Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#51 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von Pluto » Fr 28. Mär 2014, 23:49

closs hat geschrieben:Gut möglich - aber Du wirst später nicht behaupten können, es hätte Dir keiner gesagt. :geek:
Gesagt ist nicht bewiesen.

Bei solchen Aussagen muss ich an Bertrand Russel denken, der einmal auf eine ähnliche Ankündigung antwortete,
Sollte ich einst vor meinem Richter stehen, und er mich fragt, warum ich nicht geglaubt habe werde ich ihm antworten, "Zu wenig Beweise, Herr", und auf seine sprichwörtliche Barmherzigkeit hoffen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Scrypton
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#52 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von Scrypton » Fr 28. Mär 2014, 23:49

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Nein, das setzen wir nicht
Der Psychiotiker setzt selbstverständlich NICHT, dass er Psychiotiker ist. - Ist er deshalb keiner?
Subjektivität, Objektivität, Intersubjektivität.
Diese Unterschiede musst du begreifen, mein Guter. Denn Zustimmung für seinen Wahn wird der Psychiotiker nicht erfahren; Pluto hingegen bezüglich des Nobelpreises durchaus.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:weil man diese "Setzung" ebenso gut verwerfen KÖNNTE.
Stimmt - man könnte ganz genauso etwas ganz anderes setzen...
.... und würde am nächsten Tag sicherlich von einem Auto überfahren werden.

closs hat geschrieben:Und so setzt der Naturwissenschaftler, dass die Natur kein Hirngespinst ist, sondern Realität
Nein, sie setzt es nicht. Eine Setzung ist weiterhin das bewusste Annahmen von etwas, das trifft hier nicht zu, denn von dieser "Setzung" sind alle Lebewesen betroffen. Doch Tiere können, mit ausnahme des Menschen, nichts setzen.
Auch wir setzen dies nicht, unabhängig davon, ob wir diese völlig lebensnotwendige und automatisch bedingte "Annahme" im Alter als "Setzung" ausmachen können, weil man diese "Setzung" ebenso gut verwerfen KÖNNTE.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Das ist eben auch der Unterschied zwischen Subjektivität und Objektivität.
Du definierst aus DEINEM System, was subjektiv und objektiv ist.
Und gleiche es mit meinen Mitmenschen und den Begriffsdefinitionen ab; intersubjektivität hat mit MEINEM System nichts zu tun.

closs hat geschrieben:Unser Badewannen-Freund tut das auch - auch er wird für seine Realität Zeugen und Beweise finden
Diesen Psycho musst du mir zeigen! ;)
Bisweilen gibt es keine derartige psychologische Krankheit, die dem Kranken nicht ebenfalls aufgezeigt werden kann. Das trifft lediglich auf kurze Phasen zu (z.B. gibt es immer wieder Menschen, die davon überzeugt sind Jesus zu sein) - das ist alles nicht von Dauer.
Bei dir scheint es jedoch anders zu sein, phänomenal: Beim Kurt wurde das Kopfkino zum Dauerzustand. :D

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben: gelingen wird es dir aber trotzdem nicht!
Gut möglich
Doch verbissen wie du bist wirst du natürlich nicht aufhören, deinen Unsinn breit zu treten. *grins*

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#53 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von closs » Fr 28. Mär 2014, 23:56

Pluto hat geschrieben:das ist so.
Genau das ist die Setzung. - Du steckst so tief in Deinem Weltbild, dass Du das ehrlich meinen kannst.

Pluto hat geschrieben:Denn ohne unsere Sinne könnten wir nicht wahrnehmen.
Pragmatisch ist das so (auch für mich) - aber "pragmatisch" steht für einen Zustand, NACHDEM man eine Setzung durchgewunken hat. - Wobei ich immer noch nicht begriffen habe, was geistige Wahrnehmung mit den 5 Sinnen zu tun haben soll.

Pluto hat geschrieben: Der Nobelpreis lässt sich intersubjektiv bestätigen. Das Spiel in der Badewanne nicht.
In der Lebens-Wirklichkeit des Badewannen-Freundes schon. - Er wird (sich) nachweisen können, dass "alle" es genauso sehen wie er.

