Wahrnehmung und Setzung

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Demian
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#81 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Demian » Sa 3. Mai 2014, 04:45

closs hat geschrieben:Frage in die Runde: Welches Wort gibt es dafür, dass eine Wahrnehmung weder rein subjektiv noch intersubjektiv ist - konkret: dass viele Menschen in allen Zeiten dasselbe erkennen.

BEWUSSTSEIN :Herz: Frei nach Maharaj: Die Quelle kümmert sich nicht um die Launen des Flusses. Weshalb kommen die Menschen so gerne auf die Idee, ihr kleines und vergängliches Wellenspiel wichtiger zu nehmen, als den Ozean? DORT - im Herzen des Ozeans - ist Wahrheit.

closs
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#82 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Sa 3. Mai 2014, 09:00

sven23 hat geschrieben: z. B. wird Lachen auf der ganzen Welt verstanden.
Das ist eine naturalistisch nachweisbare Größe, die Du deshalb verstehst. - Nur: Wie unterscheidest Du naturalistisch zwischen ironischem, befreitem, hämischen, schadenfrohen, etc. Lachen? - Mit anderen Worten: Es gibt "das Lachen", das inhaltlich komplett unterschiedlich besetzt sein kann. - Wäre das Unterschiedliche als "Willkür" zu bezeichnen?

sven23 hat geschrieben:Ohne Willkür wäre keine Religion entstanden.
"Willkür" (was ja aus den Wortstämmen "wollen" und "küren" - also wählen- besteht), bezieht sich auf die Art der Vorstellung - der Zielpunkt ist aber oft/meistens derselbe: Das Sein über dem Dasein.

Richtig ist, dass der Mensch in spirituellen Dingen oft das Falsche "wählen will". - Aber auch, wenn er das Richtige wählt, kann es in der Vorstellung des Menschen komplett unterschiedlich dargestellt sein - man nehme (als willkürliches Beispiel) den Fruchtbarkeitsgedanken, der auf ganz unterschiedliche Weise durch die Venus von Willendorf oder die Heilige Maria dargestellt ist - aber gemeint ist eben dasselbe.

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sven23
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#83 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von sven23 » Sa 3. Mai 2014, 09:12

closs hat geschrieben:Das ist eine naturalistisch nachweisbare Größe, die Du deshalb verstehst. - Nur: Wie unterscheidest Du naturalistisch zwischen ironischem, befreitem, hämischen, schadenfrohen, etc. Lachen? - Mit anderen Worten: Es gibt "das Lachen", das inhaltlich komplett unterschiedlich besetzt sein kann. - Wäre das Unterschiedliche als "Willkür" zu bezeichnen?

Auch das läßt sich in alllen Kulturen ausdifferenzieren und wird überall verstanden, also eine Art genetisch und kulturell ausgeprägte Ausdrucksform. Selbst Schimpansen kennen das Lachen, allerdings nicht das schadenfrohe Lachen, dafür fehlen ihnen die cognitiven Fähigkeiten.

closs hat geschrieben: "Willkür" (was ja aus den Wortstämmen "wollen" und "küren" - also wählen- besteht), bezieht sich auf die Art der Vorstellung - der Zielpunkt ist aber oft/meistens derselbe: Das Sein über dem Dasein.


Das Sein über dem Dasein ist aber auch das einzig verbindende, geboren aus dem Unverständnis über die Welt oder aus dem Wunsch, daß es so sein möge.
Als Beleg für die Richtigkeit dieser Wünsche hat es keinerlei Bedeutung.
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#84 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Sa 3. Mai 2014, 10:01

sven23 hat geschrieben:Das Sein über dem Dasein ist aber auch das einzig Verbindende
Stimmt.

sven23 hat geschrieben:geboren aus dem Unverständnis über die Welt oder aus dem Wunsch, daß es so sein möge.
Man muss nicht immer werten: das Phänomen zählt.

sven23 hat geschrieben:Als Beleg für die Richtigkeit dieser Wünsche hat es keinerlei Bedeutung.
Wie in vielen anderen Fällen auch: Die Mechanik des Naturalismus bedingt, dass Nicht-Objektiv-Nachweisbares irrelevant ist. - Für das, was der Fall ist, ist diese Mechanik nicht maßgeblich.

