Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#91 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von closs » Do 26. Mär 2015, 22:10

ThomasM hat geschrieben:Hast du eigentlich mal deine Definition dieses "geistigen" Systems beschrieben?
Zunächst: Das ist Glaubensfrage, da dieses System nicht objektiv bestätigbar ist im Sinne des Kritischen Rationalismus.

EINE der Beschreibungen eines solchen geistigen Systems wäre bspw. das Christentum, dem materielle Systeme sub-ordiniert sind. WAS das christliche System ist, ist allerdings unterschiedlich benennbar - vielleicht EIN Grund-Satz:

Allmächtiger Gott, aus dem Materie und Zeit kommt. - Nachdem Du meines Wissens Christ bist, kannst Du dies sicherlich nachvollziehen. - Eine genaue Beschreibung würde den Rahmen sprengen - auf wenige Grundsätze beschränkt, würde ICH sagen:

a) Gott ist "Alles in Einem"
b) Gott ist die Aufhebung jeglicher Dialektik
c) Jesus ist die Überwindung der ontologischen Differenz.

Aber DAS nach und nach zu beschreiben, wäre mehr als abendfüllend.

barbara
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#92 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von barbara » Fr 27. Mär 2015, 06:39

ThomasM hat geschrieben: Ich meine, den Materialismus, bzw. die Naturwissenschaft kann ich in wenigen Absätzen charakterisieren. Da müsstest du doch auch das geistige System beschreiben können. Welche Setzungen gibt es, was folgt daraus logisch, wie schließt dein geistiges System das materielle ein?

Simpel: Geist ist die grundlegende *Substanz* von allem was ist, und Materie ist eine Sonderform/Unterkategorie davon.

gruss, barbara

Novas
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#93 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Novas » Fr 27. Mär 2015, 06:49

closs hat geschrieben:Ja - weil ich erkenne, dass Wissenschaft ein System ist UND es andere Wahrnehmung als die wissenschaftliche gibt[...]Unter geistiger Sicht aber ist das wissenschaftliche System ein untergeordnetes Wahrnehmungs-System (was ganz und gar nicht abschätzig gemeint ist)

Mich wundert es immer wieder, dass das nicht gesehen und akzeptiert wird, weil es eigentlich all unsre Gespräche enorm erleichtern würde (mal ganz davon abgesehen, dass es mehr Spaß macht, wenn man das Wahre-Gute-Schöne aus verschiedenen Perspektiven betrachtet). Deswegen macht das integrale Modell von K. Wilber Sinn: wir haben es immer mit grundsätzlich vier Perspektiven zu tun, die gemeinsam ein Ereignis oder Thema beschreiben (individuell/kollektiv – innerlich/äußerlich – das „Materielle“ der empirischen Ebene und das „Geistige“ der phänomenologischen Ebene).

ThomasM
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#94 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von ThomasM » Fr 27. Mär 2015, 13:21

closs hat geschrieben: Allmächtiger Gott, aus dem Materie und Zeit kommt. - Nachdem Du meines Wissens Christ bist, kannst Du dies sicherlich nachvollziehen. - Eine genaue Beschreibung würde den Rahmen sprengen - auf wenige Grundsätze beschränkt, würde ICH sagen:

a) Gott ist "Alles in Einem"
b) Gott ist die Aufhebung jeglicher Dialektik
c) Jesus ist die Überwindung der ontologischen Differenz.

Aber DAS nach und nach zu beschreiben, wäre mehr als abendfüllend.
Aber es fehlt immer noch die Logik, immer noch das Ziehen von Konsequenzen.
Wenn aus Gott Materie und Zeit kommt, ist dann Materie und Zeit von Gott verschieden? Sind Materien und Zeit von Gott getrennt nach dem Erschaffen?
Den Punkt, dass du rein logisch gar nicht sagen kannst, dass aus Gott die Zeit kommt, wenn Gott selbst nicht in "einer" Zeit ist, darüber hatten wir schon woanders diskutiert. Also hälst du tatsächlich gar nicht an der Logik fest, sondern schiebst deine Logik immer dann beiseite, wenn es dir gerade nicht passt. Auch keine systematische Art, Konsequenzen zu ziehen, bzw. innere Widersprüche deutlich zu machen.
Wie wirkt Gott in Materie und Zeit (das interessiert uns ja am meisten). Wie manifestiert sich Gottes Handeln? Wie verbinde ich Gottes Handeln mit dem, was wir Naturwissenschaft nennen?
Wenn - wie du behauptest - Naturwissenschaft deinem geistigen System untergeordnet ist, musst du diese Unterordnung beschreiben.

