Die Illusion der Matrix

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#51 Re: Die Illusion der Matrix

Beitrag von Pluto » Do 26. Sep 2013, 22:13

Thaddäus hat geschrieben:Das ist ja in moderner Aufmachung die uralte erkenntnistheoretische Frage, ob wir in einer Illsuion leben oder ob unsere Welt mehr ist, als unsere eine Einbildung?
Ja. Platons Höhlengleichnis lässt grüssen...

Im Film Matrix, fragt die Figur Mouse übrigens an einer Stelle, woher die Matrix eigentlich weiß, wie Hühnchen schmeckt?
Das ist eine sehr gute und kluge Frage!
Sie verweist auf das Qualia-Problem, dass hier in diesem Forum an anderer Stelle diskutiert wird ...
Stimmt. :mrgreen:
Ich weiss nur wie für mich Hähnchen schmeckt, aber den Geschmack anderer kann ich nicht nachempfinden.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Lamarck
Beiträge: 719
Registriert: Di 14. Mai 2013, 18:38
Wohnort: Frankfurt am Main

#52 Re: Matrix

Beitrag von Lamarck » Fr 27. Sep 2013, 01:54

Hi barbara!

barbara hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Eigentlich denkt der Mensch nicht nur mit dem Gehirn, auch nicht nur mit dem ganzen Körper, sondern mit dem ganzen Universum - aber das Gehirn ist da das wesentliche Aggregat ... . ;)
nein, es ist eine conditio sine qua non unter vielen.

Oha, und dann noch eine unter vielen ... .

Versuch es lieber mal über das Kontrafaktische Konditional, dies ist erhellender. Ich bediene mich dessen wie folgt:




barbara hat geschrieben: Nimm einem Menschen seine Nieren weg oder seine Lungen und guck dann, wie viel Denken, Fühlen oder Handeln dann noch statt findet... genau: gar keins. Oder: verbiete einem Menschen, sich zu bewegen: das Denken wird dadurch bei vielen blockiert (ein Experiment, das ich hin und wieder mit meinen Schülern zu Demonstrationszwecken veranstalte)

Nimm einem Menschen sein Herz weg "und guck dann, wie viel" Puls dann noch stattfindet. Es ist kein Problem, per Meditation Blutdruck und Herzfrequenz zu senken (das solltest Du aber nicht zu Demonstrationszwecken mit Deinen Schülern veranstalten) .... . ;)

Wenn einem Menschen ein lebensnotwendiger Bestandteil - etwa die Lunge - weggenommen wird, kann er natürlich nicht mehr leben. Damit ist allerdings noch nicht abschließend gesagt, dass das Vorhandensein einer Lunge eine Voraussetzung für die Fähigkeit des Denkens ist. Also:

Wenn Lunge aus, dann Denken aus.

Ein "Wenn Denken aus, dann Lunge aus" ist damit nicht gegeben, auch nicht ein" Wenn Denken ein, dann Lunge ein" oder gar ein "Wenn Lunge ein, dann Denken ein."

Hierbei handelt es sich überdies nur um Qualitäten, nicht aber um Quantitäten.




barbara hat geschrieben: Die Tendenz, einzelne Organe so isoliert zu betrachten, als schwämmen sie in einem Tank mit Nährlösung, ist bei näherer Betrachtung reichlich problembeladen bis sinnlos.

In der Systemtheorie existiert neben dem White-Box- auch der Black-Box-Ansatz; damit gelingt es, Binnensysteme entsprechend zu untersuchen. Und selbstverständlich lassen sich somit auch Organe so isoliert "betrachten, als schwämmen sie in einem Tank mit Nährlösung". Wäre dem nicht so, müsste die Medizin auf Transplantationen verzichten; von Implantaten oder von der Blutspende ganz zu schweigen.

Die Transplantation eines Gehirns oder eines Kopfes sollte auch beim Menschen prinzipiell möglich sein. Eine interessante Frage ist aber dann, was mit dem Ich passiert. Nach meiner Vermutung ist das Ich ein informeller Zustand, der über seine Voraussetzungen konstruiert und seiner Umwelt geprägt wird; es verändert sich im Laufe seiner Lebenszeit. Will heißen: Das Ich bildet seine eigene Matrix, es ist sein eigenes Universum. Und deshalb:




Lamarck hat geschrieben: Eigentlich denkt der Mensch nicht nur mit dem Gehirn, auch nicht nur mit dem ganzen Körper, sondern mit dem ganzen Universum - aber das Gehirn ist da das wesentliche Aggregat ... . ;)




Cheers,

Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)

barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#53 Re: Matrix

Beitrag von barbara » Fr 27. Sep 2013, 07:00

Thaddäus hat geschrieben: Sorry, kürzer ging es leider nicht.

ja das ist mir alles völlig klar.

