Jeder versucht, ein möglich authentisches Bild von der "Realität" zu finden. - Dabei entwickelt der Naturalist seinen Glauben auf einer anderen Ebene als bspw. der Christ - das wäre meines Erachtens eine wertfreie Formulierung dessen, was Du sagst.Münek hat geschrieben: Jedem das Seine...jeder bastelt sich seinen Gott.
Was ist Hermeneutik?
#61 Re: Was ist Hermeneutik?
#62 Re: Was ist Hermeneutik?
Ganz im Gegenteil... Ich verbanne sie in die Fantasie des Autors (und einige seiner Leser).Thaddäus hat geschrieben:Damit gestehst du zu, dass Frodo, Harry und Mjöllnir, der Hammer des Thor, ebenso wie Einhörner also in einer gewissen Weise doch existieren.Pluto hat geschrieben: Nee... Sie sind Karikaturen der Welt, und existieren nur in den Gedanken der Autoren und ihrer Leserschaft.
Danke. Mehr wollte ich eigentlich gar nicht hören/lesen.Thaddäus hat geschrieben:Ich bestreite nicht, dass Frodo, Harry und der Hammer des Thor nicht als physische, gegenständliche und vermessbare Dinge in der Welt existieren. Natürlich tun sie das nicht.

Unser closs würde das eine "Chiffre" nennen. Ich bin da pragmatischer, und nenne es die Welt der Fantasie.Thaddäus hat geschrieben:Auch, wenn man Frodo, Harry, den natürlichen Zahlen, dem Satz des Pythagoras oder dem Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch keine Existenz zusprechen will, so bleibt es doch eine Tatsache, dass sie - in irgendeiner Weise - alle zu dieser Welt gehören, denn es können über sie wahre Aussagen gemacht werden, die Tatsachen in dieser Welt darstellen (in welcher auch sonst?).
Dadurch, dass Frodo, Zahlen, Logik, Harry und Mjöllnir nicht unter den obigen Existenzbegriff fallen, sind sie darum nicht nichts und gehören also nicht zu dieser Welt. Denn ganz offensichtlich gehören sie - irgendwie - zu dieser Welt und zur Realität, und dies abzustreiten ist kontrafaktisch und offensichtlich auch absurd.
Wenn du das daraus folgern möchtest, darfst du das natürlich, Thaddäus.Thaddäus hat geschrieben:Und damit ist klar, dass die Summe aller wahren Aussagen der Physik über die Welt, nicht identisch ist mit der Summe aller wahren Aussagen über die Welt!
Ich halte es ein bisschen wie Des Kaisers neue Kleider, oder wie es Shakespeare so treffend in Macbeth (Akt V, 5 Szene) sagt
- Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht
Sein Stündchen auf der Bühn' und dann nicht mehr
Vernommen wird; ein Märchen ists, erzählt
Von einem Blödling, voller Klang und Wut,
Das nichts bedeutet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
#63 Re: Was ist Hermeneutik?
closs hat geschrieben:Jeder versucht, ein möglich authentisches Bild von der "Realität" zu finden. - Dabei entwickelt der Naturalist seinen Glauben auf einer anderen Ebene als bspw. der Christ - das wäre meines Erachtens eine wertfreie Formulierung dessen, was Du sagst.Münek hat geschrieben: Jedem das Seine...jeder bastelt sich seinen Gott.
Geht es hier um "wertfreie" Formulierungen?
Ich bitte Dich, lieber Kurt, nicht jeder Mensch braucht einen Gott, der ihn zur Unsterblichkeit verhilft.
Das was Dich plagt, plagt nicht jeden Menschen... Das ist die Wahrheit. Sonst nichts!
#64 Re: Was ist Hermeneutik?
TOTGEIL! Müneki!Münek hat geschrieben:Das was Dich plagt, plagt nicht jeden Menschen... Das ist die Wahrheit. Sonst Nichts!

Er fürchtet das Nichts!

