Sophismen und logische Fehlschlüsse

Philosophisches zum Nachdenken
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Opa Klaus
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#51 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Opa Klaus » Do 13. Apr 2017, 22:03

Tyrion hat geschrieben:Die Frage bleibt, warum so eine Entität existieren sollte. Warum soll sie "von sich aus" da sein?
Die Frage "warum" sucht nach Kausalitäten, Zusammenhängen, Ursachen, Gründen. Solch eine wichtige Frage ist die Voraussetzung für jegliche Forschung.
Kinder in der Lernphase stellen diese berechtigte Frage sehr oft.
Leider gibt es NICHT IMMER eine Antwort auf: "warum".
Das weiß auch ein Tyrion! Oder weiß Tyrion, warum es "pi"=3,14 gibt, oder warum es Primzahlen gibt,... oder die Lichtgeschwindigkeit, oder ausgerechnet 96 Grundelemente, oder Edelsteine, oder WARUM es überhaupt ein Universum gibt, oder Schwerkraft oder Fliehkraft, oder .....
AHA, der Begriff Entität besagt ja gerade, dass ein WARUM fehlt und eine Fragen-Grenze erreicht ist.
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Tyrion hat geschrieben:Wie kann etwas ohne Zeit denken. Denken: man denkt über etwas nach, man hat eine Idee, über die man nachdenkt. Man beginnt, nachzudenken und hört damit wieder auf... Ohne Zeit keine Bewegung, ohne Zeit kein Denken.
Richtig, MAN denkt, MAN hat dafür Beginn und Ende. "Man" das sind wir Menschen im Unterschied zum unvergleichlichen 'Gott'.
So, und warum erfinden wir Hilfsmittel (PC), die solches DENKEN schneller bewerkstelligen?
Hat es sich noch nicht herumgesprochen, wie schnell die neuesten riesigen Supercomputer DENK-Arbeit für uns übernehmen? ... und
weitere Tempoerhöhungen sind schon geplant.
Somit darf man dem besagten höheren Wesen unfassbare "Denk-Geschwindigkeiten" zutrauen. Obendrein funktioniert dessen "Denken" sicher ganz anders als unseres und sonst bekanntes.
Außerdem fehlt einer Entität, solange sie völlig alleine ist, jegliche Referenz zum Zeitmessen.

Sehr oft haben Menschen sich gegen ein besseres Wissen gesträubt, weil sie Konsequenzen erkannten aber nicht akzeptieren wollten.
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Tyrion hat geschrieben:Also, VOR Raum, Bewegung und Zeit gab es nach meiner Ansicht EINE alleinige Entität, ein höheres denkendes, kreatives, intelligentes Wesen. Vor der Zeit geht nicht, denn vorher/nachher ist durch Zeit definiert. Und dass es deiner Ansicht nach ein höheres, denkendes, kreatives ... Wesen gab (wieder eine zeitliche Angabe, Vergangenenheitsform ohne Zeit ergibt keinen Sinn), ist dein Privatvergnügen. Deine Ansicht ist deine Ansicht. Was wirklich ist, ist davon unabhängig.Mir ging es nur darum, dass das Argument, dass doch irgendwer/irgendwas das Universum erschaffen haben müsse, ins Leere greift, denn mit der gleichen Argumentation kann man auch davon ausgehen, dass das, was das Universum geschaffen hat, ja von irgendwem erschaffen werden müsse. Jetzt kommst du mit "da gab es keine Zeit" als "Gegenargument" (allerdings ohne den Zeitbegriff selbst zu kennen, nehme ich an). Nun, das gleiche kann man vom Universum sagen. Mir fehlt ein stichhaltiges Argument jenseits von "ich bin der Ansicht, dass...".
Ich meinte mit "VOR" eher "OHNE" Raum, Bewegung, Zeit... kann eine Intelligente, wesenhafte Entität alleine existiert haben.
"Meine Ansicht" sind eben meine "Setzung", von der ich mit meinen weiteren Überlegungen ausgehe.
Tyrion hat geschrieben:Also ganz kurz zusammengefasst: "Gott" erschuf den Urknall. Gut, mag sein. Dennoch: wer erschuf Gott? Und wer erschuf den, der Gott erschuf? Warum setzt man willkürlich den Startpunkt auf Gott und nicht ohne Gott auf den Urknall?
Die Frage: wer erschuf Gott?" impliziert Bewegung, Raum und Zeit.
Solange 'Gott' eine völlig alleinige einzige Entität ist, gibt es kein "davor"/"woher", denn Herkunft impliziert Bewegung, Raum, Zeit.
Andere Erklärungsversuche bleiben Zirkelschlüsse.
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Zitat Opa Klaus: Wie lange (Zeit) dieses Wesen ganz allein mit seinen Gedanken und Plänen war, ist irrelevant, weil es kein DAVOR, KEINE ZEIT gab.
Tyrion hat geschrieben: Daher gibt es eben kein Davor. Und es kann da auch nicht Pläne schmieden, denn dann hat man wieder eine zeitliche Abfolge. Ohne Zeit keine Existenz, ohne Zeit kein Gott.
Meine Antwort bereits weiter oben.
Wohltätig ist des Geistes macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht. Wer die Vernunft ausschaltet, findet im Dunkeln den Schalter zum Wiedereinschalten nicht mehr. http://www.prueter.eu

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Tyrion
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#52 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Tyrion » Do 13. Apr 2017, 22:33

Opa Klaus hat geschrieben:Leider gibt es NICHT IMMER eine Antwort auf: "warum".

Stimmt - und das ist mir auch bewusst.

Wenn ich aber eine haltlose Behauptung in den Raum stelle, dann werde ich nunmal gefragt, warum das so sein sollte, wie ich darauf komme.

AHA, der Begriff Entität besagt ja gerade, dass ein WARUM fehlt und eine Fragen-Grenze erreicht ist.