Dein a, b, c sind vielleicht für dich interessante Punkte, betrifft meines Erachtens aber lediglich eine reine philosophische Diskussion ohne jegliches Interesse für Menschen. Wo in aller Welt begegnet mir im täglichen Leben oder in meiner Beziehung zu Gott schon Onthologie oder Dialektik oder andere hochtrabende Worte für wenig Inhalt.

Gruß
Thomas
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ThomasM
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#95 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von ThomasM » Fr 27. Mär 2015, 13:27

Novalis hat geschrieben: wir haben es immer mit grundsätzlich vier Perspektiven zu tun, die gemeinsam ein Ereignis oder Thema beschreiben (individuell/kollektiv – innerlich/äußerlich – das „Materielle“ der empirischen Ebene und das „Geistige“ der phänomenologischen Ebene).
Das ist kein Modell, das ist eine Methode.

Wie jede Methode, kann sie richtig eingesetzt nützlich sein, hat aber ihre Grenzen und Beschränkungen. Es gibt Fragestellungen, bei denen man dann eine andere Methode nehmen muss.
Am Besten wäre natürlich, wenn du die Methode mal vorführst und sagst, was deine Methode bei der Frage Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft leisten kann.

Gruß
Thomas
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Novas
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#96 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Novas » Fr 27. Mär 2015, 19:37

ThomasM hat geschrieben:Das ist kein Modell, das ist eine Methode

Beides

Am Besten wäre natürlich, wenn du die Methode mal vorführst und sagst, was deine Methode bei der Frage Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft leisten kann

Es zeigt uns das Spektrum des Bewusstseins mit seinen verschiedenen Perspektiven und Dimensionen. Beispielsweise macht es keinen wirklichen Sinn die innere Dimension der Erfahrung (in der ersten Person – „Bewusstsein und Ästhetik“, wozu Kunst und Spiritualität gehören) auf das zu reduzieren, was objektiv messbar ist (in der dritten Person)

Entwicklung ist kein homogener und eindimensionaler Prozess, denn es sind immer verschiedene Entwicklungsebenen (kognitiv, emotional, sozial, spirituell usw.) daran beteiligt. Es existieren mindestens vier nicht reduzierbare Perspektiven (subjektiv, intersubjektiv, objektiv und interobjektiv), die wir in Betracht ziehen müssen, wenn wir einen Aspekt der Realität wirklich verstehen wollen.

Das integrale Modell beschreibt also grundsätzlich zwei Bereiche 1. die Innen- und Außenperspektive und 2. die Singular und Pluralperspektive, die nicht voneinander isoliert, aber auch nicht aufeinander reduziert werden können.

Wie jede Methode, kann sie richtig eingesetzt nützlich sein, hat aber ihre Grenzen und Beschränkungen. Es gibt Fragestellungen, bei denen man dann eine andere Methode nehmen muss.

Dem stimme ich zu.

Pluto
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#97 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Pluto » Fr 27. Mär 2015, 22:45

Novalis hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Das ist kein Modell, das ist eine Methode
Beides
Ausgeschlossen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#98 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von ThomasM » Sa 28. Mär 2015, 16:15

Novalis hat geschrieben:
Am Besten wäre natürlich, wenn du die Methode mal vorführst und sagst, was deine Methode bei der Frage Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft leisten kann
Es zeigt uns das Spektrum des Bewusstseins mit seinen verschiedenen Perspektiven und Dimensionen. Beispielsweise macht es keinen wirklichen Sinn die innere Dimension der Erfahrung (in der ersten Person – „Bewusstsein und Ästhetik“, wozu Kunst und Spiritualität gehören) auf das zu reduzieren, was objektiv messbar ist (in der dritten Person)
Lieber Novalis

Ich meinte jetzt nicht einen schlagwortartigen Werbespruch deines Lieblingsgeistlichen.

Ich meinte das jetzt ganz konkret für unsere Fragestellung, ausgearbeitet durch dich.
Was sagen die inneren Perspektiven zu dem Zusammenhang zwischen Metaphysik und Wissenschaft?
Was sagen uns die äußeren Perspektiven?
Wie passen die zusammen?

Ich möchte wegkommen von den allgemeinen Behauptungen / Visionen, hin zu einem konkreten Beispiel, wo du mal zeigen kannst, was deine Methode leisten kann oder nicht leisten kann.

