Über die Würde des Menschen

Philosophisches zum Nachdenken
Punch
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#41 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Punch » Sa 26. Okt 2019, 15:08

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 11:16
Punch hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 10:37

Ich weiß es, ehrlich gesagt nicht, ich will da auch nicht weiter provozieren, aber die Würde des Menschen ist mir immer mehr ein politisches Balzritual, das mir nebem dem Wort Gott am meisten missbraucht scheint.
Ja, der Anspruch an dieses große Wort kann nicht erfüllt werden und wird auch nicht erfüllt. Die Erfüllung ist nicht mal politisches Ziel. Balzritual oder Blendwerk. Die Menschenwürde wurde nach der Erfahrung der NS Zeit ist das GG aufgenommen, aber man muss sich nur mal anschauen, wie mit den überlebenden Opfern dieser Zeit umgegangen wurde, dass sie überhaupt mal als solche anerkannt und entschädigt wurden. Die Kriterien zur Anerkennung wurden gezielt so ausformuliert, dass sie eigentlich fast nur noch die betrafen, die schon daran verreckt waren. Es ging nicht darum, die Opfer zu entschädigen, sondern möglichst viele nicht zu entschädigen, es aber so scheinen zu lassen, als hätte man gelernt.

Wenn nichts mehr geht, dann berufe ich mich auf den "ontologischen Status", das macht Eindruck und schindet Zeilen.

Hier wird immer wieder versucht, mehr oder weniger unterschwellig  die Würde des Menschen mit dem lieben Gott zu verbandeln, ohne das auf einer komplexen Vernunftbasis wirklich strukturiert zu definieren.

Ich würde sagen, das mit der Würde des Menschen, das ist doch immerhin ein ethisch idealistischer Ansatz, der gewagt ist und geradezu nach einem Veto schreit, aber gegangen werden muss, gerade in einer Zeit der großen Götterdämmerung und der allgemeinen Religionsflucht. 

Wer fühlt sich also zuständig für Erklärungsmuster im Hinblick auf die Religionen, hier speziell der Monotheismus und die Würde des Menschen, in der analysierenden Umsetzung in Raum und Zeit seit dem Jahre 0.
Und wer es auch noch ohne den üblichen fundamentalistisch religiösen Dualismus bewältigt, der hat meine neidlose Bewunderung.

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1Johannes4
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#42 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von 1Johannes4 » Sa 26. Okt 2019, 15:20

Hallo Andreas,
 
Andreas hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 14:30
Weil du § 1 des GG nicht mal wortwörtlich im Kopf zu haben scheinst. Nix "Menschenwürde" nix "entzogen" nix "entäußert" nix "unveräußerlich"

stattdessen

"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
Echt jetzt? Für Dich gibt es einen Unterschied zwischen „Würde des Menschen“ und „Menschenwürde“? Du widersprichst doch nur zwanghaft.

Artikel 1 GG geht übrigens noch weiter mit Absatz 2:
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Dieses „darum“ bezieht sich offensichtlich auf die in Absatz 1 proklamierte Menschenwürde (Würde des Menschen).

Grüße,
Daniel.
Da der hiesige Admin willkürlich meine Beiträge löscht, lohnt es sich nicht hier noch mitzulesen bzw. sich mit Kommentaren einzubringen. Wünsche Euch alles Gute.

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#43 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Sa 26. Okt 2019, 17:49

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 13:41
Mein Gott, du begreifst es wirklich nicht. Das ist hier völlig irrelevant! Du scheinst auch nicht den Unterschied zwischen Legeslative und Exekutive zu kennen ...
Der Unterschied ist nicht philosophischer Natur, sondern dient reinen Kontrollzwecken. Verschiedene Instanzen sollen sich gegenseitig überwachen. Ob, und wie gut das funktioniert, ist eine andere Frage.


Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 13:41
... und die Achtung der Menschenwürde, die per Definition und Begründung ALLEN Menschen zukommen muss, ist also übergriffig und imperialistisch? !!!
Als bloße und allgemeine Idee natürlich nicht. Es geht hier aber nicht um die bloße Idee, sondern um konkrete Aufgaben.

