Heidegger und kein Ende?

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#91 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von Pluto » Di 5. Mai 2015, 10:29

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:: Stimmt ja, wir nehmen alles als "seiend" wahr. Und dann frage ich mich: Was genau heißt denn das, zu sein?
Eben - und da sagt Heidegger, dass es immer eine ontologische Differenz zwischen "seiend" und "sein" gibt - dem als selbst-"seiend" Wahrgenommene geht das Sein voraus, aus dem das Seiende in der Wahrnehmung Ableitung ist. - Beides koinzidiert nie zu 100% - es gibt also eine Differenz.
Das könnte natürlich auf einfache Messfehler zurückzuführen sein. Beobachtungen sind IMMER mit solchen Fehlern behaftet.

Darin sehe ich ein großes Problem in der These von Heidegger (bzw. deiner Interpretation). Man kann nicht sagen dass da etwas ist und ihm auch noch einen Namen geben (ontologische Differenz), wenn man es nicht beobachten kann oder zu klein ist um messbar zu sein. Da muss man zunächst alle Messfehler erwägen und ausschließen, bevor man behaupten kann, es liege eine wirkliche Differenz vor.
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Savonlinna
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#92 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von Savonlinna » Di 5. Mai 2015, 10:54

Wie verstehst Du denn den Wikipedia-Artikel über Heidegger, Pluto, in dem hier strittigen Punkt?

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#93 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von closs » Di 5. Mai 2015, 11:59

Pluto hat geschrieben:Das könnte natürlich auf einfache Messfehler zurückzuführen sein.
So ist es wirklich nicht gemeint. - Auch wenn etwas ideal gemessen wäre, wäre es eine Wahrnehmung dieses speziellen Messgeräts, also eine Wahrnehmung des Seienden (das Sein ist Seiendes, sobald man es wahrnimmt - prinzipiell - zumindest verstehe ich es so).

Auch komme ich da gerne zurück auf ein Beispiel von Dir (das Du vielleicht selber noch mal erklärst): Die Farbe "grün" ist DESHALB grün, weil unsere Augen/unser Gehirn es so wahrnehmen. - Das "vor-gehende Sein" dieses "seienden Grün" wäre als die Grundlage dafür, dass unser Gehirn es überhaupt als "grün" erscheinen lassen kann.
Zuletzt geändert von closs am Di 5. Mai 2015, 12:59, insgesamt 1-mal geändert.

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NIS
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#94 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von NIS » Di 5. Mai 2015, 12:12

Die Wahrnehmung einer Farbe ist das subjektive Ergebnis unseres Gehirns.

Das heißt, die Farbe Grün wird von unserem Gehirn als eine eindeutige Information interpretiert, so dass wir die Farbe Grün immer wieder erkennen können. Jedoch bedeutet dies nicht, dass die Wahrnehmung der Farbe Grün bei allen Subjekten (Menschen) gleich wäre.

D.h. jedes Wesen verbindet mit der Farbe Grün eine andere visuelle Information!

Die objektive "Farbe" von Grün existiert wahrscheinlich nicht!

Bei jedem Subjekt hat die Farbe Grün eine andere "Farbe", eine andere Wahrnehmung, so dass mein buntes Bild von Welt nicht Dein buntes Bild von dieser Welt sein muss!

Mein Grün sieht anders aus als Dein Grün! ;)

Lasst uns über Farben streiten! :D
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#95 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von closs » Di 5. Mai 2015, 13:01

NIS hat geschrieben:Mein Grün sieht anders aus als Dein Grün!
Richtig - und nach meinem Verständnis sind diese Grüns "Seiende" eines "vorgängigen Seins" (nämlich dessen, was überhaupt ermöglicht, dass wir diese verschiedenen Grüns sehen können).