#65 Re: Was ist Hermeneutik?
Zumindestens in erster Linie. - Man muss doch erstmal eine weltanschaulich unkontaminierte Bedeutung erkennen, bevor man sie weltanschaulich einsetzt.Münek hat geschrieben:Geht es hier um "wertfreie" Formulierungen?
- Savonlinna
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#66 Re: Was ist Hermeneutik?
Pluto hat geschrieben:Um alte Wunden in den Gedanken der Menschen nicht aufzureißen.Savonlinna hat geschrieben:Was meinst Du, warum "braune Literatur" so lange verboten war? Weil sie ganz real Menschen beeinflusst.
Pluto hat geschrieben:Selbstverständlich. Da stimme ich dir voll zu.Savonlinna hat geschrieben:Genauso ist es bei wirklich guten Büchern. Sie schärfen differenziertes Denken.
Pluto hat geschrieben:Ja, Geisteserzeugnisse können Menschen verderben.Savonlinna hat geschrieben:Also glauben gerade Neo-Atheisten an die Realität von Geisteserzeugnissen.
Savonlinna hat geschrieben:Also bewirken sie Realität, sie haben Wirkungskraft.
Sie sind also nicht nicht.
Fazit:
Da geistige Erzeugnisse also zugstandenermaßen Wirkungskraft haben, haben sie eine bestimmte Existenz.
Dass sie in einer anderen Form da sind als du und ich, ist selbstredend; aber vorhanden sind sie. Man kann sich ja sogar über Frodo unterhalten.
Das könnte man nicht, wenn sie nicht irgendwie vorhanden wären, in rein immaterieller Form.
Wir können nachweisen, dass diese Figuren in ihrer immateriellen Form existieren.
Wir können sogar nachweisen, dass die Idee der Demokratie existiert, obwohl sie niemals materielle Form annimmt.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Fr 6. Nov 2015, 11:23, insgesamt 2-mal geändert.
#67 Re: Was ist Hermeneutik?
Hm, ganz offensichtlich verstehst du das Problem deines Exitenzbergriffs (bzw. Quines) immer noch nicht.Pluto hat geschrieben: Nee... Sie sind Karikaturen der Welt, und existieren nur in den Gedanken der Autoren und ihrer Leserschaft.
Aber bevor ich es zum 3. Mal versuche, zwei grundsätzliche Klarstellungen zum allgemeinen Diskussionsverhalten:
Wenn ich in unserem Zusammenhang Quine und Wittgenstein erwähne, die zwei konträre ontologische Auffassungen vertreten, dann deshalb, weil ich unser philosophisches Thema dadurch in einen historischen und argumentativen Zusammenhang stelle, Zusammenhänge also vertiefe. Wem Quines Position zum Existenzbergiff gefällt, weiß nun, dass er sich bei Quine weiter erkundigen kann; wem Wittgensteins Def. der Welt als die Gesamtheit von Tatsachen und nicht von Dingen interessant findet, weiß nun, dass Wittgestein im Tractatus etwas dazu geschrieben hat. Ich werde auch in Zukunft den Teufel tun und auf das Herstellen von solchen Zusammenhängen verzichten, weil sie dich etwa stören könnten. Wie du selbst richtig verstanden hast, widersprechen sich beide Autoren, weshalb ich sie logischerweise auch nicht zur Stützung meiner These im Sinne eines argumentum ad auctoritatem verwende, denn beide sind Schwergewichte in der Philosophie. Und falls du ein Problem damit hast, dass ich diese philosophiehistorischen Zusamenhänge kenne und zum Besten gebe, dann ist das allein dein Problem, nicht meines.Pluto hat geschrieben: Du musst nicht mit Namen wie Quine oder Wittgentstein um dich werfen um deine These zu untermauern. Auch wenn sie in diesem Punkt gegenteiliger Meinung waren, ...

