#1 Existentialismus - Existenz geht vor Essenz
Verfasst: Do 27. Mär 2014, 06:58
Dieser Gedanke von Sartre hat mich oft beschäftigt: Die Existenz geht der Essenz voraus.
Auf den Menschen bezogen heißt das, zuerst existieren wir, und unsere Existenz bestimmt eher unser Lebenserlebnis als das was wir sind.
Wir sind Menschen, haben einen Körper, bestimmte äußerliche und innerliche Merkmale, eine Psyche. Doch diese Dinge machen für unser psychisches Erleben des Lebens weniger aus als das reine Faktum daß wir existieren. Für Sartre war das so daß der Mensch durch die Art seiner Existenz immer wieder in Angst verfällt. Wir sind nämlich zu einer freien Existenz verurteilt, und diese Freiheit ist aber nun schwer erträglich und erfaßbar. In der Essenz des Menschen, in seiner Seele, ist ein angelegter Wunsch nach einem guten und schönen Leben. Vor allem psychisch gesehen wollen wir uns oft glücklich fühlen und möchten "gut drauf" sein wie man in Sachsen sagt.
Doch die Existenz ist so daß wir zwar frei existieren, doch daß unsere Freiheit dann genaugenommen sehr fragwürdig ist. Ich bin zwar frei aus dem Haus zu gehen, doch ich habe keine Million Euros die es mir ermöglichen würden nach Afrika in den Urwald zu fahren und mir dort ein Haus zu bauen. Ich muß für so etwas erst 10 Jahre arbeiten gehen. Ich bin zwar frei in Gedanken, kann aber nicht alles realisieren was ich denke. Ich habe zwar das Leben, doch ich werde altern, krank werden und sterben müssen. Ich mag zwar eine Frau von Herzen lieben wollen, doch ob ich jemals meine große Liebe finden werde ist auch nicht klar.
Wir hören daß wir frei sind und freuen uns. Doch dann erweist sich die Freiheit selbst als so bedingt daß sie praktisch gesehen eine eingesperrte Freiheit ist. Der Mensch mag frei sein, aber dieselbe Freiheit die er ansatzweise schon hat ist dann doch eine Unfreiheit. Wir sind wie dieser Hund der einen Stecken über dem Rücken trägt an dem vor seinem Kopf eine Bratwurst hängt, und ewig läuft er der Bratwurst hinterher ohne sie erreichen zu können, obwohl er sie vor sich sieht und riecht. Und wenn man selbst Freiheit haben will muß man ständig Dinge tun die dem Geist der Freiheit doch widersprechen ... das heißt ich muß entweder kriminell sein, auf eine legale Weise jemanden betrügen, oder ich muß irgendwas arbeiten das ich gar nicht arbeiten will. Wenn hier jemand käme der sagte, ich nehme den Daniel als Sekretär und er soll meine Briefe übersetzen und für mich was organisieren in Berlin, da wäre ich froh und würde gerne arbeiten. Doch stattdessen muß ich vielleicht Bauarbeiter sein. Auch ist es so daß manche Menschen vielleicht lieber Kurzarbeit machen wollen um mehr Zeit für ihre Kinder oder Enkel zu haben. Andere wollen mehr arbeiten um mehr Geld zu verdienen. Doch der in Kurzarbeit muß dann Vollzeit arbeiten und der Vollzeitarbeiter muß in Kurzarbeit.
Unsere Freiheit wird durch unser sperriges Lebenschaos verdreht. Unsere Existenz ist so daß sie unsere Existenz selbst bedroht.
Hat Sartre nun Recht daß unsere Existenz allem vorausgeht und unsere Essenz bestimmt? Ich meine, nicht ganz, denn ich kann aus meiner Essenz die Mittel schöpfen die meine Existenz zu einem Großteil verändern können. Ich kann etwa sagen, da dies ein religiöses Forum ist, ich bin nicht einfach nur ein Existierender, ich bin ein Kind Gottes. Und als solches bin ich schonmal nicht allein. Meine Existenz und die Existenz Gottes kommen zusammen und so ist meine Freiheit auch verbunden mit der Freiheit Gottes. Ich kann sagen, ich habe diese Angst, aber sie kommt nicht aus meiner Existenzart oder aus meiner inkompletten Freiheit, sondern aus meiner Unreife. Denn so gut Sartre auch das Leben in der Welt erfaßt, erfaßt er doch nicht das Leben unter dem Himmel. Und er sieht nicht daß ein Mensch sich selbst durch seinen Geist ganz anders sehen kann als nur als der existierende Mensch.
