Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#31 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von closs » Di 14. Mai 2013, 01:25

Magdalena61 hat geschrieben:Was andere machen.... das liegt nicht in meiner oder in deiner Verantwortung
Ja - aber zur Kommunikation gehören zwei. - In der Regel ist es so, dass man auf kontaminierte Verständnisse stößt, die schwer aufzubrechen sind. - Sprachkrise pur.

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Magdalena61
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#32 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von Magdalena61 » Di 14. Mai 2013, 02:02

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Was andere machen.... das liegt nicht in meiner oder in deiner Verantwortung
Ja - aber zur Kommunikation gehören zwei. - In der Regel ist es so, dass man auf kontaminierte Verständnisse stößt, die schwer aufzubrechen sind. - Sprachkrise pur.
Und du meinst, dein Verständnis von "Wahrheit" sei nicht kontaminiert? :)

Wenn jemand nachvollziehbar begründen kann, wie er zu seinen Erkenntnissen gekommen ist, dann kann man sein "Weltbild" nur nach Denkfehlern absuchen oder nach Fehlern im Fundament seines Denkgebäudes. Letzere sind aber, was die Bibel betrifft, nicht immer eindeutig auszumachen, da theologische Lehren in der Regel auf Auslegung basieren.

Eine fruchtbare Kommunikation ist dann möglich, wenn ich meine eigene "Wahrheit" nicht absolut setze (und mich damit über die Erkenntnis meiner Gesprächspartner erhebe), sondern realistisch miteinkalkuliere, in einigen Punkten noch Lernbedarf zu haben oder sogar zu irren.
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Tara
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#33 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von Tara » Di 14. Mai 2013, 07:08

@Magdalena deine Antwort unterschreibe ich :thumbup:
Der 8te Himmel gehört den Atheisten die der Überzeugung sind, dass die Realität zwar hart sein kann, aber umso wertvoller ist als alle schöne und sanfte Märchen zusammen.

closs
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#34 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von closs » Di 14. Mai 2013, 09:48

Magdalena61 hat geschrieben:Und du meinst, dein Verständnis von "Wahrheit" sei nicht kontaminiert?
Grundsätzlich gibt es nie eine 100%ige Übereinstimmung von Realität und Wahrnehmung - weder im Geistigen noch im Naturwissenschaftlichen. - Insofern kann keiner selber entscheiden, ob seine Wahrnehmung kontaminiert ist oder nicht. Andere können es letztlich auch nicht, weil sie ja auch nur Wahrnehmende sind.

Allerdings gibt es vor dem Hintergrund dieser Feststellung eine große Gefahr: Der Relativismus. - Denn jetzt kann ich den größten Blödsinn in die Welt setzen, weil eh alles kontaminierbar ist. - Dies hat zur sogenannten "Meinungsgesellschaft" geführt. - Die Folge daraus ist nun, dass es eine Zweiteilung gibt: Die nach wissenschaftlichen Standards verifizierbare Wahrheit und eine persönliche Wahrheit - erstere präsentiert man schwarz auf weiß, für die andere "entscheidet" man sich. :devil:

Der Irrtum an dieser Sache ist: Auch system-immanente Wahrheit der Naturwissenschaft ist eine subjektive Meinung, weil streng genommen auch das Ablesen einer Messreihe "Wahrnehmung" ist. - Zwar ist das alles für den Daseins-Hausgebrauch objektiv, aber ontologisch (also in Bezug auf das Sein an sich) immer noch subjektiv. - Der weitere Irrtum: Man kann sich nicht für Wahrheit "entscheiden" - ich kann mich beispielsweise nicht dafür "entscheiden", dass Magdalena 2,15 m groß ist und 12 Arme hat - solange ich Dich nicht besuche, kann ich diese Meinung aufrecht erhalten. - Genauswenig wie ich mich dafür "entscheiden" kann, dass Jesus Gott "ist". - So etwas "entscheidet" man nicht, sondern man setzt es ( das ist ein Unterschied) - man geht also dogmatisch vor - ob Wissenschaft oder Christ.

