Undogmatischer Atheismus

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#41 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Pluto » Do 10. Dez 2015, 09:53

Novalis hat geschrieben:Die entscheidende Frage ist doch, was mit „Herz“ gemeint ist, wenn solch ein Wort in einem geistlichen Kontext gebraucht wird und weshalb Menschen auf solche Worte kommen, wenn sie das Wesentliche des menschlichen Lebens beschreiben. Sie sind halt keine Roboter..... :wave:
Ja. Das ist die heutige Erklärung (Entschuldigung). Aber bis vor wenigen hundert Jahren glaubten die Menschen, das Herz sei der Sitz des Geistes. Und sie meinten es durchaus wörtlich!
Warum glaubst du sonst, dass die Azteken und Inkas jeden Tag das Herz einer Jungfrau ihrem Sonnengott opferten?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#42 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Pluto » Do 10. Dez 2015, 09:54

Novalis hat geschrieben:Irgendeinem „Herren“ dient man immer. Die Frage ist: was ist der deine?
Oh... diese Frage ist leicht zu beantworten.
Ich glaube an die menschliche Vernunft und den Verstand.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
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#43 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Novas » Do 10. Dez 2015, 10:02

Pluto hat geschrieben:Das ist die heutige Erklärung (Entschuldigung). Aber bis vor wenigen hundert Jahren glaubten die Menschen, das Herz sei der Sitz des Geistes

Weshalb gibt es diese Beziehung zum Herzen in allen spirituellen Lehren und was ist damit gemeint? Weshalb lässt Antoine de Saint-Exupéry den Kleinen Prinzen sagen: „man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar?“ und weshalb sagt Blaise Pascal „das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt?
Das Herz gilt traditionell in verschiedensten Weisheitslehren als Sitz der Intuition, Weisheit und des Mitgefühls im Menschen und noch heute gibt es Bücher mit dem Titel „Das weise Herz: Die universellen Prinzipien buddhistischer Psychologie“ (von Jack Kornfield). Das kommt nicht von ungefähr, schließlich nehmen Millionen von Menschen Gefühle im Bereich des Herzens wahr; und wenn man jemandem sagt „Du bist herzlos“ oder „hartherzig“ dann ist das kein Kompliment.

Wenn Dir ein geliebter Mensch sein Herz schenkt und Dir dabei ein gewaltiger Stein vom Herzen fällt oder wenn ein Freund sein Herz auf der Zunge trägt oder wenn man fähig ist, die eigene Weltanschauung auf Herz und Nieren zu prüfen, dann ist das hingegen eine gute Sache. Woher kommen also diese Redewendungen?

Pluto hat geschrieben:Ich glaube an die menschliche Vernunft und den Verstand.

Ich schätze die Vernunft, aber ich glaube nicht an sie. Das wäre ein Götzenglaube. Ich finde, dass eine gesunde Skepsis im Hinblick auf die menschliche Vernunft sehr vernünftig ist, schließlich haben Menschen nicht nur die Atombombe gebaut, sondern sie auch benutzt.
Was uns eigentlich nur zeigt, dass der „weise Mensch“ (homo sapiens) eher eine positive Vision und Möglichkeit, aber keine verwirklichte Tatsache ist.

Die Bibel spricht von einem „neuen Herzen“, welches uns gegeben wird:

Und ich will euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euch legen

Ezechiel 36,26-28

Pluto
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#44 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Pluto » Do 10. Dez 2015, 11:50

Novalis hat geschrieben:Das Herz gilt traditionell in verschiedensten Weisheitslehren als Sitz der Intuition, Weisheit und des Mitgefühls im Menschen und noch heute gibt es Bücher mit dem Titel „Das weise Herz: Die universellen Prinzipien buddhistischer Psychologie“ (von Jack Kornfield). Das kommt nicht von ungefähr, schließlich nehmen Millionen von Menschen Gefühle im Bereich des Herzens wahr; und wenn man jemandem sagt „Du bist herzlos“ oder „hartherzig“ dann ist das kein Kompliment.