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#96 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von Pluto » Di 5. Mai 2015, 13:21

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das könnte natürlich auf einfache Messfehler zurückzuführen sein.
So ist es wirklich nicht gemeint. - Auch wenn etwas ideal gemessen wäre, wäre es eine Wahrnehmung dieses speziellen Messgeräts, also eine Wahrnehmung des Seienden (das Sein ist Seiendes, sobald man es wahrnimmt - prinzipiell - zumindest verstehe ich es so).
Ich weiß, dass du das nicht so meinst. Es ist aber in der Praxis so, denn idealisierte Messungen gibt es nicht.
Auch denke ich, dass man das Sein ohnehin nicht messen kann. Da halte ich mich lieber an die alten Philosophen und sage, "Traue nur deinen eigenen Augen".

closs hat geschrieben:Auch komme ich da gerne zurück auf ein Beispiel von Dir (das Du vielleicht selber noch mal erklärst): Die Farbe "grün" ist DESHALB grün, weil unsere Augen/unser Gehirn es so wahrnehmen. - Das "vor-gehende Sein" dieses "seienden Grün" wäre als die Grundlage dafür, dass unser Gehirn es überhaupt als "grün" erscheinen lassen kann.
Die Analogie mit den Farben hink gewaltig.
Grün ist das was wir empfinden, wenn gewisse Rezeptoren in unseren Augen auf Licht mit einer bestimmten Wellenlänge reagieren (ca. 450-500 nm).
Bild
[Quelle: http://www.code-knacker.de ]

Was ich damit sagen will, ist, dass energetisch unterschiedliche Lichtquellen einen wohl definierten Reiz unseres Wahrnehmungsapparats auslösen.
Dies stet natürlich ganz im Gegenteil zum Sein.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#97 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von Savonlinna » Di 5. Mai 2015, 13:35

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Entweder ich entscheide mich dafür, Heidegger verstehen zu wollen, oder Dich verstehen zu wollen.
Fange mal mit Heidegger an (der ist wichtiger) und behalte meine Interpretation im Hinterkopf.
Beim Lesen gibt es bei mir nur zwei: den Autor und mich. :D

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Denn mit ist sagt man ja etwas über ein Seiendes aus, das ist. Das Sein ist gerade nicht das Seiende.
Genau - exakt das spüre ich persönlich in der Praxis: "Das Sein ist gerade NICHT das Seiende".
Du sagst dieselben Wörter, meinst aber ganz anderes als ich. Das weiß ich, weil Du schon so viel über Deine Sicht geschrieben hast.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Aber Heideggers "es gibt sein" - und damit nähmen wir alles als seiend wahr
Moment - das wäre mir jetzt noch wichtig:

"Alles vom Sein, was wir wahrnehmen, ist seiend" - verstehst Du es genauso? - Dann sind wir wieder bei meiner Wahrnehmungs-Gleichsetzung im Sinne von: Alles, was seiend ist, erfahren wir durch Wahrnehmung. - Oder in Frageform: Wodurch soll Sein in Seiendem thematisiert werden, wenn nicht durch Wahrnehmung? - Was meinst Du?
Wo kommt dieses von mir blau unterlegte Zitat denn jetzt plötzlich her?
Du hast angefangen, mich zu zitieren und dann mitten im Zitat abgebrochen und mir eine neue Frage gestellt.
Wie soll ich da mitkommen? :x

Das hier hatte ich geschrieben, auf der Basis eines Wiki-Satzes:

Savonlinna hat geschrieben:Genau dieses Missverständnis - entstanden durch unsaubere Anwendung von Sprache - habe ich immer wieder versucht zu thematisieren.
"es gibt sein" ist eben etwas ganz Anderes als "das Sein ist".

closs hat geschrieben:Dann sind wir wieder bei meiner Wahrnehmungs-Gleichsetzung im Sinne von: Alles, was seiend ist, erfahren wir durch Wahrnehmung. - Oder in Frageform: Wodurch soll Sein in Seiendem thematisiert werden, wenn nicht durch Wahrnehmung? - Was meinst Du?
Durch Bewusstwerden. Ich kann mein Leben lang leben, ohne dass mir das überhaupt bewusst ist, dass es nicht selbstverständlich ist zu leben. PLötzlich "schmecke" ich, dass ich lebe.
Obiges Beispiel hinkt, aber ähnlich ist es mit "Der Stuhl ist oder existiert". Das kann einem plötzlich bewusst werden, dass ich alles ganz selbstverständlich als seiend wahrnehme. Es war schon immer da, aber plötzlich "schmecke" ich es auch. Und das ist das große philosophische Staunen, das einen überfallen kann.

Ich verstehe es also ganz anders als Du.