Äh, nein. Das Wort "Entität" bedeutet nur etwas Seiendes, es kann genauso ein Stein sein, ein Baum, ein Mensch, ein Aline, ein Gott. Insofern verstehe ich nicht, dass der Begriff Entität besagen soll, dass ein Warum fehlt.
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Tyrion hat geschrieben:Richtig, MAN denkt, MAN hat dafür Beginn und Ende. "Man" das sind wir Menschen im Unterschied zum unvergleichlichen 'Gott'.

Gut, dann denkt Gott eben nicht. Damit habe ich kein Problem. Gott existiert ja nicht einmal.

Somit darf man dem besagten höheren Wesen unfassbare "Denk-Geschwindigkeiten" zutrauen.

Geschwindigekeit ist immer "etwas" pro Zeitraum, z. B. die zurückgelegte Strecke pro Zeitraum oder bei Rechengeschwindigkeit die Operationen pro Zeitraum. Auch wenn die Geschwindigkeit unfassbar hoch ist, bleibt eine zeitliche Komponente.

Obendrein funktioniert dessen "Denken" sicher ganz anders als unseres und sonst bekanntes.

Anders heißt nicht ohne Zeit. Zudem ist es sinnlos, sich ein Wesen einzubilden, das man als unfassbar anders definiert, um dann darüber zu diskutieren, dass dieses Wesen anders ist. Ein Zirkelschluss halt.

Außerdem fehlt einer Entität, solange sie völlig alleine ist, jegliche Referenz zum Zeitmessen.

Wenn man also gerade kein Messgerät zur Hand hat, gibt es das zu messende nicht? Das ist leider nicht stichhaltig.

Sehr oft haben Menschen sich gegen ein besseres Wissen gesträubt, weil sie Konsequenzen erkannten aber nicht akzeptieren wollten.

Welches Wissen? Und warum "besseres Wisen"? Diesen inhaltlichen Sprung verstehe ich nicht.

Du denkst dir eine "Entität" aus, die "vor der Zeit" existierte (was zeitlich nicht möglich ist, da es kein "vor der Zeit" gibt, aber egal...), die "unfassbar schnell" denken kann, also so schnell, dass es keine Zeit zum Denken braucht, also irgendwie keine Zeit benötigt... und wer dem von dir erdachten Konstrukt nicht folgt, der sträubt sich gegen "Wissen". Puh, harter Tobak.

Du glaubst also nicht, du weißt. Ich frage mich, woher du konkret weißt. Ich denke eher, du glaubst, dass das, was du dir vorstellst, real ist. Das ist völlig o.k., aber werte bitte andere nicht deshalb ab, weil sie deinem Glauben nicht folgen. Dein Glaube ist nicht besser als andere Glaubensinhalte.

Ich meinte mit "VOR" eher "OHNE" Raum, Bewegung, Zeit...

Häh? Vor der Zeit ist ohne Zeit. Hm, ja, nur kann man etwas ohne Zeit nicht zeitlich messen. Physiker gehen ja auch davon aus, dass im Urknall die Raumzeit entstand. Das heißt aber, dass es kein "vor dem Urknall" geben kann. Da kann dann auch keine "Entität" sein.

"Meine Ansicht" sind eben meine "Setzung", von der ich mit meinen weiteren Überlegungen ausgehe.

Nein, das ist eine fromme Lüge (sorry!). Du schreibst weoter oben, dass sich viele gegen besseres Wissen sträuben und beziehst das ja auf deine "Setzungen".

Das ist so, als würde ich das Fliegende Spaghettimonster (FSM) setzen, dann philosophieren, was der Ursprubng der Pasta ist, zudem allen Zwefilern am FSM vorwerfen, sie würden wider besseren Wissens handeln, um mich dann rauszureden, dass ich nur für mich ganz allein setze. Nein, du verallgemeinerst auf jeden, weil du fest davon ausgehst, dass deine Phantaisegestalt "Gott" alles geschaffen hat, also auch mich und ich mich nur weigere, das anzuerkennen. Das ist keine Setzung für dich, nicht "deine Setzung", das ist Anmaßung, allein definieren zu können, was geglaubt werden muss und was nicht (im Bezug auf den Satz weiter oben).

Tyrion hat geschrieben:Die Frage: wer erschuf Gott?" impliziert Bewegung, Raum und Zeit.

Lustig, dass für dich die Frage "wer erschuf das Universum" nicht Bewegung, Raum und Zeit implizieren sollte.

Solange 'Gott' eine völlig alleinige einzige Entität ist, gibt es kein "davor"/"woher", denn Herkunft impliziert Bewegung, Raum, Zeit.
Andere Erklärungsversuche bleiben Zirkelschlüsse.

Ersetze Gott mit Universum und du vertrittst die Sicht der Physiker. Wo ist der Unterschied. Du redest dich nur raus, indem du definierst, dass genau die Frage, die du beantwortest, hier nicht beantwortet werden dürfe.

Wenn du mir erklären könntest, was Zeit überhaupt ist, dann könnte ich dir auch eher glaugen schenken, dass du kompentent darüber diskutieren kannst, wie ein Zustand ohne Zeit aussieht (das meine ich ernst, denn das ist spannend, für mich jedenfalls). Ich hege aber den Verdacht, dass du nicht sagen kannst, was Zeit überhaupt ist (und sag jetzt bitte nicht nur "die Anzahl an Sekunden"). So klingt es für mich nach unüberöegtem religiösem Geschwurbel, das allem ausweicht und nur unbelegte Behauptungen aufstellt und dann auch noch (leider) wertet.

Tja, dann handle ich wohl gegen besseres Wissen. Ich habe zwar keine Ahnung, welche Konsequenzen du in deinem Satz andeutest. Aber ich habe mich an all die nebulösen Andeutungen religiöser Menschen gewöhnt. Nur das mit dem Be- und Abwerten sehe ich nicht ein. Ich sehe dich nicht als die Instanz, die zu bewereten hat, welches Weltbild besser und welches schlechter ist.

