"Wahrnehmung" und "Realität"

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#1 "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von closs » Mo 7. Jul 2014, 23:30

Thomas M hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich immer wieder dieselben Themen in laufende Threads einmischen, weil es offensichtlich grundlegend unterschiedliche Auffassungen gibt zum Verhältnis zwischen eigener "Wahrnehmung" (also alles, was der Mensch bewusst oder unbewusst fühlt oder denkt) und dem, was wir "Realität" nennen (also alles, was wir als unabhängiges Sein von unserer "Wahrnehmung" bewerten). - "Realität" und "Wahrnehmung" sind hier in " " gesetzt, weil es allein hier schon die unterschiedlichsten Definitionen gibt - deshalb hier ganz allgemein definiert.

Die Folge dieser grundlegend unterschiedlichen Auffassungen in Forums-Diskussionen: Man redet ständig aneinander vorbei, wenn es um geistige Dinge geht.
In der Folge einige Stichpunkte zur Einleitung einer Diskussion:

A: "Cogito ergo sum" (Descartes)/"Si enim fallor, sum"(Augustinus)
Beide Sätze sagen - frei übersetzt: Egal, welche Zweifel ich an meiner Wahrnehmung habe - eines wird dadurch klar: Selbst wenn ich zweifle, scheitere, mich irre, etc - es ist das "ICH", welches zweifelt, scheitert, irrt - es gibt also das Ich nicht nur als "Wahrnehmung", sondern auch als "Realität".
Der Grund dafür: "Ich" ist die einzige Größe, die gleichzeitig Beobachter ist (also "Subjekt" ist) und Beobachtetes sein kann (also "Objekt" sein kann). - Das"Ich" ist also gleichzeitig "Wahrnehmungs-" und "Realitäts"-Gegenstand. - Schon Augustinus und Descartes haben das erkannt.

B: Schlussfolgerungen
Alles, außer das Ich, ist aus Sicht des Ich Objekt - egal ob "die Welt" oder "Gott". - Wir können uns also prinzipiell nur Bilder von "der Welt" oder "Gott" machen, nie aber entscheiden, ob "Welt" oder "Gott" Projektion des Ich ( "Wahrnehmung") sind oder unabhängig von unserer Wahrnehmung "der Fall sind".
Weil dies so ist, müssen wir entscheiden, was wir für plausibel halten. - Wenn wir also für plausibel halten, dass es "die Welt" oder "Gott" gibt, setzen wir mit dem Ich, dass es "die Welt" oder "Gott" unabhängig von uns gibt - das ist nicht nur sinnvoll, sondern sogar unumgänglich.

C: Komplikationen

WEIL dies sinnvoll oder sogar unumgänglich ist, verführt dies dazu, zu glauben, es wäre selbstverständlich - konkret: Es wäre keine Setzung, meint man, weil man eh nicht drum rum kommt. - Dies ist ein Irrtum, denn - siehe oben: ""Ich" ist die einzige Größe, die gleichzeitig Beobachter ist (also "Subjekt" ist) und Beobachtetes sein kann (also "Objekt" sein kann). - Das"Ich" ist also gleichzeitig "Wahrnehmungs-" und "Realitäts"-Gegenstand". Das "Ich" ist also die einzige Größe, die NICHT gesetzt werden muss, weil es in ihm keine Differenz zwischen Subjekt und Objekt gibt, da das Ich beides "ist".

Eine weitere Komplikation: Man glaubt oft, dass die Naturwissenschaft aufgrund ihrer Objektivität von dieser Setzung ausgenommen sei. - Dies ist ein Irrtum, weil die Objektivität nur deshalb möglich ist, weil man VORHER "die Welt" als "Realität" gesetzt hat - was (noch einmal zur Unterstreichung) nötig ist, weil die Aussagen "Die 'Welt' ist Projektion des Ich" und "Die 'Welt' ist 'Realität' unabhängig von der Projektion des Ich" nicht falsifizierbar sind. - Sie sind deshalb nicht falsifizierbar, weil (noch einmal betont) das Ich als einzige Größe ist, die nicht gesetzt werden muss, da sie gleichzeitig Subjekt und Objekt ist. - Das gilt für "die Welt" und "Gott" folglich nicht.

D: Der Unterschied zwischen naturwissenschaftlichem und geistigen Denken

NACHDEM die Naturwissenschaft gesetzt hat, dass "die Welt" nicht Projektion des Ich ist, sondern unabhängig davon "Realität", sind ihre Ergebnisse falsifizierbar. - NACHDEM der Gläubige gesetzt hat, dass "Gott" "Realität" ist, sind ihre Ergebnisse NICHT falsifizierbar. - Auf dieser zweiten Ebene NACH der Setzung gibt es also wesentliche Unterschiede zwischen naturwissenschaftlichem und geistigen Denken - aber erst da. - Diese zweite Ebene darf nicht verwechselt werden mit der ersten Ebene, auf der beide gleichermaßen einer Setzung bedürfen, um überhaupt erst mit ihrer "Arbeit" anfangen zu können.

Der Umstand, dass Naturwissenschaft auf dieser zweiten Ebene falsifizieren kann und geistiges Denken nicht, ist darin begründet, dass aufgrund der Setzung das Objekt der Naturwissenschaft ("die Welt") sich auf der selben Ebene befindet wie der Beobachter der "Welt" (der Naturwissenschaftler). Somit sind Phänomene des Objekts auf gleicher Ebene untersuchbar. - Bei geistigen Dingen ist dies anders, da das Objekt des geistigen Denkens (hier: "Gott") per Definition auf einer anderen Existenz-Ebene ist wie sein Beobachter. (Man müsste wahrscheinlich an anderer Stelle noch definieren, wie"geistig" zu definieren ist). Somit sind Phänomene des Objekts hier NICHT auf gleicher Ebene untersuchbar und somit auch nicht falsifizierbar.