Pluto hat geschrieben: Die Tatsache, dass wir kommunizieren ist nur ein weiterer Beweis, dass wissenschaftliche Erkenntnis mit der Realität übereinstimmt.
Sehe ich pragmatisch genauso - ansonsten irrelevant. - Denn auch unser Badewannen-Freund wird bei seiner Kommunikation mithilfe von Bananen (das eine Ende ans Ohr, das andere an den Mund) beweisen, dass er beispielsweise den Funkverkehr zwischen den U-Booten lückenlos abhören kann - seine Erkenntnis stimmt also mit der Realität überein (meint er).

Pluto hat geschrieben:In der Spirituellen Welt ist eine solche Annäherung nicht möglich, weil wir niemals unsere Wahrnehmung überprüfen können.
Dieser Satz ist schon mal an sich falsch. - Du sagst, A könne sich nicht an B annähern, wenn eine Annäherung nicht überprüfbar wäre - das ist eine komplette Vermischung von Kategorien.

Natürlich kann man sich einer Sache annähern, ohne es zu wissen oder ohne es nachweisen zu können. - Entweder man "ist" nah oder man "ist" nicht nah - das ist komplett unabhängig davon, ob man es selber messen kann.

Pluto hat geschrieben:Durch wiederholte Beobachtung des selben Phänomens kommen wir immer näher die Wahrheit heran.
Das kann auch als Kopfkino so sein.

Pluto hat geschrieben:Ausserdem ist es irrelevant, da du nicht nachweisen kannst, dass das Sein existiert.
Auch das ist ein Kategorie-Fehler. - Etwas existiert oder es existiert nicht - OB es existiert, ist vollkommen unabhängig davon, ob wir es nachweisen können. - Dächte man Deinen Ansatz zu Ende, war die Schwerkraft irrelevant, bevor sie nachgewiesen werden konnte - das meinst Du ganz sicher nicht.

Pluto hat geschrieben:Die Schlussfolgerungen von Platon teilt er mW nicht.
Soweit ich ihm folgen kann, ist das sogar die Grundlage seines Buches. - Seine pysikalische Arbeit wird er dementsprechend darin sehen, etwas von dem zu entdecken oder zu denken, was noch offen ist - da sehe ich jetzt keinen Widerspruch zu naturwissenschaftlicher Arbeiot - im Gegenteil.

Darkside hat geschrieben: Würdest du dieses Forum nur träumen (und somit auch diesen Computer und das Internet), könntest du in diesem Traum keine Aussage darüber treffen, dass das, was du träumst (wie den Computer) auch wirklich der Realität entspricht.
Falsch - natürlich könntest Du diese Aussagen treffen - ob sie dann mit dem Sein/der Realität übereinstimmen, wäre die nächste Frage (des Außenstehenden). - Aber diesen Außenstehenden gibt es bei der NAturwissenschaft doch ebenfalls nicht.

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#54 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von closs » Sa 29. Mär 2014, 00:08

Darkside hat geschrieben: Denn Zustimmung für seinen Wahn wird der Psychiotiker nicht erfahren; Pluto hingegen bezüglich des Nobelpreises durchaus.
Falsch - der Psychiotiker könnte von allen Staats-Chefs persönlich besucht werden - die UNO würde ihn einladen und er würde auch kommen - die Queen würde ihn adeln - und einen Friedensnobelpreis bekäme er auch. - Nachweisen könnte er das durch weltweite Zeitungs-Ausschnitte, die er in 17 Ordnern (in seinem Kopfkino) feinsäuberlich abheften würde.

Darkside hat geschrieben: Eine Setzung ist weiterhin das bewusste Annahmen von etwas
Du beliebst, es so zu definieren. - Was ändert das an der Substanz der Fragestellung?