Anton B.
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#53 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Anton B. » Do 13. Apr 2017, 23:27

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Philosophen arbeiten ganz sicher nicht mit dem von Dir beschriebenen Taschenspielertrick.
Ja klar gaaanz sicher nicht, es sei denn man bekommt ein kleines Fachbühlein in die Pfötchen, auf dessen „Seite 29“ geschrieben steht:
Am besten wäre es, wenn die Prämissen der (Unter-) Argumente intuitiv so einleuchtend wären, dass auch die anderen Philosophen sie akzeptieren.

Schau dir dieses „Kriterium“ doch mal genau an.
Also ich denke, wenn wirklich niemand an in den Raum gesetzten Prämissen Anstoß nimmt, dann werden sie wirklich allgemein geteilt und könnten als Grundlage der weiteren Diskussion dienen. In der Schule habe ich die Anwendung durch Kant gelernt: "Lieber Leser! Es besteht doch EInigkeit, dass dies und das genau so ist. Wenn es aber so ist, dann ..."

Ich habe mir damals schon immer so gedacht, was denn wäre, wenn ich mal einfach "nö" sage: "Nö, lieber Kant, dem kann ich ganz und gar nicht zustimmen. Und Dein ganzes Blubber danach kannst Du Dir eigentlich sparen." :mrgreen:

Und das Interessante ist ja: Heute hinterfragen die Berufsphilosophen wirklich alles. Der ein oder andere Mitforist meint, die Philosophie hätte sich zurück entwickelt. Heute herrsche die große anthropozentrische Beliebigkeit. Aber eigentlich ist die Philosophie nur noch kritischer geworden. Die mittels der menschlichen Vernunft gewonnenen Erkenntnisse werden als durch menschliche Vernunft gewonnene Erkenntnisse gesehen, und nicht als objektive Aussagen einer allseits herrschenden Realität.

Also m.E. machen die Philosophen keinen schlechten Job. Nur ist das was sie machen, nicht unbedingt das, was manch einer sich so vorstellt. Wenn sie sich heute Weltanschauungen ausdenken, dann, um sie anschließend zu analysieren und zwecks Synopse zu anderen Weltanschauungen die inhärenten "Grundannahmen" und "Setzungen" bis zu dem Punkt zu extrahieren, wo sie nicht mehr vernünftig rechtfertigt werden können.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#54 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » Fr 14. Apr 2017, 13:53

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich bin mit dieser Einteilung nicht einverstanden!
Okay, Wikipedia-Artikel können Fehler enthalten.
Nee. Das ist schon richtig. Wiki widerspiegelt die allgemeine Definition.

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Erstens sind Religionswissenschaften, nur aus Tradition, dem Namen nach, Wissenschaften. Sie sind keine echte Wissenschaften, weil sie nicht ergbnisoffen arbeiten (sie setzen die Existenz von Göttern voraus).
Wie begründest Du diese Meinung?
Was ich hier im Forum lese (insbesondere von closs), bestätigt meine Meinung.
Dann schlage ich vor, diese Meinung, die auf dem "Bild von Religionswissenschaften" aus Beiträgen in diesem Forum basiert (insbesondere von closs) kritisch zu hinterfragen.
Denn in Studycheck wird zur Religionswissenschafte erklärt:
Die Religionswissenschaft beschäftigt sich mit Religion als anthropologisches, in allen Kulturen aufzufindendes Phänomen. Im Zentrum des Studiengangs steht deshalb keine bestimmte Religion, sondern das Phänomen als solches. Im Studium erwirbst Du in der Regel umfassendes Wissen über die fünf Weltreligionen.

Studieninhalte & Ablauf

Anders als die Theologie vermittelt die Religionswissenschaft keine konkreten Glaubensinhalte, sondern beschäftigt sich mit der Religion als kulturelles Phänomen. Im Zentrum stehen dabei üblicherweise die fünf Weltreligionen Buddhismus, Hinduismus, Judentum, Christentum und Islam. Entscheidest Du Dich für diesen Studiengang, so erwarten Dich die folgende Fächer:

Religionsethnologie
Religionsökonomie
Soziologie
Psychologie
Religionsgeschichte
Pädagogik
Religionsgeographie

Ziel ist es, einen umfassenden Überblick über die Weltreligionen, aber auch über das Phänomen der Religion insgesamt zu bekommen. Deshalb beschäftigst Du Dich damit, verschiedene Religionen kennenzulernen und zu vergleichen. Im Studienverlauf ist es oft möglich, Dich eher archäologisch zu orientieren oder auf kleinere Religionen zu fokussieren.
Könnte es sein, dass sich Deine Meinung eher auf das Bild der Theologie bezieht, welches hier im Forum durch Beiträge, insbesondere von closs, gezeichnet wird?
Nach meiner bescheidenen Einschätzung überschneiden sich Religionswissenschaft und Theologie, da es sich um verwandte Fachrichtungen handelt. Die Theologie betrachtet eine bestimmte Religion, in unserem Kulturkreis in der Regel das Christentum, von "innen".

Mein Vorschlag für die Kritik an Meinungen zu den Begriff der Religionswissenschaft ist das Hinzuziehen folgernder Artikel der Bibelwissenschaft:
1) Theologie:
Die christliche Theologie, die an dieser Stelle allein Untersuchungsgegenstand ist, hat als konstitutive Bezugsgrößen die Person Jesu Christi (→ Christus), wie auch immer sie theologisch verstanden wird, und die Kirche, ganz gleich, ob sie als evangelische oder katholische oder als die eine Kirche Jesu Christi verstanden wird: Gäbe es die Bezugnahme auf Jesus Christus (→ Jesus Christus, bibeldidaktisch, Grundschule; → Jesus Christus, bibeldidaktisch, Sekundarstufe) nicht, wäre das Spezifikum als christlicher Theologie nicht erkennbar; ohne vorhandene Kirche und also Menschen, die glauben und religiöse Praktiken vollziehen, wäre sie eher als religiöse Philosophie zu kennzeichnen. Die erste Frage, die der Theologie, jedenfalls aus systematisch-theologischer Perspektive, insgesamt aufgegeben ist, ist die Rechenschaft ihrer Erkenntnis: Wie kommen Menschen dazu, von Gott zu reden? Und wenn sie von Gott reden, reden sie dann wirklich von „Gott“ (und also vom selben „Gegenstand“) oder doch (nur?) von ihrer jeweiligen subjektiv geprägten Gottesvorstellung?