E: Konsequenz für die Spielregeln bei einer Diskussion zwischen naturwissenschaftlichen und geistigen
Themen
Will man Ergebnisse geistigen und naturwissenschaftlichen Denkens gegenüberstellen, kann man sie nicht nach den Gesetzen der jeweils eigenen Disziplin bewerten. Es wäre also ein erkenntnis-theoretischer Stockfehler, würde man argumentieren:
* Der geistige/christliche Mensch: "Warum weisst Du nicht, Naturwissenschaftler, woher das Universum kommt?" - denn diese Frage kann die Naturwissenschaft aufgrund ihrer Positionierung nicht beantworten - sie ist für die (im Sinne der Naturwissenschaft) "wahrnehmbare" Welt zuständig.
* Der naturwissenschaftliche Mensch: "Warum sind Deine "Wahrnehmungen" nicht falsifizierbar im Sinne der Naturwissenschaft?" - denn dies kann die geistige Disziplin nicht, weil sie dann nicht geistig, sondern naturwissenschaftlich wäre.

Die Begriffe "Physik" und "Meta-Physik/Transzendenz" machen nur dann Sinn, wenn erkannt ist, dass es sie nur deshalb gibt, weil sie verschiedene Setzungen und in Folge davon verschiedene Arten der Erkenntnis-Findung haben.
Ist DAS verstanden, kann man sich einzelne Punkte kritisch vornehmen. - Aber so weit sind wir hier im Forum oft noch nicht, weil die Grundlagen von "Wahrnehmung" und "Realität" nicht einvernehmlich verstanden sind.
Wir sollten darüber diszipliniert, also erkenntnis-theoretisch sauber, diskutieren, falls es Fragen und Anregeungen gibt.

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#2 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Theophilus » Di 8. Jul 2014, 00:39

Lieber closs,

wo ich mir Deinen Beitrag so durchlese, ich weiß nicht geht es den anderen auch so....?

Bei der Theologie oder Glaube und Religion ist es mir einfach zu verstehen und zu verarbeiten....
Bei der NaWi auch eingermaßen oder im überwiegenden....

Aber bei der Philosophie entfleucht mir jeder Gedanke....also im Klartext es fällt mir schwer philosophische Konstrukte zu behalten oder damit zu arbeiten.

Habe versucht Kant wenigstens zu verstehen oder Platon..... bei A Camus oder Sartre hörts ganz auf... :roll:

liegt das jetzt an meiner ADHS das nicht nachzuvollziehen oder ist die ganze Philosophie zu abstrakt und weltfremd?

Bei uns an der Uni damals galten PhilosophInnen als Spinner und die wurden im Blauen Turm verband.....eingesperrt es hatte eben was von einer juristoiden abstrakten Lesart.....

Philosophie ist gut aber bitte nur als Teildisziplin..... Hilfsdisziplin.
Versteh mich bitte nicht falsch...vermutlich wäre die Menschheit viel weiter, würde sie die alten Denkweisen verwenden.

Stattdessen verwendet sie nur Fragmente davon....und römisches Recht das ist unsere Realität längst gilt diese als veraltet und wir könnten viel weiter sein. Zu verifizieren Ja od Nein ?

Paulus hat auch philosophische Aspekte aufgegriffen....eine Theologie entfaltet .....wenn man so will und der Areopag
hat es geschluckt, wie auch die Gnosis.....

Und die Naturwissenschaften bedienen sich einer Methodik aber das ist nur eine Methode, wer sagt denn das dies nun die einzig Wahre ist.

In der Theologie wird zB Textkritik und Textanalyse als erstes vorangestellt ....gleich Tiefensychologische Exegese zu betreiben ist ja sogar unschön zumindest.....der Verf, bekäme eine schlechte Benotung von der BerufswissenschaftlerIn.

Ok villt machst Du mit uns eine Wahrnehmungsschulung....und Realitätsbeleuchtung ....

Villt fangen wir mit einem Fussballer an.

1 . Experiment: Also im TV sehe ich einen Fussballer, der mit dem Ball auf das Tor zurennt.

Bevor wir auf komplexe Fragen kommen zunächst die Frage .....was sehe ich
da, was macht der Fussballer..?...ist das eine fließende Bewegung oder sehe ich nur einzelne Bilder Momentaufnahmen die zu einer Bewegung (angeblichen Bewegung) zusammengefügt ist....im Gehirn zusammengerechnet....

Ist es überhaupt eine Bewegung oder nur eine Schrittweise Formveränderung im Raum....??

Schon bei dieser Frage wie würdest Du mit mir kommunizieren?

2. Neulich in dem Thread bei der Neumann....Du wolltest etwas erleutern...oder ??
Also nur hypothetisch gibt es eine andere These....zB Hegel These ---Antithese ---Synthese.....oder nur eine wage Konklusion...

Einen Ausblick .....schreiben
Ich glaube damit haben die Naturwissenschaftler einfach ein Problem, weil das nie an der Schule genauer Hochschule gefordert wurde....das ist auch ein Grund warum Physiker und mathematische Lehrer...immer meinen das sei doch logisch......