Und auf solches Stammtischniveau werde ich mich gewiss nicht herunterdrücken lassen und du solltest dich selbst ebenfalls nicht dorthin begeben.Pluto hat geschrieben:Wenn du das daraus folgern möchtest, darfst du das natürlich, Thaddäus.Thaddäus hat geschrieben: Und damit ist klar, dass die Summe aller wahren Aussagen der Physik über die Welt, nicht identisch ist mit der Summe aller wahren Aussagen über die Welt!
Es geht nicht darum, dass ledidlich ICH etwas folgere. Philosophische Schlussfolgerungen, insofern sie auf plausiblen und logisch nachvollziehbaren Überlegungen beruhen, MÜSSEN von ALLEN, die diese Überlegungen grundsätzlich nachvollziehen können, gezogen werden. Auch von dir.
Jeder darf irgendwelche Meinungen zu irgendwelchen Sachverhalten haben, aber das ist keine Philosophie, sondern Stammtisch. In der Philosophie, wie in jeder Wissenschaft, geht es darum, die wahren Meinungen von den falschen zu trennen. Wenn du also glaubst, meine Schlussfolgerung oben sei falsch, dann musst du das exakt begründen, ansonsten liegt keine Gegenargumentation vor, und meine bleibt bis auf weiteres korrekt.
DASS bedeutet philosophisches Argumentieren und nicht einfach das Vertreten irgendwelcher Meinungen.
Also: du hast noch nicht argumentiert!
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Und in der Fantasie des Autors sind sie also - wie - gegeben?Pluto hat geschrieben:Ganz im Gegenteil... Ich verbanne sie in die Fantasie des Autors (und einige seiner Leser).Thaddäus hat geschrieben: Damit gestehst du zu, dass Frodo, Harry und Mjöllnir, der Hammer des Thor, ebenso wie Einhörner also in einer gewissen Weise doch existieren.
Wenn du literarische Figuren in die Fantasie der Autoren verlegst, dann sind sie ganz offensichtlich ein Teil der Realität dieser Welt, zu der die Autoren und die Fantasie der Autoren ja gehören.
Gleichzeitig ist klar, dass die Physik hierzu nichts sagen kann, was bedeutet, dass die Physik nicht die gesamte Realität dieser Welt beschreiben kann.
Noch irgendetwas unklar an dieser Argumentation? !

Zudem sind literarische Figuren usw. vermutlich eher in Büchern bzw. auf medialen Trägern als Information gegeben, denn Frodo stirbt offenkundig nicht mit dem Tode von Tolkien, seinem Schöpfer.
Pluto hat geschrieben:Danke. Mehr wollte ich eigentlich gar nicht hören/lesen.Thaddäus hat geschrieben: Ich bestreite nicht, dass Frodo, Harry und der Hammer des Thor nicht als physische, gegenständliche und vermessbare Dinge in der Welt existieren. Natürlich tun sie das nicht.
Es geht nicht darum, zu behaupten, Frodo, Harry, der Drache Fafnir oder Mjöllnir seien physische Objekte der Welt und existieren in dieser natürlichen Weise. Es geht darum, diesen Objekten, die unleugbar zur Realität unserer Welt gehören, einen passenden ontischen Status zuzuordnen. Wenn sie nicht auf die Weise existieren, wie physische, raumzeitlich-gegenständliche Objekte, in welcher Weise sind sie dann gegeben?
Auf diese Frage muss eine Antwort gegeben werden, die gleichwohl nicht jeden Unsinn zur Realität erhebt.
Den Weihnachtsmann gibt es in einer ganz bestimmten Weise, nämlich innerhalb des Sinnfeldes von Weihnachten. Existiert er als physisches Objekt? Nein, natürlich nicht, und er kann darum auch nicht mit irgendwelchen physikalischen oder experimentellen Methoden nachgewiesen werden.
Wer den Weihnachtsmann mit einer Expedition zum Nordpol nachzuweisen versucht, begeht einen ontologischen Fehler: er verwechselt die Sinnfelder, in denen der Weihnachtsmann "existiert".
Interessant wird die Sache, wenn z.B. behauptet wird, Jesus aus Nazareth sei nicht nur eine literarische Figur, sondern er habe tatsächlich einmal gelebt als physisches Objekt in Galiläa. In diesem Falle ist nicht nur die historisch-kritische-Methode gefragt, die ausschließlich Texte untersucht, sondern auch die Archeologie, die physische Indizien finden muss.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Fr 6. Nov 2015, 13:29, insgesamt 4-mal geändert.
#68 Re: Was ist Hermeneutik?
ENI!Savonlinna hat geschrieben:Wir können nachweisen, dass diese Figuren in ihrer immateriellen Form existieren.
Wir können sogar nachweisen, dass die Idee der Demokratie existiert, obwohl sie niemals materielle Form annimmt.