Darkside hat geschrieben:weil man diese "Setzung" ebenso gut verwerfen KÖNNTE.
Man kann JEDE Setzung verwerfen. - Man kann auch die Setzung verwerfen, dass der Mensch im Dasein lebt - er könnte genauso gut ein reines Geistwesen sein, das sich hirnkino-mäßig festgelegt hat, in einem materiellen Körper zu leben. - Kannst Du das eine vom anderen unterscheiden?

Darkside hat geschrieben:Und gleiche es mit meinen Mitmenschen und den Begriffsdefinitionen ab
... kannst aber nicht wissen, ob die Mitmenschen und Begriffsdefinitionen Produkte Deines Kopfkinos oder (unabhängig davon) Realität sind.

Darkside hat geschrieben:Das trifft lediglich auf kurze Phasen zu
Irrelevant - es geht darum, dass es diesen Zustand gibt, der aufzeigt, dass man setzen muss, weil Wahrnehmung und Realität autonome Größen sind - nur so kann man gestalten.

Darkside hat geschrieben:Doch verbissen wie du bist
Naja - das sind wir ja beide.

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#55 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von Pluto » Sa 29. Mär 2014, 00:39

closs hat geschrieben: Wobei ich immer noch nicht begriffen habe, was geistige Wahrnehmung mit den 5 Sinnen zu tun haben soll.
Dann hast Du ein Problem, mein Freund.
Unsere Sinne sind essentiell für die Wahrnehmung der Welt. Ohne sie wären wir als Entitäten verloren... nicht überlebensfähig.

Pluto hat geschrieben: Die Tatsache, dass wir kommunizieren ist nur ein weiterer Beweis, dass wissenschaftliche Erkenntnis mit der Realität übereinstimmt.
Sehe ich pragmatisch genauso
Na also... Was will man mehr?

seine Erkenntnis stimmt also mit der Realität überein (meint er).
Dein "Badewannenfreund" ist ein argumentum ad absurdum.
Sollt' ich vielleicht einfach den Stöpsel aus der Badewanne ziehen? Mal sehen wo er dann mit seiner Realität steht.

Du sagst, A könne sich nicht an B annähern, wenn eine Annäherung nicht überprüfbar wäre - das ist eine komplette Vermischung von Kategorien.
Ich denke nicht, denn wenn die Annahme einer Annäherung nicht überprüfbar ist, ist sie von vornherein sinnleer.

Dächte man Deinen Ansatz zu Ende, war die Schwerkraft irrelevant, bevor sie nachgewiesen werden konnte - das meinst Du ganz sicher nicht.
[/quote]Doch, genau das meine ich. Sie ist für den Unwissenden irrelevant. Während Jahrmilliarden haben Lebewesen ohne diese Erkenntnis überlebt. Wo ist das Problem?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#56 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von closs » Sa 29. Mär 2014, 01:18

Pluto hat geschrieben: nicht überlebensfähig
Natürlich nicht - das behauptet doch auch keiner. - Wenn man den Vorbehalt der Wahrnehmungs-Setzung einfach mal (pragmatisch sinnvollerweise) weglässt, braucht man selbstverständlich die Sinne. - Ich sprach aber von geistiger Wahrnehmung.

Beispiel Mathematik: Natürlich muss man (in der Regel) Zahlen angucken, damit man mit ihnen rechnen kann - aber deshalb wollen wir doch Mathematik nicht als Augen-Disziplin verstehen - oder?

Pluto hat geschrieben:Was will man mehr?
Wenn man die naturalistische Welt als Gefäß aller Realität versteht, kann man nicht mehr wollen - das ist eine rein logische Aussage.

Pluto hat geschrieben:Dein "Badewannenfreund" ist ein argumentum ad absurdum.
Ausbüchsen gilt nicht. - Der "Badewannenfreund" zeigt uns, dass der Mensch grundsätzlich nicht unterscheiden kann, ob seine Wahrnehmung realitäts-bezogen ist oder nicht. - Er kann es nur glauben/setzen.

Wenn der Glaube/die Setzung funktioniert, wird der Glaube gestärkt, das richtige Modell gefunden zu haben. - Das kann beim "Badewannenfreund" aber auch der Fall sein.