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 13:41
[...]
Ach, wie herrlich!
Auf der Suche nach Aussagen, die mein Lieblingsphilosph Markus Gabriel vielleicht irgendwann über das GG gemacht hat und der Eingabe der Suchwörter "markus gabriel grundgesetz" erscheint prompt das, was ich oben fast exakt zu erklären versuche.

Vielleicht glaubst du - und diejenigen, die irrigerweise denken, man könne mit Gott oder der Religion die allgemein gültige Menschenwürde begründen - ja dem ...

Eigentlich mag ich deinen Lieblingsphilosophen. Ich habe schon desöfteren gute Anregungen vom ihm mit genommen, aber hier ist er doch viel zu theoretisch und idealisierend.

 
Zuletzt geändert von ProfDrVonUndZu am Sa 26. Okt 2019, 17:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Thaddaeus
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#44 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von Thaddaeus » Sa 26. Okt 2019, 17:52

abc hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 14:14
Markus Gabriel würde hier vermutlich von zwei Sinn- bzw. Bedeutungsfeldern sprechen:

(1) Geltungsbereich des GG
(2) Die Würde des Menschen
Ähm, nein.
Der Gegenstandsbereich von "Würde des Menschen" und "Geltungsbereich des GG" sind identisch. Es handelt sich um die Sinnfelder Jurisprudenz, Philosophie, Gesetze, Gesetzgebung usw. Der Geltungebereich eines Gesetzes, auch der geographische, gehört wesentlich zu seiner Bestimmung. Anders als andere Gesetze ist die Würde des Menschen nicht auf die Bundesrepublik Deutschland begrenzt.

Es ist örtlich überhaupt nicht begrenzt, sondern bezieht sich auf alle Menschen, egal, wo sie sich befinden. Gäbe es zufällig Menschen auf einen Planten bei Alpha Zentauri, bezöge sich Artikel 1 des GG auch auf sie. Es bezieht sich aber nicht auf nicht-menschliche Wesen, also z.B. alle Tiere. Die mögen auch eine Würde haben, die ist dann aber eine andere und sie muss anders begründet werden muss.

abc hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 14:14
Laut Gabriel fangen die Probleme dort an, wo besagte Felder durcheinander gebracht werden.
Ja, das ist richtig. Aber er meint damit etwas anderes. Eine solche Verwechslung von Sinnfeldern und ihren Gegenstandsbereichen läge vor, wenn man auf die Idee käme, die Würde des Menschen mit dem Skalpell zwischen Hypophyse und Hypothalamus zu suchen.

Zur Erklärung hier noch einmal das Video aus der WDR-Medathek, das ich jetzt doch noch auf Youtube gefunden habe:

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Leider gibt es auf Youtube nur stehendes Bild. Darum HIER der Redebeitrag Gabriels aus der WDR-Mediathek.

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#45 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Sa 26. Okt 2019, 18:25

Andreas hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 13:11
Wenn die Herleitung der Würde des Menschen fälschlicherweise auf den Menschen zurückgeht, obwohl sie deiner Meinung auf Gott zurückgehen sollte, dann muss Gott sie auch mit den verfügbaren Mitteln durchsetzen.
Ich versuche eine auf Gott zurückgehende Würde des Menschen anhand der Bibel zu ermitteln. Ich habe nicht gesagt, dass diese dann in das GG gehört. Ich habe lediglich den Würdebegriffe des GG kritisiert, wenn er denn trotz Gottesbezug in der Präambel dennoch ohne Gott auskommen will und soll.

Natürlich kann man eine Würde des Menschen rein auf den Menschen zurück führen. Das sehe ich als gegenseitige Wertschätzung, die allein im Menschsein begründet ist. Das entspricht dann auch der Goldenen Regel Jesu. Wenn ich das aber jetzt in ein Gesetz gieße, dann muss darüber eine Instanz wachen, die übermenschlich ist. Ob das jetzt Gott oder Staat ist, ist völlig egal. Es kommt hier lediglich auf die gegenseitigen Erwartungen an. Das GG stellt die Erwartung des Schutzes der Menschenwürde aber nicht an jeden einzelnen Menschen, sondern an die staatliche Gewalt. Alle Gewalt geht vom Volke aus. Das Volk ist aber kein einzelner Mensch, sondern ein Kollektiv, das als solches übermenschlich ist.