2) Religionswissenschaft:
Die Religionswissenschaft versteht sich als eine kulturwissenschaftlich arbeitende Disziplin, die Religion und Religionen als empirische Gegenstände in historischer und systematischer Hinsicht untersucht (Hock, 2002a, 7; Stausberg, 2012b, 1). ... In dieser klassischen Arbeitsteilung beschäftigt sich die historische Religionswissenschaft mit den konkreten geschichtlichen Formen von Religion und Religionen bzw. deren Erschließung aus dem überlieferten Quellenmaterial (z.B. Texten, Gegenständen etc.), während die systematische Religionswissenschaft allgemeine und methodische Querschnittsfragen stellt und an der religionswissenschaftlichen Begriffs- und Theoriebildung arbeitet (zu einschlägigen Methoden vgl. die Artikel → Empirie, → Hermeneutik, → Quelleninterpretation.
Die Religionswissenschaft ist im Unterschied zur Theologie nicht konfessions- und kirchengebunden und betrachtet das Phänomen Religion von "außen" kulturwissenschaftlich.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Die Universität Heidelberg erklärt den Inhalt der Religionswissenschaften auszugsweise folgendermaßen:
... Dabei fragt Religionswissenschaft nicht nach der Wahrheit oder Richtigkeit religiöser Aussagen, sondern nach der Rolle, die religiöse Akteure, Institutionen, Narrationen und Praktiken für die Kultur und Geschichte ihrer Zeit spielen. ... Bei religionswissenschaftlichen Untersuchungen wird eine möglichst wertneutrale Beschreibung der Entstehung und Veränderung religiöser Traditionen anhand empirischer Befunde angestrebt, die Studierende dieses Studiengangs analysieren und erforschen. ... Diese empirisch-kulturwissenschaftliche Religionswissenschaft beschreibt und untersucht komplexe religiöse Konstellationen in Vergangenheit und Gegenwart und stellt damit – gerade auch für Gegenwartsszenarien – eine Zeitdiagnostik für bedeutende gesellschaftspolitische Fragen bereit, z. B. in den Feldern Fundamentalismus, Gewalt und Religion, Migration und Integration. ...
Widerspricht damit die Universität Heidelberg nicht Deiner Meinung bezüglich des Inhalt des Studiums von Religionswissenschaft?
"Dabei fragt Religionswissenschaft nicht nach der Wahrheit oder Richtigkeit religiöser Aussagen...". Dieser Teilsatz widerspiegelt genau was ich meine. WARUM hinterfragt sie nicht ihre eigenen Aussagen?
Die Religionswissenschaft tätigt kulturwissenschaftliche Aussagen, wobei im historischen Zweig geschichtlichen Formen der Religionen untersucht werden und "die systematische Religionswissenschaft allgemeine und methodische Querschnittsfragen stellt", insbesondere bezogen auf die fünf Weltreligionen. Dabei geht es nicht um die Bewertung der "Wahrheit oder Richtigkeit religiöser Aussagen". Die Religionswissenschaft ist also neutral und positioniert sich überhaupt gar nicht religiös-weltanschaulich. Bekennende religiöse Lehraussagen, wie von Dir angenommen, werden also gar nicht getätigt und können somit auch gar nicht hinterfragt werden.
Eine "Rechenschaft ihrer Erkenntnis: Wie kommen Menschen dazu, von Gott zu reden?" ist in der Theologie erforderlich.
Die Religionswissenschaft hat interdisziplinäre Fachverbindungen zur Soziologie, Psychologie oder Ethnologie. Natürlich werden auch in der Religionswissenschaft Wissensansprüche verteidigt, allerdings nur jene, die auch tatsächlich erhoben werden. Den Anspruch, religiöse Wahrheiten zu lehren, wird gar nicht erhoben und wird somit logischerweise auch nicht hinterfragt.

Pluto hat geschrieben:Das führt dann zu Auswüchsen, wie es die Kirchen betreiben... Reli-Unterricht ist die reinste Hirnwäsche. Da gibt es ab Kindergartenalter für die Kleinsten, fröhlich dreinschauende Tiere in der Arche.
Und das nennt sich dann Religionsunterricht! :lol:
Religionslehrer studieren einige Semester Theologie und unterrichten im Religionsunterricht das Fach konfessionsgebunden, auch wenn religionswissenschafte Betrachtungen und der "Blick über dem Tellerand" zu anderen Religionen, insbesondere dem Islam, im Unterricht einfließen. Du kritisierst die Theologie, nicht die Religionswissenschaft.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Allerdings zweifle ich an, dass Deine Information korrekt ist und zwar aufgrund der Information der Universität Tübingen:
Die moderne Linguistik versteht sich nicht mehr als Teil der historischen Philologie, sondern bildet eine selbständige Disziplin im Bereich der Kognitionswissenschaften.
Es ist nicht "Information" die ich irgendwo aufgegabelt habe, sondern meine eigene Meinung, die ich hier vertrete.
Okay. Warum vertritts Du diese Meinung?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#55 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » Fr 14. Apr 2017, 13:56

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Sind meine Zweifel berechtigt, oder missverstehe ich diesbezüglich die Erklärung der Universität Tübingen? Kann eine "eigenständige Disziplin" eine Unterdisziplin sein?
Ich glaube, du missverstehst den Begriff.
Mindestens seit Wittgenstein, ist/war die Sprachwissenschaft im 20. Jahrhundert ein Teil der Philosophie.
Aber da lasse ich mich gerne korrigieren... Heute ist Linguistik Teil der Kognitionswissenschaft. Ergo bestätigt das de facto den Status einer Unterdisziplin.

Die Kognitionswissenschaft steht allerdings der modernen Philosophie sehr nahe. Viele Themen werden nur aus anderen Gesichtspunkten betrachtet. Beispiel: Bewusstsein.
Das wird auch von Wikipedia bestätigt...

