In der FAZ hat die Philosophin Nedda Hassel Moerch einen langen Artikel über den zwei Aspekte Monismus geschrieben, in dem die im thread Titel formulierte Frage diskutiert wird.
http://www.faz.net/aktuell/wissen/geist ... 97757.html
Der Artikel ist recht komplex und lang und sehr philosophisch, sachlich geschrieben, hat also keine erkennbaren weltanschaulichen oder religiösen Bezüge. Aber der Ansatz, mit dem die Frage behandelt wird, ist radikal und wird Novalis zu Freudensprüngen veranlassen.
Die Autorin legt zunächst dar, warum der Physikalismus, der ja hier im Forum von vielen vertreten wird, unvollständig sein muss. Der Physikalismus kann die grundlegende Frage nicht beantworten, wie sich ein Gefühl anfühlt. Das gilt seit Erfindung der Naturwissenschaft und gilt auch, egal wieviel wir von den physikalischen Wirkungen im Gehirn noch lernen.
Die Frage liegt jenseits der Physik, weil sie mit den Methoden der Physik nicht beantwortbar ist.
Sie bemerkt dann, dass die Physik ein ähnliches Problem hat. Die Physik beschreibt, WIE sich die Natur verhält, aber sie beschreibt nicht WAS die Natur ist. Die Frage nach "dem Ding an sich" wird nicht beantwortet.
Der zwei Aspekte Monismus umgeht das Problem, indem es die Denkrichtung umdreht. Nicht Bewusstsein als Konsequenz von Materie, sondern anders herum. Bewusstsein wird als die grundlegende Eigenschaft angesetzt, die physikalischen Eigenschaften werden nur wirklich im Licht eines Bewusstseins, das sie wahrnimmt. Im Artikel wird das folgendermaßen ausgedrückt.
und späterDiese Ansicht, dass Bewusstsein den intrinsischen Aspekt der physischen Realität konstituiert, läuft unter verschiedenen Namen. Einer der präzisesten ist „Zwei-Aspekte-Monismus“. Monismus im Kontrast zu Dualismus, wo Bewusstsein und Materie zwei fundamental verschiedene Substanzen oder Arten von Stoff sind. Dualismus gilt weithin als unwissenschaftlich, weil die Naturwissenschaften keine Belege geben für nicht-physische Kräfte, die das Gehirn beeinflussen
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Russells Zwei-Aspekte-Monismus versucht diesen Mangel zu beheben. Er akzeptiert, dass das Gehirn ein materielles System ist, das sich entsprechend den Gesetzen der Physik bewegt. Aber er fügt einen weiteren, intrinsischen Aspekt zur Materie hinzu, der von der extrinsischen Warte der dritten Person, wie ihn die Physik hat, verborgen bleibt und nicht durch eine rein physikalische Beschreibung gefasst werden kann. Doch obwohl sich dieser intrinsische Aspekt unseren physikalischen Theorien entzieht, entzieht er sich nicht unserem inneren Beobachten. Unser eigenes Bewusstsein konstituiert die intrinsischen Aspekte des Gehirns, und dies ist der Schlüssel zum intrinsischen Aspekt anderer physikalischer Dinge. In diesem Zusammenhang lässt sich Arthur Schopenhauers prägnante Antwort auf Kant paraphrasieren: Wir können vom Ding-in-sich-selber ebendeshalb wissen, weil wir es selber sind.
Ich muss zugeben, ich habe nicht alles verstanden und weiß noch nicht, was ich von diesen Gedanken halten soll.Für den Zwei-Aspekte-Monismus existiert die externe Welt vollständig unabhängig vom menschlichen Bewusstsein. Freilich würde sie nicht unabhängig von jeder Art von Bewusstsein existieren, weil alle physikalischen Dinge mit gewissen Formen von Bewusstsein ihrer selbst assoziiert sind, als ihre intrinsischen Realisierer, als ihre Hardware.
Aber die sachliche Art und Weise, wie die Gedanken vorgetragen werden, machen sie ernsthaft und man sollte sich mit ihnen (ebenso sachlich) auseinandersetzen.