Was man dagegen tun kann, ist: "Ich entscheide mich für die naturwissenschaftliche Methode als einziges System zur Annäherung an die Wahrheit" - das machen hier auf dem Forum viele. - Damit wählen sie einen anspruchsvollen Weg, der sich allerdings mit dem Attribut "als einziges System" beschränkt - das wäre zum Beispiel keine Meinungs-Aussage, sondern eine logische Aussage. - Man kann auch sagen: "Ich entscheide mich, dass ich in Jesus die Wahrheit suche" - damit geht man auch seinen spezifischen Weg. - Das muss man auch, weil es so viele Wege gibt, dass man selber gar nicht alle gehen kann - insofern alles richtig.

Falsch ist, wenn man eigene (beschränkte!) Wege als einzige verbindliche Wege darstellt - das tun gelegentlich sowohl Naturalisten als auch Christen. - Es ist auch DANN falsch, selbst wenn es sich am Ende herausstellen sollte, dass es nur einen einzigen verbindlichen Weg gibt. - Denn WAS es am Ende gibt, ist wiederum Sache der Realität und nicht der Wahrnehmung.

Jetzt stehen wir also vor der Frage: "Wie kann ich anspruchsvoll wahrnehmen, ohne mich in die Beliebigkeit von Meinungs- Willkürlichkeiten oder in die Albernheit von Wahrheits-Entscheidungen zu verlaufen?". - Dazu gibt es imo drei Antworten:

1. Der Naturalismus, weil er in sich nachweisbar ist, aber halt beschränkt.

2. Die Liebe also höchste Form der Wahrnehmung. - Das ist zwar auch eine Behauptung, die man allerdings mit Mitteln von 3 sehr gut begründen kann. - Menschen der Kategorie 2 brauchen keine Weltbild-Diskussionen.

3. Vernetztes logisches, dialektisches, hermeneutisches, ontologisches Denken, das selbst NICHT das Ergebnis seines Nachdenkens von vorneherein kennt. - Die Frage lautet also beispielsweise NICHT: "Warum ist Jesus die Wahrheit?" (das machen Entscheidungs-Menschen - "Warum ist Magdalena ein Nachkomme der Königin von Saba?" - ich hab's einfach "entschieden", das es so ist). - Sondern die Frage lautet: "Ist Jesus die Wahrheit?".

Meine Frage vor 10 Jahren war: "Wer oder was IST Wahrheit (falls es eine gibt)". - Ich bin tatsächlich bei Jesus angekommen, ohne ein Wort aus der Bibel gelesen zu haben. - Warum, wäre eine ziemlich anspruchsvolle geistige Geschichte.

Und damit wären wir beim Stichwort "Anspruch". - Ich stelle generell fest, dass es gelegentlich nicht um anspruchsvolle Tiefe geht, sondern um "Meinungs-Austausch" - das ist mir zu wenig. - Dabei sind die Naturalisten nicht das Problem, weil sie sich ja auf daseins-intern nachweisbare Dinge (wissenschaftliche Methodik) beschränken. - Das Problem sind diejenigen (also u.a. Christen), die (wie ich monatelang erleben "durfte") inzucht-mäßig anhand der Bibel die Wahrheit erklären wollen, OHNE (!) sich Fragen zu stellen, die beantwortet sein müssten, BEVOR man überhaupt die Bibel aufschlägt. - Das heisst (zurückkommend auf Deine Frage): Das Verständnis von Wahrheit ist von vorneherein kontaminiert, weil es sich nicht verwurzelt mit der Beantwortung von Grundsatzfragen, sondern vorzieht, mit einem "entschiedenen" Systemchen auf dem eigenen (!) Ölfilm hin und her zu rutschen. - Das Systemchen wird dann in sich wasserdicht widerspruchsfrei gemacht (und wenn es mit dem Satz des "göttlichen Geheimnisses" ist) - und das wars dann. - Das heisst: Im Grunde beschränkt man den Wahrnehmungs-Horizont genauso wie die Naturalisten.