Zum Thema "Gedanken lesen": jeder Autofahrer ist in der Lage, das, was andere Verkehrsteilnehmer beabsichtgen (also was sie denken), ziemlich gut zu beurteuilen, und das rein anhand der Bewegungen eines Autos, das ja nur über minimale "Mimik" verfügt. Menschen beurteilen, was andere Menschen denken und fühlen, wenn sie ihnen ins Gesicht schauen, die Haltung betrachten, die nonverbalen Signale interpretieren.

Das wär in einer Matrix genau dasselbe, da ja die Mimik aus Fleisch durch deren elektronisches Surrogat ersetzt werden müsste. Und der Agent Smith, wenn der ein bisschen gut programmiert ist, kann das genauso lesen wie alle andern auch.

grüsse, barbara

barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#54 Re: Die Illusion der Matrix

Beitrag von barbara » Fr 27. Sep 2013, 07:01

Pluto hat geschrieben:Um die Sinne und Bewegungen aller7 Milliarden Menschen auf der Erde in Echtzeit zu simulieren, würden aber solche Computer mehr als das gesamte Universum füllen. -- Von der Begrenzung der Datenübertragung durch die Lichtgeschwindigkeit ganz zu schweigen.

Da sehen wir mal wieder, wie primitiv und grob unsere menschengemachte Technik ist im Vergleich zu dem, was die Natur leistet.

grüsse, barbara

barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#55 Re: Matrix

Beitrag von barbara » Fr 27. Sep 2013, 07:06

Lamarck hat geschrieben: Wenn einem Menschen ein lebensnotwendiger Bestandteil - etwa die Lunge - weggenommen wird, kann er natürlich nicht mehr leben. Damit ist allerdings noch nicht abschließend gesagt, dass das Vorhandensein einer Lunge eine Voraussetzung für die Fähigkeit des Denkens ist.

Denken Tote? nein, tun sie nicht. Leben ist sehr wohl eine Voraussetzung fürs Denken, wozu gehört, dass alle Organe, die für das Leben notwendig sind, ausreichend gut funktioneren.


Ein "Wenn Denken aus, dann Lunge aus" ist damit nicht gegeben, auch nicht ein" Wenn Denken ein, dann Lunge ein" oder gar ein "Wenn Lunge ein, dann Denken ein."

nein, natürlich nicht. Aber das ist grad nicht das Thema hier.


Und selbstverständlich lassen sich somit auch Organe so isoliert "betrachten, als schwämmen sie in einem Tank mit Nährlösung". Wäre dem nicht so, müsste die Medizin auf Transplantationen verzichten; von Implantaten oder von der Blutspende ganz zu schweigen.

Was auch jede Menge Probleme mit sich bringt, angefangen bei lebenslanger Immunsuppression bei Betroffenen bis hin zum Organhandel in der dritten Welt. Weil halt nie die Lunge oder Niere, die in einem andern Menschen gewachsen ist, mir so gut und selbstverständlich dienen kann wie meine eigenen Organe.

Die Transplantation eines Gehirns oder eines Kopfes sollte auch beim Menschen prinzipiell möglich sein.

Mit dem vermutlichen Resultat, dass der Patient nach erfolgreicher Operation wahnsinnig wird.

Alles Nervengewebe ist schwierig bis unmöglich zu transplantieren; gilt heute zB auch für Darm, der ja auch sehr viele Nerven besitzt.

grüsse, barbara

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#56 Re: Matrix

Beitrag von Pluto » Fr 27. Sep 2013, 10:30

barbara hat geschrieben:Leben ist sehr wohl eine Voraussetzung fürs Denken, wozu gehört, dass alle Organe, die für das Leben notwendig sind, ausreichend gut funktioneren.
Da Organtransplantationen möglich sind, sollte dies auch mit dem Gehinrn prinzipiell funktionieren. Und Organe kann man durch Zufuhr der notwendigen Nährstoffen und die Entsorgung von Abfallprodukten sehr lange am Leben erhalten.