Die Schüler lernen aber auch beim Germanisten und Hermeneutiker......beim Kunstlehrer........
Wir müssen das auch, wenn das Ergebnis unbefriedigt ungelöst oder teilgelöst bleibt.....einen Ausblick stehen lassen.....

3. Lass mich noch ein Beisspiel nennen bitte.
Ich habe KlientInnen, die nur mit ach und krach einen Hauptschulabschluss nachholen.
Nun sieht die Staatlichkeit vor,dass diese menschen gleich in Arbeit sollen...alles andere sei zu Teuer.....sämtliche Massnahmen sind Seminare.....Kurse Projekt arbeiten .....die große Einrichtung gibt eine Menge Geld aus um diese Menschen in geschickten Fertigkeiten zu schulen wie Nähen, Collagieren....bisschen Fantasie...dann kommen diese Menschen wie Sklaven in eine angeblich behinderten Werkstatt oder Fabrik untergebracht oder Zeitarbeitsfirma, wo sie ebenfalls sogar mit Robotern zusammen arbeiten. (Moderne oder anderes Wort dafür Konzentrationslager in zusammenarbeit mit blechigen Maschinen(wesen)einheiten.

Die Räume sind geschlossen....feucht ....schlecht klimatisiert...eine Sozialarbeiterin freut sich, das die Menschen Arbeit und Brot haben .....und suggeriert den Menschen sie werden einen Realschulabschluss niemals schaffen. Man habe sie eh da durchgezogen"". mit viel augenzudrück.... ;) ;) ;) ;)

Jetzt komme ich auf den Plan und behaupte. Erstens...die Menschen sind entfremdet, sie leben nicht wie die indigenen Gruppen in der Natur.....

Zweitens sie können den Realabschluss erreichen wie andere auch .....mit speziellen Verfahren und Techniken .....

Frage wer ist der Verrückte oder der Despot bin ich es oder die Sozialarbeiterin........( mal abgesehen es ist viel zu teuer (angeblich)
Abschlusse nachzuholen und utopisch integere Berufe zu erlernen.)

LG Theo

Edit Grund Überarbeitung
"Es mag sein, dass alles fällt, dass die Burgen dieser Welt um uns her in Trümmer brechen,
halte Du den Glauben fest, dass Dich Gott nicht fallen lässt, Er hält sein Versprechen!"
Alexander Schröder

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#3 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Scrypton » Di 8. Jul 2014, 02:15

closs hat geschrieben:Wir können uns also prinzipiell nur Bilder von "der Welt" oder "Gott" machen, nie aber entscheiden, ob "Welt" oder "Gott" Projektion des Ich ( "Wahrnehmung") sind
Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob von Dingen/Objekten gesprochen wird, die für uns (ob Real oder innerhalb unserer Illusion) fassbar sind oder erdacht und ersonnen wurden!

Ob wir nun die Welt untersuchen oder unsere Illusion, die wir als Welt erachten; es nimmt sich nichts, der Vorgang des Erkenntnisgewinns bleibt der Selbe, naturwissenschaftlich sowie spirituell. Sich bewusst Dinge ausdenken und als gegeben zu behaupten ist hingegen, ebenfalls so oder so, etwas völlig anderes.

closs hat geschrieben:Weil dies so ist, müssen wir entscheiden, was wir für plausibel halten.
Und ich halte deine Behauptung, es gäbe eine weitere Seins-Welt sowie ein intelligentes, übernatürliches geistiges Wesen, welches unsere Daseins-Welt erschaffen hat für unplausibel. Wenn du über das Übernatürliche sprichst, dann ist das etwas, was du per Definition nicht wissen kannst. Warum sollte ich dir vertrauen, dass es stimmt, was du sagst? Nachprüfen kann ich es nicht. Wenn du dich irrst oder bewusst lügst, dann gibt es keine Möglichkeit dies herauszufinden, zu unterscheiden.

Deine Setzung kann man sicherlich wie folgt zusammen fassen: Gott ist ein immaterielles oder transzendentes Wesen, das alles erschaffen hat, was existiert, außer sich selbst.
Weitere Eigenschaften brauchen wir nicht bzw. die ergeben sich zwanglos aus der Definition. Beispiel: Wenn Gott unser Universum hervorgebracht hat, hat er offensichtlich die Macht dazu, dies zu tun. Oder: Wenn er keinen Ursprung hat, muss er wohl ewig existieren. Andere spirituelle Ansichten die dem widersprechen gibt es ebenfalls. Pantheisten, Heiden etc. haben eine völlig  andere Definition von dem, was ein Gott ist. Oft fehlt hier dann auch das Merkmal der Transzendenz.

Auch dein Versuch, eine "Parallelzeit" zu etablieren wird nicht funktionieren. "Gott lebt in seiner eigenen Zeit, die Welt in der ihren" ist nicht konsequent und logisch zu Ende gedacht. Denn damit diese Welt existieren kann, müsste ein Gott auch in der Zeit dieser Welt agieren: Bevor er das kann, müsste aber in der Welt erst mal schon Zeit vergehen. Ohne diese Zeit – und damit mit Raum, Materie und Energie – hätte Gott aber keine Zeit, um die Zeit zu erschaffen.
Ein zweiter Einwand besteht darin, das Universum mit einer Computersimulation zu vergleichen. Dies löst aber das Problem nicht, denn der "Simulator" müsste ebenfalls existieren und Handeln können. Handlungen benötigen per Definition Zeit, weil Veränderung!. Und der mit demselben Argument dann auch annehmen müsste, dass er in einer Simulation lebt. Man kann unendlich viele Stufen dieser Simulation annehmen (und muss es auch), kommt aber damit nie zu Gott.