Gruß
Thomas
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Novas
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#99 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Novas » Sa 28. Mär 2015, 22:01

ThomasM hat geschrieben:Was sagen die inneren Perspektiven zu dem Zusammenhang zwischen Metaphysik und Wissenschaft? Was sagen uns die äußeren Perspektiven?

Die grundsätzliche Aussage ist: einzelne Perspektiven, Methoden und Paradigmen sind Teil einer größeren Wahrheit (”true but partial”) und niemals selbst die ganze Wahrheit. Ein metaphysisches Weltbild definiert einen übergeordneten Erklärungsrahmen, in dem alle Bereiche berücksichtigt werden (deswegen ist sie auch so wichtig)
Das können wir mit diesen drei Fragen formulieren:
a) welche Erkenntnisgröße jede der Methoden hat (was sie erkennen kann)?
b) welche Erkenntnisgrenzen jede der Methoden hat (was sie nicht erkennen kann)?
c) wie alle Methoden zusammen hängen und zusammen wirken, um das Wesen und die Dimensionen und Aspekte von Wirklichkeit zu beschreiben?

http://integralesleben.org/il-home/il-i ... ismus-imp/

Ich meinte jetzt nicht einen schlagwortartigen Werbespruch deines Lieblingsgeistlichen.

Ich spreche hier einzig und allein aus meiner Perspektive, auch wenn ich mich auf die Gedanken anderer positiv beziehe.

ThomasM
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#100 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von ThomasM » So 29. Mär 2015, 13:46

Novalis hat geschrieben: Die grundsätzliche Aussage ist: einzelne Perspektiven, Methoden und Paradigmen sind Teil einer größeren Wahrheit (”true but partial”) und niemals selbst die ganze Wahrheit. Ein metaphysisches Weltbild definiert einen übergeordneten Erklärungsrahmen, in dem alle Bereiche berücksichtigt werden (deswegen ist sie auch so wichtig)
Ich denke, wir müssen uns da zuerst auf Begriffe einigen.

Methoden ist der Sammelbegriff des methodischen Vorgehens. Methoden gibt es viele, in der Regel dient eine Methode dazu, die Daten / Ideen/ Dinge zu sortieren, zu ordnen, eine Perspektive zu entwickeln. So wie eben auch deine Methode der 4 Standpunkte.
Der Defizit deiner 4 Standpunkte ist, dass wir zwar einen Blickwinkel definieren, wie wir etwas betrachten wollen, aber das ist zunächst einmal eine statische Methode. Statische Methoden sind gut, um eine Übersicht über komplexe Phänomene zu bekommen.
Was bei deiner Methode fehlt ist die Definition der Art und Weise, wie du Schlussfolgerungen ziehen willst. Das ist gerade bei den Webseiten, die du zitierst, besonders schlecht, denn dort werden Schlussfolgerungen gezogen, ohne dass gesagt wird, wie man dazu kommt. Das tut man oft nur, wenn man arglose Leser in die Irre führen will, nach dem Motto "selber denken unerwünscht". Nimm dir hier ein Beispiel an der Mathematik, wo es offen definierte Regeln zum Weiterdenken gibt, wie Induktion oder das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten.

Paradigmen sind Voraussetzungen, Grundannahmen, man kann auch Axiome dazu sagen. Hier wäre also zu fragen, welche Paradigmen du für das Verhältnis der Methaphysik mit der Wissenschaft annimmst? Wie sehen die aus? Wie verbinden sie die beiden Seiten? Was folgt daraus?

Wenn Metaphysik der übergeordnete Rahmen ist, wie sieht er aus? Wodurch definiert er sich? Was kann er, was Wissenschaft nicht kann? Wie kommen wir von der Metaphysik zur Wissenschaft?
Es sind dieselben Fragen, die ich auch closs gestellt habe. Bei ihm in Bezug auf seines Gottesbildes, bei dir - nun du hast es ja noch nicht formuliert.

Novalis hat geschrieben: Das können wir mit diesen drei Fragen formulieren:
a) welche Erkenntnisgröße jede der Methoden hat (was sie erkennen kann)?
b) welche Erkenntnisgrenzen jede der Methoden hat (was sie nicht erkennen kann)?
c) wie alle Methoden zusammen hängen und zusammen wirken, um das Wesen und die Dimensionen und Aspekte von Wirklichkeit zu beschreiben?

Und?
Wie sehen deine Antworten in Bezug auf unser Thema aus?

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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