Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#481 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Do 11. Dez 2014, 11:40

Savonlinna hat geschrieben:Diese Glückseligkeit, wenn man das eigene Heim betritt, wenn die Sonne plötzlich scheint, wenn man einen geliebten Menschen sieht usw. - die kenne ich auch. Würde ich diese Momente zusammenzählen bezüglich meines ganzen Lebens, käme ich wahrscheinlich zu abertausenden.
Ja das sind die vielen kleinen Momente des Glücks.

Savonlinna hat geschrieben:Die Momente aber, wo man ein ganz anderes Verstehen des Lebens bekommt, so radikal, dass man denkt: "jetzt hab' ich's", die sind in meinem ganzen Leben wohl eher weniger als fünf.
Kein Wunder, lief Archimedes nach seiner Erkenntnis "Heureka" rufend, nackt durch die Straßen.

Frage: Wie entsteht Glück?
Ist es ein körperliches Gefühl, oder nur geistig? — Kann man das überhaupt trennen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#482 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Do 11. Dez 2014, 11:51

Pluto hat geschrieben:Frage: Wie entsteht Glück?
Ist es ein körperliches Gefühl, oder nur geistig? — Kann man das überhaupt trennen?
Ein Geschehen ist immer ungeteilt. So wie einem eine Suppe ungewohnt köstlich vorkommen kann, nur wenn man sie als Ganzes genießt und nicht etwa das Salz alleine futtert und danach den Brühwürfel alleine futtert :)

Das Bild hinkt, sehr, aber da der Mensch außerordentlich vieldimensional ist, läuft ein Gefühl auf vielen Ebenen gleichzeitig ab. Und die kann man getrennt beschreiben, auch wenn sie nie in der Realität getrennt vorkommen.

Ich kann noch immer mit dem Begriff "Geist" null anfangen. Das ist ein dermaßen ideologischer Begriff, dass ich nicht wüsste, wie man etwas mit ihm beschreiben kann, ohne ideologisch zu sein.
Das Gleiche gilt fast auch für den Begriff "Körper".

closs
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#483 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Do 11. Dez 2014, 12:13

Savonlinna hat geschrieben:Dieser Dualismus ist nur eine private Doktrin, ein persönliches Glaubenssystem.
Die kategoriale Unterscheidung von Wahrnehmung und Realität ist eine Glaubenssache???? :o

closs
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#484 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Do 11. Dez 2014, 12:16

Pluto hat geschrieben:Aber ob das genügt, um daraus ein Sein zu postulieren
Kann man Sein/Realität postulieren??? - Ist es keine Standard-Erkenntnis, dass Realität unabhängig von Wahrnehmung "ist"? - Ich grübele immer wieder, wo hier das Missverständnis sein kann - ich möchte einfach keinem unterstellen, dass er/sie Realität als Produkt der Wahrnehmung versteht.

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Andreas
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#485 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Do 11. Dez 2014, 12:22

Savonlinna hat geschrieben:Ich kann noch immer mit dem Begriff "Geist" null anfangen. Das ist ein dermaßen ideologischer Begriff, dass ich nicht wüsste, wie man etwas mit ihm beschreiben kann, ohne ideologisch zu sein.
Das Gleiche gilt fast auch für den Begriff "Körper".
Ist der Körper ein Klotz am Geist?
Ist der Geist ein Klotz am Körper?

Vielleicht bringt uns Goethe der Antwort näher: Gingo Biloba

Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut,

Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Dass man sie als Eines kennt?

Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn,
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich Eins und doppelt bin?

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Savonlinna
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#486 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Do 11. Dez 2014, 12:38

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber ob das genügt, um daraus ein Sein zu postulieren
Kann man Sein/Realität postulieren??? - Ist es keine Standard-Erkenntnis, dass Realität unabhängig von Wahrnehmung "ist"? -
Nein, es ist keine "Standard-Erkenntnis". Schon daran zu erkennen, dass sie nicht zum Standard gehört. ;)

closs hat geschrieben:Ich grübele immer wieder, wo hier das Missverständnis sein kann - ich möchte einfach keinem unterstellen, dass er/sie Realität als Produkt der Wahrnehmung versteht.
Die naive Wahrnehmung - meine ich nicht despektierlich - glaubt, dass Realität unabhängig von Wahrnehmung ist. Es ist ein Glaubenssatz.
Ich selber sehe Realität als von der Wahrnehmung hergestellt. Mit "Wahrnehmung" meine ich alles das, was vom Menschen wahrgenommen wird.
So ähnlich sehen das die Konstruktivisten - auch wenn ich möglicherweise mit ihnen nur im Wenigsten übereinstimme.
Zum "Standard" also gehört Deine Ansicht nicht. Und darum ging es mir. Man kann nicht so tun, als gäbe es nur die eigene.

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#487 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Do 11. Dez 2014, 12:52

Andreas hat geschrieben:Ist der Körper ein Klotz am Geist?
Ist der Geist ein Klotz am Körper?
Gar nicht mal so schlecht, die Poesie von Goethe.

Wir wissen... Der Körper ist eine komplexe Anordnung von Atomen. Der Geist ist sicher auch kein Klotz.
Für mich ist er ein Prozess der aus der spezielen Anordnung der Atome entsteht, und somit untrennbar mit dem Körper verbunden.
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#488 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Do 11. Dez 2014, 12:58

closs hat geschrieben:Ist es keine Standard-Erkenntnis, dass Realität unabhängig von Wahrnehmung "ist"?
Nicht wirklich, nein.
Wenn die Diskrepanz mehr als die Meßgenauigkeit übersteigen würde, würde im Alltag nichts mehr wie erwartet funktionieren.
Wenn "Sein" einer solchen mini Diskrepanz zuzuordnen ist, wird es (das Sein), im wahrsten Sinn des Wortes, zu einem Lückenbüsser herabgestuft, dessen Wirkung mit der Zeit immer mehr an Bedeutung verliert.
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#489 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Do 11. Dez 2014, 13:01

Pluto hat geschrieben:Wir wissen... Der Körper ist eine komplexe Anordnung von Atomen.
Nein! Das wissen wir NICHT. Diese Behauptung ist eine Ideologisierung wissenschaftlich beschriebener Teilaspekte.
Die Wissenschaft ist sich dessen bewusst, dass sie nur Teilaspekte in einem eng definierten Rahmen untersucht.
Wer das ideologisiert, setzt außerhalb dieses Rahmens den Körper mit diesem nur innerhalb des definierten Rahmens gültigen Teilaspekt gleich und behauptet es als allgemeingültiges Wissen.

Ideologie nenne ich, wenn man etwas als allgemeingültiges Wissen behauptet, was nur eine persönliche Weltsicht ist.

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#490 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Andreas » Do 11. Dez 2014, 13:07

Gravitation und Radioaktivität gab es lange vor ihrer Wahrnehmung. Das eine kann man direkt sinnlich wahrnehmen, das andere zumindest in kleineren Dosen nicht. Ohne Ideologie ist deswegen der Satz gültig:
Realität ist unabhängig von Wahrnehmung.
Das lässt die Möglichkeit von "Irgendetwas" zu, das man noch nicht wahrgenommen hat. Umgekehrt kann man deswegen auch nicht vom noch nicht Wahrgenommenen auf die Nichtexistenz von "Irgendetwas" schließen oder es negieren. So weit waren wir hier schon öfters. Nutzt aber nix. Scheint zu banal zu sein.

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