#81 Re: Wege zur Erkenntnis
Verfasst: Mo 15. Feb 2021, 13:43
Naja, nur weil du rund um den "Ursprung von Existenz" neue Weltanteile behaupten möchtest, bedeutet das nicht, dass diese Anteile auch in Verbindung mit einem Menschen stehen.Spice hat geschrieben: ↑Wenn der Körper nicht der Ausgangspunkt für alles das was ist, sein kann, dann kann die Erforschung des Körpers - oder sogar nur des Gehirns (also noch beschränkter!), auch nichts über uns selbst oder das "große Ganze" aussagen.
Das, was vom Menschen da ist, ist der Körper, also ist das ein prima Ausgangspunkt, um seine Möglichkeiten zu erforschen.
Wie ich gesagt habe, ist ein Techniker so "bescheiden", dass er nur mit den Körperfunktionen auskommen möchte.
Eine Nicht-Erklärbarkeit ist schwach, wenn man noch kein Bild über das Funktionieren des Vorhandenen (Körpers) aufgebaut hat.Spice hat geschrieben:Doch. Schon durch die Empirie! - Es gibt genug Erfahrungen, die nicht naturwissenschaftlich erklärt werden können, also nach anderen als naturwissenschaftlichen Gesetzen funktionieren.
Wie ich gesagt habe, ein Techniker versucht alle Funktionen zu verstehen, bevor er die Lösung eines Rätsels dort nicht mehr verortet.
Das ist gnadenlos konsequent, klar, aber man kann sich felsenfest darauf verlassen, dass dadurch das Funktionieren bzw. das Nicht-Funktionieren eindeutig festgestellt werden kann.
Ich habe dir ja auch eine Erfahrung vorgelegt, nämlich die Erfahrung, dass weder du noch ich über die Ansteuerung von Neuronen und damit die Ansteuerung von Muskeln etwas aussagen können.
Experiment:
* Fahre mit deinem Finger horizontal neben dir eine Kreis-/Ellipsenbahn in der Luft nach - ruhig weit ausholen.
* Klar, das kannst du locker.
Nun ein paar Rätselfragen:
* Wie und wo hast du dich um die Gelenkstellung gekümmert?
* Wie und wo hast du dich um die, für die Bewegung notwendige Abstimmung der Muskulatur gekümmert?
Die Muskulatur rund um das Schultergelenk ist schon sehr kompliziert und diese verteilt zusammenwirkenden Muskelstränge jeweils mit exakt der richtigen Impulsrate (für die notwendige Muskelspannung) zu versorgen, so dass sich eine flüssige Bewegung der Fingerspitze ergibt, ist eine Aufgabe, die (ich behaupte das jetzt einfach mal) aktuell keine künstliche Steuereinheit bewerkstelligt (ein Knickarmroboter ist ein Witz gegen diese Aufgabe).
Keiner von uns beiden, weiss, was da jeweils im Körper vor sich geht.
Ein Nicht-Körperanteil, also ein "Steuerungsakteur", hat für diese Unwissenheit keinerlei Alibi.
Es gibt nur einen Kandidaten, der es tatsächlich nicht wissen kann und das ist der Körper selbst.
Du kannst gerne spektakuläre Überzeugungen von Menschen vorlegen über Situationen, die sie erlebt haben,
aber es werden immer nur Überzeugungen sein und auf diesem Gebiet solltest du dir z.B. "Agnosien" (z.B. "Körperteile gehören nicht zu mir") einmal anschauen und auch das "Anthon-Syndrom" (Blinde glauben Sehen zu können).
Oder wenn du möchtest, schau bei dir selbst nach, wie umfangreich deine Hoheit über deine Überzeugung ist:
Die Schräge die du laut deiner Überzeugung in diesem Bild vor dir hast, gibt es nicht.
Korrigiere deine Überzeugung!
=> Du kannst es nicht, du hast keinerlei Hoheit über den Ablauf deiner Wahrnehmungsreaktion.
Für einen Techniker steht damit fest, dass du (und natürlich auch ich) einer festgelegten Wahrnehmungsreaktion unterliegst (-> analog bei Agnosien und Anthon-Syndrom)
Die Frage ist also, wo und wie geht es um Festlegung?
Nun schau dir das Gehirn an:
durch die Verknüpfungen gibt es Reaktionspfade. Mehr als entlang dieser Pfade kann eine aktuelle Reaktion nicht ablaufen.