Die Ausrede ist immer dieselbe: Es gibt Dinge, über die wir nichts wissen, aber unabhängig davon trotzdem existieren könnte (wie Einhörner). Ja, nur heißt dies, dass wir außer Spekulationen auch nichts darüber sagen können! Dass wir auch nicht sagen können, ob wir uns irren oder nicht. Willkürlich spirituelle Vermutungen als wahren Sachverhalt/Tatbestand auszugeben über Dinge, die man schon per Definition nicht wissen kann und auch nicht weiß, ist das Gegenteil von Aufrichtigkeit. Du kannst selbst davon überzeugt sein, was es nicht zur Lüge macht, wenn du die Behauptungen über Gott usw. aufstellst. Aber die Stärke einer Überzeugung ist kein Maß für Wahrheit/Realität.

closs hat geschrieben:Die Begriffe "Physik" und "Meta-Physik/Transzendenz" machen nur dann Sinn, wenn erkannt ist, dass es sie nur deshalb gibt, weil sie verschiedene Setzungen und in Folge davon verschiedene Arten der Erkenntnis-Findung haben.
Nein, sie haben erstmal die identische Setzung: Nämlich, dass die Wahrnehmung der Realität entspricht und die Mitmenschen keine Illusion sind!
Der Metaphysik reicht dies jedoch nicht; es lassen sich weitere, beliebige metaphysische "Setzungen" aufstellen.

Mit Erkenntnis-Findung/Gewinn hat man mit letzteren übrigens sowieso nicht. Überzeugung an den eigenen Glauben (die eigene "spirituelle" Vorstellung) macht noch keine Erkenntnis aus. Viele Menschen wie du verwechseln das mit Erkenntnis: Sie sind überzeugt davon, etwas zu kennen, was sie nicht kennen können. Diese Selbstwidersprüchlichkeit fällt ihnen wie dir nicht auf. Du überzeugst dich selbst, oder anders; du täuscht dich selbst.

Was ist nun plausibel, will eher wählen "vernünftig"?
Selbstverständlich hat die Vernunft (um nicht aneinander vorbei zu reden, Vernunft als Synonym für Rationalität) Ihre Grenzen. Eine davon ist das Münchhausen-Trilemma. Kleine Kinder können uns mit Warum?-Fragen ein Loch in den Bauch fragen. Denn nach jedem Warum und der darauf geantworteten Begründung kann auf jede Begründung wieder eine neue Frage folgen. So kann aus einer harmlosen Frage – beispielsweise "Warum ist der Himmel blau?" jede Antwort weiter hinterfragt werden. Dies geht solange, bis uns die Zeit oder die Geduld ausgeht. Oder bis wir auf die Ausrede verfallen "Gott war es".
Tatsächlich verfällt man auch mit Gott als erste Ursache in eine unendliche Regression, die willkürlich mit der selbigen behaupteten Ursache unterbrochen wird.
Eine zweite Grenze ist die, dass es in der Vernunft stets darum geht, Probleme zu lösen. Wenn kein Problem vorhanden ist, also keine Differenz zwischen dem, was ist, und dem, was unserer Meinung nach sein sollte, dann hat die Vernunft da auch nichts zu suchen.

Das Hauptproblem all solcher Argumente deinerseits ist, dass sie einen unendlichen Regress implizieren: Wenn ein Beweis oder Beleg für einen Schöpfergott logisch widerspruchsfrei ist, müsste dieser Gott diesen ebenfalls akzeptieren – und damit, dass er selbst geschaffen wurde. Du kannst dieses Argument für dich zurückweisen, nur kannst du das auschließlich aufgrund der Tatsache machen, dass dieses (auch geistig/ontologisch) logisch fehlerhaft ist. Aber das bedeutet, dass ich solche Argumente auch nicht akzeptieren sollte, ob du nun willst oder nicht.

Es nützt nichts, wenn du es dadurch konterst, dass Gott nun mal "das Höchste" sei. Weil diese Behauptung ebenso sinnvoll ist, als wenn man sagt, es gäbe eine "höchste Zahl", oder eine "größte Zahl". Entweder, wir haben es mit etwas zu tun, was unendlich ist, dann lässt es sich, gleichgültig, wo es sich auf der Skala befindet, auch noch weiter steigern. Just das ist die Definition von "unendlich" und "ewig". Oder aber, es lässt sich nicht steigern, wer will dann die Grenze festlegen? Wird diese vom eigenen Vorstellungsvermögen beschränkt, oder dadurch, dass man nicht mehr weiterdenken mag?

Existenzen machen sich außerdem bereits dadurch aus, sich von anderen zu unterscheiden; man kann sie EINgrenzen. Unendlichkeit, Unfassbar, Unbegreiflich usw. trifft bis dato nur auf eines zu: Auf Nicht-Existenz bzw. auf "nichts".
Wenn man sagt, nichts ist unfassbar, unbegreiflich, dann ist das eine Aussage, die zum einen richtig ist aber ebenso auch leer und unbedeutend.

Ebenfalls hast du nicht klären können, weshalb denn diese Verbindung zwischen "Geist" und Gehirn nicht festzustellen sein soll; willst du behaupten, unser Gehirn hätte übernatürliche Fähigkeiten?
Bisweilen befindet es sich nämlich in unserer natürlichen Daseinswelt und unterliegt dessen Prinzipien.