Pluto hat geschrieben: denn wenn die Annahme einer Annäherung nicht überprüfbar ist, ist sie von vornherein sinnleer.
Verstehe ich überhaupt nicht. - Damit machst Du Realität abhängig von Wahrnehmung - für mich undenkbar.

Pluto hat geschrieben:Sie ist für den Unwissenden irrelevant.
Bewusstseins-mäßig ist sie irrelevant - natürlich. - Aber sie wirkt auch für den Unwissenden - genauso wie Setzungen für Unwissende gelten.

Es kann doch nicht sein, dass es zwei verschiedene Realitäten zum selben Thema gibt. - Da ist einer, der um die Schwerkraft weiss - wenn er vom Baum fällt, weiss er somit, was ihn fallen lässt. - Der Nachbar weiss es nicht: Kann er deshalb nicht vom Baum fallen?

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#57 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von Pluto » Sa 29. Mär 2014, 01:50

closs hat geschrieben:Ich sprach aber von geistiger Wahrnehmung.
Jede Wahrnehmung geschieht über die 5 Sinne. Etwas anderes ist mir nicht bekannt.
Erklär mal wie so was gehen soll.

Beispiel Mathematik: Natürlich muss man (in der Regel) Zahlen angucken, damit man mit ihnen rechnen kann - aber deshalb wollen wir doch Mathematik nicht als Augen-Disziplin verstehen - oder?
Die Anregung zu jeder mathematischen kommt von den Sinnen.

Wenn man die naturalistische Welt als Gefäß aller Realität versteht, kann man nicht mehr wollen - das ist eine rein logische Aussage.
Das meine ich nicht. Ich meinte: Warum ist Pragmatismus nicht genug?

Pluto hat geschrieben:Dein "Badewannenfreund" ist ein argumentum ad absurdum.
Ausbüchsen gilt nicht. -
Tja... Dann halt anders.
Der Badewannenfreund ist eine absurd anmutende unrealistische Analogie, die dazu noch rein subjektiv ist. Sie hält den Vergleich mit der Objektivität eines Nobelpreises nicht stand.

Das kann beim "Badewannenfreund" aber auch der Fall sein.
s.o.

Damit machst Du Realität abhängig von Wahrnehmung - für mich undenkbar.
Tja. Alles andere wäre Willkür.
Pluto hat geschrieben:Sie ist für den Unwissenden irrelevant.
Bewusstseins-mäßig ist sie irrelevant - natürlich.
Eine Entdeckung erfordert Bewusstsein. Unentdeckte Phänomene sind daher immer irrelevant.

Da ist einer, der um die Schwerkraft weiss - wenn er vom Baum fällt, weiss er somit, was ihn fallen lässt. - Der Nachbar weiss es nicht: Kann er deshalb nicht vom Baum fallen?
Natürlich kann er vom Baum fallen. Er kann es sogar ahrnehmen, aber versteht nicht warum. Deshalb ist das Wissen um die Theorie der Gravitation für ihn irrelevant.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#58 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von closs » Sa 29. Mär 2014, 09:44

Pluto hat geschrieben:Die Anregung zu jeder mathematischen kommt von den Sinnen.
Eine kühne Behauptung. - Wenn Du über MAthematik oder Gott oder den Tod nachdenkst, kommt das von den Sinnen? - Dass diese beteiligt sind (man hört oder liest beispielsweise die Zahlen), ist nicht das Thema. - Aber so etwas "käme" von den Sinnen?

Pluto hat geschrieben:Warum ist Pragmatismus nicht genug?
Zur Beschäftigung ist es mehr als genug. - Die Frage mutet merkwürdig an.

Pluto hat geschrieben:Der Badewannenfreund ist eine absurd anmutende unrealistische Analogie
Nicht ganz - sowas gibt es wirklich (der konkrete Fall war einer, der nicht die deutsche U-Boot-Flotte, sondern die englische Kriegsmarine versenken wollte - mit Rücksicht auf Dich habe ich diesen Fall verfremdet :angel: ).