=> im Körper liegt also eine Festlegung vor -> damit wurde eine wahrnehmungsunabhängige Sachlage gefunden.
Egal welche Erfahrungen du nun vorbringst, ein Techniker kann auf Basis der existenziell vorhandenen Festlegungen immer begründen, dass diese wahrnehmungsabhängigen Aussagen nie einer verlässlichen Analyse entstammen können.
Du kannst nun Phänomene anbringen, wie du möchtest, du wirst dazu niemals das notwendige Analysewerkzeug liefern können.
Wahrnehmungsabhängige Aussagen können die Festlegung niemals durchbrechen - wenn du es nicht glaubst, dann versuche die "schrägen Linien" gerade zu sehen.
Nein, unsere Sprache ist vollständig körperlich.Spice hat geschrieben:Schon der Sprachgebrauch macht deutlich, dass wir nicht der Körper sind. Wir sagen: Ich habe einen Körper, eine Zunge, mein Kopf, meine Arme.
Bereits deine Subjektivität ist eine Perspektive zwischen Objekten, d.h. du nimmst einen Standpunkt ein (-> Konzept der Position) und eine Blickrichtung (-> Konzept von Richtung).
Du führst einen Gedankengang durch.
Du bist beim Denken beweglich/unbeweglich.
Beim Denken kannst du deine Haltung ändern.
Wenn du umdenken sollst, sagt man dir "sieh es doch mal so"
usw. usf.
Wie ich gesagt habe, ist alles für uns ein Objekt, d.h. wir sind geprägt auf eine Welt mit Objekten und wir sind Akteure in dieser Welt.
Die Behauptung eines Nicht-Körperanteils steht also zusätzlich zu all dem, was jetzt schon daran nicht mehr gelten kann, vor dem Problem, dass es in der Nicht-Körper-Welt auch Objekte geben müsste.
Ja, der Körper "steht dir zur Verfügung" und du fährst ja immer noch den Kreis mit deinem Finger nach und der einzige Kandidat, der dies durchführen kann, obwohl er gar nicht weiss, wie das geht, ist der Körper.Spice hat geschrieben:Nicht der Körper steuert mich, sondern der Körper ist ein autonomes System, wie mein Laptop, der mir zur Verfügung steht, damit ich mit ihm - innerhalb eines gewissen Rahmens - mit ihm tun kann, was ich will.
Der Körper ist kein mechanisches Gebilde, sondern ein Organismus aus unglaublich vielen, einzelnen Zellen, die Fähigkeiten haben.
Wenn du dir in den Finger schneidest, dann sind an dieser Stelle viele dieser Zellen betroffen und sie versuchen die Schadstelle auszugleichen.
Die Zellen haben an dieser Stelle die Funktion zu reparieren, aber der Gesamtorganismus kann zu dieser Funktion nicht so einfach die korrekten Zusammenhänge aufbauen -> der Körper weiss nicht, was an dieser Stelle vor sich geht.
Ähnlich ist es bei deiner Arm-/Schulterbewegung. Die Zellen funktionieren, jede auf ihre Art und spielen seit deinem Heranwachsen sehr gut miteinander zusammen.
=> der Körper ist der einzige Kandidat, der hier "steuert" und dabei nicht versteht, wie das geht.
Darüber zu sprechen wäre für mich spannend.Spice hat geschrieben: ↑Es gibt ja inzwischen auch einige neuzeitliche Philosophen, die die Unhaltbarkeit eines "wissenschaftlichen" Weltbildes aufzeigen, z.B. Thomas Nagel oder Markus Gabriel. Vielleicht sollte man sich mit denen einmal beschäftigen? Oder auch mit der Epigenese, die ja aufzeigt, wie seelische Inhalte auf die Physis, ja sogar auf die Gene einwirken. Da kann dann niemand mehr davon reden, dass Geist und Seele Epiphänomene seien.
"Thomas Nagel" -> "wie ist es eine Fledermaus zu sein?"
"Markus Gabriel" -> "Sinnfelder"
Das, was diese Philosophen liefern, ist alles wahrnehmungsabhängig -> d.h. ich werde als Techniker genau darauf achten, inwieweit die aufgeworfenen Fragen unberechtigte Annahmen enthalten.
Ich würde mich dieser Diskussion aber gerne stellen.