Im Grunde läuft es auf folgendes heraus: Sind Weltbilder operative Hilfskonstrukte, damit man durchs Leben kommt, oder gibt es so etwas wie eine davon unabhängige Suche nach Wahrheit? - Ich sehe in der Praxis vornehmlich ersteres.

Einen Ausweg sehe ich darin, Dinge von Grund auf zu hinterfragen. - Auch da kann man sich irren - also auch da ist Kontaminierung möglich. - Aber es ist wenigstens ein umfassender Anspruch. - Dieser Anspruch hat mich zur Bibel geführt UND zur Erkenntnis, dass in ihr die Wahrheit verborgen ist - WENN man sie umfassend liest. - WENN man sie aber umfassend liest, ergibt sich ein homogenes Bild, das ausdrücklich ein anderes ist, als wenn man sich von vorneherein dafür "entschieden" hat, dass die Bibel die Wahrheit ist. - Denn dann ist Bibel-Lektüre Ausdruck von Selbst-Bestätigung - das Maß ist also der Mensch. - Genau das sollte aber nicht sein - ist es aber, wenn man die Selbst-Heiligungen verschiedener Glaubensgemeinschaften beobachten muss.

So - das war jetzt relativ umfassend. - Vielleicht konnte ich Impulse setzen.

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Magdalena61
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#35 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von Magdalena61 » Di 14. Mai 2013, 12:01

Tara hat geschrieben:@Magdalena deine Antwort unterschreibe ich :thumbup:
Danke. :)
closs hat geschrieben:So - das war jetzt relativ umfassend.
Ja, das war's allerdings. Das muß ich öfter lesen...geballte Power eines Akademikers... damit ich wenigstens ansatzweise :oops: begreife, was du sagen möchtest. :D

Ich nehme jetzt nur einen Satz heraus, o.k.?
closs hat geschrieben:Sind Weltbilder operative Hilfskonstrukte, damit man durchs Leben kommt, oder gibt es so etwas wie eine davon unabhängige Suche nach Wahrheit?
Beides.
Der "Kleiner Mann, was nun?" braucht ein Weltbild, das er einigermaßen verstehen kann, das ihn nicht verwirrt, beunruhigt und ängstigt, sondern eine einigermaßen akzeptable Grundlage für sein Leben, für seine Aktionen darstellt.
Nicht jeder ist ein Philosoph :mrgreen: ... nicht jeder hat die Geduld, sich ausführlich und langfristig mit Sinnfragen ( und den vielen Versuchen, diese zu beantworten) zu befassen.

Die meisten Menschen sind, glaube ich, weniger Philosophen denn... Stammtischbrüder :angel: .
Und da dürfen Fragen nicht zu kompliziert ausfallen, denn zum Zapfenstreich hat alles erledigt zu sein, damit "Kleiner Mann was nun?" beruhigt ins Bett gehen und sich Energie anschlafen kann für sein nächstes Tagwerk, mit dem er den Betrieb der Welt am Laufen erhält.
Das "Hilfskonstrukt" des "Kleiner Mann was nun?" muß nicht zwingend mit der Realität kompatibel sein. Es muß nur funktionieren. :roll:

Meiner Meinung nach spricht nichts dagegen, sich, nachdem man angefangen hat zu denken, ein brauchbares Weltbild zuzulegen, auch mit dem Risiko, dieses könnte nur ein fehlerhaftes Hilfskonstrukt sein.
Wie will man Meinungen, Strömungen, Ideologien... beurteilen, wenn man keinen Maßstab hat, mit dem man messen kann?

Ob Ellen, Schrittlängen, Zoll, Klafter, Faden, Meilen oder Kilometer... irgendeine Größe muß man haben, sonst kann man nicht konkret werden.
Aber man sollte sich auf dem Weltbild, das man mit 20 hat(te), nicht zur Ruhe setzen und stur darauf bestehen, das einzig richtige System zu verwenden. (Die Pharisäer lassen... grüßen).

:) Die Längenmaße im Wandel der [d]Bezeichungen[/d] Zeit sind eigentlich eine gute Illustration für unser Thema: Wahrheit.