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#4 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von closs » Di 8. Jul 2014, 10:13

Darkside hat geschrieben:Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob von Dingen/Objekten gesprochen wird, die für uns (ob Real oder innerhalb unserer Illusion) fassbar sind oder erdacht und ersonnen wurden!
Ja - es "IST" ein Unterschied. - Die Aussage lautet aber gerade
closs hat geschrieben:Wir können uns also prinzipiell nur Bilder von "der Welt" oder "Gott" machen, nie aber entscheiden, ob "Welt" oder "Gott" Projektion des Ich ( "Wahrnehmung") sind
Das heisst: Wir reden hier darüber, dass wir aus unserem Ich heraus nicht wissen KÖNNEN, ob wir "Reales" oder "Erdachtes" vor uns haben - also prinzipiell den von Dir erwähnten "erheblichen Unterschied" gar nicht machen können - sondern über Setzung beschließen müssen.

Darkside hat geschrieben:ich halte deine Behauptung, es gäbe eine weitere Seins-Welt sowie ein intelligentes, übernatürliches geistiges Wesen, welches unsere Daseins-Welt erschaffen hat für unplausibel.
Kann sein - das kann keiner von uns falsifizieren - genauso wenig, wie man falsifizieren kann, dass es nur die Daseins-Welt gäbe.

Darkside hat geschrieben: Pantheisten, Heiden etc. haben eine völlig  andere Definition von dem, was ein Gott ist.
Ja - Gottesbilder sind sehr verschieden - manche sind authentischer als die anderen.

Darkside hat geschrieben:Ohne diese Zeit – und damit mit Raum, Materie und Energie – hätte Gott aber keine Zeit, um die Zeit zu erschaffen.
Man darf nicht in "Parallel-Zeit" sprechen, sondern in "Zeit" und "Über-Zeitlichkeit" - also: Gott lebt in überhaupt keiner Zeit.

Darkside hat geschrieben:Es gibt Dinge, über die wir nichts wissen, aber unabhängig davon trotzdem existieren könnte
Stimmt.

Darkside hat geschrieben:die Stärke einer Überzeugung ist kein Maß für Wahrheit/Realität.
Stimmt auch.

Darkside hat geschrieben:Wenn du über das Übernatürliche sprichst, dann ist das etwas, was du per Definition nicht wissen kannst.
Aber nicht per Definition des Übernatürlichen, sondern per Definition der menschlichen Wahrnehmung - da geht kein "Wissen" - außer innerhalb gesetzter Systeme - weil man dann die Rahmenbedingungen im Griff hat.

Darkside hat geschrieben:Nein, sie haben erstmal die identische Setzung: Nämlich, dass die Wahrnehmung der Realität entspricht und die Mitmenschen keine Illusion sind!
Nein - es sind zwei gleich-stufige Setzungen. Das "Cogito ergo sum" hält es für plausibel, seine Erfahrungen mit der Natur und seine Erfahrungen mit Gott, als beide Erfahrungen, als real zu setzen.

Darkside hat geschrieben: Sie sind überzeugt davon, etwas zu kennen, was sie nicht kennen können.
"Erkenntnis" im geistigen Sinne ist ja gerade NICHT das "Ich hab's" - es ist eher wie Bergsteigen - man setzt, dass über der Wolkenwand ein Gipfel ist (ist ja nicht selbstverständlich - könnte ja ein Tafelberg sein, der da aufhört, wo die Wolken anfangen) und "erkennt" mit jedem Schritt, dass es weitergeht - aber man erkennt den Gipfel nicht. So ist auch 1.Kor. 13,12 gemeint. "Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin". - Man erkennt also zu Daseins-Zeiten NICHT.

Darkside hat geschrieben: Aber die Stärke einer Überzeugung ist kein Maß für Wahrheit/Realität.
Ganz sicher richtig.

Darkside hat geschrieben:Wenn ein Beweis oder Beleg für einen Schöpfergott logisch widerspruchsfrei ist, müsste dieser Gott diesen ebenfalls akzeptieren – und damit, dass er selbst geschaffen wurde.
"Schöpfung" ist ein Vorgang und somit ein Geschehen in der Zeit. - Wenn etwas über der Zeit ist/wäre (das ist sogar physikalisch/mathematisch nachvollziehbar - Tipler), gäbe es dort keine Vorgänge, also auch keine Schöpfung. Wir müssen uns damit anfreunden, dass es Sein gibt, das mit unserem Verständnis nicht fassbar ist. - Mit anderen Worten: Es muss nicht sein, dass unsere Art logischer Schlussfolgerungen bindend zutreffend ist.

Darkside hat geschrieben:Es nützt nichts, wenn du es dadurch konterst, dass Gott nun mal "das Höchste" sei.
Das rutscht einen manchmal raus, ist aber streng genommen falsch. - Denn damit bindet man Gott in einen Komparativ ein - für ein Gottes-Bild geht das, für Gott geht es nicht. - Gott ist außerhalb des Maßes des Menschen.

Darkside hat geschrieben: Entweder, wir haben es mit etwas zu tun, was unendlich ist, dann lässt es sich, gleichgültig, wo es sich auf der Skala befindet, auch noch weiter steigern.
Nein - "unendlich" kann man genauso statisch definieren - als das ruhende Sein, aus dem alles kommt. - Würde man im Umfeld von Gott das Komparative zulassen, käme das einer Negation Gottes gleich.

Darkside hat geschrieben:Ebenfalls hast du nicht klären können, weshalb denn diese Verbindung zwischen "Geist" und Gehirn nicht festzustellen sein soll
Moment - im Dasein ist der menschliche Geist/die menschliche Existenz untrennbar verbunden mit dem Gehirn - das heißt: Es müsste neurologisch feststellbar sein, wo sich etwas im Hirn tut, wenn jemand transzendent denkt.

