Pluto hat geschrieben:Ich frage mich allerdings, mit welcher Begründung manche die Empirie verurteilen.
Wer täte das? - Die Frage ist eine andere:
1) Reicht atomistische Empirie aus, um Gesamtzusammenhänge beurteilen zu können?
2) Darf sich Empirismus über Ontologie stellen?
Savonlinna hat geschrieben:Es ist immer bedenklich, etwas zu definieren, von dem man nichts weiß.
Insofern müsste man schweigen - sicherlich nicht die schlechteste Variante.
Die Frage wäre allerdings: Ist das Postulat, dass das Wort "Gott" nur dann Sinn macht, wenn Gott eine von unserer Wahrnehmung eigenständige Existenz ist, bereits ein definitorischer Eingriff?
Savonlinna hat geschrieben:Denen gräbst Du mit Deiner Definition das Wasser ab.
Wieso denn DAS? - Der Umstand, dass Sein und Wahrnehmung kategorial unterschiedlich sind, heisst doch nicht, dass man Gott nicht wahrnehmen kann.
Savonlinna hat geschrieben:Darum ist dein Unternehmen de facto eine Gottzertrümmerung.
Merkwürdig.
Savonlinna hat geschrieben:Und tust das, als sei Deine Prämisse bereits die Wahrheit.
Moment: Die Aussage "Ich bestehe darauf, dass Gott ist", wäre in der Tat eine Prämisse. - Meine Aussage ist (wieder in anderen Worten): "Gott ist ein Nichts, wenn er Produkt der Wahrnehmung ist" - Er ist also nur dann etwas, wenn er auch dann "ist", wenn er nicht erkannt ist. - Ich habe nicht die geringste Ahnung, was Dich daran erregt.
Savonlinna hat geschrieben: Dennoch wird Gott als unveränderlich behauptet.
In seinem Wesen JA. - Wenn dem nicht so wäre, wäre es vermutlich sehr, sehr schwierig, Gott zu erklären außer als Produkt der eigenen Entwicklung. - Dann hätte Feuerbach plötzlich recht.
Savonlinna hat geschrieben:Du schließt doch selbst in diesem Satz per definitionem aus, dass Gott eine Projektion ist.
Stimmt - es sei denn, die Sprachgemeinschaft definiert "Gott" im Sinne von Feuerbach. - Dann hätten wir halt den häufig vorkommenden Fall, dass ein Wort über semantische Shifts am Ende das Gegenteil bedeutet von dem, was es vorher bedeutet hat - siehe den Realitäts-Begriff im Universalienstreit und heute.
Deshalb müssen wir doch gerade "Gott" in einem gewissen Rahmen definieren - ansonsten sagt dann irgendjemand un-sanktioniert, dass "Gott" eine neue Automarke ist. - Dann haben wir endgültig Babel.
Savonlinna hat geschrieben:Und es gibt ja auch die Meinung, dass man das, was innerlich in einem zumindest potentiell enthalten ist, in eine außenstehende Gottfigur projiziert.
Natürlich - das klingt sehr normal. - Wahrnehmung ist Chiffre für das, was man wahrnimmt. - Dadurch entstehen Begriffe wie etwa "Vater" (auf Gott bezogen), weil dieser Begriff im Daseins-Leben erfahrungsgemäß besetzt sind. - Bist Du damit einverstanden?
Savonlinna hat geschrieben:dass er das Sein ist und dass er für die Wahrnehmung nicht zugänglich ist
Vielleicht habe ich mich dazu missverständlich ausgedrückt: Gott kann im Dasein nicht erkannt werden, wie wir von Gott erkannt sind. - Aber Gott kann mit unseren Mitteln wahrgenommen werden. - Hinwiederum "ist" Gott auch dann, wenn wir ihn NICHT wahrnehmen.
Savonlinna hat geschrieben:Willst Du eine Metatheorie aller dieser Wahrnehmungen aufstellen, hast Du kein Recht, vorher zu zensieren.
Warum unterscheidest Du dann zwischen "echten" und unechten Wahrnehmungen?
Savonlinna hat geschrieben:Du wolltest doch eigentlich wertneutral sein. Warum dann nicht fasziniert sammeln, was Menschen darunter verstehen?
Wertneutral ist lediglich, dass Gott ein Sein ist, das auch ohne unsere Wahrnehmung ist - damit wir eben nicht abrutschen in semantische Beliebigkeit ("Gott ist ein Stuhl"/"Gott ist meine Vorstellung von der Welt"/etc.). - Ansonsten kann man wertungsfrei sammeln.
Allerdings: Was machst Du, wenn einer wirklich sagt: "Gott ist ein Verteidiger von Borussia Dortmund" ("Kohler, Du bist ein Fussball-Gott") - dann würdest Du, wenn ich Dich richtig verstehe, diese Aussage als nicht "echt" bezeichnen (mit meiner Unterstützung) - hätten wir damit etwas falsch gemacht?