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Scrypt.on
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#98 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von Scrypt.on » Di 5. Mai 2015, 13:44

closs hat geschrieben:
Scrypt.on hat geschrieben:Durch eine Messung erst gibt es eine objektive Wahrnehmungsform.
Ich erkennen den Unterschied nicht.
Nun, Messung ist nicht gleich Wahrnehmung. Sondern DURCH die Messung wird etwas in ein Verhältnis gesetzt als Ausgabewert wahrgenommen. Man könnte es auch messen, die Messung aber nicht betrachten und ungeprüft verwerfen. Wenn also jene, welche die Messung durchführen, das Messergebnis nicht wahrnehmen.
Meinst du, das Messergebnis wäre dann von vorn herein ANDERS?
:D

closs hat geschrieben:
Scrypt.on hat geschrieben:Dass metaphysische Konstruktionen abstrakt sind?
Entscheidend ist nicht die Wahrnehmungsform, sondern "das, was ist".
Es spricht nichts dafür, dass diese metaphsyischen Konstruke "das, was ist" sind.
Außer deine Glaubenspfeiler, selbstverständlich. Aber auf diesen kannst du hier nie argumentativ zum Ziel kommen, da es letztlich subjektiv willkürliche Zirkelschlüsse sind.

closs hat geschrieben:Der Unterschied: Im metaphysischen Fall kann man es per Wahrnehmung nicht objektivieren - aber das ist doch dem wurscht, was der Fall ist.
Deshalb ist aber nicht alles (oder überhaupt etwas) metaphysische, was man sich ausdenken kann und an das in der Welt hier oder dort so geglaubt wird "der Fall". Da steht der eine Glaubenssatz gegenüber anderen gegensätzlichen. Dass du deine eigenen Glaubensgrundsätze als besser, logischer oder sinnvoller betrachtest als die von anderen, sofern sie mit den deinigen natürlich nicht zu vereinbaren sind, liegt in der Natur eben dieser Glaubensgrundsätze deinerseits selbst. Andernfalls würdest du ja deine Überzeugung verlieren.
Daher: Nicht relevant... *grins*

//Edit:
Bereits der Grundsatz, dass es überhaupt Metaphysisches gibt, ist nichts weiter als eine willkürliche Behauptung.
Zuletzt geändert von Scrypt.on am Di 5. Mai 2015, 13:51, insgesamt 2-mal geändert.

Pluto
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#99 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von Pluto » Di 5. Mai 2015, 13:49

Savonlinna hat geschrieben:Wie verstehst Du denn den Wikipedia-Artikel über Heidegger, Pluto, in dem hier strittigen Punkt?
Ich sehe das Sein als metaphysiches Konstrukt aus Heideggers Gedankenwelt. Philosophisch Interessant aber in Wirklichkeit hat das Sein (wie es m Artikel steht) keine unabhängige Existenz.
Mit dem Begriff des Daseins kann ich hingegen was anfangen. So halte ich mich an das was ich real erkennen kann, und nicht an gedachte metaphysische Konstrukte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#100 Re: Heidegger und kein Ende?

Beitrag von Savonlinna » Di 5. Mai 2015, 15:20

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wie verstehst Du denn den Wikipedia-Artikel über Heidegger, Pluto, in dem hier strittigen Punkt?
Ich sehe das Sein als metaphysiches Konstrukt aus Heideggers Gedankenwelt. Philosophisch Interessant aber in Wirklichkeit hat das Sein (wie es m Artikel steht) keine unabhängige Existenz.
Mit dem Begriff des Daseins kann ich hingegen was anfangen. So halte ich mich an das was ich real erkennen kann, und nicht an gedachte metaphysische Konstrukte.
Könnte es sein, dass Du hier die Interpretation von closs übernimmst, ohne den Artikel wirklich durchmeditiert zu haben?
Denn ich sehe in dem Artikel ganz etwas anderes als er, überhaupt nichts Metaphysisches.
Wo siehst Du da ein Konstrukt?
Ist das Dir nie passiert, dass Dir plötzlich bewusst wird: 'Stimmt ja, ich nehme alles als seiend wahr'? Wo wäre da was Metaphysisches? Wenn man plötzlich kapiert, wie man funzt als Mensch?

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