ThomasM hat geschrieben:
Das Problem ist doch, dass auch die biblischen Texte in einem bestimmten zeitlichen, kulturellen und sozialen Kontext geschrieben wurden. Die Aussagen dort sind indirekte Wahrnehmungen Gottes, also Aussagen der Menschen damals über Gott, wie sie Gott gesehen haben.
Ich habe andere zeitliche, kulturelle und soziale Kontexte. Es ist derselbe Gott, aber ich sehe ihn einfach anders.
Ok.
Und er hat zwar betont, dass Glaube etwas ist, was sich nicht mit der griechischen Philosophie erfassen lässt (Torheit), er hat aber trotzdem die Methoden seiner Zeit ausgenutzt, um für den Glauben zu argumentieren. Er hat die Weisheit der griechischen Philosophen benutzt, aber nicht für ungültig erklärt.
Er hat diese griechische Weisheit sehr vorsichtig und untergeordnet benutzt. Aber er sagte auch klar, dass man, wenn man auf diese Weisheit setzt, Gottes Weisheit nicht erkennt.
Heute ist griechische Philosophie Vergangenheit, heute geht es um Naturwissenschaft. Das Problem ist dasselbe, Glaube lässt sich durch Naturwissenschaft nicht beweisen oder widerlegen. Trotzdem sind die Methoden der Naturwissenschaft gültig und wegen eines Glaubens diese als nichtig zu erklären, ist falsch.
Es geht um die Haltung. Du kannst nicht zwei Herren dienen. Wenn du auf der Weisheit der Naturwissenschaften bestehst, wirst du die Weisheit Gottes verfehlen. Ich sage nicht, dass Naturwissenschaft nichtig sei, ich sage, dass sie im Weg stehen kann, wenn man sie zu wichtig nimmt.
Solange man an den oberflächlichen Worten der Bibel hängt, wird man in einer Schleife der Vergangenheit hängen bleiben, Gott wird zu einem toten Gott. Aber wenn man hinter den Sinn der Worte blickt, wird man viel für heute lernen.
Genau!
Wenn wir glauben, dass Wunder und Naturgesetze etwas Gegensätzliches sind, dann sieht man die Natur als etwas, was nicht zu Gott gehört, etwas Gott-Fremdes. Der Schritt dahin, Gott als der Natur untergeordnet zu sehen ist dann nur noch klein.
Nein, Naturgesetze sind Wunder, sie sind Taten Gottes.
Sie sind berechenbare, vorhersagbare, intersubjektiv erlebbare Taten Gottes.
Ja, sicher. Gott hat auch die Naturgesetze erschaffen. Und dies ist auch etwas Wunderbares. Aber es ist mE eine untergeordnete Ebene des Handeln Gottes.
Daneben gibt es auch noch die subjektiven, individuellen, einzelnen Taten Gottes, die sich der naturwissenschaftlichen Beschreibung entziehen. Diese magst du meinetwegen Wunder nennen, aber das Wort wurde so oft missbraucht und missverstanden, dass ich es inzwischen nicht mehr mag.
Wie würdest du denn diese Taten nennen? Sie kommen übrigens auch kollektiv vor (nicht nur individuell).
Aber weil Naturgesetze erlebbare Taten Gottes sind, verschwinden sie zwangsläufig, wenn man sich Gott wegdenkt.
Hm, das ist schon richtig. Aber mir scheint, dass du mit dieser Minimal-Haltung nur einen kleinen Schritt vom Unglauben entfernt bist. Da fehlt nicht mehr viel.
Du darfst ja nicht vergessen, dass genau diese Versessenheit auf Naturwissenschaft, insb. Theorien wie die Evolution maßgeblich zum neuzeitlichen Atheismus beigetragen haben. (vgl. zB Richard Dawkins). Wenn die Naturgesetzlichkeit auch unabhängig von Gott funktioniert und verstehbar ist, dann braucht es bald auch keinen Gott mehr. Und warum sollte man zu so einen Gott beten, wo doch seine Naturgesetze unabhängig von Gebeten funktionieren?
LG lovetrail