Wikipedia hat geschrieben:Ludwig Josef Johann Wittgenstein (* 26. April 1889 in Wien; † 29. April 1951 in Cambridge) war einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Er lieferte bedeutende Beiträge zur Philosophie der Logik, der Sprache und des Bewusstseins.
Prof. Steven Pinker aus Harvard (ein sehr angesehener amerikanischer Autor) nannte sich früher Philosoph; heute nennt er sich Kognitionswissenschaftler. Sein Fachgebiet war, und ist, die Sprache!
Die Philosophie beschäftigt sich mit der Begriffsanalyse und der Aussagenlogik und dies hat mit dem Gebrauch von Sprache zu tun. In Studycheck wird zur Kognitionswissenschaft erklärt:
Die Kognitionswissenschaft ist ein recht neuer Forschungsbereich. Sie beschäftigt sich mit den bewussten Denk- und Verständnisprozessen, die in jedem Menschen vorgehen. Kognitionswissenschaftler erforschen aber auch Emotionen, Motivation und die sogenannte Volition. Volition ist die Willenskraft, die der Mensch benötigt, um einen Plan in die Tat umzusetzen. Dabei greift die Kognitionswissenschaft auf Erkenntnisse vieler anderer Forschungsgebiete zurück, was den Studiengang besonders abwechslungsreich und spannend macht.Die Kognitionswissenschaft ist ein recht neuer Forschungsbereich. Sie beschäftigt sich mit den bewussten Denk- und Verständnisprozessen, die in jedem Menschen vorgehen. Kognitionswissenschaftler erforschen aber auch Emotionen, Motivation und die sogenannte Volition. Volition ist die Willenskraft, die der Mensch benötigt, um einen Plan in die Tat umzusetzen. Dabei greift die Kognitionswissenschaft auf Erkenntnisse vieler anderer Forschungsgebiete zurück, was den Studiengang besonders abwechslungsreich und spannend macht.
Die fünf Fachgebiete, auf welche Kognitionswissenschaft d. o. Quelle gem. zurückgreift, sind: Informatik, Mathematik und Statistik, Biologie, Psychologie und Linguistik.
Diese Darstellung beschreibt die Linguistik nicht als Unterdiziplin der Kognitionswissenschaft, sondern als Hilfswissenschaft.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:In Studycheck wird erklärt:
Die Sprachwissenschaften zählen zu den Geisteswissenschaften und beschäftigen sich mit der menschlichen Sprache. Als theoretische Wissenschaft setzt sie ihren Schwerpunkt vor allem auf die Erforschung von Sprache, ihrer Entstehung und Weiterentwicklung. Inhalte sind nicht nur die geschichtliche Entstehung von Sprache, sondern auch ihre praktische Anwendung. Zentrale Fragen der Sprachwissenschaften sind, wie Kommunikation funktioniert und aus welchen Gründen Menschen kommunizieren.
Das erklärt den Aufgabenbereich der Sprachwissenshaft. Dennoch.... Sprachwissenschaft ist eine Unterdisziplin, meinetwegen von der Kognitionswissenschaft. Allerdings irrt der Artikel insofern, dass Kognitionswissenschaft eine Naturwissenschaft ist. Wenn Sprachwissenshaft ein Teil der Kognitionswissenschaft ist, dann kann sie keine Geisteswissenschaft sein.
Doch, denn die Kognitionswissenschaft schöpft sowohl aus der Formalwissenschaft Mathematik, wie auch aus der Naturwissenschaft Biologie und der Geisteswissenschaft Linguistik. Die Kognitionswissenschaft ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, welche laut dem Wikipedia-Artikel aus folgenden Grunddisziplinen schöpft:
Die Kognitionswissenschaft ist das Ergebnis interdisziplinärer Bemühungen zwischen Psychologie, Neurowissenschaft, Informatik/künstlicher Intelligenz, Linguistik und Philosophie, aber auch Anthropologie und Soziologie.
Zur besseren Anschaulichkeit stelle ich an dieser Stelle die graphische Darstellung (frei nach Miller) rein:
Bild

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Drittens gehören Geschichtswissenschaften gemeinsam mit Archäologie, Paläontologie, Geologie, Evolutionsbiologie und Kosmologie zusammen in eine Gruppe die ich als geschichtliche Wissenschaften bezeichne.
Paläontologie und Geologie sind nach meinem Verständnis Naturwissenschaften.
Das ist auch in Ordnung. Allgemein wird Geschichte ja zu den Geisteswissenschaften gezählt. Doch genau das stelle ich in Frage, denn Geschichte ist weitaus näher bei der Anthroplogie, Archäologie und Paläontoligie angesiedelt als bspw. bei der Musik oder Literatur.

Verstehst du jetzt, warum ich die heutige Standardeinteilung ablehne?
Ja.

An dieser Stelle sollte ich klarstellen, dass mein Bemühen, hier mit Akademikern über die Definition von Fachgebieten zu diskutieren, sehr gewagt ist, denn ich habe nur Mittlere Reife und zwei abgeschlossene Berufsausbildungen. Nur ein einziges Mal in meinem Lebenn hatte ich eine Universität betreten und zwar aufgrund der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.
Offengestanden fehlt mir die Qualifikation und damit Kompetenz, mit Dir, Anton und SilverBullet über die Einteilung der Fachgebiete zu "streiten", oftmals habe ich sogar Schwierigkeiten Anton und SilverBullet inhaltlich zu verstehen, weil mich ihre Terminologie kognitiv z.T. überfordert. Deshalb stelle ich Verständnisrückfragen und verweise auf Quellen, wie Nachschlagewerke und Universitäten. Wie sollte ich sonst vorgehen?