Es geht darum, dass die Eigen-Wirklichkeit nicht notwendigerweise etwas mit dem zu tun haben muss, was wir lässigerweise als "Realität" bezeichnen - und dass es das Subjekt selbst NICHT unterscheiden kann. - Wir beide könne also prinzipiell NICHT nachweisen, dass es außer uns eine Realität gibt - denn auch unsere Nachweise könnten Ergebnis unserer eigenen Innenansicht sein, ohne dass wir das merken würden. - Das gilt auch für Intersubjektivität: Denn auch die Wahrnehmung, dass "alle" so ticken, könnte eine Projektion unserer eigenen Innenansicht sein. - Niemand kommt aus diesem Dilemma raus - deshalb setzt man, dass das Wahrgenommene eine äußere Realität ist und keine innere Projektion.

Pluto hat geschrieben:Alles andere wäre Willkür.
Das, was Du machst, ist Willkür. - Du kannst doch das, was ist, nicht an das Gängelband Deiner Wahrnehmung nehmen.

Pluto hat geschrieben:Eine Entdeckung erfordert Bewusstsein.
Richtig.

Pluto hat geschrieben: Unentdeckte Phänomene sind daher immer irrelevant.
Fürs Bewusstsein irrelevant - richtig. - Aber nicht als Sein/Realität irrelevant. Also auch nicht in ihrer Wirkung irrelevant.

Wäre ich Naturwissenschaftler, würde ich im Dienst genauso denken: Warum sich um Sachen kümmern, die man naturwissenschaftlich nicht greifen kann?

Pluto hat geschrieben:Deshalb ist das Wissen um die Theorie der Gravitation für ihn irrelevant.
Meine Rede - trotzdem wirkt die Gravitation - also auch "incognito". - So ist es in geistigen Dingen auch - sie wirken auch unabhängig davon, ob man sie relevant oder irrelevant findet.

michaelit
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#59 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von michaelit » Sa 29. Mär 2014, 10:44

Es gibt auch christliche Existentialisten, Kierkegaard zum Beispiel. Sartre hat auch weniger den Atheismus gelebt als eben seine eigene Existenz wie er sie erfuhr, wie sie sich ihm darstellte. Und er meinte er würde mittels Essenzbestimmungen eben gar nicht aus seiner Existenz herauskommen. Wir versuchen es ja ständig über unsere Existenzbedingungen zu triumphieren.

Was mich als Christen aber daran stört wäre die Fehlerhaftigkeit von Sartre's Existenzdefinition. Daß die Existenz wirklich so absolut frei wäre bzw daß der Tod so schlimm ist. Sartre postuliert gewissermaßen eine Widerlegung Gottes aus der Erfahrung normalen Lebens heraus. Er schrieb ja auch viel über Authentizität und daß es diese ist die allein eine Moral begründen kann, im Gegensatz zu Kant's Moral der Pflicht. Wenn man allerdings die Pflichten mit den Rechten ergänzt und beides unter die Gnade und das Wohlwollen Gottes stellt, dann ist diese Moral meiner Ansicht nach leichter und einfacher sogar als Sartre's Moral der Authentizität. Sartre selbst sah das ja auch ein und verließ sich am Ende mehr auf seine Kohärenz als auf seine Authentizität, es kam ihm dann doch zu verrückt vor in allen Dingen authentisch sein zu wollen. Aber in seiner Beschäftigung mit dem Kommunismus sah er in der Authentizität eine elementare Aufgabe des Menschen in dessen Erarbeitung seiner humanistischen Ethik.