Es ist ein Gedankenexperiment, mehr nicht.
Das erfordert aber, dass du dich von den praktischen Problemen löst, und dich mit den interessanten philosophischen Fragen befasst, die ein solches "Gehirn im Tank" aufwirft.

Was auch jede Menge Probleme mit sich bringt, angefangen bei lebenslanger Immunsuppression...
Nochmals... es handelt sich um ein Gedankenexperiment.

Alles Nervengewebe ist schwierig bis unmöglich zu transplantieren; gilt heute zB auch für Darm, der ja auch sehr viele Nerven besitzt.
Nochmals...
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Lamarck
Beiträge: 719
Registriert: Di 14. Mai 2013, 18:38
Wohnort: Frankfurt am Main

#57 Re: Matrix

Beitrag von Lamarck » Fr 27. Sep 2013, 12:55

Hi barbara!

barbara hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Wenn einem Menschen ein lebensnotwendiger Bestandteil - etwa die Lunge - weggenommen wird, kann er natürlich nicht mehr leben. Damit ist allerdings noch nicht abschließend gesagt, dass das Vorhandensein einer Lunge eine Voraussetzung für die Fähigkeit des Denkens ist.
Denken Tote? nein, tun sie nicht. Leben ist sehr wohl eine Voraussetzung fürs Denken, wozu gehört, dass alle Organe, die für das Leben notwendig sind, ausreichend gut funktioneren.

'Denken' bildet eine andere Kategorie als Lunge oder Gehirn. Deshalb lässt sich bei letzterem auch von Organen (= Ding) sprechen, bei ersterem jedoch nicht (= (funktionale) Eigenschaft eines Dings). 'Leben' ist ebenfalls eine (funktionale) Eigenschaft eines Dings, nämlich eines Organismus. Zwischen 'Leben' und 'Organismus' besteht also nur deshalb kein logischer Zirkel, weil der 'Organismus' neben 'Leben' eben auch mit der Eigenschaft 'Tod' belegt werden kann.

Wenn der Mensch in Maschinenanalogie aufgefasst wird als 'seelenloser', über-komplexer, selbstreproduzierender Roboter, dann ist hier 'Leben' allerdings ein Spezialfall von 'Tod' und die übliche metaphysische Verbrämung hinfällig (Das klingt seltsam, nicht?).




barbara hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Ein "Wenn Denken aus, dann Lunge aus" ist damit nicht gegeben, auch nicht ein" Wenn Denken ein, dann Lunge ein" oder gar ein "Wenn Lunge ein, dann Denken ein."
nein, natürlich nicht. Aber das ist grad nicht das Thema hier.

Doch, das ist hier sehr wohl Thema. Es geht hier um Relationen. Und die sind zwischen Lunge und Gehirn asymmetrisch. Im funktionalen Sinne denkt die Lunge nicht und das Gehirn atmet nicht (Aber natürlich verfügt auch das Gehirn über einen Metabolismus und die Atemtätigkeit lässt sich willentlich beeinflussen). Die organischen Aggregate zeigen sich systemisch also über operationale Geschlossenheit aus - nichts anderes macht den Funktionsbegriff aus, anhand dessen sich Konstruktionen erst unterscheiden lassen.

Es ist zum Beispiel sinnvoll zu sagen, der Mensch sieht durch das Auge; ganz anders stellt sich dies dar, wenn gefragt wird, was genau nun sieht. So erscheint es insbesondere bei diesem Beispiel für befremdlich, wenn hierzu gesagt wird, nicht das Auge ist das, was sieht, sondern das Gehirn. Es besteht hier aber eine operationale Kette:

Sichtbares (Umwelt) → Auge (Organ) → Gehirn (Organ) → Rezeption (Geist)


Hier ist ein gewisser Fluss auszumachen, die Kette funktioniert nicht, falls das jeweils Vorgeschaltete ausfällt. Und natürlich gilt auch hier: Sichtbar ist nur das, was auch rezeptioniert wird und rezeptioniert wird, was sichtbar ist. Eben operationale Geschlossenheit. Dies bildet nur deshalb keinen circulus vitiosus, weil es hier darauf ankommt, dass in diesem Kreis eine bestimmte Richtung der operationalen Vorgänge erzwungen wird. Es liegt also ein circulus virtuosus vor,




barbara hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Und selbstverständlich lassen sich somit auch Organe so isoliert "betrachten, als schwämmen sie in einem Tank mit Nährlösung". Wäre dem nicht so, müsste die Medizin auf Transplantationen verzichten; von Implantaten oder von der Blutspende ganz zu schweigen.
Was auch jede Menge Probleme mit sich bringt, angefangen bei lebenslanger Immunsuppression bei Betroffenen bis hin zum Organhandel in der dritten Welt. Weil halt nie die Lunge oder Niere, die in einem andern Menschen gewachsen ist, mir so gut und selbstverständlich dienen kann wie meine eigenen Organe.