Der Artikel (Wahrheit) ist immer derselbe. Aber unsere Art und Weise, damit umzugehen, ihn zu beschreiben oder zu "katalogisieren" ändert sich.

Das passt auch auf unsere Beziehung zu Gott und zum Glauben.
LG
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#36 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von Pluto » Di 14. Mai 2013, 12:42

Magdalena61 hat geschrieben:Der Artikel (Wahrheit) ist immer derselbe. Aber unsere Art und Weise, damit umzugehen, ihn zu beschreiben oder zu "katalogisieren" ändert sich.
Ganz genau so ist es, und du bist mit deinen Äußerungen in bester Gesellschaft, Magdalena.
Viele Philosophen sind in der Geschichte zu eimem gnz ähnlichen Schluss gekommen, nämlich dass Wahrheiten immer nur relativ zum Kontext gültig sind.
Das macht dann jede Wahrheitsbhehauptung zum Zirkelschluss.

Magdalena61 hat geschrieben:Das passt auch auf unsere Beziehung zu Gott und zum Glauben.
Da gibt es einige Leute, die dir darin widersprechen würden (nicht ich) und dir sagen würden dass Wahrheit einem "ge-offenbart" wird durch Jesus Christus. Aber selbst wenn er die Wahrheit verkörpert, was ich nicht glaube, wie sollen weir wissen, ob wir es richtig verstanden haben.

Das mit der Wahrheit hapert letztlich am Menschlichen, und nicht am Göttlichen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#37 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von Andreas » Di 14. Mai 2013, 12:49

Das ist für mich das Spannende, an der Wissenschaft wie am Glauben: Auf der Suche nach Wahrheiten, findet man Antworten - aber gleichzeitig stellen sich immer neue schwierigere Fragen. Beides ist für mich prinzipiell Ergebnisoffen. Das spannende ist doch, was wir daraus machen, wie wir uns entscheiden in unserem Leben - als Individuum und als Kollektiv.

Wie und wofür setzen wir sowohl die Erkenntnisse der Wissenschaft als auch des Glauben ein und wo führt uns das hin? Irgendwann wird es auf beiden Feldern "politisch", eben dann wenn es um die Umsetzung geht. Da macht es sich die Wissenschaft im Gegensatz zum Glauben vielleicht zu leicht. Sie zieht sich dadurch aus der Verantwortung, dass sie für sich in Anspruch nimmt "wertfrei" zu sein. Doch die wissenschaftlichen Erkenntnisse haben einen enormen Einfluss auf das Leben der Menschen. Sie haben uns viel "Gutes" gebracht - aber eben auch viel "Böses".

Worauf ich hier wenig Lust habe, sind Diskussionen in denen ein wertfreies System ein werteorientiertes System ad absurdum zu führen versucht - und umgekehrt. Da liegen Äpfel mit Birnen im Streit.

Die Bibel ist für mich, seit ich mich dafür entschieden habe, ein freilaufender Christ zu sein, kein absolutes Antwortbuch mehr, sondern ein Fragenbuch. Die eigenverantwortliche Beschäftigung mit den aufkommenden Fragen, stärkt meinen Glauben viel besser. Das ist meine Erfahrung. Ein gewisser Mut zum Risiko (zur "Sünde" des Fehlgehens in der Interpretation) gehört dazu - egal ob ich einer Kirche glaube oder selber denke. Ich bin lieber für meine "Sünden" selbst verantwortlich.

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#38 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von closs » Di 14. Mai 2013, 13:16

Magdalena61 hat geschrieben:Der "Kleiner Mann, was nun?" braucht ein Weltbild, das er einigermaßen verstehen kann
Wenn sich der kleine Mann und die kleine Frau auf ihre (christlich gesprochen) ebenbildlichen Anlagen konzentrieren, ist es leicht verständlich - dann braucht man kein durch-dekliniertes Weltbild. - Ich muss da immer wieder mit (kleinen) Kindern kommen, die - solange sie weltanschaulich unversaut sind - ohne philosophisches System sehr wissen, wo's lange geht. - Kinder können übrigens auch sehr gut zwischen Realität und Wahrnehmung unterscheiden (ohne das selbst analytisch zu begreifen). - In diesem Sinne hat mich mal die Aussage einer 5Jährigen vom Hocker gehauen, die (im Grunde hoch-philosophisch) gesagt hat: "Das ist nicht so, das heißt nur so". - Genial.