Das Leben entstand im Geist, denn der Geist glaubte.
Der Glaube ist das Leben, denn jedes Lebewesen ist frei, zu glauben, was es will, während das Wissen unfrei, also eindeutig ist. Selbst die Logik ist nicht eindeutig, sondern bereits zweideutig, wahr (1) oder falsch (0), somit ist die Logik bereits das Fundament des Glaubens, das wussten sogar griechische Philosophen sowie die alten Römer, "Die Erkenntnis von Gut und Böse ist der Glaube, das Leben!"
(Die Schlange hatte gelogen!

Amen
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#70 Re: Was ist Hermeneutik?
Thaddäus hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Danke. Mehr wollte ich eigentlich gar nicht hören/lesen.Thaddäus hat geschrieben: Ich bestreite nicht, dass Frodo, Harry und der Hammer des Thor nicht als physische, gegenständliche und vermessbare Dinge in der Welt existieren. Natürlich tun sie das nicht.
Es geht nicht darum, zu behaupten, Frodo, Harry, der Drache Fafnir oder Mjöllnir seien physische Objekte der Welt und existieren in dieser natürlichen Weise. Es geht darum, diesen Objekten, die unleugbar zur Realität unserer Welt gehören, einen passenden ontischen Status zuzuordnen. Wenn sie nicht auf die Weise existieren, wie physische, raumzeitlich-gegenständliche Objekte, in welcher Weise sind sie dann gegeben?
Auf diese Frage muss eine Antwort gegeben werden, die gleichwohl nicht jeden Unsinn zur Realität erhebt.
Den Weihnachtsmann gibt es in einer ganz bestimmten Weise, nämlich innerhalb des Sinnfeldes von Weihnachten. Existiert er als physisches Objekt. Nein, natürlich nicht und er kann darum auch nicht mit irgendwelchen physikalischen Methoden nachgewisen werden.
Wer den Weihnachtsmann mit einer Expedition zum Nordpol nachzuweisen versucht, begeht einen ontologischen Fehler: er verwechselt die Sinnfelder, in denen der Weihnachtsmann "existiert".
Wenn der Begriff "geistig" nicht so vielfach missbraucht werden würde, wäre dieser Begriff geeignet, diesen Objekten den passenden ontischen Status zu verleihen.
Es müsste freilich per Merkmalszuweisung ausgeschlossen sein, dass damit nicht "jeder Unsinn zur Realität" erhoben werden würde.
Das setzt allerdings voraus, dass "Unsinn" klar beschrieben ist.
Eine literarische Figur wie die des "Faust" ist dadurch in ihrer "geistigen Existenz" nachgewiesen, dass mehr als ein Mensch darüber diskutiert.
Deren Wirksamkeit erweist sich durch die Kommunkation darüber.
Eine Symphonie, solange sie nur innerlich von dem Komponisten gehört wird, ist noch nicht kommuniziert. Sie ist erst kommuniziert, wenn ein zweiter sie hören kann, wenn sie also ein Medium durchlaufen hat, das deren geistige Existenz andren zugänglich gemacht hat.
Und erst dann ist ihre intersubjektive geistige Realität nachweisbar.