Eigentlich sind die transplantierten Organe sogar besser als jenes, was vorhanden ist. Es bestände sonst kein entsprechendes Motiv zur Transplantation. Ein gebrauchter Austauschmotor mit einer Laufleistung von 200.000 km ist wohl besser, als gar keiner.




barbara hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Die Transplantation eines Gehirns oder eines Kopfes sollte auch beim Menschen prinzipiell möglich sein.
Mit dem vermutlichen Resultat, dass der Patient nach erfolgreicher Operation wahnsinnig wird.

Das ist nicht gesagt, die 'Phantomschmerzen' kommen ja mit. Aber etwa ein gebrauchtes Gehirn eines Mannes im Körper einer Frau und damit unter dem entsprechenden höheren Einfluss von Östrogen ist ja heute schon annähernd Realität.




barbara hat geschrieben: Alles Nervengewebe ist schwierig bis unmöglich zu transplantieren; gilt heute zB auch für Darm, der ja auch sehr viele Nerven besitzt.

Gewiss. Aber warum sagst Du das? ;)




Cheers,

Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)

Benutzeravatar
Thaddäus
Beiträge: 1231
Registriert: Sa 14. Sep 2013, 18:47

#58 Re: Matrix

Beitrag von Thaddäus » Fr 27. Sep 2013, 20:28

barbara hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
Die Transplantation eines Gehirns oder eines Kopfes sollte auch beim Menschen prinzipiell möglich sein.

Mit dem vermutlichen Resultat, dass der Patient nach erfolgreicher Operation wahnsinnig wird.
Das ist übrigens ein total spannender und auch gruseliger Punkt :)

Das Matrix- bzw. "brain in a vat"-Szenario Putnams ist eine sehr gute technische Ausgangsidee für weitere spannende Filmgeschichten für die Gattung Science-Fiction-Thriller (die aber natürlich eine andere Geschichte erzählen müssen, als in Matrix).

Für zukünftige Filmstories, die diese technische Idee aufgreifen, spielen die Details des Versuchsaufbaus eine große Rolle und die grundsätzliche Frage, was geschieht mit einem Menschen, dessen Hirn herausoperiert und an einen Super-Computer angeschlossen wird, der dem Gehirn (s)eine Wirklichkeit vollständig simuliert (und als Variation: Was ist mit einem Gehirn, das immer schon im Tank war?)?

Es existieren bereits einige Treatments hierzu (ob sie je zu einem Drehbuch ausgearbeitet werden, das verfilmt wird, ist im Augenblick allerdings offen).

Wichtige Fragen dabei sind:

1. Kann ein Gehirn seine Entnahme aus dem Körper überhaupt überleben?

Ja, - wenn es in eine Nährlösung gesteckt wird, es ausreichend mit Blut (Sauerstoff und Nährstoffen) versorgt wird, alle seine Nerven an einen Computersimulator angeschlossen werden (so dass es Wahrnehmungen seiner gewohnten Welt haben kann, nachdem das Gehirn z.B. aus einer Betäubung erwacht) und es also eigentlich keine Veränderung seiner Umwelt und seines Körpergefühls bemerkt. Es ist nur wichtig, ob das Gehirn außerhalb des Körpers am Leben erhalten werden kann.
In einem dieser Plots findet ein Journalist (der nach einem verschwundenen Freund sucht) auf dem Gelände einer multinationalen Pharmafirma tote Affentorsi, die alle keine Köpfe mehr haben. Er kann sich das nicht erklären. Tatsächlich experimentiert diese Firma damit, abgetrennte Affenköpfe am Leben zu erhalten, um schließlich einen Weg zu finden, menschliche Hirne in Tanks am Leben zu erhalten.