Sollte Leben nicht doch anders sein als bloße Existenz? Solange ich ausschließlich für eine chaotische Freiheit und für einen endgültigen Tod bestimmt bin, dann ist vieles nichts, das stimmt. Doch was ist wenn ich ernstlich glauben kann daß ich für ein Leben MIT Gott und für ein ewiges Leben bestimmt bin das auch schon heute beginnt (ewiges Leben bedeutet Gott zu kennen, nach Jesus)? Man darf den Glauben nicht als einen gelegentlichen angenehmen Gedanken definieren, oder als eine bloße Annahme die man erst noch beweisen muß. Man muß den Glauben immer so sehr pushen daß der Glaube immer echter und akzeptierter und fester wird. Man glaubt dann an Gott nicht mehr als teleologische Hilfe sondern als konkrete reale Existenz der mir zugewandt ist, die bei mir ist. Gott ist dann, um Buber herzuzuholen, ein Du das mir jeden Tag begegnet. Wenn es gut tut, du, wenn es weh tut, du, immer ist es du...
Und Freiheit, ist das nicht eher ein gemeinsames Projekt als ein Zustand des Einzelnen? Erfahre ich Freiheit vielleicht eher als etwas das mir gegeben werden kann als als etwas das ich konkret und immer bin? Ist Freiheit vielleicht ein Same in uns der erst im Himmel reift und muß ich daher zwischen ganz verschiedenen Arten von Freiheit unterscheiden und die totale Freiheit sogar ablehnen da sie nur Illusion ist? Heute bin ich frei, morgen aber bin ich für die Liebe da. Oder, in dieser Stunde liebe ich, dann wieder habe ich eine Stunde sogenannte Freiheit. Freiheit bedeutet vielleicht nicht immer daß ich tun kann was ich gerne will, sondern daß ich fähig bin zu tun was ansteht.
In so einer Sicht wird die Essenz wichtig, nämlich daß ich fähig und kräftig und ausgerüstet bin für alles. Doch wo ist dann die Freude daß ich das was ich möchte auch tun kann? Muß ich vielleicht zurück in die Kantische Moral der Pflicht? Damit ich wenigstens Ruhe vor meinem eigenen zuckenden Herzen habe?
Auf den Menschen bezogen heißt das, zuerst existieren wir, und unsere Existenz bestimmt eher unser Lebenserlebnis als das was wir sind.
Wir sind Menschen, haben einen Körper, bestimmte äußerliche und innerliche Merkmale, eine Psyche. Doch diese Dinge machen für unser psychisches Erleben des Lebens weniger aus als das reine Faktum daß wir existieren. Für Sartre war das so daß der Mensch durch die Art seiner Existenz immer wieder in Angst verfällt. Wir sind nämlich zu einer freien Existenz verurteilt, und diese Freiheit ist aber nun schwer erträglich und erfaßbar. In der Essenz des Menschen, in seiner Seele, ist ein angelegter Wunsch nach einem guten und schönen Leben. Vor allem psychisch gesehen wollen wir uns oft glücklich fühlen und möchten "gut drauf" sein wie man in Sachsen sagt.
Doch die Existenz ist so daß wir zwar frei existieren, doch daß unsere Freiheit dann genaugenommen sehr fragwürdig ist. Ich bin zwar frei aus dem Haus zu gehen, doch ich habe keine Million Euros die es mir ermöglichen würden nach Afrika in den Urwald zu fahren und mir dort ein Haus zu bauen. Ich muß für so etwas erst 10 Jahre arbeiten gehen. Ich bin zwar frei in Gedanken, kann aber nicht alles realisieren was ich denke. Ich habe zwar das Leben, doch ich werde altern, krank werden und sterben müssen. Ich mag zwar eine Frau von Herzen lieben wollen, doch ob ich jemals meine große Liebe finden werde ist auch nicht klar.