Pluto hat geschrieben:Das Problem ist eben die erwähnte Nähe der Disziplinen zu einander. Geschichte gehört nun mal nicht in die Nähe von Literatur, Musikwissenschaft oder Malerei. Die Ähnlichkeit von Geschichte zur Evolutionsbiologie und Paläontologie lässt sich besser anhand eines Beispiels erläutern...
Man kann genauso wenig das römische Reich auferstehen lassen, wie eine ausgestorbene Tierart neu entstehen lassen (außer im Kino ;)).
Ja, das ist wahr. Dagegen wende ich ein, dass die Methodik der Evolutionsbiologie und Paläontologie naturwissenschaftlich ist, wohingegen die Geschichte auf Grundlage von Überlieferungen historisch rekonstruiert. Die Arbeitsweise von Historikern ähnelt eher der von Juristen, die ja auch Sachverhalte auf Basis von Quellen rekonstruieren.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es bleiben also die Künste und die Experimentalwissenschaften (Physik, Chemie, Radiologie, Pharmachemie) übrig.
Die Künste sind keine Wissenschaften. Die Wissenschaften dazu sind die Kunstwissenschaften.
Wir verstehen uns schon in der Sache. Lass uns nicht über Semantik debattieren.
Mein Thread "Sophismen und logische Fehlschlüsse" ist metakommunikativ und dies schließt meiner Meinung nach auch die Begriffsanalyse und die Semantik mit ein.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Nach meiner Kenntnis versteht man die Philosophie als Geisteswissenschaft. Allerdings gehört nach meiner Kenntnis auch die formale Logik zur Philosophie und die formale Logik ist analog zur Mathematik eine Formalwissenschaft.
Handelt es sich bei den Formalwissenschaften um Geisteswissenschaften?
Daran erkennt man wie verkorkst das alte System Geistes/Natur-Wissenschaften ist. Ein totales Chaos was dringend revidiert werden muss!
Durch fortschreitene Erkenntnisse und die Schaffung neuer Fachgebiete, wie der Kognitionswissenschaft, unterliegt die Wissenschaft insgesamt einer Evolution, was natürlich Deine Kritik an gängigen Einteilung rechtfertigt.
Die bpb hat einen recht umfangreichen Artikel über das komplexe Thema Wissenschaft. Darin wird einleitend festgestellt:
"Die globalisierte Wissensgesellschaft von morgen erfordert in zunehmendem Maße Forschungsbemühungen interdisziplinären Zuschnitts. Denn immer deutlicher wird, dass sich der Fortschritt in der Wissenschaft an den Grenzen beziehungsweise an den Schnittstellen zwischen den Disziplinen vollzieht."

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Handelt es sich bei den Formalwissenschaften um Geisteswissenschaften?Gemäß der Webside studieren-im-netz wird auch die Philosophie unter den Geisteswissenschaften subsumiert, so verstehe ich jedenfalls deren Textgestaltung.
Meiner Meinung nach, ist von der Logik her, das was über die heutige Einteilung im Web veröffentlicht wird, nicht alles richtig.
Leider fehlt mir die Kompetenz, um dies beurteilen zu können. Wie kann die Logik dabei helfen, die Spreu vom Weizen zu trennen?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#56 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » Fr 14. Apr 2017, 15:00

Anton B. hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Für die empirischen Untersuchungsgegstände der Naturwissenschaften wiederum ist das in toto nicht so.
Auch in der Naturwissenschaft werden Postulate gesetzt. Als Beispiel verweise ich auf die Postulate der SRT:
Das Relativitätsprinzip: Die physikalischen Gesetze haben in allen Inertialsystemen dieselbe Form ("alle Inertialsysteme sind glechberechtigt" oder "es gibt kein ausgezeichnetes Inertialsystem"). Jede Geschwindigkeit (eines Objekts oder Inertialsystems) ist immer nur Relativgeschwindigkeit und macht daher nur Sinn, wenn sie in Bezug auf ein Inertialsystem angegeben ist.

Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: Die (Vakuum-)Lichtgeschwindigkeit c hat in jedem Inertialsystem denselben Wert (299 792.458 km/s), ist also vom Bewegungszustand der Quelle ebenso unabhängig wie von dem des Beobachters.
Das ist das, wo ich über Setzungen und Grundannahmen in naturwissenschaftlichen Hypothesen und Theorien gesprochen hatte: Die "Grundannahmen" und "Setzungen" (hier: Postulate) naturwissenschaftlicher Hypothesen und Theorien überzeugen nicht an sich, sondern durch das, was sie im Zusammenhang ihrer Theorie an Beobachtungen vorhersagen. Wenn Beobachtungsvorhersagen der Theorie an tatsächlichen Beobachtungen nur falsifizierte Vorhersagen sind, dann kommt die Theorie "flott ins Tönnchen", wie Hemul so schön zu sagen pflegt. Und die Postulate als Teil der Theorie direkt mit.
Gehe ich recht in der Annahme, dass dafür das Deduktionprinzip angewandt wird, indem aus allgemeinen theoretischen Aussagen spezielle Aussagen abgeleitet werden, welche dann empirisch überprüft werden?

Sicher hat der Kritische Empirismus eine zentrale Bedeutung in den Naturwissenschaften, doch meine ich, dass dieser keine hinreichende Motivation für die Konstruktion von theoretischen Modellen sein kann. Dazu bedarf es der Überzeugung, dass das Naturgeschehen logisch beschreibbar ist und ihm eine innere Harmonie zugrundeliegt. Albert Einstein schrieb hierzu:
Ohne den Glauben daran, daß es grundsätzlich möglich ist, die Wirklichkeit durch unsere theoretischen Konstruktionen begreiflich zu machen, ohne den Glauben an die innere Harmonie unserer Welt könnte es keine Naturwissenschaft geben.

Anton B. hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Welche Grundprämisse haben wir da? Richtig: Eigentlich gar keine! Wir haben den Wissensbegriff aber der rechtfertigt doch an sich nichts. "Vernünftige Begründung" hört sich toll an, aber wenn "vernünftig begründet" nur Mumpitz rauskommt, der für nichts brauchbar ist, dann hilft auch die beste "vernünftige Begründung" nichts.
Wie kann es sein, dass Vernunft zu Mumpitz führt?
Wenn die Welt z.B. einfach nicht vernünftig ist? Oder weil unsere Vernunft halt womöglich einfach nicht "die" Vernunft sondern unsere kleine menschliche Vernunft ist? Weil nicht alles, was vernünftig denkbar ist, auch in der Welt realisiert ist?
Dies ist ja mein epistemologischer Ansatz, welchen Thaddäus in ihrer Kritik weiterentwickelte. Nach meiner bescheidenen Logik ist nur eine Teilmenge des vernünftig Denkbaren auch in der Welt realisiert. Wir können im Grunde nur logisch folgern, dass die unvernünftigen Denkgebäude, welche gegen die fundamentalen Regeln der Logik verstoßen, keine Realität beschreiben können.