Wenn Dir ein geliebter Mensch sein Herz schenkt und Dir dabei ein gewaltiger Stein vom Herzen fällt oder wenn ein Freund sein Herz auf der Zunge trägt oder wenn man fähig ist, die eigene Weltanschauung auf Herz und Nieren zu prüfen, dann ist das hingegen eine gute Sache. Woher kommen also diese Redewendungen?
Ich denke, die Antwort hast du selbst geliefert: Es ist Tradition.
Das Herz galt seit mindestens 2-3 Jahrtausenden als Sitz des Geistes und des Gefühls. Auch wenn wir es heute besser wissen, lebt dieser Glaube in den Köpfen vieler Leute nach und hat sich mit seinen Memen in den Redewendungen unserer Sprache "festgekrallt".


Novalis hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich glaube an die menschliche Vernunft und den Verstand.
Ich schätze die Vernunft, aber ich glaube nicht an sie. Das wäre ein Götzenglaube. Ich finde, dass eine gesunde Skepsis im Hinblick auf die menschliche Vernunft sehr vernünftig ist, schließlich haben Menschen nicht nur die Atombombe gebaut, sondern sie auch benutzt.
Ja sicher. In den 40-er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde auch eine radioaktive Zahnpasta vermarktet, die Zähne weiß machen sollte.
Man wusste damals noch nicht wie verheerend die Bombe war und wie efährlich vor allem die Spätfolgen sein können. Hätte man es damals gewusst, bin ich ziemlich sicher, dass die Vernunft die damaligen Machthaber vom Einsatz der Bombe hätte abhalten können.

Wie sonst ist zu erklären, dass modische Badebekleidung in den 50-er Jahren ausgerechnet nach einem Ort genannt wurde, wo Atomtests durchgeführt werden? Man war damals stolz auf die Errungenschaften der Technik.
(Ich spreche vom Bikini-Atoll).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#45 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von closs » Do 10. Dez 2015, 11:56

Queequeg hat geschrieben:Die gute alte Bibel, ein gefährliches Buch, für closs
Sie wird halt gelegentlich sehr abenteuerlich interpretiert - oft mit dem Anspruch intellektueller Redlichkeit.

Queequeg hat geschrieben:Benedikt XVI. alias Kardinal Ratzinger: "Der christliche Gläubige ist eine einfache Person. Aufgabe der Bischöfe ist es deshalb, den Glauben dieser kleinen Leute vor dem Einfluss von Intellektuellen zu bewahren."
Hat das Ratzinger gesagt? - Da ist leider was dran. - Intellektuelles Halbzeug kann auf sehr beredte Weise irreführend sein.

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Savonlinna
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#46 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Savonlinna » Do 10. Dez 2015, 12:11

Novalis hat geschrieben:Den christlichen Weg kann man beschreiben, als das Hinabsteigen vom Kopf zum Herzen, weshalb ich von einem Wissen des Herzens spreche. Das ist ein lebendiges Wissen, in welches man immer wieder neu und frisch Einsicht gewinnt.
Ein Dirigent hat mir mal erklärt - indem er mir seine Dirigierarbeit erklärt hat -, und der hatte überhaupt nichts mit Christentum am Hut:

"Musik geht erst durch das Herz, dann durch das Hirn".

Darum halte ich das von Dir Beschriebene nicht für einen "christlichen" Weg, sondern es ist der stinknormale Weg eines jeden Menschen.
Wir empfangen Signale und reagieren darauf emotional.
Bin ich in irgendeiner Weise Profi - und sei es Profi in dem, wie das Leben funktioniert -, dann ist mir klar, dass die Emotionen von dem Gehirn soritert und eingeordnet werden.
Das heißt: ich folge nicht jeder Emotion. Wenn eine Musik mir die Füße zum Marschieren bringt, dann kann ich auch "nein" sagen.

