den geschriebenen Text oder das gesprochene Wort hinaus geht.
Du hast bislang nicht begriffen, dass es hier nicht um die Durchsetzung des Rechts geht, sondern um seine Begründung. Die Durchsetzung ist überhaupt keine Aufgabe der Legeslative, sondern der Exekutive.

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:02
Als Vertreter von Kant und Hegel kannst du bestenfalls zu deinen Opponenten sagen, dass du mit ihnen nicht mehr spielst, weil sie dir einfach zu doof wären, die Kraft ihrer Worte nicht anzuerkennen. Was wirkt dann aber primär ?
Die Begründung von Artikel 1 des GG legt fest, mit welcher Berechtigung diejenigen strafverfolgt werden, die gegen dieses Gesetz verstoßen!
Die Durchsetzung dieses Rechts hat damit nichts zu tun.

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#28 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Sa 26. Okt 2019, 11:10

Andreas hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:41
ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:02
Bringt doch alles nichts, wenn man noch so gute Gedanken nicht durchsetzen kann. Es braucht dazu eine Macht, die rein über den geschriebenen Text oder das gesprochene Wort hinaus geht.
Das trifft doch aber auch auf die Bibel zu. Da wird Gott zwar die absolute All-Macht zugeschrieben, aber sie geht nicht über die biblischen Texte hinaus.
In der Praxis tut Gott nichts, um seine noch so guten Gedanken durchzusetzen, wenn die Würde des Menschen, in Deutschland, China, Afrika oder sonstwo verletzt wird. Das musst du doch auch zugeben. Da sind wir wieder bei der Theodizeefrage.
So weit müssen wir gar nicht gehen. Ein jeder kann und sollte nur für sich selbst sprechen. Setze ich an mir selber um, was ich für richtig und nötig halte. Das betrifft nicht nur das Tun, sondern auch das Nicht-Tun und den Widerstand. Als Christ sehe ich meine Aufgabe vor allem im Widerstand, und nicht darin, eine kaputte Welt zu begradigen. Widerstand ist halt oft ein Nicht-Tun und wirkt dann eben wie Untätigkeit, sprich wie Faulheit, was wiederum als Todsünde gilt.
 
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

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#29 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Sa 26. Okt 2019, 11:16

Punch hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:37

Ich weiß es, ehrlich gesagt nicht, ich will da auch nicht weiter provozieren, aber die Würde des Menschen ist mir immer mehr ein politisches Balzritual, das mir nebem dem Wort Gott am meisten missbraucht scheint.
Ja, der Anspruch an dieses große Wort kann nicht erfüllt werden und wird auch nicht erfüllt. Die Erfüllung ist nicht mal politisches Ziel. Balzritual oder Blendwerk. Die Menschenwürde wurde nach der Erfahrung der NS Zeit ist das GG aufgenommen, aber man muss sich nur mal anschauen, wie mit den überlebenden Opfern dieser Zeit umgegangen wurde, dass sie überhaupt mal als solche anerkannt und entschädigt wurden. Die Kriterien zur Anerkennung wurden gezielt so ausformuliert, dass sie eigentlich fast nur noch die betrafen, die schon daran verreckt waren. Es ging nicht darum, die Opfer zu entschädigen, sondern möglichst viele nicht zu entschädigen, es aber so scheinen zu lassen, als hätte man gelernt.
Zuletzt geändert von ProfDrVonUndZu am Sa 26. Okt 2019, 11:17, insgesamt 1-mal geändert.
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

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Andreas
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#30 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Andreas » Sa 26. Okt 2019, 11:17

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 11:10
So weit müssen wir gar nicht gehen.
Du bist so weit in deiner Argumentation gegangen. Du mißt mit zweierlei Maß. Wenn die deutsche Staatsmacht versagt und die Würde des Menschen tatsächlich aus vielerlei Gründen nicht garantieren kann - okay, wir sind nur Menschen. Für Gott gibt es keine Ausreden.

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