#1 Heidegger, der Mensch und seine Philosophie
Verfasst: Di 18. Nov 2014, 08:52
Thema abgetrennt aus: Hiob, Gott und Teufel
Du schaust Dir Bibelzitate recht genau an, vernetzt sie auch, recherchierst sie auch und nimmst dann die historisch-kritische Methode als Ausgangspunkt einer geistigen Auslegung - auf Basis einer agnostischen, also unspirituellen Grundhaltung. Das funktioniert nicht - aus mindestens 4 Gründen:
1) Bibelzitate kann man nur bedingt vergleichen, weil sie sich auf einen speziellen Zusammenhang beziehen (können).
2) Das Verständnis in der Zeit, als die Texte geschrieben wurden, kann ein anderes sein als heute.
3) Die historisch-kritische Methode ist wichtig für historische und quellen-kritische Arbeiten, aber nicht für geistige Auslegung.
4) Ohne eigenen spirituellen Ansatz sieht man grundsätzlich nur Puzzles, für die der Klebstoff zum Zusammenfügen fehlt, wenn man keine spirituelle Ahnung (im wörtlichen Sinn gemeint) hat.
Mit anderen Worten: Ein geistig geküsstes Bild von Gott und Welt muss a priori da sein, wenn man die Bibel mehr als historisch-kritisch, nämlich geistig-inhaltlich, verstehen will - denn dafür wurden die Texte ja zusammengestellt.
Mir kommt das alles so vor, als wäre die Welt taub und würde sich mit dieser Taubheit auf die Noten auf J.S.Bach stürzen und "nachweisen", dass seine Musik beschissen sein müsse, weil .... - ohne jemals einen Ton gehört zu haben bzw. hören zu können. - Diese Taubheit möchte ich gleichsetzen mit der spirituellen Taubheit unserer Zeit.
Man sieht sich mit geistigen Werken der Epochen konfrontiert (egal ob das jetzt die Bibel, Meister Eckarts Mystik, Bachs Werk, Kants und Hegels Philosophie, Wagners "Ring" oder sogar Thomas Mann ist) und interpretiert sie mit dem agnostischen und unspirituellen Inventar der eigenen Zeit und lehnt dann entweder ab oder akzeptiert sie im Sinne des Verständnisses der eigenen Epoche - wobei es wahrscheinlich sogar das bessere Los ist, abgelehnt zu werden, weil dann wenigstens nicht entstellt wird.
Gerade heute früh habe ich wieder mal einen neuen Artikel über Heidegger gelesen - der Hintergrund: Es wurden wieder einmal Notizen gefunden, die Hinweise darauf geben, dass er Antisemit war. - Von seiner Philosophie kein Wort. - Man hat den Eindruck, als würde man sich damit den Weg freikaufen, ihn nicht verstehen zu müssen - politisch unkorrekt - puuh, der Kelch Heidegger geht an mir vorüber. - ODER: Man kennt Heidegger doch, interpretiert ihn aber im Sinne des materialistischen Mainstreams - dann allerdings wäre es wirklich gescheiter, ihn an sich vorbei gehen zu lassen und ihn für spätere Generationen aufzuheben.
Bei Luther und Wagner ist es zu spät - die beiden sind zwar ausgewiesene Antisemiten, aber halt schon etabliert - kann man nichts machen.
So kann man keine Geistesgeschichte studieren - in der Peripherie des Biografistischen und Historisch-Kritischen. - Aber man tut es, weil es a) viel schwieriger wäre, so richtig in Denkweisen einzusteigen (egal ob Bibel, Wagner oder Heidegger), UND weil es b) dort kaum noch etwas an Meriten zu holen gibt. - Da geht man lieber in die Peripherie und macht eine Dissertation mit dem Titel "Goethes Darmflora und Klolektüre im Kontext der Zweitfassung der Walpurgisnacht im Urfaust" (ist natürlich erfunden - aber allein, dass man darauf hinweisen muss, spricht schon für sich).
Um es in den Worten meines Profs zu sagen, dessen Name in meinem Nickname Eingang gefunden hat: "We have a loss of center" - der Verlust der Mitte, des Zentrums, der Substanz - zugunsten von peripheren Scharmützeln. - Das scheint mir die gute Zusammenfassung eines damals über 80Jährigen zu sein, die wunderbar das Problem des 20. und 21. Jh. zusammenfasst - und was eben auch Deinen Ansatz zu betreffen scheint.
Die Frage aus meiner Sicht lautet: (A) Löst man sich so weit wie möglich von der eigenen Zeit, wenn man sich Werke der Vergangenheit antut, oder (B) tut man es nicht. - Aus meiner Sicht geht an Variante (A) kein Weg vorbei, wenn man in die Mitte will.