Das Missverständnis liegt woanders: Die einen denken, das Gehirn sei der Ursprung der geistigen Existenz, während andere denken, dass das Gehirn das Werkzeug ist, in dem sich im Dasein Geist darstellt. - Beide Versionen sind nicht falsifizierbar. Denn die Tatsache, dass man neurologische Nachweise für geistige (hier im Sinne von: transzendente) Vorgänge erbringen kann, sagt nichts darüber aus, ob das Gehirn Ursache oder Daseins-Werkzeug für Geist ist.

Darkside hat geschrieben:Bisweilen befindet es sich nämlich in unserer natürlichen Daseinswelt und unterliegt dessen Prinzipien.
Das Gehirn als physiologische Größe unterliegt selbstverständlich den Gesetzen der Physik.

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#5 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Scrypton » Mo 21. Jul 2014, 14:50

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob von Dingen/Objekten gesprochen wird, die für uns (ob Real oder innerhalb unserer Illusion) fassbar sind oder erdacht und ersonnen wurden!
Ja - es "IST" ein Unterschied.
Na also!

closs hat geschrieben:Das heisst
Dass du mal wieder eine Aussage, der oberen Aussage zugehörig ist abgeschnitten hast: Ob wir nun die Welt untersuchen oder unsere Illusion, die wir als Welt erachten; es nimmt sich nichts, der Vorgang des Erkenntnisgewinns bleibt der Selbe, naturwissenschaftlich sowie spirituell. Sich bewusst Dinge ausdenken und als gegeben zu behaupten ist hingegen, ebenfalls so oder so, etwas völlig anderes.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:ich halte deine Behauptung, es gäbe eine weitere Seins-Welt sowie ein intelligentes, übernatürliches geistiges Wesen, welches unsere Daseins-Welt erschaffen hat für unplausibel.
Kann sein
Nein, ist so: Ich halte deine Behauptungen hinsichtlich dazu für unplausibel.

closs hat geschrieben:das kann keiner von uns falsifizieren
Richtig, ebenso wenig wie für Kobolde, Feen oder allgemeine Dinge, die nicht existieren.
Die Frage also ist: Weshalb monatelang solche Behauptungen in dutzenden Themen aufstellen und verbissen zu verteidigen? Dadurch werden unwahrscheinliche Glaubensbilder auch nicht wahrscheinlicher als es das Fliegendes Spaghettimonster ist.

closs hat geschrieben:genauso wenig, wie man falsifizieren kann, dass es nur die Daseins-Welt gäbe.
Wenn es diese gäbe, würde prinzipiell erstmal nichts gegen die Möglichkeit einer Falsifizierung sprechen - es sei natürlich denn, man immunisiert seine behaupteten Inhalte immer wieder davor, wie du es tust. :)

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben: Pantheisten, Heiden etc. haben eine völlig  andere Definition von dem, was ein Gott ist.
Ja - Gottesbilder sind sehr verschieden - manche sind authentischer als die anderen.
Ich würde sagen: Keine einzige davon ist authentischer als eine andere; eine ist fantasievoller als die andere!

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Auch dein Versuch, eine "Parallelzeit" zu etablieren wird nicht funktionieren. "Gott lebt in seiner eigenen Zeit, die Welt in der ihren" ist nicht konsequent und logisch zu Ende gedacht. Denn damit diese Welt existieren kann, müsste ein Gott auch in der Zeit dieser Welt agieren: Bevor er das kann, müsste aber in der Welt erst mal schon Zeit vergehen. Ohne diese Zeit – und damit mit Raum, Materie und Energie – hätte Gott aber keine Zeit, um die Zeit zu erschaffen.
Man darf nicht in "Parallel-Zeit" sprechen, sondern in "Zeit" und "Über-Zeitlichkeit"
Überzeitlichkeit gibt es per Definition nicht. ;)
Dass du nun weitere haltlose Dinge behauptest, in denen du deinen (ebenfalls behaupteten!) Gott zu verstecken versuchst machts wirklich nicht besser.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Die Ausrede ist immer dieselbe: Es gibt Dinge, über die wir nichts wissen, aber unabhängig davon trotzdem existieren könnte (wie Einhörner).
Stimmt.
Ja, nur heißt dies, dass wir außer Spekulationen auch nichts darüber sagen können! Dass wir auch nicht sagen können, ob wir uns irren oder nicht. Willkürlich spirituelle Vermutungen als wahren Sachverhalt/Tatbestand auszugeben über Dinge, die man schon per Definition nicht wissen kann und auch nicht weiß, ist das Gegenteil von Aufrichtigkeit. Du kannst selbst davon überzeugt sein, was es nicht zur Lüge macht, wenn du die Behauptungen über Gott usw. aufstellst. Aber die Stärke einer Überzeugung ist kein Maß für Wahrheit/Realität.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Wenn du über das Übernatürliche sprichst, dann ist das etwas, was du per Definition nicht wissen kannst.
Aber nicht per Definition des Übernatürlichen
Du redest - mal wieder - am Geschriebenen vorbei: Wenn du über das Übernatürliche sprichst, dann ist das etwas, was du per Definition nicht wissen kannst.
Übernatürliche (und somit willkürliche/beliebige) HumptyDumpty-Definitionen sind hierbei völlig irrelevant.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Nein, sie haben erstmal die identische Setzung: Nämlich, dass die Wahrnehmung der Realität entspricht und die Mitmenschen keine Illusion sind!
Nein - es sind zwei gleich-stufige Setzungen.
Es ist ein und die selbe Setzung, weiterhin - nämlich, dass die Wahrnehmung der Realität entspricht und die Mitmenschen keine Illusion sind!