Wir hören daß wir frei sind und freuen uns. Doch dann erweist sich die Freiheit selbst als so bedingt daß sie praktisch gesehen eine eingesperrte Freiheit ist. Der Mensch mag frei sein, aber dieselbe Freiheit die er ansatzweise schon hat ist dann doch eine Unfreiheit. Wir sind wie dieser Hund der einen Stecken über dem Rücken trägt an dem vor seinem Kopf eine Bratwurst hängt, und ewig läuft er der Bratwurst hinterher ohne sie erreichen zu können, obwohl er sie vor sich sieht und riecht. Und wenn man selbst Freiheit haben will muß man ständig Dinge tun die dem Geist der Freiheit doch widersprechen ... das heißt ich muß entweder kriminell sein, auf eine legale Weise jemanden betrügen, oder ich muß irgendwas arbeiten das ich gar nicht arbeiten will. Wenn hier jemand käme der sagte, ich nehme den Daniel als Sekretär und er soll meine Briefe übersetzen und für mich was organisieren in Berlin, da wäre ich froh und würde gerne arbeiten. Doch stattdessen muß ich vielleicht Bauarbeiter sein. Auch ist es so daß manche Menschen vielleicht lieber Kurzarbeit machen wollen um mehr Zeit für ihre Kinder oder Enkel zu haben. Andere wollen mehr arbeiten um mehr Geld zu verdienen. Doch der in Kurzarbeit muß dann Vollzeit arbeiten und der Vollzeitarbeiter muß in Kurzarbeit.
Unsere Freiheit wird durch unser sperriges Lebenschaos verdreht. Unsere Existenz ist so daß sie unsere Existenz selbst bedroht.
Hat Sartre nun Recht daß unsere Existenz allem vorausgeht und unsere Essenz bestimmt? Ich meine, nicht ganz, denn ich kann aus meiner Essenz die Mittel schöpfen die meine Existenz zu einem Großteil verändern können. Ich kann etwa sagen, da dies ein religiöses Forum ist, ich bin nicht einfach nur ein Existierender, ich bin ein Kind Gottes. Und als solches bin ich schonmal nicht allein. Meine Existenz und die Existenz Gottes kommen zusammen und so ist meine Freiheit auch verbunden mit der Freiheit Gottes. Ich kann sagen, ich habe diese Angst, aber sie kommt nicht aus meiner Existenzart oder aus meiner inkompletten Freiheit, sondern aus meiner Unreife. Denn so gut Sartre auch das Leben in der Welt erfaßt, erfaßt er doch nicht das Leben unter dem Himmel. Und er sieht nicht daß ein Mensch sich selbst durch seinen Geist ganz anders sehen kann als nur als der existierende Mensch.
Sollte Leben nicht doch anders sein als bloße Existenz? Solange ich ausschließlich für eine chaotische Freiheit und für einen endgültigen Tod bestimmt bin, dann ist vieles nichts, das stimmt. Doch was ist wenn ich ernstlich glauben kann daß ich für ein Leben MIT Gott und für ein ewiges Leben bestimmt bin das auch schon heute beginnt (ewiges Leben bedeutet Gott zu kennen, nach Jesus)? Man darf den Glauben nicht als einen gelegentlichen angenehmen Gedanken definieren, oder als eine bloße Annahme die man erst noch beweisen muß. Man muß den Glauben immer so sehr pushen daß der Glaube immer echter und akzeptierter und fester wird. Man glaubt dann an Gott nicht mehr als teleologische Hilfe sondern als konkrete reale Existenz der mir zugewandt ist, die bei mir ist. Gott ist dann, um Buber herzuzuholen, ein Du das mir jeden Tag begegnet. Wenn es gut tut, du, wenn es weh tut, du, immer ist es du...
Und Freiheit, ist das nicht eher ein gemeinsames Projekt als ein Zustand des Einzelnen? Erfahre ich Freiheit vielleicht eher als etwas das mir gegeben werden kann als als etwas das ich konkret und immer bin? Ist Freiheit vielleicht ein Same in uns der erst im Himmel reift und muß ich daher zwischen ganz verschiedenen Arten von Freiheit unterscheiden und die totale Freiheit sogar ablehnen da sie nur Illusion ist? Heute bin ich frei, morgen aber bin ich für die Liebe da. Oder, in dieser Stunde liebe ich, dann wieder habe ich eine Stunde sogenannte Freiheit. Freiheit bedeutet vielleicht nicht immer daß ich tun kann was ich gerne will, sondern daß ich fähig bin zu tun was ansteht.
In so einer Sicht wird die Essenz wichtig, nämlich daß ich fähig und kräftig und ausgerüstet bin für alles. Doch wo ist dann die Freude daß ich das was ich möchte auch tun kann? Muß ich vielleicht zurück in die Kantische Moral der Pflicht? Damit ich wenigstens Ruhe vor meinem eigenen zuckenden Herzen habe?