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Savonlinna
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#47 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Savonlinna » Do 10. Dez 2015, 12:18

Pluto hat geschrieben: Leider gibt es selbst heute noch viel zu viele Menschen, die sich am liebsten als Sklaven des Herrn sehen möchten.
Oder als Sklaven bestimmter Ideologien wie den Naturalismus.
Gerade letzteres erschreckt mich sehr, ist aber nicht einzudämmen.

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#48 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Pluto » Do 10. Dez 2015, 12:20

closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:Benedikt XVI. alias Kardinal Ratzinger: "Der christliche Gläubige ist eine einfache Person. Aufgabe der Bischöfe ist es deshalb, den Glauben dieser kleinen Leute vor dem Einfluss von Intellektuellen zu bewahren."
Hat das Ratzinger gesagt? - Da ist leider was dran. - Intellektuelles Halbzeug kann auf sehr beredte Weise irreführend sein.
Man sollte dabei aber nicht die Intellektuelle als Ganzheit verurteilen, wie es Herr Ratzinger hier offenbar tut.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#49 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Pluto » Do 10. Dez 2015, 12:23

Savonlinna hat geschrieben:Oder als Sklaven bestimmter Ideologien wie den Naturalismus.
Gerade letzteres erschreckt mich sehr, ist aber nicht einzudämmen.
Mich auch. :thumbup:
Ich bin Skeptiker und glaube an die ausgleichende Wirkung der Vernunft und des Verstands, mit denen wir undogmatisch die Erkenntnisse der Welt annehmen sollten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
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#50 Re: Undogmatischer Atheismus

Beitrag von Novas » Do 10. Dez 2015, 12:31

Pluto hat geschrieben:Ich denke, die Antwort hast du selbst geliefert: Es ist Tradition.
Das Herz galt seit mindestens 2-3 Jahrtausenden als Sitz des Geistes und des Gefühls.

Die Weisheitslehren haben sich über Jahrtausende heraus gebildet und stellen ein Erfahrungswissen dar. Wie kommen Menschen auf diese Aussage: „das Herz ist der Sitz des Geistes und des Gefühls?“ - ganz naheliegend ist beispielsweise, dass der Herzschlag das Gleichgewicht des Autonomen Nervensystems (ANS) beeinflusst.

Anspannung, Überforderung, Sorgen, Druck, Ängste, Hatz aber auch Traurigkeit, Verstimmung, emotionale Erschöpfung und natürlich Stress bringen uns emotional aus dem Gleichgewicht. Konkret: All das führt zu einem Ungleichgewicht im autonomen Nervensystem (ANS). Doch da das ANS die Steuerzentrale des Körpers ist und sämtliche lebensnotwendigen Funktionen regelt, wie bspw. Atmung, Herzfrequenz, Blutdruck, Energieproduktion, Verdauung und Stoffwechsel etc., ist solch ein Ungleichgewicht bedrohlich.


Das Ungleichgewicht im Autonomen Nervensystem kann man messen
Mit Biofeedback-Systemen von HeartMath

Und man kann es wieder ins Gleichgewicht bringen! Auch das ist messbar. Beides geschieht ganz einfach über unseren Herzschlag. Allerdings weder mittels der klassischen Pulsmessung noch mittels eines aufwendigen EKGs, sondern über die Variabilität der Herzfrequenz, auch Herzratenvariabilität (HRV) genannt. Denn die HRV ist der Spiegel für die Aktivität im autonomen Nervensystem.


Bild
Die gute Nachricht dabei ist: So, wie die HRV das (Un)Gleichgewicht im ein es widerspiegelt, so kann sie auch dazu benutzt werden, wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Denn die Kommunikation funktioniert in beide Richtungen.
http://www.heartmathdeutschland.de/

Die Weisheit des Herzens hat also viel mit Körperintelligenz zu tun. Das Bewusstsein ist nicht nur im Kopf, also verkopft und rein rational, es ist im ganzen Körper. Wo kann man das emotionale Zentrum dieses Körperbewusstseins fühlen?

Im Herzen.
Zuletzt geändert von Novas am Do 10. Dez 2015, 12:38, insgesamt 3-mal geändert.

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