Warum? Diese Firma will totkranken und sehr reichen Menschen ein Leben in einer Matrix nach ihrem Tod ermöglichen, also nach dem Tod ihres z.B. krebsverseuchten Körpers (solange kein Hirntumor vorliegt, ist das Gehirn ja nicht betroffen). Die Firma verspricht ihren todgeweihten Klienten ein quasi ewiges Weiterleben in einer paradiesischen Matrix (Wann stirbt ein Gehirn ohne Körper eines natürlichen Todes?). Weil das aber natürlich nicht so einfach zu realisieren ist, experimentiert diese Firma zunächst mit Affen.

In den USA und in Russland wurden in den 60er Jahren übrigens tatsächlich Experimente mit abgetrennten Hunde und Affenköpfen gemacht. Ein Affenkopf wurde mehrere Stunden am Leben erhalten und seine Augen folgten dem Finger eines Mediziners. Ziemlich gruselig ...


2. Wie kann ein Gehirn das Fehlen seines Körpers und aller seiner Organe verkraften?

Wegen des Effekts des Phantomschmerzes.
Nimmt man jemanden sein Bein ab, fühlt er dieses Bein oft noch eine zeitlang oder hat sogar Schmerzen darin, obwohl es nicht mehr da ist.
Offenbar akzeptiert das Gehirn es oftmals nicht, wenn ein wichtiges Körperteil plötzlich fehlt und es tut eine zeitlang so, als wäre es noch da. Der Schock der Amputation ist dann offenbar so groß, dass das Gehirn die Realität der Amputation nicht akzeptiert und einfach so tut, als wäre alles so wie immer.
Die Pharmafirma im Plot stößt auf diesen Effekt und macht ihn sich zu Nutze.
Ein Gehirn akzeptiert es nicht, dass es keinen Körper mehr hat und tut so, als ob er noch da wäre. Da das Gehirn am Leben erhalten wird und ihm eine rege Sinnestätigkeit simuliert wird, gibt es keinen Schock über das Fehlen des Körpers.


3. Was geschieht, wenn der Supercomputer ausfällt und dem Gehirn keinerlei Sinnesdaten mehr in die Nerven übertragen werden?

Dann wird es verrückt.
Denn das bedeutet, dass das Gehirn plötzlich keinerlei Sinnesdaten mehr empfängt. Es ist blind, taub, es hat keinerlei haptische Sinnesempfindungen mehr, es schmeckt nichts, es riecht nichts und es hat nicht einmal mehr Körperempfinden.
Dieses Gehirn wäre von einem Augenblick zum Anderen in absoluter Leere und empfindungsfrei. Es gäbe nur noch sein Denken, ein völliges Zurückgeworfensein auf sich selbst in absoluter Dunkelheit, ohne irgend einen Ton, ohne das Gefühl, wenigstens auf etwas zu sitzen oder zu liegen, ohne Körpergefühl in den Gliedern: es gibt nichts mehr, absolut nichts. Das ist weitaus schlimmer als jede Isolationshaft ...
In einem der Plots geschieht als Unfall genau das ... und das Gehirn wird innerhalb weniger Minuten erst wahnsinnig und stirbt dann.
Weil kein Mensch und sein Gehirn, so eine völlig empfindungslose Leere längere Zeit ertragen kann.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Fr 27. Sep 2013, 21:29, insgesamt 2-mal geändert.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#59 Re: Die Illusion der Matrix

Beitrag von Pluto » Sa 28. Sep 2013, 00:03

Thema abgetrennt: Körperlose Seele?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#60 Re: Matrix

Beitrag von barbara » So 29. Sep 2013, 11:35

Pluto hat geschrieben: Es ist ein Gedankenexperiment, mehr nicht.
Das erfordert aber, dass du dich von den praktischen Problemen löst, und dich mit den interessanten philosophischen Fragen befasst, die ein solches "Gehirn im Tank" aufwirft.

Gedankenexperimente sind allerdings nicht sehr aussagekräftig, wenn sie zu sehr abstrahieren.

Tatsache ist doch, dass der "Tank", in dem ein Gehirn heute lebt, sich schlicht "Körper" nennt. Wenn man das alles in eine Situation künstlich hergestellter Technik steckt, und fähig wäre, allen Input genau so zu liefern, wie ihn der Körper liefern kann - also jeder Nerv richtig verdrahtet wird, die Blut- und Flüssigkeitszirkulation im Gehirn gleich wäre wie im Körper, etc - wär für das Bewusstsein, das diese Einrichtung belebt, kein Unterschied fühlbar.

grüsse, barbara

Antworten