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Mit Erkenntnis-Findung/Gewinn hat man mit letzteren übrigens sowieso nicht. Überzeugung an den eigenen Glauben (die eigene "spirituelle" Vorstellung) macht noch keine Erkenntnis aus. Viele Menschen wie du verwechseln das mit Erkenntnis: Sie sind überzeugt davon, etwas zu kennen, was sie nicht kennen können.
"Erkenntnis" im geistigen Sinne ist ja gerade NICHT das "Ich hab's"
Mal wieder übergehst du das Dargelegte, übergehst den Kontext und beziehst dich mit Einzeiler auf aus dem Kontext gerissenen Einzeilern.
So wird das nichts.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Wenn ein Beweis oder Beleg für einen Schöpfergott logisch widerspruchsfrei ist, müsste dieser Gott diesen ebenfalls akzeptieren – und damit, dass er selbst geschaffen wurde.
"Schöpfung" ist ein Vorgang und somit ein Geschehen in der Zeit.
Ohne Zeit kann auch nichts geschöpft werden; da ein Geschehen, ein Vorgang zwingend Zeit benötigt!

closs hat geschrieben:Wenn etwas über der Zeit ist/wäre
... so ist/wäre es gleichbedeutend mit Nicht-Existenz - und gleichzeitig würde das bedeuten, dass Gott die Welt nicht geschaffen hat, da Gott handlungsunfähig wäre.

closs hat geschrieben:Wir müssen uns damit anfreunden, dass es Sein gibt, das mit unserem Verständnis nicht fassbar ist.
Weshalb müssten wir uns damit anfreunden, nur weil du es behauptest.
Ich finde nicht, dass ich mich mit deinen haltlosen Behauptungen anfreunden muss. Du solltest dich besser damit anfreunden, dass dein Wunsch bzw. dein Verlangen nicht erfüllt wird.

Nochmal: Das Hauptproblem all solcher Argumente deinerseits ist, dass sie einen unendlichen Regress implizieren: Wenn ein Beweis oder Beleg für einen Schöpfergott logisch widerspruchsfrei ist, müsste dieser Gott diesen ebenfalls akzeptieren – und damit, dass er selbst geschaffen wurde. Du kannst dieses Argument für dich zurückweisen, nur kannst du das auschließlich aufgrund der Tatsache machen, dass dieses (auch geistig/ontologisch) logisch fehlerhaft ist. Aber das bedeutet, dass ich solche Argumente auch nicht akzeptieren sollte, ob du nun willst oder nicht.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Entweder, wir haben es mit etwas zu tun, was unendlich ist, dann lässt es sich, gleichgültig, wo es sich auf der Skala befindet, auch noch weiter steigern.
Nein
Doch! :)
Es steht dir frei gegenteiliges zu belegen. Auch hier reicht es nicht, gegenteiliges nur zu behaupten.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Ebenfalls hast du nicht klären können, weshalb denn diese Verbindung zwischen "Geist" und Gehirn nicht festzustellen sein soll
Moment - im Dasein ist der menschliche Geist/die menschliche Existenz untrennbar verbunden mit dem Gehirn
Ja - das naheliegenste ist also, dass der Geist auf der Materie (dem Gehirn, dessen funktionale Leistungen, ...) beruht.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Bisweilen befindet es sich nämlich in unserer natürlichen Daseinswelt und unterliegt dessen Prinzipien.
Das Gehirn als physiologische Größe unterliegt selbstverständlich den Gesetzen der Physik.
Das Gehirn kann also nicht mit irgendwelchen von dir behaupteten "Geistern" in Verbindung stehen, welche wiederum in einer ebenfalls von dir behaupteten anderen Dimension/Seinswelt vorhanden sein sollen.
Wenn es das Gehirn doch kann, gibt es keinen Grund, weshalb diese Verbindung nicht auch naturwissenschaftlich nachgewiesen werden können sollte; oder warum/wie sollte es diese biologische Masse exklusiv schaffen, dies zu bewerkstelligen? Ist doch unsinnige Träumerei.

Noch immer gilt: Existenzen machen sich außerdem bereits dadurch aus, sich von anderen zu unterscheiden; man kann sie EINgrenzen. Unendlichkeit, Unfassbar, Unbegreiflich usw. trifft bis dato nur auf eines zu: Auf Nicht-Existenz bzw. auf "nichts".
Wenn man sagt, nichts ist unfassbar, unbegreiflich, dann ist das eine Aussage, die zum einen richtig ist aber ebenso auch leer und unbedeutend.