Darfst Du auch nicht. - Aber Du solltest Deine Strategie ab und zu mal überdenken. - Was tust Du?Münek hat geschrieben: Sollte ich da schweigen? Tue ich nicht!
Du schaust Dir Bibelzitate recht genau an, vernetzt sie auch, recherchierst sie auch und nimmst dann die historisch-kritische Methode als Ausgangspunkt einer geistigen Auslegung - auf Basis einer agnostischen, also unspirituellen Grundhaltung. Das funktioniert nicht - aus mindestens 4 Gründen:
1) Bibelzitate kann man nur bedingt vergleichen, weil sie sich auf einen speziellen Zusammenhang beziehen (können).
2) Das Verständnis in der Zeit, als die Texte geschrieben wurden, kann ein anderes sein als heute.
3) Die historisch-kritische Methode ist wichtig für historische und quellen-kritische Arbeiten, aber nicht für geistige Auslegung.
4) Ohne eigenen spirituellen Ansatz sieht man grundsätzlich nur Puzzles, für die der Klebstoff zum Zusammenfügen fehlt, wenn man keine spirituelle Ahnung (im wörtlichen Sinn gemeint) hat.
Mit anderen Worten: Ein geistig geküsstes Bild von Gott und Welt muss a priori da sein, wenn man die Bibel mehr als historisch-kritisch, nämlich geistig-inhaltlich, verstehen will - denn dafür wurden die Texte ja zusammengestellt.
Mir kommt das alles so vor, als wäre die Welt taub und würde sich mit dieser Taubheit auf die Noten auf J.S.Bach stürzen und "nachweisen", dass seine Musik beschissen sein müsse, weil .... - ohne jemals einen Ton gehört zu haben bzw. hören zu können. - Diese Taubheit möchte ich gleichsetzen mit der spirituellen Taubheit unserer Zeit.
Man sieht sich mit geistigen Werken der Epochen konfrontiert (egal ob das jetzt die Bibel, Meister Eckarts Mystik, Bachs Werk, Kants und Hegels Philosophie, Wagners "Ring" oder sogar Thomas Mann ist) und interpretiert sie mit dem agnostischen und unspirituellen Inventar der eigenen Zeit und lehnt dann entweder ab oder akzeptiert sie im Sinne des Verständnisses der eigenen Epoche - wobei es wahrscheinlich sogar das bessere Los ist, abgelehnt zu werden, weil dann wenigstens nicht entstellt wird.
Gerade heute früh habe ich wieder mal einen neuen Artikel über Heidegger gelesen - der Hintergrund: Es wurden wieder einmal Notizen gefunden, die Hinweise darauf geben, dass er Antisemit war. - Von seiner Philosophie kein Wort. - Man hat den Eindruck, als würde man sich damit den Weg freikaufen, ihn nicht verstehen zu müssen - politisch unkorrekt - puuh, der Kelch Heidegger geht an mir vorüber. - ODER: Man kennt Heidegger doch, interpretiert ihn aber im Sinne des materialistischen Mainstreams - dann allerdings wäre es wirklich gescheiter, ihn an sich vorbei gehen zu lassen und ihn für spätere Generationen aufzuheben.
Bei Luther und Wagner ist es zu spät - die beiden sind zwar ausgewiesene Antisemiten, aber halt schon etabliert - kann man nichts machen.
So kann man keine Geistesgeschichte studieren - in der Peripherie des Biografistischen und Historisch-Kritischen. - Aber man tut es, weil es a) viel schwieriger wäre, so richtig in Denkweisen einzusteigen (egal ob Bibel, Wagner oder Heidegger), UND weil es b) dort kaum noch etwas an Meriten zu holen gibt. - Da geht man lieber in die Peripherie und macht eine Dissertation mit dem Titel "Goethes Darmflora und Klolektüre im Kontext der Zweitfassung der Walpurgisnacht im Urfaust" (ist natürlich erfunden - aber allein, dass man darauf hinweisen muss, spricht schon für sich).
Um es in den Worten meines Profs zu sagen, dessen Name in meinem Nickname Eingang gefunden hat: "We have a loss of center" - der Verlust der Mitte, des Zentrums, der Substanz - zugunsten von peripheren Scharmützeln. - Das scheint mir die gute Zusammenfassung eines damals über 80Jährigen zu sein, die wunderbar das Problem des 20. und 21. Jh. zusammenfasst - und was eben auch Deinen Ansatz zu betreffen scheint.
Die Frage aus meiner Sicht lautet: (A) Löst man sich so weit wie möglich von der eigenen Zeit, wenn man sich Werke der Vergangenheit antut, oder (B) tut man es nicht. - Aus meiner Sicht geht an Variante (A) kein Weg vorbei, wenn man in die Mitte will.