Magdalena61 hat geschrieben:Die meisten Menschen sind, glaube ich, weniger Philosophen denn... Stammtischbrüder
Das ist genau das Problem: Das Halbzeug zwischen Kind und Weisen. - Und während es früher noch eher so war, dass die Menschen nicht überall mitgeredet haben, wo sie keine Ahnung haben, hat unsere Meinungs-Gesellschaft einen Damm brechen lassen, der alles auf gleiche Stufe stellt, wenn es nur Meinung ist. - Alles ist gleich - gelegentlich ohne jegliche geistige oder wenigstens intellektuelle Selbst-Verpflichtung.

Magdalena61 hat geschrieben:Meiner Meinung nach spricht nichts dagegen, sich, nachdem man angefangen hat zu denken, ein brauchbares Weltbild zuzulegen, auch mit dem Risiko, dieses könnte nur ein fehlerhaftes Hilfskonstrukt sein.
Das ist eigentlich eine ziemlich gute Umschreibung von "Hermeneutik". - Insofern gibt es NIE ein perfektes Weltbild. - Voraussetzung dafür aber ist, dass die Motivation eine wahrhaftige ist - es ist ein Unterschied, ob man sich Weltbilder zulegt, um operativ erfolgreich zu sein, oder um sein Interesse an Wahrheit umzusetzen.

Pluto hat geschrieben:Viele Philosophen sind in der Geschichte zu eimem gnz ähnlichen Schluss gekommen, nämlich dass Wahrheiten immer nur relativ zum Kontext gültig sind.
Das stimmt - und gleichzeitig ist das nicht Relativismus, sondern das Gegenteil von Relativismus.

"Relativismus" ist, wenn man von vorneherein Zweck-Erfüllung den Umständen anpasst. - Das Gegenteil davon, also echte Wahrheitssuche, ist, wenn man das Absolute im Relativen sucht (weil sich das Absolute je nach Matrix unterschiedlich ausdrückt). - Ein gutes Beispiel, wie EINE Aussage komplett diametral gedeutet werden kann.

Pluto hat geschrieben:Das mit der Wahrheit hapert letztlich am Menschlichen, und nicht am Göttlichen.
Stimmt. - Der Mensch kann nur nach Erkenntnis suchen - das ist (unter christlichen Gesichtspunkten) überhaupt der Grund, warum es (Heils-) Geschichte gibt.

Andreas hat geschrieben:Worauf ich hier wenig Lust habe, sind Diskussionen in denen ein wertfreies System ein werteorientiertes System ad absurdum zu führen versucht
Ja - aber das ist genau das Problem, weil unsere Zeit meint, dass ein in sich objektives System (Naturwissenschaft) maß-geblich sein könne für Realität außerhalb dieses Systems.

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#39 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von Andreas » Di 14. Mai 2013, 14:02

closs hat geschrieben:Im Grunde läuft es auf folgendes heraus: Sind Weltbilder operative Hilfskonstrukte, damit man durchs Leben kommt, oder gibt es so etwas wie eine davon unabhängige Suche nach Wahrheit? - Ich sehe in der Praxis vornehmlich ersteres.
Stimmt, das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Die unabhängige Suche nach Wahrheit ist die Theorie.

"Durchs Leben kommen" ist die Praxis. Um die Praxis können wir und uns jedenfalls nicht herumdrücken. Das ist unsere Realität im Dasein. Wie wir unser Leben gestalten, ist unsere Entscheidung. Wieviel Anteil daran steht dem kleinen Mann noch zu? Er lebt ohnmächtig auf der Straße zwischen den Elfenbeintürmen der Wissenschaft, der Kirchen und der Politik. Alle paar Jahre macht er ein Kreuz und gibt damit brav seine Stimme und damit seine Verantwortung ab.