Ein Gesetz ist keine Empfehlung. Es ist ohne die ausführende Gewalt nicht zu denken. Deswegen darf man hier auch nicht die Gewaltenteilung im philosophischen Sinne mit ins Spiel bringen, so wenig, wie man den einzelnen persönlichen Menschen als zuständigen Beamten dafür heran ziehen darf. Die Gewalt geht vom Kollektiv aus.
Andreas hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 13:11
Deinem Argument nach müsste Gott als der für alles Verantwortliche primär wirken. Tut er aber offensichtlich noch weniger als die deutsche Staatsmacht - sofern du mit gleichem Maß messen würdest. Tust du aber nicht.
Wer sich ein Gesetz gibt, der muss sich selber daran messen lassen.

Welches Gesetz gilt für Gott ?

Der Mensch hat vor Gott eine Würde. Jeder Mensch müsste das für sich selber erkennen und dann auf sich selber auch anwenden. Das hat mit dem Begriff der Würde im GG nichts zu tun. Hier gilt der Würdebegriff als Maßstab für das Handeln der staatlichen Gewalt. An die Stelle der staatlichen Gewalt kann man nicht jemanden setzen, der diesem GG nicht verfügbar ist. Der biblische Gott passt da nicht hin. Da passen praktischerweise nur Menschen des deutschen Volkes (GG Art. 20) hinein.
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abc
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#46 Re: Über die Würde des Menschen

Beitrag von abc » So 27. Okt 2019, 09:51

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 17:52
abc hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 14:14
Markus Gabriel würde hier vermutlich von zwei Sinn- bzw. Bedeutungsfeldern sprechen:

(1) Geltungsbereich des GG
(2) Die Würde des Menschen
Ähm, nein.
Ich denke doch, gute Thaddaeus!

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 17:52
Der Gegenstandsbereich von "Würde des Menschen" und "Geltungsbereich des GG" sind identisch.
Da irrst du dich - meiner Ansicht nach.

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 17:52
Anders als andere Gesetze ist die Würde des Menschen nicht auf die Bundesrepublik Deutschland begrenzt.
Du vertauscht hier zwei Bedeutungsfelder!

Die Würde des Menschen (an/für sich) bezieht sich - na klar - auf alle Menschen, nicht nur auf eine Nation. Was heißt das? Im Geltungsbereich der Dt. Verfassung gilt besagtes Grundgesetz für jeden Menschen, egal welcher Nation, ob Araber oder Zyprer! Aber bereits in Holland, Frankreich, Italien ... gelten andere Gesetze als die der (sogenannten) Dt. 'Verfassung'! Du verwechselst hier zwei Bedeutungsfelder! Vielleicht wegen der Schnittmenge?

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 17:52
Es ist örtlich überhaupt nicht begrenzt, sondern bezieht sich auf alle Menschen, egal, wo sie sich befinden. Gäbe es zufällig Menschen auf einen Planten bei Alpha Zentauri, bezöge sich Artikel 1 des GG auch auf sie.
Na klar, die Würde des Menschen wird als universelles Menschen-Recht aufgefasst, daher würde ein Mensch von Alpha Zentauri im Geltungsbereich der Dt Verfassung nicht nur wie ein echter Teutscher angesehen, sondern wäre auch einer minderwertigen "Arabischen Zypresse" gleichgestellt (kleiner Scherz). Du verstehst den Unterschied (und Gag) hoffentlich, denn wo ein Wille ist ...

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Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 17:52
abc hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 14:14
Laut Gabriel fangen die Probleme dort an, wo besagte Felder durcheinander gebracht werden.
Ja, das ist richtig. Aber er meint damit etwas anderes. Eine solche Verwechslung von Sinnfeldern und ihren Gegenstandsbereichen läge vor, wenn man auf die Idee käme, die Würde des Menschen mit dem Skalpell zwischen Hypophyse und Hypothalamus zu suchen.
Nicht nur! Siehe unseren Fall, bzw. deine Vermischung zweier Bedeutungsfelder!

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 26. Okt 2019, 17:52
Zur Erklärung hier noch einmal das Video aus der WDR-Medathek, das ich jetzt doch noch auf Youtube gefunden habe:
Danke, wir sollten seinen Vortrag gemeinsam besprechen, denke ich. Am besten im Nebenthread (Philosophie nach Markus Gabriel). Ich werde es dort einstellen!

Gruß
abc

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