Anton B. hat geschrieben:Außerdem lässt sich Deine Frage auch umkehren: Warum produziert unsere "vernünftige" Betrachtung nützliche Erkenntnisse? Die Philosophie rätselt da noch.
Interessant. Dies führt mich zu der philosphischen Frage: Was ist Vernunft?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Hemul
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#57 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Hemul » Fr 14. Apr 2017, 15:05

Halman hat geschrieben:Interessant. Dies führt mich zu der philosphischen Frage: Was ist Vernunft?
Etwas was den Menschen von den Tieren unterscheiden sollte.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#58 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » Fr 14. Apr 2017, 15:08

Hemul hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Interessant. Dies führt mich zu der philosphischen Frage: Was ist Vernunft?
Etwas was den Menschen von den Tieren unterscheiden sollte.
Was unterscheidet den Menschen vom Tier?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Hemul
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#59 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Hemul » Fr 14. Apr 2017, 15:19

Halman hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Interessant. Dies führt mich zu der philosphischen Frage: Was ist Vernunft?
Etwas was den Menschen von den Tieren unterscheiden sollte.
Was unterscheidet den Menschen vom Tier?
Tiere sind im Gegensatz zu uns Menschen nicht im Bilde Gottes erschaffen worden. Außerdem besitzen sie auch kein Gewissen. Das heißt aber noch lange nicht, dass nicht auch Engel oder Menschen ihr Gewissen über Bord werfen u. vernunftlos handeln können. Steht übrigens wie folgt in 2.Petrus 2:5-12,
5 und hat die frühere Welt nicht verschont, sondern bewahrte mit Noah, dem Prediger der Gerechtigkeit, nur acht Menschen, als er die Sintflut über die Welt der Gottlosen brachte; 6 und hat die Städte Sodom und Gomorra in Schutt und Asche gelegt und zum Untergang verurteilt und damit ein Beispiel gesetzt für die Gottlosen in späteren Zeiten; 7 und hat den gerechten Lot errettet, dem die schändlichen Leute viel Leid antaten mit ihrem ausschweifenden Wandel. 8 Denn der Gerechte, der unter ihnen wohnte, musste alles mit ansehen und anhören und seine gerechte Seele von Tag zu Tag quälen lassen durch ihre unrechten Werke. 9 Der Herr weiß die Frommen aus der Versuchung zu erretten, die Ungerechten aber aufzubewahren für den Tag des Gerichts, um sie zu strafen, 10 am meisten aber die, die nach dem Fleisch leben in unreiner Begierde und die Macht des Herrn verachten. Frech und eigensinnig schrecken sie nicht davor zurück, himmlische Mächte zu lästern, 11 wo doch nicht einmal die Engel, die größere Stärke und Macht haben, ein Urteil wegen Lästerung gegen sie vor den Herrn bringen. 12 Aber sie sind wie unvernünftige Tiere, die von Natur dazu geboren sind, dass sie gefangen und getötet werden; sie lästern, wovon sie nichts verstehen, und wie jene werden sie getötet
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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Halman
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#60 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » Fr 14. Apr 2017, 15:51

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Ich sehe den Glauben an Gott auch eher als Konklussion, denn als Prämisse.
…
Auch hier liegt der Fehler meiner Meinung nach darin, dass die Konklussion mit den Prämissen verwechselt wird. Die "Intelligenz" sollte als Konklussion aus Prämissen folgen.
…
Ich stimme Dir darin zu, dass ein Weltenschöpfer nicht einfach als Prämisse/Postulat gesetzt werden darf, weil sich dann logischerweise die Frage erhebt, warum man dies tut. Ein Schöpfergott sollte meines Erachtens als Konklussion aus Prämissen folgen.
Eine Folgerung (Konklussion), die eine Fortführung der Voraussetzungen sein soll, aber selbst ganz neue Aspekte hereinbringt, kann wiederum neue Voraussetzungen beanspruchen.

=> Wenn du „Gott“ als „Folgerung“ darstellen möchtest, dann verschweigst du die dazu benötigten Voraussetzungen.
Weil dies nicht Thema meines Threads ist. Bei mir entsteht der Eindruck, dass Dir die Intention meines Threads gar nicht klar ist. Es geht mir hier um Metakommunikation, insbesondere darum, logische Fehlschlüsse und Sophismen bei sich selbst und anderen zu erkennen und zu vermeiden. Hier möchte ich darüber diskutieren, wie man überhaupt logisch gültig argumentiert. Es geht mir hier nicht darum, eine Frage, wie leite ich die Konklusion "Gott existiert" ab. Natürlich könnte man diese Fragestellung als Beispiel diskutieren.

SilverBullet hat geschrieben:Diese sind relativ einfach und grobmotorisch zu finden: du müsstest wissen, über was du da eigentlich redest – genau das ist jedoch nicht der Fall.
Irrtum, ich weiß worüber ich Rede.

SilverBullet hat geschrieben:Warum ist es dir wichtig, dies nicht zu beachten (letztlich bringt das doch rein gar nichts)?
Deine Unterstellung ist unzutreffend und somit irrelevant.