Wenn es um das Wohl der Menschen ginge, wäre eine wohlwollende Politik erforderlich, die die Erkenntnisse von wertfreier Wissenschaft und werteorientiertem Glauben (nicht Kirche) konstruktiv zusammenführt und umsetzt - zum Wohlergehen wertvoller Menschen. Das gilt für die Praxis ebenso wie für die Wahrheitssuche auf der theoretischen Ebene.

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#40 Re: Karl Popper: Alles ist nur Vermutung

Beitrag von Magdalena61 » Di 14. Mai 2013, 14:56

Pluto hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Der Artikel (Wahrheit) ist immer derselbe. Aber unsere Art und Weise, damit umzugehen, ihn zu beschreiben oder zu "katalogisieren" ändert sich.
Viele Philosophen sind in der Geschichte zu eimem gnz ähnlichen Schluss gekommen, nämlich dass Wahrheiten immer nur relativ zum Kontext gültig sind.
Das macht dann jede Wahrheitsbhehauptung zum Zirkelschluss.
Wie meinst du das? Wahrscheinlich nicht so wie ich :) . Ich gehe davon aus, dass es eine umfassende Wahrheit gibt. Verschiedene Ausprägungen/ Färbungen derselben reduzieren nicht den Wert der Wahrheit, denn der Kern ist derselbe.

Vielleicht kann man Getreideprodukte als Beispiel nehmen: Die weltweite Ernährungsgrundlage für Menschen und für viele Tiere. Weizen, Mais oder Reis... sehen unterschiedlich aus und werden auch auf verschiedene Weise verarbeitet/ aufbereitet. Doch von den Inhaltsstoffen her sind sie sich sehr ähnlich und dienen demselben Zweck.
Pluto hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Das passt auch auf unsere Beziehung zu Gott und zum Glauben.
Da gibt es einige Leute, die di darin widersprechen würden (nicht ich) und dir sagen würden dass Wahrheit einem "ge-offenbart" wird durch Jesus Christus. Aber selbst wenn er die Wahrheit verkörpert, was ich nicht glaube,
Wie kann man prüfen, ob sein Anspruch berechtigt ist?
An den Früchten. Was hat Er gesagt, was hat Er getan? War das gut für die Menschheit oder nicht gut?
Ihr Christen habt in eurer Obhut ein Dokument mit genug Dynamit in sich, die gesamte Zivilisation in Stücke zu blasen, die Welt auf den Kopf zu stellen, dieser kriegszerrissenen Welt Frieden zu bringen. Aber ihr geht damit so um, als ob es bloß ein Stück guter Literatur wäre, sonst weiter nichts.
Mahatma Gandhi
Und man kann prüfen, indem man das austestet, indem man sich dem Anspruch Jesu stellt.
Wenn man eine gewisse Distanz einbaut und beibehält, dann hat man den besseren Überblick und muß sich nicht dauernd mit den ausgespuckten Kaugummis ungezogener Zeitgenossen herumärgern, die man ständig von der Schuhsohle kratzen muß, und man bleibt auch nicht lebenslänglich an den Fehlleistungen (Sünden) solcher Leute hängen, die behaupten, Jesus zu kennen... die Ihn und seine Botschaft... aber nie wirklich begriffen haben.
Pluto hat geschrieben: wie sollen wir wissen, ob wir es richtig verstanden haben.
Als Notbehelf/ Kompensation für fehlendes Verständnis gibt's das Gesetz Gottes in Scharz auf Weiß. Mit dem Inhalt der meisten Gebote sind vermutlich sogar säkulare Humanisten einverstanden. Wenn man sich daran orientiert, dann kann man eigentlich gar nicht so arg viel falsch machen. :)
Pluto hat geschrieben:Das mit der Wahrheit hapert letztlich am Menschlichen, und nicht am Göttlichen.
*zustimm*
Aber es setzt dem Leben Glanzlichter auf, sich nicht mit dem, was "vor Augen ist" zufrieden zu geben, sondern weiter zu fragen... nach dem Vollkommenen. :)
LG
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