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sven23
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#85 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von sven23 » Sa 3. Mai 2014, 10:08

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:geboren aus dem Unverständnis über die Welt oder aus dem Wunsch, daß es so sein möge.
Man muss nicht immer werten: das Phänomen zählt.
Wenn man verstehen will, warum das Phänomen entstanden ist und dann in den Kulturen tradiert wurde, ist das schon sehr wichtig.
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#86 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Sa 3. Mai 2014, 10:16

sven23 hat geschrieben:Wenn man verstehen will, warum das Phänomen entstanden ist und dann in den Kulturen tradiert wurde, ist das schon sehr wichtig.
Wenn man das "Warum" verstehen will, ist es natürlich wichtig. - Aber vor dem "Warum" steht das "Was".

Und diese Reihenfolge scheint verlernt worden zu sein. - Man konstruiert aus SEINEM System ein "Warum", ohne vorher das "Was" verstanden zu haben. - Noch mehr: Man meint wahrscheinlich, man könne über das Eigen-Warum das Wesen des Was verstehen.

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sven23
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#87 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von sven23 » Sa 3. Mai 2014, 10:34

closs hat geschrieben: Wenn man das "Warum" verstehen will, ist es natürlich wichtig. - Aber vor dem "Warum" steht das "Was".

Und diese Reihenfolge scheint verlernt worden zu sein. - Man konstruiert aus SEINEM System ein "Warum", ohne vorher das "Was" verstanden zu haben. - Noch mehr: Man meint wahrscheinlich, man könne über das Eigen-Warum das Wesen des Was verstehen.

Das "Was" läßt sich sowieso schlecht bewerten, deshalb sollte zunächst mal das "warum" begriffen werden. Zudem ist das "Was" ja längst nicht auf alle gleichmäßig verteilt. Immer mehr negieren das "Was". Würden alle es negieren, würde es auch verschwinden. ;)
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#88 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Sa 3. Mai 2014, 11:09

sven23 hat geschrieben:Das "Was" läßt sich sowieso schlecht bewerten, deshalb sollte zunächst mal das "warum" begriffen werden.
:lol: :lol: :lol: Das war sehr ehrlich.

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#89 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Pluto » Sa 3. Mai 2014, 12:12

sven23 hat geschrieben:Das "Was" läßt sich sowieso schlecht bewerten, deshalb sollte zunächst mal das "warum" begriffen werden.
Wieso denn?
Das "Was" ergibt sich doch aus der Beobachtung — gucken kann doch jedes Kind — danach fragt man, "was ist das?"
Schwieriger wird es in der Transzendenz.
Aber dafür sind nicht Wissenschaftler sondern Esoteriker zuständig, die mit ihren "Luftkränen" in der Lage sind ganze virtuelle Landschaften zu errichten, ohne jemals auch nur eine Sekunde inne zu halten, und zu fragen, WARUM sie es überhaupt tun.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#90 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Sa 3. Mai 2014, 13:44

Pluto hat geschrieben:Das "Was" ergibt sich doch aus der Beobachtung
Daraus ergibt sich ein Aspekt, aber keine umfassende Antwort. - Die Frage "Was ist das?" wird immer pragmatisch und/oder system-immanent (also im Sinne eines Wahrnehmungs-Systems) beantwortet.

Pluto hat geschrieben:Schwieriger wird es in der Transzendenz. Aber dafür sind nicht Wissenschaftler sondern Esoteriker zuständig, die mit ihren "Luftkränen" in der Lage sind ganze virtuelle Landschaften zu errichten, ohne jemals auch nur eine Sekunde inne zu halten, und zu fragen, WARUM sie es überhaupt tun.
Es gibt in der Tat das Problem, dass der Umgang mit dem Transzendenten sehr undiszipliniert geschehen kann, gerade weil es nicht naturwissenschaftlich objektivierbar ist. - Daraus darf man aber nicht schließen, das Transzendente sei virtuell. - Man muss unterscheiden zwischen "Geist" und "Nichts" - merkwürdigerweise wird das oft verwechselt.

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