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Folgert man, dass unser Universum eine Schöpfung ist, dann muss es sich beim Schöpfer um eine Entität handelt, die mit nichts vergleichbar ist, was wir bereits kennen.
Das ist nichts anderes als eine Bankrotterklärung, was Voraussetzungen angeht.
Da nichts von dem, was du da behauptest, feststellbar ist und ja auch gar nicht sein soll, stellst du dich ausserhalb des „Voraussetzungs-Folgerungs“-Ablaufes, wobei du aber exakt diesen für deine Aussagen beanspruchen möchtest – das ist aus meiner Sicht „Philosophie in Reinkultur“.
Offenkundig hast Du mich überhaupt nicht verstanden. Nirgends behaupte ich in diesem Thread, dass Gott existiert. Zwar ist Dir bekannt, dass ich dies glaube, dies ist für dieses metakommunikative Thema allerdings irrelavant. Meine Absicht ist es hier nicht Gott logisch herzuleiten, sondern festzustellen, dass Gott NICHT als allgemein anerkannte Prämisse vorausgesetz werden darf und zwar einfach deshalb, weil Atheisten und Agnostiker diese gar nicht teilen und anzweifeln bis negieren. Wollte ich mit Philosophen, die m. K. n. mehrheitlich säkularisiert sind und eher atheistische oder agnostische Weltanschauugen vertreten (bzw. philosophische, die ich als quasi-atheistisch oder quasi-agnostisch verstehe), dann müsste ich in einer Diskussion Prämissen setzen, die unabhängig von der Weltanschauung, seien sie säkular oder religiös, akzeptiert werden. Ich müsste also meine Glaubensbekundung an die Existenz Gottes logisch ableiten (Konklusion aus Prämissen) und nicht voraussetzen. Darüber, wie dies geschehen kann, hatte ich mich hier bewusst nicht geäußert.
Zudem häufen sich hier aufgrund der Komplexität der Zitate und meiner Antworten, infolge der sinnvollen Zeichenbegrenzung, hier bereits meine Beiträge. Einzelbeiträge können gar nicht alle Aspekte im vollen Umfang thematisieren.

Übrigens stelle ich mich nirgends außerhalb des „Voraussetzungs-Folgerungs“-Ablaufes, ganz im Gegenteil, ich vertrete hier die logische Folgerung und appeliere geradezu dazu, logisch gültig zu argumentieren.

Mein Satz, der mit den Worten beginnt, "folgert man, dass unser Universum eine Schöpfung ist, ...", erklärt natürlich nicht, wie diese Folgerung zustandekommt. Diese komplexe Argumentation hatte ich hier bewusst übersprungen. Um es Dir noch mal deutlicher zu machen, zitiere ich mich hier noch mal selbst und füge Erläuterungen ein.
Ein Schöpfergott sollte meines Erachtens als Konklussion aus Prämissen folgen. [Eine konkrete Darstellung der Prämissen und der Argumentation, die zur Konklussion "Schöpfergott" führen, lag hier nicht in meiner Absicht und wird im Rahmen der Metakommuniktation hypothetisch vorausgesetzt, was zum nächsten Satz führt.] Folgert man, dass unser Universum eine Schöpfung ist [also für den Fall, dass diese Folgerung in einer Argumentation gezogen wird], dann muss es sich beim Schöpfer um eine Entität handelt, die mit nichts vergleichbar ist, was wir bereits kennen.
Verstehst Du nun meine Intention?

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: Generell verwendet die Philosophie gerne die Formulierung "es ist denkbar dass...".
Da sie darauf viele Folgerungen aufbaut, bedeutet dies, dass eine umfassende "Gültigkeit des Denkens" vorausgesetzt wird.
Es ist denkbar, dass im Jahre 1947 Außerirdische in Roswell gelandet sind. Daraus folgt nicht, dass dem auch so ist.
Wie kommst Du auf die Idee, dass die Philosophie so wäre, wie Du es beschreibst?
Was ist „Metaphysik“ anderes als Ausserirdisches bzw. Ausserweltliches, Aussermaterielles?
Wie kommst Du nun auf „Metaphysik“?

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Tatsächlich handelt es sich hierbei um einen Taschenspielertrick, denn "es ist denkbar dass..." ist keine Formulierung eines Fachexperten, der quasi sofort mit der Realisierung beginnen könnte, sondern die Aussage von Menschen, die keinerlei Einblick haben und eigentlich gar keine "Vermutungsrichtung" angeben dürften.
Philosophen arbeiten ganz sicher nicht mit dem von Dir beschriebenen Taschenspielertrick.
Ja klar gaaanz sicher nicht, es sei denn man bekommt ein kleines Fachbühlein in die Pfötchen, auf dessen „Seite 29“ geschrieben steht:
Am besten wäre es, wenn die Prämissen der (Unter-) Argumente intuitiv so einleuchtend wären, dass auch die anderen Philosophen sie akzeptieren.

Schau dir dieses „Kriterium“ doch mal genau an.
Hier halten sich Ahnungslose für die totalen Überflieger, die Gültigkeit an ihren Denk-Fähigkeiten messen wollen.
Dir ist schon klar, dass Du ein FACHbuch kritisert, welches Grundlage für das Philosophie-Studium in Universitäten ist, oder?

Ich empfehle Dir das Studium dieses 42seitigen PDF-Dokumentes. Auf Seite 29 des kannst Du ein einfaches Beispiel für eine Argumentation mit zwei Prämissen (Hauptargument) und der Konklussion (unter den waagerechten Strich) finden.

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Auf dieser Basis hat sich die "offizielle" Philosophie sehr stark an die Resultate der Naturwissenschaften anpassen müssen, wobei es aber immer noch Vertreter der anderen "Richtungen" gibt.
Natürlich orientieren sich Philosophen an die Erkenntnisse anderer Fachgebiete.
Nur wenn es zu peinlich wird, denn in deinem "Fachbüchlein" wird nicht gesagt, dass Prämissen am besten aus der naturwissenschaftlichen Forschung stammen sollen.

Es liegt offen vor dir, aber du machst die Augen nicht auf.

(Teil II folgt)
Welche Prämissen zugrundegelegt werden, hängt entscheidend von der Fragestellung ab. Wenn z.B. die Frage lautet, sollte eine Luxussteuer eingeführt werden?, dann empfielt sich hierfür natürlich eine andere Herangehensweise als wenn gefragt wird: Was ist Masse? Nicht alle Fragestellungen sind naturwissenschaftlicher Art.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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