Savonlinna hat geschrieben:Wenn da bloß nicht immer das Wort "Sein" mitschwänge
Wir können auch "Realität" sagen - allerdings ist dieses Wort methodologisch besetzt (Kritischer Rationalismus). - Eigentlich wollte ich nur neutral sein - "Sein" ist das, was "ist" - ohne jegliche Wertung. - Der Baum im Wald "ist" - das Auto "ist" - Gott "ist".
Savonlinna hat geschrieben:Nicht für alle wahrnehmbar, aber wahrnehmbar sind sie.
Entspricht meinem Bild.
Savonlinna hat geschrieben: hält die Phantasie für das eigentlich Göttliche im Menschen
Wenn man unter Phantasie das versteht, was auf eigene Weise authentisch ist zu einer geistigen Realität, ist das ok. - Wenn man unter Phantasie die Schaffung einer solipsistischen Welt versteht, ist es aus meiner Sicht NICHT ok. - Es ist letztlich die Frage der Orientierung: Geht es Richtung geistige Realität/Gott oder Richtung Selbst-Maß/Selbst-Vergöttlichung.
Savonlinna hat geschrieben:Er versteht unter Phantasie aber keine launige Phantasterei, sondern - ich sage das mit meinen eigenen Worten - das Erspüren von inneren Bildern und Gestalten, die im Menschen ganz real leben, entweder als „Spukgestalten“ aus der Vergangenheit – im Sinne von altüberlieferten Vorurteilen oder Menschenbildern, die uns zu Hass führen können - oder als Gestalten, die gegenteilig dazu sind und uns dahin führen - im Sinne von positiven Anzeichen im Leben, was Tolkien mit „Licht“ symbolisiert.
Da scheinen wir uns sehr einig zu sein.
Savonlinna hat geschrieben:Eine Wissenschaft muss auch die Deutungen von Materialisten wertfrei in das System einbauen.
Wenn die Frage lautet "Welche Wahrnehmungssysteme gibt es?", stimme ich Dir zu. - Wenn die Frage lautet, " 'Ist' Gott "ist" oder ist Gott eine lediglich Wahrnehmungs-Projektion des Menschen?", stimme ich Dir nicht zu. - Anders gesagt: Es ist an sich ein Oxymoron, wenn der Materialismus innerhalb seines Systems von 'Gott' spricht - oder nicht?
Savonlinna hat geschrieben:Du verstehst "Sein" als das Höchste, was es gibt, und ich kann Dir da nicht folgen.
Viel einfacher:
1) "Sein" ist, was ohne unsere Wahrnehmung dasselbe ist.
DANN KOMMT LANGE NICHTS - und dann:
2) Gott ist Sein.
Savonlinna hat geschrieben:dass Du alle möglichen Formen, Gott zu verstehen, einer bestimmten philosophischen Denkschule unterordnest: der Ontologie.
Ja - aber nur in dem Sinne, dass zu unterscheiden ist zwischen Denkschulen, die Gott als Realität/Sein verstehen, und Denkschulen, die Gott als Projektion der Wahrnehmung verstehen. - Das ist eigentlich die einzige ontologische Aussage - alles andere ergibt sich von selbst.
Savonlinna hat geschrieben:Ich kenne keinen ernstzunehmenden Philosophen, der seine Lieblingsdenkrichtung zu der Einen Absoluten erhebt.
Ist es eine "PHilosophie", wenn man grundsätzlich zwischen Sein/Realität und Wahrnehmung unterscheidet? - Aus meiner Sicht ist es ein nüchternes Vorwort zu jeder Philosophie: Geht es um Sein/Realität oder um Wahrnehmung?
Wobei dieses Vorwort immer wichtiger zu werden scheint, weil Systeme dazu neigen, sich selber als Maßstab des Seins zu verstehen (bspw. der Materialismus, wenn er sagt: "Alles ist Materie - auch Geist"). - Genau das sollte aus meiner Sicht vermieden werden - das Sein/die Realität sollte als im besten Fall Wahrnehmbares verstanden werden - nicht aber sollte die Wahrnehmung als Maßstab verstanden werden, was Sein sein kann und was nicht.
Savonlinna hat geschrieben:Meine ständige Rede, dass es überhaupt nicht notwendig ist, einen Gottesbegriff zu haben, übersiehst Du.
Das übersehe ich NICHT - mir geht es ausschließlich darum, dass das Eigene in Bezug zu Gott definiert wird als Bezug zu einem Sein/einer Realität und nicht zu einer Projektion.
Savonlinna hat geschrieben:Gefällt es Dir nicht, dass jeder Mensch etwas anderes unter Gott versteht
Wenn es authentisch zu dem ist, was Gott ist, sind der Variabilität keine Grenzen gesetzt. - WAS Gott ist, muss man dazu nicht wissen - allein die Ausrichtung auf Gott als Realität ist ausreichend.
Savonlinna hat geschrieben:Ursprünglich dachte ich, ich könnte zu Deinen Ideen etwas beitragen.
Hast Du bereits zuhauf - allerdings weiss ich bis heute nicht, ob Du Christ(in?) bist oder nicht.
Savonlinna hat geschrieben:Darum lasse ich das Thema jetzt fallen.
Dann meineseits herzlichen Dank für das Bisherige - und Du weisst ja: Alles Wichtige kommt eh von alleine wieder hoch.