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sven23
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#6 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von sven23 » So 27. Jul 2014, 18:53

closs hat geschrieben: Eine weitere Komplikation: Man glaubt oft, dass die Naturwissenschaft aufgrund ihrer Objektivität von dieser Setzung ausgenommen sei. - Dies ist ein Irrtum, weil die Objektivität nur deshalb möglich ist, weil man VORHER "die Welt" als "Realität" gesetzt hat -

Das ist aber ein rein philosphisches Problem. In der Praxis spielt es keine Rolle, ob closs setzt, daß wir in der Matrix leben oder nicht. Die Ergebnisse sind die gleichen.
Das ist doch lediglich der untaugliche Versuch, zwei "Systeme" gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Dabei ist das eine Realität, das andere Phantasie. Das eine überprüfbar, das andere nicht.


closs hat geschrieben: Der Umstand, dass Naturwissenschaft auf dieser zweiten Ebene falsifizieren kann und geistiges Denken nicht, ist darin begründet, dass aufgrund der Setzung das Objekt der Naturwissenschaft ("die Welt") sich auf der selben Ebene befindet wie der Beobachter der "Welt" (der Naturwissenschaftler). Somit sind Phänomene des Objekts auf gleicher Ebene untersuchbar. - Bei geistigen Dingen ist dies anders, da das Objekt des geistigen Denkens (hier: "Gott") per Definition auf einer anderen Existenz-Ebene ist wie sein Beobachter.

Gerade da setzt Bertrand Russels Kritik am ontologischen Gottesbeweis an, der nur dann wahr sein könne, wenn es einen direkten Weg aus der Phantasie in die Realität gäbe. Diese Schnittstelle gibt es aber nicht, obwohl uns die Bibelschreiber gerade dies weismachen wollen, indem sie den Sohn Gottes auf der Erde wandeln lassen, Wunder vollbringend oder indem Gott selbst sich mittels seiner biblischen Protagonisten an das Volk in direkter Ansprache wendet.
Das passiert aber nur in der Bibel, in literarischer Form, abseits jeglicher Realität.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#7 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Pluto » So 27. Jul 2014, 19:36

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Eine weitere Komplikation: Man glaubt oft, dass die Naturwissenschaft aufgrund ihrer Objektivität von dieser Setzung ausgenommen sei. - Dies ist ein Irrtum, weil die Objektivität nur deshalb möglich ist, weil man VORHER "die Welt" als "Realität" gesetzt hat -
Das ist aber ein rein philosphisches Problem. In der Praxis spielt es keine Rolle, ob closs setzt, daß wir in der Matrix leben oder nicht. Die Ergebnisse sind die gleichen.
Das ist doch lediglich der untaugliche Versuch, zwei "Systeme" gleichberechtigt nebeneinander zu stellen. Dabei ist das eine Realität, das andere Phantasie. Das eine überprüfbar, das andere nicht.
Der Unerschied ist noch viel krasser.
Die Wissenschaft wendet den kritischen Rationlismus an um Erkenntnisse zu erlagen.
Da kann die Transzendenz nicht mithalten, denn transzendete Erkenntnisse können zu keine überprüfbaren Vorhersagen über die Welt führen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#8 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Demian » Do 31. Jul 2014, 01:57

Eigentlich beweist schon die Tatsache, dass wir über soetwas reden, dass Bewusstsein/Existenz eins sind und nur künstlich vom individuellen Geist unterschieden werden. Ebenso bildet jede Person ihre eigene Vorstellungswelt und Erlebnisrealität. Wenn wir vom personalen zum universalen Standpunkt wechseln, können wir dann sehen, dass die Wirklichkeit wirklich ein „Wir“belstrom aller Erlebnisrealitäten in der Realität ist. Eines haben diese Erlebnisrealitäten bei aller Verschiedenheit gemeinsam: Bewusstsein.

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#9 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Demian » Do 31. Jul 2014, 03:32

sven23 hat geschrieben:Das ist aber ein rein philosphisches Problem. In der Praxis spielt es keine Rolle, ob closs setzt, daß wir in der Matrix leben oder nicht. Die Ergebnisse sind die gleichen.

Eine Matrix ist (dem Wörterbuch nach) „etwas, das etwas anderes (schützend) umhüllt und in dem etwas entstehen kann“. Worin erscheinen, wodurch entstehen und wovon werden die Dinge umhüllt?

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#10 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Demian » Do 31. Jul 2014, 07:26

Pluto hat geschrieben:Die Wissenschaft wendet den kritischen Rationlismus an um Erkenntnisse zu erlagen. Da kann die Transzendenz nicht mithalten, denn transzendete Erkenntnisse können zu keine überprüfbaren Vorhersagen über die Welt führen.

Es kommt darauf an, was Du erstrebst.
Im Yoga geht es im Wesentlichen, um die Hingabe an Gott oder ein höheres Prinzip, was wohl für jeden Menschen ein erstrebenswertes Anliegen ist. Auch die Wissenschaft ist ein solches Prinzip. Darüber hinaus geht es um eine Veredelung und Entwicklung des Bewusstseins, in dem verschiedene Methoden der inneren Arbeit angewandt werden, beispielsweise im Hatha Yoga Techniken zur Energielenkung im Körper oder einzelne Techniken der Meditation und Sammlung, durch die in einem Prozess zunehmender Sammlung Körper und Geist gereinigt, in Einklang gebracht und schließlich Erleuchtung oder Befreiung erlangt werden soll (Samadhi).
Die Sinne werden nach innen zurückgezogen, sodass sich die Aufmerksamkeit auf die inneren Prozesse richtet, auf das bewusste Sein, wobei es wegweisende Grundprinzipien gibt die durch den geistlichen Weg vervollkommnet werden sollen: Wahrhaftigkeit, Gewaltlosigkeit, die Erlangung großer, innerer Stille und Gelassenheit, die Liebe zu allem und jeden, tiefer Frieden oder eine Klarheit und achtsame Präsenz des Geistes. In den Worten Patanjalis: „Yoga ist jener innere Zustand, in dem die seelisch geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen. Dann ruht der Sehende in seiner Wesensidentität.“
Darum geht man einen geistlichen Weg. ;)

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