Für mich als Christ ist aber das Menschliche nur ein Teil. Es stellt sich ja auch die Frage wie ein Mensch ist wenn er nur Mensch ist. Bei Sartre temperiert sich das durch die Begegnung mit dem anderen Menschen, im Glauben aber eher durch die Begegnung mit Gott. Berechtigt ist Sartre auch von einer christlichen Warte her dadurch daß wir Menschen alle eine Geschichte auch ohne Gott haben. Ich zumindest bin ein Erwachsenenkonvertit und versuchte früher ohne Gott zu leben und habe auch nicht nach Ihm gesucht. Nur meine ich daß ich eben jetzt authentischer bin als früher, ich lebte auf einer Welt die ich als einen großen VEB verstand, jetzt ist es aber wieder Gottes Welt. Nur ist eben dazwischen noch die zerteilte Welt die weder dem Menschen noch Gott gehört sondern einer Vielzahl von miteinander konkurrierenden Privatleuten. Man weiß nicht genau an wen man sich in der Not wenden soll. So richtig ANGESPROCHEN als konkreter und legitimer Mensch wird man selten. Als Kunde oder auch als Dienstleister nimmt man den Menschen an, doch nicht so ganz als Kind Gottes wenn ich diesen Begriff einmal schnell auf alle Menschen ausdehne, also als Bruder bzw Schwester.

Das Authentische muß daher eher eine Echtheit sein. Und die ist man per se, durch Gott eben, weil der Vater des Kindes lebt und es in guten Händen wissen will. Es fehlt an einer Realisierung der Bedeutung der menschheitlichen Gotteskindschaft. Nur ist diese nur theoretisch abzuleiten und nur teilweise ausformbar, denn ich kann ja denjenigen die ohne Gott leben nicht vermitteln was Gott mit ihnen vorhat es sei denn sie nehmen Gott auf, damit eine Ich-Du Beziehung zwischen Mensch und Gott entsteht ohne welche die Gotteskindschaft sich nicht vollends ausprägen kann. Was widerum ein wenig temperiert wird durch die Beispiele der Fehler von Christen - der sündigenden Gotteskinder bzw der kranken Gotteskinder.

Die Essenz muß der Existenz vorausgehen solange wir die Existenz wirklich gestalten wollen. Wie Sarte an manchen Existenzmerkmalen festzuhalten und daraus Imperative für den Existierenden abzuleiten ist philosophisch und theologisch eigentlich uninteressant. Es ist eine Kissenschlacht, und das Leben dagegen ist der Bau einer Stadt und das Leben darin, mit Gott und miteinander.

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#60 Re: Existentialismus - Existenz geht vor Essenz

Beitrag von Pluto » Sa 29. Mär 2014, 11:09

michaelit hat geschrieben:Was mich als Christen aber daran stört wäre die Fehlerhaftigkeit von Sartre's Existenzdefinition. Daß die Existenz wirklich so absolut frei wäre bzw daß der Tod so schlimm ist.
Warum sollte der Tod schlimm sein? Im Schlaf spüren wir ja auch nichts. Der Tod ist doch nur wie ein tiefer traumloser Schlaf. Über das sterben hingegen, mache ich mir schon Gedanken, denn das kann ziemlich schmerzhaft werden.

Sartre postuliert gewissermaßen eine Widerlegung Gottes aus der Erfahrung normalen Lebens heraus. Er schrieb ja auch viel über Authentizität und daß es diese ist die allein eine Moral begründen kann, im Gegensatz zu Kant's Moral der Pflicht. Wenn man allerdings die Pflichten mit den Rechten ergänzt und beides unter die Gnade und das Wohlwollen Gottes stellt, dann ist diese Moral meiner Ansicht nach leichter und einfacher sogar als Sartre's Moral der Authentizität.
Authentizität ist mMn eines der wichtigsten Dinge im Leben, ganz egal ob mit oder ohne Gott. Sie gibt dem Leben einen Sinn, ohne den wir Gefahr laufen, in einen masslosen Hedonismus (oder ins Gegenteil: einem zerstörerischen Nihilismus) zu verfallen. Beides ist mMn schlecht, denn es entzieht uns den moralischen Boden.

Für mich als Christ ist aber das Menschliche nur ein Teil. Es stellt sich ja auch die Frage wie ein Mensch ist wenn er nur Mensch ist.
Warum sollte ein Nicht-Christ anders sein als ein Christ? Ohne dich angreifen zu wollen... Warum sollte "Christ sein" zu einer besseren Moral führen?

Die Essenz muß der Existenz vorausgehen solange wir die Existenz wirklich gestalten wollen.
Warum?
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